Psalmen und Gedichte

 

 

 

 

 

Eine Sammlung der Psalmen und Gedichte empfangen durch Jakob Lorber von Jesus nach der Ausgabe von 1898 Lorber Verlag Bietigheim Württemberg.[1]

 

 


Einleitende Gedichte. 24

72. Ein Strafgericht über Vorwitz. 4

73. Auf den Bergen. 5

74. Auf der Kleinalpe. 10

1.1.1. Nachgedicht zur Kleinalpe 12

75. Zum Neujahr. 13

76. Wie es war, so soll es bleiben.. 14

77. Der Gratulations-Wunsch. 14

Die Psalmen.. 15

I. Psalm, Am Morgen zu singen dem Herren. 16

II. Psalm. In der Noth zu singen dem Herrn. 17

III. Psalm. Zu singen dem Herrn in großer Betrübniß. 18

IV. Psalm. Zu singen dem Herrn zur Zeit der Versuchung. 19

V. Psalm. Gar tröstend am Tage der Versuchung zu singen dem Herrn. 20

VI. Psalm. Zu singen dem Herrn ob Seiner großen Güte und Erbarmung. 22

VII. Psalm. Zu singen dem Herrn beim Empfange einer geistigen Gabe, welche da ist das wahre tägliche Brot des Lebens. 23

VIII. Psalm. Vorzutragen dem Herrn um Heilung der leiblichen Krankheiten. 24

IX. Psalm. Zu singen dem Herrn im Herzen nach einer genossenen Freude des Lebens. 25

X. Psalm. Zu singen dem Herrn an einem trüben Tage. 26

XI. Psalm. Zu singen dem Herrn in der Armuth des Geistes. 28

XII. Psalm. Dem Herrn zu singen, so Babels Umtriebe den freien Geist bedräuen. 29

XIII. Psalm. Zu singen dem Herrn am Abende des Tages. 30

XIV. Psalm. Zu singen dem Herrn bei der Betrachtung der stets mehr und mehr hereinbrechenden wogenden Fluth der Sünde, der Nacht und alles scheußlichen Truges in ihr. 31

XV. Psalm. Zu singen dem Herrn am Tage der Heimsuchung. 32

XVI. Psalm. Zu singen dem Herrn bei der Betrachtung der großen herrlichen Natur auf einem Berge, in der freien endlosen Raumhalle Gottes. 34

XVII. Psalm. Zu singen dem Herrn am Morgen des Tages. 35

XVIII. Psalm. Zu singen dem Herrn zu jeder Zeit als Vater der Menschen. 36

XIX. Psalm. Zu singen ein Lob dem Herrn.. 37

XX. Psalm. Zu singen dem Herrn am Schlusse des Jahres. 38

XXI. Psalm. Zu singen dem Herrn in mannigfacher Drangsal. 40

XXII. Psalm. Zu singen dem Herrn nach einer überstandenen Krankheit des Leibes, und der mit ihm gebundenen Seele. 41

Die Gedichte.. 43

1. Eine kleine Morgen-Andacht des Jakob Lorber. 43

2. Der neue Frühlings-Morgen. 44

3. Morgenlied. 44

4. Das Reich Gottes. 46

5. Der Mensch ist ein Denker. 47

6. Glaube, Hoffnung und Liebe. 47

7. Der Engel. 49

8. Hohes Lied des Meduhed. 60

9. Die Träume. 62

10. Sodom und Gomorrha. 64

11. Poesie des Himmels. 65

12. Zur Eingeburt. 69

13. Ein Gebet für Jeden, wann er fällt, wankt oder zweifelt. 70

14. An den Herrn. 72

15. Postulatum von der Höhe. 74

16. Des Menschen lebendige Pflicht. 75

17. Der Wille Gottes als Schlüssel zur Geisterwelt. 77

18. Das Gefühl. 81

19. Der Schmerz. 82

20. Die Sonne, ein Vorbild derselben. 84

21. Musik. 86

22. Die Zwischen-Töne. 87

23. Christus heutzutage. 88

24. Stille Einkehr. 90

25. Ein Wunsch für's allgemeine Wohl. 92

26. Das Holzscheibchen an der Spindel. 92

27. Ein Mahnruf. 95

28. Die Weisen aus dem Morgenlande. 97

29. Der Abend und die Nacht. 99

30. Der Morgen. 101

31. Die innere Welt. 102

32. Abschiedsszene eines guten Geistes von seinem Leichna33. me. 104

34. Wiedergeburt.. 107

35. Etwas aus der Weisheit. 108

35. An den Stern der Sterne. 109

36. Ein wahrer Lobgesang.. 110

37. Das Verbergen des Herrn. 111

38. Warnung vor Neckereien. 112

39. Eine kleine Szene. 113

40. Bitte des Knechts des HErrn. 117

41. Die arge böse Zeit. 120

42. Drei Blumen an einem Strauche Und jede zu and'rem Gebrauche! 123

43. Ein neues Licht im neuen Lichte. 126

50. Der Großglockner im neuen Lichte. 134

44. Ein gute s Angebinde für's Leben.. 136

45. Die Fliege. 138

46. Ein Trost aus der hohen Weisheit, der allhier zu lösen ist. 139

47. Gedenke Mein. 139

48. Zu des Knechts des Herrn Namenstag. 140

49. De r Siegel=Ring. 142

50. Die krumme Straße, 144

51. Niemand kann zwei Herren dienen. 146

52. Die Hoffnung, 148

53. Schlüssel zur Schrift.. 149

54. Warum - Darum. 149

55. Die reine stille Liebe, (die göttliche). 154

56. Im neuen Lichte. 155

57. An Pauline. 156

58. Tirols Schneenoth. 158

59. Der Komet. 160

60. Himmel, Erde, Luft, Meer. 161

61. Zwei Ströme wie Mur und Drau. 162

62. Aneiferung. 164

63. Die drei Sterne. 165

64. Liebe, Wort und Lehre. 167

65. Liebe, Weisheit, Himmel, Beständigkeit, Glaube, Hoffnung, Demuth. 168

66. Ein Stärkungslied. 169

67. Der Traum, eine kleine Satyre. 171

68. Für Pauline. 173

69. Der Weltmensch. 176

70. Zu zwei von J. L. gezeichneten Landschaften. 180

Poesie in Prosa.. 180

1. Die Musik. 180

2. Die Perle. 181

3. Cherubim und Seraphim. 182

4.Ein vollkommenes Bild als inhaltschwerer Anfangsbuchstabe dieser Werke. 182

5. Winke bei der Mission. 184

6. Zweiter Nachtrag zum Engel. 185

7. Bemerkungen über das Gedicht "der Engel". 186

Schlußgedicht.. 192

71. Post nubila Phöbus. 192

Einleitende Gedichte

 

72. Ein Strafgericht über Vorwitz.

 

(11. Aug. 1840)

 

[PsG.01_072,01] Zum halten hab' ein klein' Gebot Ich liebend euch gegeben,

In kurzer Zeit hätt' ohnedieß erfüllt Ich euer Streben;

Jedoch da euch an Meine Lieb' gar wenig war gelegen,

So suchtet ihr euch Licht auf wohl von Mir verbot'nen Wegen!

 

Es sei das letztemal gesagt von Mir zu euren Herzen,

(Denn wie euch schon gesagt, Ich pflege nur einmal zu scherzen),

 

[PsG.01_072,02] So ihr euch noch einmal durch Vorwitz sollt't verleiten lassen,

Mit euren ungeweihten Händen und gar ohne Meinen Willen

Je einen noch so kleinen verbot'nen Aepfel anzufassen,

So werd' Ich euch mit Meinem Trost verlassen ganz im Stillen, -

 

[PsG.01_072,03] Dann werdet ihr umsonst zu Mir empor die Hände ringen,

Und eurer Stimme Rufen wird an Mein Ohr nur dringen

Als wie das Licht der allerfernsten und allerkleinsten Sonne

Zur lichtverwaisten, kalten, nackten, stummen Südpols-Zone.

 

[PsG.01_072,04] Auch Meinem Knechte werd' Ich dann ein and'res Plätzchen geben,

Und so euch ernstest strafen für ein derartig Bestreben

Nach einer Frucht, die Ich für euch noch nicht gesegnet habe. -

Recht wohl gemerkt, ihr Katzen, Luchse, und auch gar schlauen Füchse,

Die Weisheit liegt da wohl verwahrt in einer goldnen Büchse,

 

[PsG.01_072,05] Sie werde nie ein Eigenthum der schnöden Wißbegierde,

Nur Meinen Schwachen geb' Ich sie zur wahren Seelen-Zierde.

Wer nur nach eitlem Wissen strebt allhier auf eurer Erden,

Da sag' Ich wahrlich: dem wird nie Mein Licht gegeben werden!

 

[PsG.01_072,06] Wohl aber stillen, demuth- wie auch liebevollen Seelen

Werd' Ich, der gute Vater, auch das Kleinste nicht verhehlen;

Daher denn lasset euch von Mir noch einmal warnend sagen:

Verbotenes zu thun sollt ihr in Zukunft nicht mehr wagen!

 

[PsG.01_072,07] Ich sage "Amen." - Merket wohl, wer da zu euch gesprochen;

Sonst werden eurem Geiste einst die Augen ausgestochen,

Da ihr in großer Finsterniß durch lange Ewigkeiten

Euch gar ein schmählich, herbes Loos voll Zweifel werd't bereiten! -

 

[PsG.01_072,NW.01] Nun merket, ihr stummen, tauben und blinden Vorwitzlinge! Meinet ihr denn, daß Ich ein Mährchen-Erzähler bin, wie ein altes Weib, oder ein alberner Schwätzer wie ihr es seid, da unter tausend Worten, mit denen ihr die Luft mißbraucht, kaum ein halbnützes ist! Sehet, das bin Ich durchaus nicht, sondern Meine Worte sind Kraft und Leben, und wesenhaft wahr; daher suchet euch selbst darinnen, in der Demuth und wahren Liebe zu Mir. Amen.

 

 

73. Auf den Bergen.

 

[PsG.01_073,VW.01] In sieben Stunden zu Greifenburg im Drauthale geschrieben den 19.- 21. August 1841 von J. Lorber.

 

[PsG.01_073,01] Auf, nur auf! Die düstre Nacht entschwand, ihr Brüder!

Horcht, schon schallen von den Höhen hehre Lieder;

Töne, gleich dem Sfärensange, hört sie schallen

Durch des Gottestempels weitgedehnte Hallen !

O, ein großes Echo dort sich bricht am Steine;

Hört doch, wie deß Nachhall schwindet durch die Haine! -

Weitgedehnte Fluren, Freude jauchzend, beben;

Alles scheint zu sein voll Lust und Leben!

Und der Berge eisbesäte, steilste Spitzen -

Ja, sie leben! "Leben"! hallt's aus ihren Ritzen!

 

[PsG.01_073,02] Hier steh' ich, ein Gotteszeuge, wonnetrunken,

Schaue stumm, wortlos, so ganz in mich versunken;

Hehre, heil'ge Schauer meine Brust durchziehen;

Riesige Gestalten über Berge fliehen!

Doch ich fasle; Nebel nur die Höh'n umgürten,

Ihre regen Schatten mir mein Aug' beirrten;

Diese scheinen nun von Berg zu Berg zu springen,

Gleich, als solle ihnen gar ein Kampf gelingen. -

O, Du Großer, dem die Sterne all' gehorchen,

Herrlich ist es, nur allein auf Dich zu horchen!

 

[PsG.01_073,03] Dort gen Mittag halt' mein Aug' ich nun gewendet,

Hinter Riesenalpen ragt, wie ganz noch unvollendet

Ein beeister, stein'ger Riese, unbeschreibbar

Hoch empor, dem Auge nahe unerreichbar;

Wie doch gar so sonderbar, daß blanke Wände

Zu verkünden scheinen aller Dinge Ende;

Nichts als eis'ge Trümmer über Trümmer hängen,

Nichts als Felsen nur an Fels sich dräuend drängen,

Ritze, Klüfte, tief- und weitgedehnte Spalten

Sind's, die schaurig düster diesen Berg gestalten! -

 

[PsG.01_073,04] Wer mag wohl mit kalter Brust solch' Wunder schauen?

Wahrlich, den da nicht befällt ein heilig Grauen,

Nicht ein Sehnsuchtsfieber nach den lichten Höhen,

Der ist todt und wird vom Tode - nie erstehen! -

O, der blinden Thoren, die die Welt durchrennen

Geldes wegen, aber - Heiliges verhöhnen! -

Da komm' her, du Sklave deiner tollen Gierde,

Lege nieder deiner Narrheit schwere Bürde,

Send' nur einen freien Blick zu diesen Höhen

Und du mußt und wirst den bessern Schatz ersehen! -

 

[PsG.01_073,05] O des schönsten Thales, das mein Aug' gesehen

Jemals hat! - Wer mag deß hehres Bild verstehen? -

Segensvolle Triften, Aecker, Wiesen, Auen

Wechseln stets mit furchtbar schroffen Felsengauen;

Da ein Wildbach über mächt'ge Steine rauschet,

Dort von einer schwindlen Höhe wieder stürzet

Einer steilsten Wand entlang, mit Glanz umschürzet,

Tobend wild, zerschäumt, zerstäubt und ganz zerrissen,

Nicht ein Bach, ein Strom fürwahr, auf mein Gewissen!

 

[PsG.01_073,06] Wer kann solche große Wunderdinge schauen

Ohne Bangen, ohne Lust und Heil'ges Grauen?! -

Wahrlich war, Gebet ist da in jedem Zuge

Leicht'ren Odems ohne alle Täusch' und Truge;

Wer wohl könnte da des Betens sich enthalten

Wo vor ihm so große Wunder sich entfalten?

Einen Blick nur braucht man hier emporzusenen,

Wo die Berg' in eisumstarrten Spitzen enden,

Die gar hoch noch über Silberwölkchen ragen;

Ob ein Got? - magst immer noch zu zweifelnd fragen?

 

[PsG.01_073,07] Wen des Heimathlandes Hügel zweifelnd lassen,

Hierher komm' er, um da jählings zu erblassen

Vor den vielen, großen mächt'gen Gotteszeugen,

Wahrlich, seine Zweifelzunge wird da schweigen,

Wo der Erde Riesen Donnerworte sprühen,

Sagend: "Staub! betracht' dein eitel, tolles Mühen,

"Was vermagst du denn durch all' dein loses Sinnen?

"Kannst dadurch ein ew'ges Sein du wohl gewinnen?

"Sieh', wie stolz und mächtig wir vor dir auch stehen,

"Wird uns doch der Zeiten Hauch dereinst verwehen! -

 

[PsG.01_073,08] "Und du schwaches Würmchen, zitternd vor uns Großen,

"Die wir Gottes Feuerwillen sind entsprossen,

"Kannst in deiner engen Brust noch Zweifel tragen,

"Und nach einem Gotte, deinem Schöpfer fragen?! -

"Sieh' herauf zu unsern eisumstarrten Spitzen;

"Sieh', wie wir aus unsern Klüften, Spalten, Ritzen

"Standhaft betend unsern großen Schöpfer preisen,

"So du Wölkchen siehst um unsre Stirne kreisen,

"Darum komm' herauf, nicht scheuend manchen Riegel,

"Zweifler; finden wirst du hier der Allmacht Siegel!

 

[PsG.01_073,09] "Gott, der mächtig Ew'ge, hat es scharf gestochen;

"Tief und rein sind unsre Stirnen durchgebrochen;

"Dieses Siegels Zeichen wirst du leichtlich lesen,

"Keine Hieroglyfen sind's, kein täuschend Wesen,

"Sondern klare Zeichen leuchtend wirst zu finden,

"Die dir, Zweifler, deinen Gott getreu verkünden! -

"Diese Zeichen sind in weit gedehnten Reihen,

"Um dir einen Gottesglauben zu verleihen,

"Hingestellt von mächt'ger Hand der ew'gen Liebe;

"Lese sie! und ordne deine finstern Triebe."

 

[PsG.01_073,10] Ja, auf dieser Berge lichtumfloss'nen Höhen

Rein're, Gottes-Geist-erfüllte Lüfte wehen! -

Kahle Wände, eis'ge Zacken, tiefe Klüfte,

Mächt'ge Quellen, Wasserfälle, moos'ge Trifte,

Steingerölle, hohe Seen, alte Bäume,

Morsch zerstreuet, schneeumflorte Felsensäume,

Tiefer liegend, vollbelegte Alpenwaiden,

Wechselnd hie und da mit grau bemoosten Haiden

Und noch tiefer, dichte Wälder; das sind Zeichen,

Denen jeder Glaubenszweifel schnell muß weichen! -

 

[PsG.01_073,11] Möcht' da Jemand weislich mir entgegen saen:

"Solche Zeichen ja auch klein're Dinge tragen!

"Muß man denn gerad auf hohe Berge gehen,

"Um der Gottheit Allmachtszüge zu erspäher? -

"Auch in einer Milbe magst du solche finden

"Und Atome müssen dir den Gott verkünden!"

Wahr ist's, wahr! - Doch kleine Schrift ist schwer zu lesen,

Leichter viel der großen Zeichen deutlich's Wesen;

Wer da einmal ist im Herzen blind geworden,

Was sind dem der kleinsten Zeichen matte Horden?!

 

[PsG.01_073,12] Wenn dem Gottesforscher schon genügt das Kleine,

Wenn ihn schon erfreu'n sehr bunt belebte Haine,

Darum er ein Forscher ist so ganz im Stillen,

Zu erkennen seines Gottes heil'gen Willen;

So doch sind darum die hohen großen Zeichen,

Nicht als überflüssig etwa auszustreichen;

Sondern mehr und mehr gar treu und wohl zu achten,

Denn auf solchen Höh'n und inn'ren tiefen Schachten,

Welche nie noch hat der Sonne Strahl durchdrungen,

Wird ein fester Glaube leichter stets errungen.

 

[PsG.01_073,13] Kleine Zeichen, möcht' sich mancher Klügler dünken,

Die dem Forscher zu Eonen Schaaren winken,

Reichen hin, der Gottheit Weisheit zu erkennen

Und dadurch sich selbst nach ihr allein zu sehnen;

Aber ist das eines Menschen rechtes Streben?

Freunde, was zuerst die Lieb' nicht mag erheben,

Nicht des wahren Lebens Quell in uns erwecken,

Wird auch wahre Weisheit schwerlich je erzwecken!

Darum ist an großen Zeichen viel gelegen;

Segen dem, der liebend treu sie mag erwägen! -

 

[PsG.01_073,14] Auf der alten Feste, Greifenburg benennet,

Die zu sehen lang ich mich schon hab' gesehnet,

Hab' ich Klein und Groß recht klärlich unterschieden,

Hier erst ward mir neu ein herrlich's Licht beschieden,

Und dieß Licht hat solches treulich mir bekundet:

"Wo die Zeichen klein und völlig abgerundet

"Deinem Aug' erscheinen, sind zu unterscheiden

"Schwerer sie; des Glaubens aber höchste Freuden

"Und des wahren Liebelebens gold'nen Frieden

"Findest du auf diesen stillen Höh'n hienieden!" -

 

[PsG.01_073,15] Wahrlich wahr, wie still und lautlos ist das Leben

Und wie gar so himmelwärts des Geistes Streben,

Auf den eisumstarrten, schroffen Bergeshöhen,

Wo da nimmer ist ein Kräutlein zu erspähen! -

Doch nicht nur auf Bergeshöh'n und eis'gen Triften,

Als wie auch auf Gletscherspalten, Felsenklüften,

Magst allein du deine Gottesliebe wecken,

All' den Glaubenszweifel in die Klüfte stecken,

Sondern - mir am Fenster schon benannter Veste

Sich der letzte, dunkle Zweifelsschleier löste. -

 

[PsG.01_073,16] Stets zwar, wo du willst, kannst Gottes Wunder schauen;

Doch genießen kannst sie nur in solchen Gauen,

Da ein ewig stiller Friede scheint zu walten,

Und die Allmacht Wundergroßes zu gestalten;

Wenn schon auch die zarten Blümchen dich beglücken

Und dein kindlich Auge fromm belebt entzücken;

Doch dabei muß aber du ja nicht vergessen,

Wie der Herr für Männer hat die Kost bemessen:

An der Milch allein die Kinder sich erlaben;

Mann! - Du mußt zur Kost ein festes Brod ja haben! -

 

[PsG.01_073,17] Hier in Greifenburg in übergroßen Brocken,

Ob auch manchmal hie und da ein wenig trocken,

Giebt der Herr dem Manne Brodes zu genießen,

Wo aus stein'gen Triften reine Bäche fließen,

Wo gebirgsumkränzte Thäler Segen hauchen,

Wo wohl stets aus Bergen neue Leben tauchen;

Da, o Freunde, darf der Geist nicht Hunger leiden,

Sondern stets genießen heilig's Brod - in stillen Freuden!

Kommet her und theilet es mit mir zufrieden;

Größ'res könnt ihr nicht genießen je hienieden!

 

[PsG.01_073,18] Wahrlich! das ist ein gelobtes Land der Erde,

Da das Herz sich freut in jeglicher Beschwerde;

Wenn auch Milch und Honig, wie im Morgenlande,

Da nicht fließet; so doch fließt zum Liebesbande

Ein Gefühl der Freundschaft aus den wärmsten Herzen,

Lind'rung triefend für so manche Seelenschmerzen!

Hier möcht' ich mit Petrus und Jakobus rufen:

Herr! auf diesen Deiner Allmacht heil'gen Stufen

Ist gut sein; so laß drei Hütten mich erbauen

Und in selben mehr und mehr mich Dir vertrauen!

 

[PsG.01_073,19] Glaube , Hoffnung, Liebe sind der Hütten Namen;

Diese drei Gebäude fand ich hier beisammen;

"Brauchst sie ängstlich nicht erst irgend aufzubauen," -

Klingt's im Herzen; "lang schon steh'n sie auf den Auen;

In den schlichten Hütten ist ein Herd gestellet,

Für den Herd ein treues Feuer auserwählet,

Siehe, wie empor zum Himmel steigt die Säule;

Sie entsteigt dem warmen Herd in Heil'ger Eile,

Dampfend düster zwar; doch heilig ist ihr Wehen;

Sieh! Mich sollst als Koch nur bei dem Herd du sehen."

 

Nachwort.

 

[PsG.01_073,NW.01] Nicht gelehrtes Forschen, nicht verschmähte Liebe, ja auch nicht was sonsten irgend einen Wanderer möchte herbescheiden zu besuchen diese hehre Gegend; nein! - all' dieses ist für mich kein Hebel; sondern einzig und alleine nur der Geistessättigung zu Liebe, und aus Liebe zu der Liebe meiner Brüder kam ich hergezogen; doch was ich erwartet, war nicht klein in meiner Brust; der Herr hat aber meine Rechnung unterstrichen, und statt einer Fliege einen - Elephanten mir gegeben! Jeder wird es leicht errathen, was ich damit sage. - Dem Herrn alles Lob, Dank und Ehre ewig! Amen. - (Man sehe in Nr. 46, 47)

 

74. Auf der Kleinalpe.

 

(Am 15. Juli 1841.)

 

[PsG.01_074,VW.01] Am 14. Juli 1841 bestiegen L.B.J. und A.H. bei günstiger Witterung die höchste Spitze der Kleinalpe, und verweilten - eines anhaltenden kalten Sturmes aus Westen ohngeachtet - drei Stunden auf der Höhe, von wo aus die bedeutendsten Hochgebirge der Obersteiermark, wie auch die Städte Judenburg und Leoben deutlich erblickt werden konnten. - Am 15. Juli ergieng dann an den Knecht des Herrn folgende Mahnung:

 

[PsG.01_074,VW.02] Schreibe, es ist ein lieblich Wort, wohl zu vernehmen von den Höhen der Berge auf den freien schönen Höhe der Kleinalpe:

 

[PsG.01_074,01] Was starrst du, müde Schaar, dahin nach jener Berge Reihen,

Da schroffe Scheitel Mir, dem Schöpfer, ihre Düfte weihen?

Erkenne deine Schuld, und lern' es wohl von diesen Helden,

Was All's sie dir von deinem Vater, ihrem Schöpfer, melden,

Wie kühn und mächtig sie da stehen, diese großen Zeugen!

Un wollen nimmer, so wie ihr, von Meiner Größe schweigen!

Um ihre heil'gen Spitzen häufig frohe Nebel kreisen,

Und helfen dankend ihnen still den großen Vater preisen;

Und heit're Winde rauschen mächtig über hohe Zinnen,

Um anzuzeigen, daß die Felsen da Mein Lob beginnen.

 

[PsG.01_074,02] Es banget dir, du matter Seher, vor den ries'gen Höhen,

Du Schauerst, wenn der Alpe reine Geister dich umwehen,

Als kühle Winde deinem Auge manche Thrän`entlocken;

Doch wenn du sehen möchtest, da Eonen weißer Flocken

Sie emsig aus den müden Wolken freudig formen, bilden,

Und dann sie sorglich streu'n auf all' den hohen Moosgefilden,

Und möchtest sehen noch all' dieß mit deines Geistes Augen

Und schaun, wozu all' diese Geisterarbeit möchte taugen -

Sodann erst möcht'st du rufen: Wer da achtet Gottes Werke!

Hat eitle Lust; sie zeigen ihm des heil'gen Vaters Stärke! -

 

[PsG.01_074,03] Ihr habt geseh'n des Oberlandes kühn gestellte Berge,

Und auch geschaut auf deren Schooß die nied'ren, stein'gen Zwerge,

Den hohen "Schwab" und "Reiting" saht ihr Alle duftend prangen,

Den "Pred'ger=Stuhl" und and're Berge, die mit Wolken rangen,

O höret diese selt'nen hohen Berggebilde sprechen! -

Vernehmet ihr Wort' in eures stein'gen Herzens sand'gen Schwächen!

Es lautet kurz also: "Du schwacher Mensch auf dieser Erde!

"Du schaust ganz wonnetrunken, stumm für unsere Beschwerde

"Die hehre Pracht an uns; doch würdest du uns näher treten,

"Dann möch'st du schauern wohl vor unsern schweren Prüfungsketten!"

 

[PsG.01_074,04] Und also weiter legen Worte auch an's Herz die Berge,

Also verständlich: "Seht uns an und schaut die alten Särge,

"Wie wir da steh'n und majestätisch in die Lüfte ragen,

"Also auch eine Unzahl Todter stets in uns wir tragen,

"Und wenn die Barmlieb' Gottes uns nicht möchte kühlen,

"Fürwahr: des Grimmes Wüthen würde bald das Land erfüllen,

"Denn die wir fest in unsern harten Leibern müssen halten,

"Die möchten flammend hier in einer Stund' die Erd' umstalten;

"Doch solches zu verhüten und zu wahren euch den Frieden,

"Da tragen wir an eurer Statt die große Last hienieden!" -

 

[PsG.01_074,05] O lass't der Berge mächt'ge Worte tief in's Herz euch bohren,

Denn wieder weiter legen sie die Zung' an eure Ohren,

Also vernehmlich: "Wenn die Nebel uns behend umkreisen,

"Verhüllend unsre hohen Scheitel; sehet, da beweisen

"Gar hehre Wesen mächtig uns schon alte Todtenwächter,

"Und sänften da mit ihrer Lieb' in uns die Gottverächter

"Durch ungezählter Thränen Menge aus der Liebe Augen,

"Die da in uns der Liebe Spende sorglich in sich saugen,

"Die werden dann erweckt, auch zu ersteh'n in's freie Leben,

"Und nach und nach in's höh're, wie's euch Menschen ist, gegeben." -

 

[PsG.01_074,06] Und da der Berge Mund für euch schon einmal offen stehet,

So horcht noch ferner, was der Hohen Hauch zu euch hinwehet:

"Wenn mächtig über unsre Häupter frische Winde eilen,

"Daß ihr darob auf uns nicht lange könntet forschend weilen,

"Da ist's, daß Legionen neue Leben sich erheben,

"Und sorglich weilend nach den pflanzenreichen Eb'nen streben,

"Um solches vorbestimmte Ziel baldmöglichst zu erreichen,

"Vereinen sie zu Nebeln sich nach alten Lösgebräuchen,

"Und fallen dann als leichter Regen über Pflanzentriften,

"Allda sie neubelebend selbst sich in das Leben lüften!

 

[PsG.01_074,07] "Und wenn im spät'ren Herbst die frühen Flocken uns bekleiden,

"Darob uns dann all' warmes reges Leben pflegt zu meiden,

"Ja selbst so manche heit're Quelle eisig stockt im Fallen,

"Und also All's verstummt auf unsren freien Lebenshallen,

"Da winkt dir, Forscher, eine neue Zeit, ihr treu zu bleiben

"Mit deinem Aug' und Ohre; denn da fängt sich's an zu treiben

"Hinauf, hinab; nach allen Seiten siehst du nichts als streben

"Nach einer festen Form, um so zu künden sich als Leben;

"Denn solches ist die Heimwehzeit , da Alles sich möcht' finden,

"Darum da jeder Geist sich gerne läßt durch and're binden.

 

[PsG.01_074,08] "Und wenn dann erst der volle treue Winter ist bekommen,

"Alsdann wird nicht gar selten uns're feste Brust beklommen,

"Denn da ereilen uns des hohen Nordens Friedensrichter,

""Bestreuen uns're tiefen Furchen bald durch ihr Gelichter

"Von tiefem Schnee und starrstem Eise, uns zur Probe drückend;

"O seht, dann ist's, auf unsren Höh'n zu wandeln nicht entzückend,

"Denn da wird jedes freie Leben also hart ergriffen,

"Daß es wohl nimmer fühlen mag der Liebe süßes Triefen;

"Und wenn des Frühlings Hauch zerreißet auch des Nordens Bande,

"Da kehrt kein Leben mehr zurück zum frühern Heimathlande!

 

[PsG.01_074,09] "Nur wenn das stumme Schnee- und Eisgelichter ist gewichen,

"Allwann ein warmer Frühling hat den Winter weggestrichen,

"Da kehret dann das Pflanzen=Leben wohlgestärket wieder;

"Doch nimmer wiederkehren da erfror'ner Vöglein Lieder,

"Selbst Menschen, die auf uns'rem Rücken hat der Nord erdrücket,

"die werden schwerlich mehr von uns'rer Sonne Strahl erquicket;

"Doch so ein freies Leben hier gefährdet ist geworden

"Durch ein zu friedsam's Walten unsres übertreuen Norden,

"Da soll darob wohl Niemand gar zu sehr uns Berge klagen,

"Denn solch' Gefang'nen fängst ein and'res Leben an zu tagen!"

 

1.1.1. Nachgedicht zur Kleinalpe

 

[PsG.01_074,10] Und so mag dieses Liedchen euch zu einer Fahne dienen,

Mit der ihr all der Berge Sinn könnt überleicht gewinnen,

Und leichter zu verstehen auch, das Ich euch noch werd' geben;

Fürwahr, ihr werd't durch diese Fahne manchen Zweifel heben,

Denn leichter ist's: auf Berge geh'n und von da and're schauen,

Als zu versteh'n, woher auf selben rührt solch wonnig' Grauen;

Darum denn gab Ich vor der größ'ren Gabe diese Fahne

Zu Handen euch, damit sie euch getreu zuvor ermahne,

Daß Meine nächste Gabe sich in Weisheit wird ergießen,

Die ihr durch diesen Schlüssel doch gar leichtlich werd't erschließen!

 

[PsG.01_001,11] Ich der Herr

Euch das bescheer!

Wollt ihr mehr,

so kommt nur her;

 

[PsG.01_001,12] Der gibt gerne,

Der da lenkt die Sterne

In der weiten Ferne,

Der gibt gerne! -

 

[PsG.01_001,13] Der heil'ge Vater - gut

Jedem Kind' gern Gutes thut,

Weil allein der Vater gut,

Darum Kein's wie Er es thut. -

 

[PsG.01_001,14] Am Himmel wohnen

Viele Sonnen;

Engel thronen

In den Sonnen,

 

[PsG.01_001,15] Auf den Sonnen,

Um die Sonnen

Ruh'n die Kronen

Aller Zonen ! _

 

[PsG.01_001,16] Darum ist der Vater heilig, groß und gut,

Da er solche großen Ding' euch künden thut,

Und sagt auch allzeit Amen

Als guter Vater. Amen. -

 

75. Zum Neujahr.

 

An Andr.H. von seinem Neffen H.H.

 

(Von J.Lorber am 25. Dez. 1841.)

 

[PsG.01_075,01] Guter Onkel! Ihnen hier zum neuen Jahre

Lustvoll bring' ich dankend meines Herzens Ware;

Ueber Gold und Silber hab' ich nicht zu walten,

Christlich gut jedoch mit meiner Lieb' zu schalten;

 

[PsG.01_075,02] Könnt' ich Ihnen, theurer Onkel, Reich'res bieten

Und mit Beß'rem Ihre Vaterhuld vergüten,

Nur zu gerne möcht' ich Solches Ihnen bringen!

Doch, da nichts mir als ein dankbar Herz beschieden

 

[PsG.01_075,03] Schon von meiner armen Wiege ward hienieden,

Eben d'rum kann Ihnen auch nichts Beß'res geben.

Gottes Segen soll Sie freudig stets erheben,

Ewig Seine Gnade Ihren Weg erleuchten,

 

[PsG.01_075,04] Nimmer soll je eine Thrän`Ihr Aug' befeuchten;

Von dem Himmel komme jegliches Gelingen!

O, der gute Vater in dem Himmel wohnend,

Nur zu sicher allzeit edle Herzen lohnend,

 

[PsG.01_075,05] O, Er wird auch Ihres Herzens nicht vergessen,

Breit und weit wird Er für Sie den Lohn ermessen!

Eins am End' zum Wunsch laßt, Onkel, mir noch binden,

Nämlich: stets in Ihnen, Onkel, auch den - Vater finden.

 

76. Wie es war, so soll es bleiben

 

(Von J. Lorber selbst, 1841.)

 

[PsG.01_076,01] Onkel! Wie es war, so soll's auch fürder bleiben;

Wahres Glück für Sie soll nie die Zeit zerreiben;

Selbst, so wir einst werden müssen trauernd scheiden,

Soll dies wahre Glück Ihr gutes Herz nicht meiden;

 

[PsG.01_076,02] Mögen Zeitenstürme mit einander ringen,

Mögen tobend sie der Welt Verheerung bringen,

Edler Menschen Herzen werden Segen finden,

Schützend wird Sie Gott mit Seiner Liebe binden,

 

[PsG.01_076,03] Wenn die Erd' sich selbst im Feuer möcht' erneuern

Und im Sonnenbrande einen Sabbath feiern! -

Und so laßt von mir Euch solches wünschend sagen:

Meine Schwäch' noch ferner - duldig zu ertragen,

 

[PsG.01_076,04] Durch der Schulen nütze Bahn mich lassen laufen,

Ja, mit hehrem Geist und Feuer mich zu taufen;

Solches sei mein inn'rer Wunsch: Mit euch zu essen

Geist'ges Brod! Mag auch die Wissenschaft erpressen

 

[PsG.01_076,05] Einen Nutz, genügend für der Weisen Sieben,

Möcht' darum doch ich die Wissenschaft nicht üben.

So ich solches thäte, müßt' ich's nicht bereuen?

Soll die Wissenschaft um irdisch Brod nur freien?

 

[PsG.01_076,06] Darum will ich künftig jede Trägheit fliehen;Ihnen,

Onkel, wünsch' ich's bald in mir zu schauen,

Wie der Herr der Waisen Herzen pflegt zu bauen.

Dieses sei für Sie und mich der höchste Segen:

Gott möcht' bald in uns ein neues Leben legen!

 

77. Der Gratulations-Wunsch.

 

[PsG.01_077,01] Häuslich's Glück, Gesundheit, Gnad' und Gottes Segen,

Lesen wir, daß allzeit All's daran gelegen,

Vor tausend Jahren war bei allen Frommen

Nach der Weise, die vom Himmel ist gekommen;

 

[PsG.01_077,02] Grün also, wie nur die Hoffnung wird gemalen,

Fleißig gleich dem Fluge heit'rer Sonnenstrahlen,

Deren Schnelle unsre Sinne nicht erreichen,

Vater, sieh, all diesem möcht' ich vollends gleichen!

 

[PsG.01_077,03] Licht, ein heilig's Licht aus denen heil'gen Höhen -

Herrlich soll's herab in unsere Herzen wehen!

Allen unsres Kreises soll dies Glück erstehen,

Meines Herzens Wunsch sollst du darin ersehen,

 

[PsG.01_077,04] Tausend Jahre, so es möglich wär', zu leben,

O, der heil'ge Vater möcht' es dir ur geben!

(Bei den Alten war's nichts Neu's so was zu hören).

Heiter doch, und kann dem Alter man nicht wehren,

 

[PsG.01_077,05] Fröhlich stets in jene lichte Zukunft schauen;

Oft, ja überoft kommt mir ein heimlich's Trauen

Von der Zukunft, die so mild und herrlich strahlet,

Die uns Gott so schön in unsre Herzen malet.

 

(Jakob Lorber 1841.)

 

 

 

 

Die Psalmen.

 


Als Vorwort zu den Psalmen kam folgendes durch J. Lorber, am Oster-Sonntag, 27. März 1842.

 

[PsG.02_0VW,01] Schreibe einmal einen kurzen Psalm, wie aus dir. Warum solle denn Ich in der Zeit weniger, denn zur Zeit Davids eines Psalms werth sein? - Darum sollst du Mir nebenbei noch mehrere Psalmen schreiben; aber - wie aus dir; werde aber Ich redend angeführt, da setze allezeit voraus: Also spricht der HErr; oder: Also sprach der HErr. Den Psalm aber wirst du schon allzeit in dir finden. Und so schreibe:

 

(Amen.)

 

 

Seid erfüllt mit dem heiligen Geiste, aufmunternd einander in Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern, mit Wort und Gesang preisend den Herrn in euerem Herzen, dankend allezeit für Alles Gott und dem Vater, im Namen unseres Herrn Jesu Christi !

 

Paulus an die Epheser 5, 18 - 20.

 

 

 

I. Psalm, Am Morgen zu singen dem Herren.

 

[PsG.02_001,01] Gelobet, ja über und über gelobet sei Du, unser heiliger liebvollster Vater!

 

[PsG.02_001,02] Es zeigt die Erde, die Sterne, der Mond und die Sonne, wie groß Du, o heiliger Vater, wie herrlich, wie gut und wie gnädig und liebvoll Du bist!

 

[PsG.02_001,03] O, d'rum will ich loben und preisen Dich über die Maßen, denn Du nur allein bist würdig des einzigen größesten Lobes der Menschen der Erde, und aller der Engel der Himmel.

 

[PsG.02_001,04] Es lobt Dich das Würmchen im Staube, es preist Dich die Fliege, es jauchzt Dir der Sperling am Dache, voll dankbarster Freude entgegen! -

 

[PsG.02_001,05] Es preist Dich der Adler und alle die Thiere der Wälder; sie ahnen im Dunkel der Nächte Dich gütigster Vater, Dich Schöpfer, Dich mächtigen, ewigen Gott! -

 

[PsG.02_001,06] Und die Erde und all' ihre Meere, und Feuer und Winde, sie wissen und kennen den großen, den mächtigen Gott, und - daß Er sie geschaffen zu Seiner höchst eigenen Ehre, und Seinem unendlichen Ruhme nur hat! -

 

[PsG.02_001,07] Und die Himmel im ewigen Lichte der endlosen Liebe des heiligen Vaters sind voll Seiner ewigen Ehre und größesten Güte, und zeugen von Seiner unendlichen Macht. -

 

[PsG.02_001,08] Und die Engel, sie singen mit wonn'erfülltesten Herzen: O Heilig, o heilig, o heilig bist Du, lieber Vater; - wie gut, o wie gut ist bei Dir es zu sein! -

 

[PsG.02_001,09] O so lobe und preise denn du auch, du meine für ewiges Leben und Liebe in's Dasein gerufene Seele, o lobe und preise in Jesus den heiligen Vater, Der dir so gütigst am Kreuz' hat die Kindschaft gegeben. -

 

[PsG.02_001,10] Und du auch mein Leib, wenn schon einstens dem Tode gegeben, - du zeitlicher Träger des ewigen Lebens aus Gott, auch du lob' und preise den Vater, den heiligen, den guten; denn du wirst auch ewig nicht bleiben im Schooße der Erde, und sollst mir verkläret einst werden zum ewig unsterblichen Kleide! -

 

[PsG.02_001,11] Denn so spricht der Herr: Diesen Tempel, den ihr da abbrechet, will Ich in drei Tagen vollst wieder aufbauen!

 

[PsG.02_001,12] O Leib, du mein Leib, sieh', du bist ja der Tempel des heiligen Geistes. Wirst du auch zerbrochen, deß sei Dir nicht bange; denn Der dich zerstöret, zerstört dich mit nichten zum Tode, wohl aber, damit du zum ewigen herrlichsten Kleide mir werdest umstaltet, im Schooße der ewigen Liebe des heiligsten Vaters!

 

[PsG.02_001,13] Und so sei gelobet mein süßester liebvollster Jesus und heiliger Vater, aus all' meinen Kräften der Seele, und so auch des Leibes; ich Geist aber bin es, der Solches hier schreibet, demüthigst, zu Deiner alleinigen Ehre, o Jesus, Du heiliger Vater! -

 

 

II. Psalm. In der Noth zu singen dem Herrn.

 

[PsG.02_002,01] O Du Mein Gott, Du mein liebvollster Vater! Wie herrlich bis Du, wie mild und wie sanft, und bist voll der größten Geduld!

 

[PsG.02_002,02] Sieh', o mildester, heiligster Vater, die Nacht dieser Erd' ist gar trübe geworden; die Menschen, sie toben und wühlen gleich Füchsen und Wölfen und Schweinen und Bären, Hyänen und Löwen in derselben herum. -

 

[PsG.02_002,03] Nur gar selten ein Bruder des Bruders noch achtet, darum er "ein Bruder" ihm ist. O wie gar so weit sind denn die Menschen gewichen zurück von dem heiligst-lebendigen Ziele!

 

[PsG.02_002,04] Sie haben das Höchste, das Größte, das Beste verloren! - Doch Keinen fast kümmert des ewigen Lebens mehr hier; und Du, heiliger Vater, wie bist du so gänzlich erloschen im Herzen von zahllosen blindesten Brüdern und Schwestern!

 

[PsG.02_002,05] Und so denn ist Habsucht der herrschende Geist, obwohl Jeder in sich es gar bündigst erfahren stets mag, daß das irdische Lämpchen des tollesten Lebens am Grabe erlischt. -

 

[PsG.02_002,06] O ihr Zeiten, ihr ärgesten finstersten Zeiten! Den "Vater", den heiligen Vater, den ewigen Gott habt ihr können aus so vielen Herzen verdrängen! -

 

[PsG.02_002,07] Und habt diese Herzen erfüllt mit Unrath des Satans, und allem dem Nichtigsten, dieses so finsteren Reiches der Welt und des Todes aus ihr! -

 

[PsG.02_002,08] O du liebvollster Vater, erbarme, erbarme Dich unser! denn sonst geh'n wir ja eh'stens gar Alle zu Grunde.

 

[PsG.02_002,09] Denn siehe, die Männer sind weibisch geworden, und lassen von Weibern die Köpf' sich zerstoßen, und liegen und kriechen gleich Schlangen, zertreten zur Hälfte von Füßen der Weiber!

 

[PsG.02_002,10] O Gott, Du heiliger Gott, kannst solch' höllischen Frevel auf Erden noch länger geduldig Du schauen? Der Mann ist zur kriechenden Natter geworden!

 

[PsG.02_002,11] O wann wirst erlösende Stunde, du heilige Stunde denn kommen, um frei diese Erde zu machen, von dieser so lang' schon anhaltenden dichtesten Nacht, von der Nacht alles Todes?!

 

[PsG.02_002,12] Und wann wirst den Fürsten der Lüge und Bosheit Du endlich gefangen denn nehmen? - Wie lang' noch zu fangen und tödten die Menschen der Erde wirst Du ihm gestatten?!

 

[PsG.02_002,13] O Vater, o heiligster liebvollster Vater! Mach' Ende, mach' einmal ein Ende - - dem tollesten Treiben des Satans, sonst sind wir verloren!

 

[PsG.02_002,14] Gedenke, gedenke der größesten Noth dieser Erde; erhöre dieß Flehen, dieß ängstliche Jammergeschrei;

 

Lieber Vater! erlöse, erlöse uns Alle von diesem allbittersten Uebel der ewig mir dünkenden Nacht! -

 

Doch Dein heiliger Wille geschehe stets. Amen.

 

 

III. Psalm. Zu singen dem Herrn in großer Betrübniß.

 

[PsG.02_003,01] Mächtigster Herr, Der Du allzeit bist voll der Gnade aus endloser Lieb' und Erbarmung zu uns, sieh' doch gnädig herab auf uns ärmlichste Sünder!

 

[PsG.02_003,02] Es ist ja doch traurig, ja schrecklich zu leben auf dieser so finst'ren und boshaften Welt, da man ehrlicher Weise sich scheuen gar müßt' zu bekennen Dein lebendiges inneres Wort!

 

[PsG.02_003,03] Man begünstigt ein weltlich Getriebe nach allen erdenklichen Arten, und theilt Belobungen aus - den Förd'rern der Moden, des Luxus, der weltlichen Pracht, und all's Dessen, was immer nur möglich die Selbstsucht zu stärken vermag.

 

[PsG.02_003,04] Aber wehe dem ehrlichen friedlichen Manne, der all'zeit sich trauet sein Herz nur zu Dir zu erheben, und zieht von der tollesten Welt sich aus dem Grunde zurück, um zu folgen dem inneren heiligen Rufe aus Dir, lieber heiliger Vater!

 

[PsG.02_003,05] O Vater, o liebvollster heiligster Vater, erbarme Dich unser; Du süßester Jesus, o komm', o komme doch einmal - zu richten die sündvollste Welt, ja zu richten die finsteren Herzen der Brüder - zu Dir, lieber heiliger Vater!

 

[PsG.02_003,06] O Erde, o Erde, du finstere Wohnung des Gräuels, wie wirst du besteh'n vor den Augen Dessen, Der dich mit eigenem heiligsten Blute zur Sonne der Sonnen hat liebevollst waschen und reinigen wollen?! Der eigenen Fußes dich finst're , dich todte, so väterlich duldig betrat?

 

[PsG.02_003,07] O ihr Ohren, ihr argen Weltohren, in denen der heiligste mächtigste Name nur lächerlich klinget, o wehe euch, wehe euch! Wann Er wird kommen zu rechten mit euch! Einen bleiernen Heller geb' ich dann für tausend Pfund weltlichen Goldes nicht her!

 

[PsG.02_003,08] Aber wann wirst du kommen, du schrecklich erfreulicher Tag? - O nicht zaud're, nicht zaud're so lange, du lang schon erwartete heilige Löse der Greuel der Erde, du erster, du jüngster der heiligen Tage der Erde!?

 

[PsG.02_003,09] Wie oft wirst du würdige Sonne denn eher noch spenden der trugvollsten Erde die lieblichen herrlichen Strahlen aus dir, bis da kommen wird jener der Tage auf Erde, an welchem zum erstenmal würdig die finstersten Länder der Schöpfung der Erde an sich werden saugen die milderen Strahlen aus dir; o so sage, o sag' es, du heilige Sonn', oder klage und weine mir mir!

 

[PsG.02_003,10] Und du tückischer Mond, du getreuer Gefährte, des finstern Elends der Erde, wie lang' wirst du noch wechseln dein trüglich gestohlenes Licht? Weiche, weiche zurück! denn sonst wirst verschlungen noch ehstens du werden, von unserer Erde alldichtester tödtlichster Nacht!

 

[PsG.02_003,11] Und ihr Sterne, ihr feurigen Blumen des Himmels, wann werdet mit eurem herrlichen Lichte den sündigen Boden der Erde ihr decken, damit dann die Freien des heiligen Vaters auf euren Gefilden des friedsamsten Lichtes, als ewige Brüder sich möchten erkennen?

 

[PsG.02_003,12] O Vater, Du heiligster Vater, o lasse, o laß gar bald Deine heiligsten Worte in endliche heil'ge Erfüllung ergehen, sonst geh'n wir zu Grunde! Dein heiliger Wille geschehe auf Erden also, wie im Himmel stets ewiglich. Amen.

 

 

IV. Psalm. Zu singen dem Herrn zur Zeit der Versuchung.

 

[PsG.02_004,01] Sehe doch gnädig herab, o Du heiliger liebvollster Vater, von Deiner allleuchtendstens Höhe der Himmel auf uns, Deine mühsamen, kraftlosen, sterblich und sündhaft geborenen Kinder!

 

[PsG.02_004,02] Wir flehen und beten zu Dir: O Du liebvollster Vater, verschone uns Alle von jeder Versuchung, und mache uns frei von den Banden des tödtlichen Uebels der Sünde!

 

[PsG.02_004,03] So beten wir täglich zu Dir; o erhöre doch einmal dieß kläglich Geschrei Deiner sterbenden Kinder, und lasse nicht zu, daß des Vaters allbitterster Feind uns eh' vollends erdroßle, bevor Du zur thätigsten Hilfe uns kämest!

 

[PsG.02_004,04] Es fallen zu Tausend in Schaaren hinab in die Tiefe der Tiefen des ewigen Todes in wen'gen Minuten, gefangen von Deinem allärgsten Feinde; o Vater, Du heiliger Vater, wirst Du uns denn nimmer erretten von dieser unendlich verderblichen Plage und größesten Noth?

 

[PsG.02_004,05] O Du liebvollster Vater! So nehme doch einmal gefangen die tödtende Macht dieses Fürsten des Todes, und bind' ihn auf ewig mit Deinen allmächtigsten Ketten der ewigen endlosen Liebe, an einen für ihn bestens tauglichen Ort; und verhind're dadurch, daß er nimmer uns fange und ziehe hinab in die Tiefe der Tiefen des ewigen Todes!

 

[PsG.02_004,06] O heiliger liebvollster Vater, Du hast uns ja nicht für den Tod, und nicht für den Satan erschaffen, auch nicht uns erlöst für's Verderben; wohl aber für's ewige Leben hast Du an dem Kreuze geblutet, um uns, Deinen Kindern, zu öffnen die Pforten des ewigen Lebens!

 

[PsG.02_004,07] Daher nimm, o Jesus, Du heiligster Mittler, die schwer zu bestehende Prüfung von unseren Herzen, und gieb uns dafür einen reineren Sinn, und den lang' schon verheißenen Geist Deiner Liebe und Gnad' und Erbarmung, ja Deinen verheißenen heiligen Geist!

 

[PsG.02_004,08] Lieber Vater, in Jesu, dem Herrscher in Liebe, Erbarmung und Gnade, Du hast ja geredet die ewige Wahrheit: Der Geist ist zwar willig; doch schwach ist das Fleisch!

 

[PsG.02_004,09] O, so nimm denn die Schwäche von unserem Fleische, und laß in demselben erstarken den ewig unsterblichen Geist; und laß endlich in diesem so schwächlichen Hause zum Herrn und stetigen Meister ihn werden, den starken und mächtig sein sollenden Geist!

 

[PsG.02_004,10] Denn was nützen uns Werke und Lehren, wenn wir mit denselben zu wecken den Geist nicht vermögen, darum uns die finsteren Prüfungen täglich heimsuchen, und rauben das heil'ge Senfkörnlein tückisch uns stets aus dem Herzen.

 

[PsG.02_004,11] Wenn Solches denn immer geschehen muß fürder und fürder, wann wird dann der winzige Same denn einmal zu einem mächtigen Baume erwachsen, daß unter deß Aesten und Zweigen die Vögel des Himmels sich möchten einfinden, um allda zu wohnen? - - -

 

[PsG.02_004,12] Doch höre, nun höre du meine umdüsterte Seele, und du auch, mein ewiger Geist; denn also spricht der Herr:

 

[PsG.02_004,13] "O, nicht klaget und weinet ihr Kinder, die ihr als den wahren und heiligen, liebvollsten Vater in eueren Herzen Mich habet erkannt; denn nicht Ich, liebe Kindlein, hab' euch mit den Ketten der Knechtschaft umschlungen, die Welt und ihr selbst habt euch Solches gethan!

 

[PsG.02_004,14] "Wer gab euch denn Gesetze? Die Welt? oder ihr? oder Ich euer Vater? Nun sehet, die Prüfung, die liegt im Gesetze, wie auch der verheerende Todt; doch ihr sollet nicht schmachten da unter dem Joche des harten und todten Gesetzes! Darum ja bin ich in die Welt gar gekommen, um euch vom Gesetz zu befreien, an dessen Stell' euch die einzige Lieb' ward gegeben. Nun folget der Liebe! so seid ihr von allen Versuchungen frei. Also ist es im Ernste bei Mir. Amen."

 

 

V. Psalm. Gar tröstend am Tage der Versuchung zu singen dem Herrn.

 

[PsG.02_005,01] Und höre nun weiter, du meine doch immer noch traurige Seele, was All's der liebvollste erbarmende, heilige Vater da spricht:

 

[PsG.02_005,02] "Arme Kinder, durch euere eigen verschuldete Blindheit! Wer hat euch denn je so etwas in die Herzen gehauchet, als ließe Ich ganz nach der eigenen Willkür des Satans - ihm zahllose Menschen zur sicheren tödtlichen Beute gar werden!

 

[PsG.02_005,03] "O weiset in all' Meinen Worten und heiligen Lehren Mir so etwas nach, und Ich will es ja gerne sobald widerrufen, was immer nur so möchte lauten, als wär' Ich ein launiger Gott und ein treuloser Vater, dem Alles ein Gleiches da gelte, ob zahllose Menschen und Kinder das Leben verlieren im Geist, oder ob sie's gewinnen für ewig im Geiste der reinsten Liebe aus Mir.

 

[PsG.02_005,04] "Doch ihr werdet wohl schwerlich je finden so etwas im heiligen Buche, im Buche der Liebe und aller Erbarmung aus ihr, ja im Buche des einzig wahrhaftesten ewigen Lebens!

 

[PsG.02_005,05] "Es ist zwar wohl unträglich wahr, daß das geistige Leben ganz fleißig geübet muß werden, bevor es für ewige Dauer sich eigne und tauge für eine vollkommenste Freiheit.

 

[PsG.02_005,06] "Doch solche Umstände sind keine Versuchung, durch welche das geistige Leben stets fester und fester muß werden, wohl aber der heiligen ewigen Liebe entstammende väterlich=göttliche Prob'lektionen, durch welche der schmachtende Mensch hier gefestet muß werden, für eine allewige künftige Dauer des Lebens!

 

[PsG.02_005,07] "Was würd' es dem Satan wohl nützen, so er auch die Menschen möcht' alle verführen? Wie würde und könnte er siegen im eitelsten Kampe mit Mir?!

 

[PsG.02_005,08] "O der läppischen Thorheit! Wer ist denn ein Herr alles Lebens und Todes? Bin Ich es denn, oder ist solches der Satan?

 

[PsG.02_005,09] "Am Ende der Dinge der prüfenden Welt, ja da wird sich's wohl zeigen, wie viel Ich, als einziger Herr aller Wesen und Dinge, zu schaffen und ordnen im Reiche des Lebens und Todes alleinig nur habe, und wie alle Mühe des Satans eine ganz völlig vergebliche war.

 

[PsG.02_005,11] "Wahrlich, das könnet ihr glauben: Von allen den Läst'rungen, welche gegen Mich auf der Erde von den blöden Wesen und Menschen und Kindern je wurden begangen, ist keine wohl größer und ärger als diese, wo Mir, als dem heiligsten liebvollsten Vater, noch ärgere Dinge, als einem allärgsten Tyrannen da werden zu eigen besaget!

 

[PsG.02_005,12] "O sehet, darin liegt der Satan begraben, daß Ich, als der liebvollste Vater, also aus dem Munde der Lehrer und Priester und falschen Propheten als ein allerärgster Tyrann werd' gezeigt den Kindern der Menschen und Wesen.

 

[PsG.02_005,13] "O leset doch einmal bedachtsamen Herzens die vier Evangelien durch, und dann zeigt Mir die Stelle, in welcher es laute, als hätt' Ich euch all'samt dem Satan verschrieben!

 

[PsG.02_005,14] "Und Ich werd' euch zeigen und öffnen den andern Sinn, und ihr Alle werdet ganz hell erschau'n, daß der heilige Vater nicht prüfet und über die Menschheit zum Tode, wohl aber aus endloser Lieb' und Erbarmung zum ewigen Leben!

 

[PsG.02_005,15] "So aber die freiwilligen Menschen als Brüder sich schlagen und zausen, soll Ich da die Schuld etwa tragen, dieweil Ich so frei hab' geschaffen und übervollkommen die Menschheit im Geiste aus Mir, und darum Ich so überlangmüthig, geduldig, voll Lieb' und Erbarmung und Gnade stets bin?

 

[PsG.02_005,16] "Was wollt' ihr denn noch mehr? Seht, Ich sorge, und führe und leite durch all' die für euch unerforschlichen Wege die Menschheit zum heiligen Ziele des ewigen Lebens! Was sollt ihr noch mehr? Seht, Ich lasse die Freiheit in rechtlichen Schranken dem Satan sogar. Sagt, was wollt ihr noch mehr? Seht, Ich richte wohl ewig da Niemand zum Tode, wohl aber nur all'zeit für's ewige Leben in aller Freiheit.

 

Sagt, was wollt ihr noch mehr?

 

[PsG.02_005,17] "Hab' Ich Jemanden je schon verdammt zum ewigsten Tode? Wo ist Der, wer ist Der, daß Ich vor ihm hätte verschlossen Mein Herz? Wo ist wohl der verlorene Sohn, den Ich nimmer möcht' freudigst annehmen, so er sich nur kehret im Herzen zu Mir? - Sagt, was wollt ihr noch mehr?"

 

 

VI. Psalm. Zu singen dem Herrn ob Seiner großen Güte und Erbarmung.

 

[PsG.02_006,01] O Herr, Du bist gütig und voll der Erbarmung, und gnädig und voll von der größten Geduld; o Du ewiger, heiliger liebvollster Vater! Darum will ich loben Dich allzeit bei Tage und Nacht.

 

[PsG.02_006,02] Selbst im kranken Zustande des Leibes, so da irgend etwas die Nerven, die Fibern, die Muskeln und sonstigen Theile desselben mir drücket und ziehet und reißet, daß mir darob alles Sehen und Hören vergehet, so will ich Dich, heiliger Vater, doch loben und preisen, darum Du durch all' diese Uebel zum ewigen Leben mich prüfest und reinigst und zeitigst!

 

[PsG.02_006,03] O heiligster, liebvollster Vater, Du bist ja in Allem geg'n uns und für uns nur alleinig die ewige endlose Liebe, und lehrtest und lehrest uns nichts, denn allein nur die Liebe, die heiligste ewige Liebe - aus Dir und in Dir, o Du heiliger liebvollster Vater.

 

[PsG.02_006,04] Darum auch will allzeit und ewig Dich loben und preisen ich armer und sündiger Mensch; denn nur Du bist alleinig es würdig, gelobt und gepriesen zu werden, von allen den Engeln und Menschen und Sonnen und Erden, und all' den Geschöpfen, die Dich als den heiligen Schöpfer erkennen.

 

[PsG.02_006,05] Dich lobt ja das Gras, und die Bäume sind voll Deines Ruhmes; und alle die Berge, sie dampfen und rauchen, um würdigst zu preisen, o Gott, Deine Größe und Macht; und die Blumen der Wiesen und Fluren und Berge und Thäler und Gärten, wie streu'n sie so emsig Dir, heiliger Vater, sehr duftende Psalmen durch alle die Lüfte entgegen.

 

[PsG.02_006,06] Und so auch die lieblichen Vöglein, an Zweiglein der Bäume sich wiegend, welch' herrliche, muntere, reinste Lieder sie singen aus ihren befiederten Kehlen; und jegliches all' dieser Lieder ist reich an dem herrlichsten Lobe und Preise für Dich nur, Du heiliger, liebvollster Vater!

 

[PsG.02_006,07] Ja Alles, was ich nur ansehe, ist voll Deiner endlosen Ehre, und voll Deines größesten Ruhmes.

 

[PsG.02_006,08] O heiliger, liebvollster Vater! So laß denn auch mich armen Sünder, Dich immerdar loben und preisen und lieben aus all' meinen Kräften des Geistes, der Seel' und des sterblichen Leibes.

 

[PsG.02_006,09] Und gebe mir stets dieser Kräfte so viel, daß dadurch ich vermögend dann würde und bliebe, zu thun Deinem heiligsten Willen gemäß aus der einzigen Macht Deiner Liebe in Dir zum Lobe, zur Ehre und ewigen Ruhme, Du heiliger, liebvollster Vater.

 

[PsG.02_006,10] Ich denke zwar täglich darnach und darum, und bei all' meinem Gehen und Drehen und Stehen tracht' ich nur allein Dir zu leben; doch was ist dieß All's gegen Dem, was ich Dir, o Du gütigster Vater, für eine alleinige Lebensminute nur schulde?! -

 

[PsG.02_006,11] Doch wenn ich dann wieder bedenke, und so bei mir sage: Und könnte ich Dich mit all' den wohlklingendsten Harfen der obersten Engel gar preisen, so wär' doch mein Lob Deiner Würde nicht näher, denn jetzt, da ich gleich den mundlosen Kindlein entgegen Dir lalle ein ärmliches Lied.

 

[PsG.02_006,12] O, dann werde ich glücklich, und preise und lobe Dich, heiliger Vater, durch jeden Gedanken, der mir aus der Tiefe des Geistes entsteigt, weil Du, heiliger Vater, so überaus gut und liebevollst bist; darum ewiges Lob Dir, - o heiliger Vater, von uns Allen. Amen.

 

 

VII. Psalm. Zu singen dem Herrn beim Empfange einer geistigen Gabe, welche da ist das wahre tägliche Brot des Lebens.

 

[PsG.02_007,01] O heiliger, liebvollster Vater! sieh', so wir gar täglich von Dir da empfangen des ewigen Lebens unschätzbarstes heiliges Brod in so reicher Fülle; wie sollen, wie können wir danken dafür, o Du heiliger Vater, wir armen, wir finsteren Sünder?

 

[PsG.02_007,02] Die Gabe ist groß, ist wunderbar mächtig, und überaus kräftig, ist heilig und voll der Lieb' und des heiligsten Lichtes, und also auch voll alles Lebens aus Dir; o Du heiliger liebvollster Vater, wie können, wie sollen Dir danken dafür, wir armen, wir elenden Sünder?

 

[PsG.02_007,03] Denn trotz daß wir auch schon so viel von Dir haben empfangen, so sind aber unsere Herzen doch immer noch finster und neidisch, und voll des Mißtrauens geg'n Dich und Dein Wort, und geg'n unsre oft nächsten und treuesten Brüder, und das All's - aus Furcht vor der Welt.

 

[PsG.02_007,04] O Du heiligster Vater, wie sollen, wie können wir danken Dir wahrhaft dafür, daß so gnädig uns Allen Du bist, da doch unsere Herzen so weltlich unlauter noch sind, und so voll alles weltlichen Sinnes und Treibens?

 

[PsG.02_007,04] Mit solchen zertragenen Herzen, voll noch so manchen Unrathes der Welt, sieh', o heiliger Vater, ist's schwer Dir zu danken im Geiste der innern lebendigen Wahrheit, da eben dadurch auch unsern Herzen zum würdigen Danke die Hauptsache fehlt, ja die erste Hauptsache: die Demuth, ohne welche ein Gräuel von unseren Herzen der Dank ist vor Dir, o Du heiliger Vater.

 

[PsG.02_007,05] Daher schaffe bald, ja recht bald, ja sogleich unsere sündigen Herzen neu um, und befreie dieselben doch einmal ganz völlig von all' dem uralten Unrathe der todtvollsten Welt, daß wir dadurch doch einmal im Stande da wären, in diesem noch irdischen Leben mit reineren Herzen und reineren Sinnen zu danken Dir, heiliger Vater, für solche unendliche heilige Gaben, die wir jetzt noch gar so unwürdig von Dir in so reichstem Maße empfangen.

 

[PsG.02_007,06] Denn wer kann Dir danken im Tode, und wer in der Hölle Dich loben und preisen? So aber da unsere Herzen erfüllt noch sind von so manchem Unrathe der todtvollsten Welt, und dadurch auch noch voll von der Hölle, die da ist als mächtig noch herrschende Selbstsucht in uns; o Du heiliger Vater, da sind wir im Tode ja noch, und gefangen gehalten von gar vielen Schlingen der Hölle. Wie wär' es wohl möglich, da würdig und recht lebendig zu danken Dir, heiligem Vater, für solche hochheilige Gaben?

 

[PsG.02_007,08] Wie kann der Unheil'ge dem Heil'gen für's Heilige danken? und wie der Unreine, der finstere Sünder der Erde Dich, ewige Liebe und reinstes Licht, denn wohl loben und preisen, und rühmen mit seiner unlautersten Stimme?

 

[PsG.02_007,09] Denn loben und ehren, und preisen und rühmen, heißt würdevollst zieren Dein göttliches Wesen auf Erden, also wie im Himmel Dasselbe von allen den Engeln und reinesten Geistern gezieret stets wird; o wie können wir Solches da thun, wie Dich zieren und schmücken in aller der Nacht unserer Sünden?

 

[PsG.02_007,10] Daher, o Du liebvollster Vater! umstalte ja bald, ja recht bald, ja sogleich unsere Herzen! und mache sie frei einmal vollends von all' dem uralten Unrathe der todtvollsten Welt, daß wir einmal dadurch doch im Stande da wären, in diesem noch irdischen Leben mit reineren Herzen und Sinnen Dir heiligem Vater für solche unendliche heilige Gabe zu danken, die wir jetzt noch gar so unwürdig von Dir, o Du heiliger Vater, so ernstlichst empfangen.

 

[PsG.02_007,11] Für jetzt aber, heiligster Vater, da wir doch noch all'samt gar zu unwürdig da stehen, um Dir einen reineren und für die heilige Gabe mehr würdigen Dank darzubringen, nimm gnädig dieß reu'ge Bekenntniß und unsere Ohnmacht so auf, als ob Solches da wär von uns Sündern ein Dank für die heilige Gabe, wie er nur von reineren Wesen Dich preisend und lobend stets dargebracht wird!? Kann ich loben und preisen auch nicht nach Gebühr Dich, o heiliger Vater, so laß Dich doch liebend umfassen, aus all meinen Kräften, von mir armen Sünder, Du heiliger liebvollster Vater! Dein heiliger Wille geschehe stets. Amen.

 

 

VIII. Psalm. Vorzutragen dem Herrn um Heilung der leiblichen Krankheiten.

 

[PsG.02_008,01] O Herr, Du bist gütig und voll der Geduld, und voll der Liebe und Gnad' und Erbarmung: so sehe denn mild auf mich leidendes und im Staube der Erde gar krankhaft und schmerzlich hin und her wälzendes Würmchen, von Deinem erhebensten göttlichen Throne herab.

 

[PsG.02_008,02] Sieh, es quält mich gar ärglich ein lästiges Uebel, und macht unbehilflich und gänzlich unfähig den Leib, diese ohnehin lästige Hülle des Geistes, darum ich nichts thun und nichts wirken da kann, was zum ewigen Leben und Heile mir nützend da wäre.

 

[PsG.02_008,03] Schon fängt mich an alle Geduld zu verlassen, da Du, lieber Vater, mich Leidenden nicht zu erhören nun scheinest, da ich Dich aus meinen alltiefesten Nöthen anrufe.

 

[PsG.02_008,04] O zaudre nicht, zaudre nicht, liebvollster, heiliger Vater, und helfe mir armen, mir schwachen, mir leidenden Sünder, denn sonst geh' ich wahrlich zu Grunde, am Geist und an meiner mitleidenden Seele, so Du mir nicht ehestens hilfst aus der Trübsal des Leibes.

 

[PsG.02_008,05] Ich war wohl selbst Schuld, und hab selbst mir das Uebel des Leib's zugezogen, darum ich nicht lebte der heiligen Ordnung gemäß, die Du liebevollster Vater als einzige Richtschnur für's Leben des Geist's wie des Leibes so treu uns dereinst hast gegeben durch Moses am heiligen Sinai.

 

[PsG.02_008,06] Ja, hochgefehlt war's von mir; doch nun kann ich's nicht anders mehr machen, nicht ungeschehen mehr die gar thöricht verübeten Thaten, nicht nehmen von mir nun die brennende tödtende Sünde. Darum denn erbarme Dich meiner, Du liebvollster Vater, und nehme die Sünde von mir, und mach' wieder mich leben für bessere That; ja für Liebe und Ordnung, ertheil' die Gesundheit des Leibes mir kranken, mir schmachtenden, leidendem Wurm im Staube vor Dir! -

 

[PsG.02_008,07] O Gesundheit, du einzig nur reinste Quelle der Freuden des Lebens, wann wirst du denn wieder ganz eigen mir werden? Wann wirst du balsamischer goldener Tropfen entträufen der heiligen Gnade des himmlischen Vaters, und Heilung und Stärkung mir bringen in dieß mein zerrissenes Leben der Welt?

 

[PsG.02_008,08] Ach, du säumest, du himmlische Wolke, magst nimmer mir bringen von heiligen Winden getragen den stärkenden heiligen, heilenden Tropfen des Balsams der Gnade von Oben, vom heiligen Vater?

 

[PsG.02_008,09] O Schmerz, o du doppelter Schmerz, weiche, weiche von mir, und nicht quäle mich Armen so lang und so stark, und gieb Raum mir zu beten und zu bitten um Lind'rung von Oben, vom heiligen, liebvollsten Vater, damit ich erstarke im Glauben, daß Er nur, der heilige Vater, gar sicher bald helfen wird aus der Qual und der Angst, die ich leide in diesem zerrissenen Leibe?

 

[PsG.02_008,10] O Vater, Du heiliger, liebvollster Vater, erhöre, erhöre doch einmal mein ängstliches Flehen, und mache mich wieder gesund; denn ich kann ja nicht lieben, nicht loben und preisen Dich, heiliger Vater, nach Würde und Recht und Gebühr in dem kranken zerrissenen Leibe.

 

[PsG.02_008,11] O Jesus, du mächtigster Name, Du hast ja die Todten dem Grabe entsteigen gemacht; o so sprich denn zu mir auch ein mächtiges Wort, und ich werde ganz sicher genesen von allem dem Uebel des Leib's, wie der Seel' und des Geistes, durch Dein allerbarmendes mächtiges Wort?

 

[PsG.02_008,12] Doch sollt ich wohl nicht würdig mehr sein Deiner heiligen Gnade, nicht werth mehr der göttlichen Hilfe aus Dir, o so sei doch bedacht meiner sündigen Seele, und meines stark schwankenden Geistes, und gieb mir Geduld in der Tragung des Kreuzes, das Du mir zur Tilgung meiner Sünden hast mild auferlegt, und so denn geschehe Dein heiliger Wille, o Jesus, Dein heiliger Wille stets. Amen.

 

 

IX. Psalm. Zu singen dem Herrn im Herzen nach einer genossenen Freude des Lebens.

 

[PsG.02_009,01] O Gott, Du allmächtiger, heiliger, liebvollster Vater! Wie gnädig und wie voll der Erbarmung bist Du, und gut selbst dem thörichten Sünder.

 

[PsG.02_009,02] In aller der Mitte des sündigen weltlichen Treibens läßt Du uns erleben so manche gar herrliche Freuden, damit auch der thörichte Sünder erfahren es soll und fühlen ganz tief in dem Herzen, wie gut und wie liebvollst Du bist.

 

[PsG.02_009,03] Aber, - wo ist derjenige sündige Schmecker der Freuden des Lebens, der nach genossener Freude des Lebens Dir heiligem, Dir liebvollstem Geber gebührend darbrächte ein ziemendes Lob?

 

[PsG.02_009,04] O Menschen, o Menschen, wie könnt ihr inmitten erhebender Freuden des heiligen Gebers vergessen?

 

[PsG.02_009,05] Wenn hehr und erhaben, und freundlichst dich liebend zur Seite dir wandelt ein gastlicher Freund, eine muntere Schwester, voll Anmuth und Freude, wenn du dich da freuest am lieblichen Wege, und dich dann erquickest am gastlichen Tische des Freundes, und saugest tief atmend in mächtigen Zügen die würzende Liebe der lieblichen Schwester in dein wonniges Herz.

 

[PsG.02_009,06] Höre Bruder! wie ist es wohl möglich, daß du nach so wonnigst genossener Freude des Lebens, des heiligen freundschaftlichsten Gebers solch himmlischer Gaben, vergessen je kannst?

 

[PsG.02_009,07] O du theurer Bruder, bedenke, bedenke, daß solch erhebende Freuden des Lebens die magere Erde nicht beut, wohl aber ein liebvollster, heiligster Vater sie hauchet gar freundlichst in unsere sündigen Herzen sogar, und mach fähig dieselben für höh're Genüsse des Lebens.

 

[PsG.02_009,08] Wenn Solches zu leugnen du nimmer vermagst, wenn dir jede vor Freude und Wonne erbebende Fiber des Lebens es saget:

 

[PsG.02_009,09] Ein Gott, ein allmächtiger, heiliger Vater, läßt wehen aus allen den Sternen, aus allen den lichtvollen Räumen, aus allen den Sonnen, und allen den Zonen der Erde gar freundliche Lüfte, um dich zu erquicken und fähig zu machen für stets nur noch höhere Freuden dein sonst stumpfsinniges Leben, dein starres unbeugsames Herz, -

 

[PsG.02_009,10] O dann falle zur Erde du nieder, und sage im Herzen: Du heiliger, liebvollster Vater! Mich Sünder vor Dir und der Erde, hast Du nun getränket mit himmlischer Freude.

 

[PsG.02_009,11] Mit Wonne der Engel des Himmels hast Du nun erfüllet mein Herz; alle Sterne der Himmel erglühten in hellerem Lichte, die Lüfte der Erde umwehten harmonisch mein heitres Gesicht.

 

[PsG.02_009,12] Aus den Augen der lieblichen Schwester hast Du mich, gar ärmlichen Sünder, von ihrem Schutzgeiste so mild und sanft anschauen lassen; wie strahlt aus denselben so sehr ein unsterblicher Geist, voll der süßesten wonnigsten Liebe.

 

[PsG.02_009,13] Und wie gar so gut hast Du heiliger Vater das Herz eines freundlichen Bruders gestimmet. Wie war er bemüht, die Engel des Himmels nachahmend, mit Allem zu dienen mir ärmlichen Sünder, womit er nur immer die Freude des Lebens erhöhen mir konnte.

 

[PsG.02_009,14] O Vater, dieß All's, und noch unnennbar And'res, hast Du mir, dem Sünder, so sehr und so wonnig bereitet.

 

[PsG.02_009,15] So nimm denn auch gnädigst von mir armen Sünder vor Dir, meinen werthlosen Dank also an, vor Dir für so herrliche Gaben, als doch irgend etwas; und laß allzeit mich loben und preisen, Dich heiligen Vater, Dich liebvollsten Geber allein. Dir sei Dank und die Ehre, der Ruhm und die Liebe von mir armen Sünder dafür ewig. Amen.

 

 

X. Psalm. Zu singen dem Herrn an einem trüben Tage.

 

[PsG.02_010,01] Wie trüb da auch möchte ein Tag sich gestalten vom frühesten Morgen bis hin in den spätesten Abend; ein Bild, ja ein herrlichstes Bild bleibt er dennoch für ein Dich nur liebendes Herz, o Du heiliger Vater.

 

[PsG.02_010,02] Was kann uns wohl treuer die jetzige arge und trugvollste Zeit vor die sinnlichen Augen darstellen, als eben ein so recht trübester Tag, da das herrliche Licht aus der Sonne nur mühsam und endlos gebrochen und gänzlich zerrissen sich durch all die Massen und Massen und Schichten und Schichten zerarbeiten muß, um den Boden der treulosen Erde doch einigen wenigen Trost zu gewähren.

 

[PsG.02_010,03] Wer kennt nicht die endlosen Massen und Schichten von Wolken fürs Herz, für den Geist, und fürs geistige Leben, die jetzt allenthalben die Himmel lebendigen Glaubes gar dichtest umtrüben?

 

[PsG.02_010,04] Darum bist du trübester Tag mir willkommen, willkommen, ein gastlicher Freund; denn du predigst ganz furchtlos und ohne Rücksichten die reinste Wahrheit den Kleinen und Großen grell unter die Augen, damit sie erschauen doch sollen, wie jetzt ihre Herzen beschaffen wohl sind. -

 

[PsG.02_010,05] Aber so wir uns wollen beleuchten, und zeigen einander, wie es um die Lieb und den Glauben nun stehet, da trauet sich Keiner ganz voll mit der reinsten Wahrheit heraus; denn er muß ja stets Rücksichten nehmen und allzeit bedenken, mit Wem er da spricht.

 

[PsG.02_010,06] O ihr Zeiten, ihr Zeiten, wie schwer ist mit euch nun streiten! Die Brüder erkennen einander nicht mehr, und will Keiner den Anderen hören, indem sich da Jeder mehr dünket, als da ist sein Bruder, und trauet auch Keiner dem Andern. Und möcht auch der Weis're dem weniger Weisen was künden, so muß er dabei stets auf tausend Rücksichten wohl achten; sonst hat er im Bruder den Richter gefunden.

 

[PsG.02_010,07] Und ist Solches geschehn, dann wehe dem armen, dem weiseren Bruder; denn dann wird auch er rücksichtslos zu gesetzlichen Strafen verdammet, entweder mit drohenden Worten, ja nicht selten gar in der That.

 

[PsG.02_010,08] Für die schmeichelnden Lügen, für diese nur werden stets reichliche Prämien ertheilt; aber für eine reineste Wahrheit will Niemand den schnödesten Heller bezahlen.

 

[PsG.02_010,09] Darum bist, o trübester Tag, mir so theuer, indem du ganz ohne Rücksichten die reineste Wahrheit verkündest und zeigest im klarsten Spiegel, der da ist gebildet aus den Massen und Massen von dichtesten Wolken, dem weiseren Auge zum wenigsten, wie da beschaffen nun ist all die trugvollste Welt.

 

[PsG.02_010,10] O Du heiliger liebvollster Vater! wie soll ich Dir danken für solche erhabenste Gnade, daß Du mich erkennen hast lassen so einen getreuen Profeten, in diesem unfreundlichst mir scheinenden Tage?! -

 

[PsG.02_010,11] Nun werd ich wohl keinen der düsteren Tage unfreundlich mehr nennen; denn sie sind ja Boten von Dir, und verkünden mit deutlich vernehmbarer Stimme der sündvollsten Erde, was sie für Geschlechter wohl trägt, wie da gar so Viele dem trübesten Tage hier gleichen, und Manche die Sonne des Lebens wohl suchen, doch sie sind stets außer dem Stande, zufolge der Trübe den Standpunkt derselben zu finden.

 

[PsG.02_010,12] Obschon aber wir durch ein inneres Licht es wohl sehen, wie es um die Menschheit der Erde nun stehet, so ist dennoch ein solch ermahnender Bote uns allzeit willkommen; denn er sagt ja in einer Sekunde uns mehr, als wir mühsam in vielen den säumenden Stunden uns kärglich zu zeigen vermögen.

 

[PsG.02_010,13] So nimm denn, o heiligster Vater, dafür auch den innigsten Dank. Denn Du bist ja stets allzeit die reinste Liebe, und Alles, was Du uns da spendest, ist gut; also auch so ein düster umtrübeter Tag. O, laß öfter der Erde solch Tage nur werden; sie sind ja gar treuliche Hüter und Lehrer der Menschen, die nichts denn die Welt nur schön finden. - Dir dank ich, o heiligster Vater, darum für den düsteren Tag auch. Amen, Amen.

 

 

XI. Psalm. Zu singen dem Herrn in der Armuth des Geistes.

 

[PsG.02_011,01] Umdüstert und schwach liegt darnieder mein Geist, und die Seele, ein körperlich Kleid für den ewigen Geist, ist zerrissen von elenden nichtigen Sorgen der Welt.

 

[PsG.02_011,02] O wir dürftig und schwach ist der ewige Geist doch in mir! Er, der ewig soll leben, ist krank, ja sehr krank, da das Fleisch ihm die Seele, sein Kleid hat entrissen, und hat ihm dadurch auch entrissen die nöthigste Kost, ja die dürftigste Nahrung zum ewigen Leben, die Liebe zu Gott, ja die Liebe zum heiligsten Vater im Himmel.

 

[PsG.02_011,03] O welch eine schreckliche Armuth! Der Geist, der unsterbliche Geist, als die Quelle der Liebe, das Ebenmaß Gottes in mir ist versiechet, ist nahe ganz leblos geworden. Wie groß ist die Armuth in mir.

 

[PsG.02_011,04] Denn ich höre die Worte, lebendige Worte des ewigen Lebens nicht mehr; wie ein äußerer sinnloser Schall sie nun gleiten an meinen von weltlichen Dingen betäubeten Ohren vorüber. Harmonische Töne, die einst mein Auge mit Thränen anfüllten, und machten vor Freuden das Herz in dem Leibe mir hüpfen, die gehn wie ein Alltagsgeplärr an mir Stumpfen vorüber.

 

[PsG.02_011,05] Die Thräne der Armuth, die heiße, die brennende Thräne des leidenden flehenden Bruders, dieß Heiligthum Gottes im Auge des Bruders, - es rührt mich nicht mehr; nur mit kaltem, gefühllosem Herzen geb ich ihm im äußersten Fall eine kargst ausgemessene Gabe.

 

[PsG.02_011,06] Auch lässet mich gänzlich gefühllos und stumpf ein gar redlich mir bessere Liebe zuwinkendes Auge, von einer, wenn auch noch so lieblichen Schwester! Denn meine Empfindung ist todt, ja ganz todt ist die innerste Faser des Herzens geworden in mir.

 

[PsG.02_011,07] Und die zahllosen Wunder an jeglichem Tage aus Dir, lieber heiliger Vater, die gehen gar sehr unbeachtet vor meinem erblindeten Geiste vorüber; der herrlichste Aufgang der Sonne ist mir gleich der wandernden Nacht.

 

[PsG.02_011,08] Selbst das schreckliche Rauschen und Toben des Todes, das tägliche Sterben der Brüder, das jammernde Todtengeläute, die klagenden Lieder am Sarge und Grabe getödteter Brüder und Schwestern sind mir zum alltäglichen ganz unbeachteten Schauspiel geworden, das weder den Beifall, noch einen gegründeten Tadel von meinem verarmten Geiste verdient.

 

[PsG.02_011,09] O du schreckliche Größe der Armuth des Geistes in mir; wann, o wann werd ich deiner los werden, und wann wieder leben ein reichliches Leben der Liebe in mir?

 

[PsG.02_011,10] O mein Jesus! Du ewig allmächtiger Meister des Lebens, Du heiliger, liebvollster Vater! erbarme doch einmal Dich meiner, und wecke in Liebe, in mir den zum Tode sich neigenden Geist, damit wieder ich fühlen doch möchte ein reichlicher werdendes Leben in mir.

 

[PsG.02_011,11] O mein Jesus, mein heiliger Vater! erwecke doch einmal zum völligen Leben den ganz in die größeste Armuth und Schwäche versunkenen Geist, - und laß finden Dich einmal von mir, o Du heiliger Vater!

 

[PsG.02_011,12] Denn in solcher Armuth ists wohl nimmer möglich zu Dir sich zu heben, und geben alleinig Dir Ehre und Preis, denn der stumme, beinahe ertödtete Geist ist deß gänzlich unfähig; darum denn umstalte mein schmutziges Herz! und auch wolle gedenken des täglichen Brodes zum ewigen Leben, so werd ich bald wieder erstehen mit gänzlich erneuten Kräften, um Dich, heiliger Vater, zu loben und zu preisen mit einer unsterblichen Zunge im Munde des wiedergeborenen Geistes. Dein heiliger Wille geschehe stets ewiglich. Amen.

 

 

XII. Psalm. Dem Herrn zu singen, so Babels Umtriebe den freien Geist bedräuen.

 

[PsG.02_012,01] O Herr! sieh doch einmal herab in das finstere trugvollste Treiben und Schreien und Fluchen der Menschen, sieh an, wie die Knechte und Diener des Baal sich gar emsigst bemühen, zu schlagen und brennen die Menschheit, die arme, die schwache mit eiserner Nacht.

 

[PsG.02_012,02] O sieh Vater, Du ewige endlose Lieb und Erbarmung, Dein Name, Dein heiligster Name wird ärglichst mit Füßen getreten; es werden gar schalste Gebete verkauft, und für kränkliche Hunde wird Opfer verrichtet um schnödesten Sold!

 

[PsG.02_012,03] O Du heiligster Vater! kannst Solches Du länger noch duldig ansehen? Elias, der große Profet, mußte schlachten dereinst all die finsteren frevelnden Diener und Priester des Baal, und jetzt läßt Du sie treiben gar frei all den Frevel, den einstens die große Stadt Babel hat ärglichst getrieben.

 

[PsG.02_012,04] Warum, ach warum muß denn Solches geschehen? Hast Du denn für Trug und für Bosheit der Menschen geg'n Menschen die Menschheit auf diese gar finstere Erde gesetzt? Soll'n Brüder die Brüder betrügen, verdammen und fluchen? Ist das denn die Liebe des Nächsten, des Bruders zum Bruder, daß so ein - Baalsdiener die ihm nicht nachfolgenden Brüder verdammen gar solle zum ewigen Tode der Hölle?!

 

[PsG.02_012,05] Nein, nein, das kannst nimmer Du wollen, Du ewiger heiliger Vater! Dafür hast Du, ewige Liebe, am Kreuz nicht geblutet, und hast nicht für jene noch sterbend um Gnad und Verzeihung gebeten die Allmacht der Gottheit in Dir, daß da jetzt so ein geistlich sein wollender Bruder in Deinem allerheiligsten Namen die Brüder zu tausend in Schaaren zum ewigen Tode der Hölle verdammen gar solle.

 

[PsG.02_012,06] Und einzig darum nur verdammen, weil man ihn allein nicht die göttliche Ehr' will bezeugen dadurch, daß ohn' Zweifel man glaube, was er aus den Truges allfinsternster Kammer zum eigenen weltlichen Besten zu glauben und handeln gebietet.

 

[PsG.02_012,07] O Vater! Du heiliger Vater, mach einmal ein Ende dem lange, gar lange schon waltenden Truge der Brüder geg'n Brüder. Laß einmal doch thätigst mit Liebe durchwehen den Geist; Deinen heiligen Geist laß erkennen den finsteren Brüdern, daß sie auch erschauen da möchten, daß Du nicht zu tödtlichen Richtern sie habest berufen, wohl aber zu liebsanften Führern der Brüder zu Dir, lieber Vater!

 

[PsG.02_012,08] O laß nicht vergeblich mich rufen und schreien zu Dir, lieber heiliger Vater! erleucht' und erwärme doch einmal die Herzen der Brüder geg'n Brüder, zerstöre vom Grunde diejenigen Sitze und Stühle, auf denen die Brüder die Brüder zum Tode der Hölle verdammet gar haben;

 

[PsG.02_012,09] Und laß nun dafür Deine ewige Lieb' und Erbarmung zur ewigen Richterin werden in jeglichem Herzen, was immer für Menschen und Bruders.

 

[PsG.02_012,10] O laß die emsigen Diener des Baal zu eben so emsigen Dienern der Liebe erstehen, und nehme die gräuliche Decke des finstersten Selbsttrugs von allen den Augen der Diener des Baal, laß einmal sie schauen das heilige, freieste Licht Deiner göttlichen Liebe und Milde und Gnad und Erbarmung, damit sie doch einmal zu fluchen möchten aufhören, um dafür zu segnen gar alle die Menschen und Brüder auf Erden.

 

[PsG.02_012,11] Erhöre, o liebvollster Vater, doch einmal mein Rufen und Schreien, und mache uns frei von den lang schon anhaltenden Banden der Hölle auf Erden! Dein heiliger Wille stets nur geschehe.

Amen.

 

 

XIII. Psalm. Zu singen dem Herrn am Abende des Tages.

 

[PsG.02_013,01] Gesunken, gesunken hinab ist die herrliche Sonne, hinab in das Meer; unter alle die tückischen Wogen und Wirbel verbarg sich die leuchtende Mutter des Tages.

 

[PsG.02_013,02] Die sorgsame Träg'rin so vieler Kinder, sie segnet, wenn auch schon verborgen, noch lange, nachdem sie gesunken hinab in schaurige Tiefen, die losesten Kinder der finsteren Erde durch ihre gar herrlichen Strahlen der Dämmerung des Abends.

 

[PsG.02_013,03] Gar lange noch währet der Segen der Mutter des Tages, und friedliche Wölkchen am golden bestrahlten Abende spenden ergötzlich so manchmal noch reichliche Gaben des leuchtenden Segens der herrlichen Mutter herab in die finsteren Thäler der Erde.

 

[PsG.02_013,04] Nur wenige Kinder der Erde es merken und achten, wie Solches geschieht, wie der heilige Vater voll Liebe so schön und so gut hat erschaffen die Dinge, damit sie da, neben dem Nutzen, die Menschen erquicken und segnen auch sollen.

 

[PsG.02_013,05] Wer achten nur möchte des strahlenden Segens der untergegangenen Sonne, der herrlichen Glorie des Abends, wie möchte erfüllt da werden sein Herz mit der süßesten Wonne der Himmel; mit heiliger Liebe zu Gott würd' erfüllet da werden sein Herz. - Aber Niemand will achten der heiligen Ordnung des heiligen liebvollsten Vaters und Retters der Menschheit.

 

[PsG.02_013,06] Gesunken, gesunken darum ist die Sonne des Lebens hinab in die schaurigen Tiefen der Meere, der tückischen Wogen und Wirbel und Strudel der finsteren Zeiten; denn Niemand mehr will achten vor lauter bloß weltlichen Sorgen, was da die heiligen Strahlen, die letzten der untergegangenen Sonne des Lebens noch bieten.

 

[PsG.02_013,07] Darum hört es Brüder und Schwestern! die ihr noch die Strahlen, die letzten des Abends in euerem Herzen bemerket, erinnert euch Alle des heiligen Abends, an welchem der Vater mit denen zwei Brüdern gen Emaus gewandelt, und hat sie da endlich gesegnet, nachdem Er das Brod hat gebrochen.

 

[PsG.02_013,08] O denket, o denket, ihr Brüder und Schwestern an jedem der Abende, denket an diesen so heiligen Abend, und rufet mit denen zwei trauernden Pilgern nach Emaus: O bleibe, o bleibe bei uns, Du heiliger Vater! Denn siehe, es ist da gar sehr in unserem Herzen schon Abend geworden.

 

[PsG.02_013,09] Und dann wird der heilige Vater euch segnen und sagen: "O Kindlein, seid ruhig und fürchtet euch nicht; denn Ich bleibe bei euch ja bis an's Ende der Welt." Und wann Solches wird kommen, der letzte der Tage des irdischen Lebens, dann wird euch der heilige Vater erwecken zum ewigen Leben in Ihm.

 

[PsG.02_013,10] O, so achtet denn, Brüder und Schwestern, des Abends, ja achten wir Alle des herrlichsten Bildes der untergegangenen Sonne, damit uns dereinst im Schooße des heiligen Vaters im Himmel ein neuer, ein ewiger Morgen des ewigen Lebens ja möchte erstehen. O heiliger Vater, es werde geheiligt Dein Name; Dein heiliger Wille, Dein heiliger Wille geschehe stets. Amen.

 

 

XIV. Psalm. Zu singen dem Herrn bei der Betrachtung der stets mehr und mehr hereinbrechenden wogenden Fluth der Sünde, der Nacht und alles scheußlichen Truges in ihr.

 

(Nach dem 93. Psalm, 4. V. Davids.)

 

[PsG.02_014,01] Die Wogen des Wassers im Meere sind groß und gar gräulich, sie brausen; der Herr doch ist größer noch dort in der Höhe!

 

[PsG.02_014,02] Es sausen und toben die mächtigen Stürme ganz nah' schon an meinem vergeistigten Ohre vorüber; doch näher dem Ohre denn all' die nächtlichen Stürme ertönt die Posaune der Himmel, die helle, die klare, zu künden der Erde des Menschen den wahren, den ewigen Frieden.

 

[PsG.02_014,03] Die Staaten, die Völker, die Mächte der Erde, sie schreien und schreiben und rechnen gar mächtig, es beben die Berge schon hie und da stark vor gar ängstlicher Furcht der Erwartung der Dinge, die ehestens kommen da sollen; -

 

[PsG.02_014,04] Doch schreiet und schreibet und rechnet da Oben noch Einer, der mächtiger ist als die Staaten, die Völker und alle die Mächte der Erde: die Zeit ist verronnen, Ich komme, ein mächtiger Richter, dir schmutzige, finsterste Erde zu geben den Lohn in dem Pfuhle, und all' deinen mächtigen Kindern mit dir.

 

[PsG.02_014,05] O, die Stimme ist kräftiger, stärker und mächt'ger, als all' das weltliche Toben und Sausen und Brausen, und Schreien und Schreiben und Rechnen und Treiben der Meere, der Stürme, der Staaten, der Völker und aller der trotzigen Mächt'gen der Erde!

 

[PsG.02_014,06] O, reiß' und zerstör' nur du tückischer, mächtig herwogender Strom deine Ufer, vernichte die göttlichen Saaten am Acker des Wortes aus Gott in den wenigen Herzen der Menschen. O werde zum Meere, ersäufe die Berge, und treibe dann hoch über alle die himmlischen Wolken hin deine all's Leben erstickenden tobenden Wogen.

 

[PsG.02_014,07] Doch nimmer wirst du die herrlichen Sterne erreichen, deren endloses Feuer dort lodert im ewigen endlosen Raume, treu harrend des leisesten Winkes des Einen dort Oben, um dann wie ein schnellster Gedanke zu stürzen herab auf dich scheußlichste Wohnung der Greuel in einem Momente, und schneller, als da sich verzehret ein Tropfen am glühenden Eisen, dich machen für ewig zunichte.

 

[PsG.02_014,08] O Menschen, o Brüder, wie könnt ihr der Lüge, der Hure, die euch gar so oft hat geblendet und ärglichst betrogen, noch trauen und glauben?

 

[PsG.02_014,09] Wie könnt ihr dem krassesten Tollsinn den Stempel der göttlichen Wahrheit aufdrücken? - O merkt doch und achtet des Sinnens und Treibens der Hure, die nächtlich die Gassen und Straßen der Erde beschleichet, damit sie noch Jemanden fange, der dann mit ihr buhle, und endlich d'rauf zahle für die mit ihm scheußlich gepflogene ewige Schande.

 

[PsG.02_014,10] O merket und achtet es doch! - und ihr müßt es ja leichtlich im schnellsten Momente erschauen, weß Geistes die Lehre voll ist, die das Göttliche, Heil'ge und Wahre und Gute aus schändlichster Herrsch- und Habsucht tiefst herab in den finstersten schlammigsten Grund frechst und gräuelhaft'st ziehet, und schändlichst die Höll' für den Himmel verkaufet.

 

[PsG.02_014,11] O Herr! Du allmächtiger Freund edler Geister und Menschen, verwehe, verwehe doch einmal die argen Betrüger und Tödter der Menschheit auf Erden!

 

[PsG.02_014,12] Laß nimmer gefangen uns werden vom Drachen der Hölle, ersticke ihn eh'stens im Pfuhle des Todes, damit er nicht mehr noch uns quäle, und weiter und länger noch fange mit höllischer Klaue die Kinder der Erde. O Vater, Du liebvollster, heiliger Vater, erhöre doch einmal dieß Jammergeschrei und laß nimmer umsonst zu Dir rufen: O Vater! führ' nicht in Versuchung uns mehr, sondern mache uns einmal doch rein von dem größesten Uebel! Dein heiliger Wille geschehe stets ewiglich. Amen.

 

 

XV. Psalm. Zu singen dem Herrn am Tage der Heimsuchung.

 

[PsG.02_015,01] O Herr! wie Du mir hast gegeben ganz sonders beschaffen mein Wesen, so lehrest und ziehest und leitest Du mich auch, nach Deinem allheiligsten weisesten Willen, zu wandeln den Weg der Gerechten.

 

[PsG.02_015,02] Wie köstlich und löblich zu wandeln ist doch solch' ein Weg, den Du Vater, Du heiligster Vater, als Schöpfer und Herr alles Lebens, uns Deinen Geschöpfen Selbst weisest, auf daß wir auf solch' einem Wege voll göttlichen Lichtes und Lebens als schwache Geschöpfe das ewige Leben voll freiester Kraft möchten seligst erlangen aus Dir, o Du heiligster Vater.

 

[PsG.02_015,03] Doch wie Du, o heiligster Vater und Schöpfer der Engel und Menschen, hier über die zeitliche wandelnde Erde so zahllos verschiedene Blumen und Gräser und Bäume und Sträucher hast weisest geschaffen, da keines dem andern da gleichet an Farbe, Gestalt und Geruch und Geschmack, und doch Jegliches jenem hochheiligen Zwecke, den Du ihm gestellet, vollkommenst entspricht; -

 

[PsG.02_015,04] O - so wirst Du auch, heiligster Vater! uns Menschen, die wir auf der schwebenden schwankenden Erde, vom Tode zum Tode als Deine Erlösten, hier trauernd und hoffend fortwandeln, den einstigen ewigen heiligen Zweck, den Du Selbst uns gesetzt und gezeigt, uns treu helfend erreichen und finden wohl lassen.

 

[PsG.02_015,05] Es gleicht, wie ich's sehe und allzeit erfahre, wohl freilich ein menschliches Leben dem anderen nicht; denn fast Jeder da handelt und wandelt, als hätt' er schier einen ganz eigenen Schöpfer und Gott, dessen innern heimlichen Winken zu folgen er scheint; -

 

[PsG.02_015,06] Aber da ruft die Erde und all' ihre göttliche Schöpfung mir zu: "O du thörichter Forscher und Sucher in Dingen und Wegen, die Gott hat geordnet, bevor noch im endlosen Raume geleuchtet hat eine der zahllosen Sonnen, sieh', selbst auf dem einen und nämlichen Baume nicht ein Blatt dem andern gleichet in Fülle! - Wie willst du die freiest geschaffene Menschheit gemodelt wohl haben?" -

 

[PsG.02_015,07] Wenn Solch's ich vernommen von aller der irdischen Schöpfung wie einen gar endlos vielstimmigen Chor zum erstaunlichsten Lobe des ewig fortschöpfenden Vaters, der heilig ist, zahllosmal heilig, da werd' ich voll seligster Freude und stimme, wie ein schon dem Grabe entstiegener seligster Geist, in den großen harmonischen Jubelakkord aller endlosen Schöpfung, und singe:

 

[PsG.02_015,08] "O heiliger, ewig allweisester, liebvollster Vater! wie gut, ja wie überaus gut mußt Du sein, daß Du mir, dem noch sterblichen Wandler auf dieser vergänglichen Erde, so klärlich magst zeigen, wie endlos viel Wege voll Lichtes und ewiger Wahrheit geschaffen Du hat, daß auf denen wir hier als angehende Kinder und schwächliche Schüler des Lebens die Pfade zu Dir, o Du heiligster Vater, ja nimmer verfehlen wohl könnten.

 

[PsG.02_015,09] "Dich loben die Engel, die Sonnen und Welten und alle die Kräfte der Himmel und Welten als ihren allmächtigsten, gütigsten, weisesten Schöpfer, denn Du bist ihr einiger Herr und ihr einiger Gott!

 

[PsG.02_015,10] "O so laß denn Du heiligster Vater, auch mir, wenn schon nur als einen gar nichtigen Wurme im Staube vor Dir, Dich loben und preisen, wie Du mich geschaffen aus Deiner allheiligsten Ordnung zu Deinem unendlichen Lobe und Preise da hast."

 

[PsG.02_015,11] Denn was kann ich, was soll ich Dir sonsten wohl geben, o Vater im Himmel, 's ist Alles ja Dein, was ich habe und bin; aber loben und preisen, o heiligster Vater, mit Handeln und Wandeln und Worten nach solcher gar heiligen Ordnung, die Du mir hast darum und so nur gegeben, das kann ich, das muß ich, - denn diese gar heilige Ordnung in mir ist ja eben die göttliche Freiheit des ewig unsterblichen Geistes, den Du mir aus Dir hast gegeben, daß demnach durch ihn ich in Dir kann erkennen den ewigen heiligen Vater.

 

[PsG.02_015,12] Ich hab' Dich erkannt und gefunden, Du heiliger Vater, und habe erkannt und gefunden die heilige Ordnung der ewigen Liebe in meinem unsterblichen Geiste, den Du mir aus Dir hast gegeben, wie sonderlich er auch sein mag vor dem Geiste der andern Menschen und Brüder.

 

[PsG.02_015,13] So will ich denn auch Dich, o heiliger Vater, wie ich Dich gefunden, auf dem mir beschiedenen Wege, im Geiste der Ordnung, die Du mir gegeben, stets loben und preisen. - Und o sei, o Vater, voll Güte und Liebe und Weisheit, im Geiste und Wahrheit gelobt und gepriesen Dein heiliger Name in Ewigkeit. Amen.

 

 

XVI. Psalm. Zu singen dem Herrn bei der Betrachtung der großen herrlichen Natur auf einem Berge, in der freien endlosen Raumhalle Gottes.

 

[PsG.02_016,01] Wie ein Würmchen vom Staube der Nichtigkeit prüfend erklimmet gar mühsamen zögernden Zuges den stachlichen Stamm einer Distel; so auch hab' gar mühsam erklommen ich sündiger Wand'rer den mächtigen Stamm und den Gipfel derjenigen großen Gewächse der Erde, die nicht wie eine Tag'sfliege von heute bis morgen nur währen, die tausend und tausend von Jahren getrotzet schon haben.

 

[PsG.02_016,02] Der Mensch nennet da diese gar mächtigen Pflanzen der Erde wohl "Berge"; doch ich nenn' Das, was aus der Hand meines Gottes geflossen, nur Pflanze; denn wir, als die freiest belebten Wesen, sind selbst ja nichts anders, als Pflanzen und Reben im Weinberg des Herrn und im Acker, da Er hat gesäet den Waizen in uns, als die Saat für das ewige Leben.

 

[PsG.02_016,03] So sind denn auch Sonnen und Welten und Berge nur Pflanzen, zu deren Dasein Er den kräftigen Samen gestreu't hat durch alle die endlosen Räume;

 

[PsG.02_016,04] Und hat auf die nämliche göttliche Art dann auch sicher gesorgt auf den reifer geword'nen Welten, und hat in die feurigen Tiefen der Erden zuerst wohl geleget gar kräftigen Samen voll hebenden Feuers, aus dem dann in Zeiten und Zeiten der feurigsten Stürme die Berge dem qualmenden Boden der Erde entwuchsen.

 

[PsG.02_016,05] Wohl mag es da Szenem beim Werden der Riesen auf dieser nun ruhiger werdenden Erde, die wir bewohnen, von nie zu beschreibender Weise gegeben ja haben, von denen der forschende Geist keinen Traum je gehabt.

 

[PsG.02_016,06] Aber Größe, und so auch Nicht=Größe bei werdenden Szenen der Dinge nach unserem menschlichen Sinne, das Alles ist Eins in den Augen des großen Urhebers; denn Ihm ist es Eines zu schaffen den Samen für Sonnen und Welten, wie jenen, aus dem wir die Infusorien zu Dezillionen in einem Thautropfen entstehen erspähen.

 

[PsG.02_016,07] Und so stehe ich denn dahier auf dem klüftigen Spitze so einer recht alten Weltpflanze, und führ' mir beim weiten Umblicke der vielen um mich herum bis auf den Aether aufragenden ersten Gewächse der Erde, ihr feuriges mächtiges Werden recht anschaulich vor meine Sinne.

 

[PsG.02_016,08] Und wenn ich mich tiefer so in die urweltlichen Szenen des Werdens der großen Gewächse im Geist' hab verloren, und Alles so stille wird rings um mein lauschendes Ohr, o da sink' ich im Geiste zusammen, und bete:

 

[PsG.02_016,09] "O Vater! - Du großer, Du heiliger Vater! geheiligt werde Dein heiliger Name; denn Du bist es ja, Der da diese so mächtigen Berge als erste Gewächse aus Deinem gar kräftigen Samen voll Feuers aus Deinem allmächtigen Willen dem bebend gehorchenden Boden der Erde entkeimen hast lassen.

 

[PsG.02_016,11] "O leg' auch in dieß mein ohnmächtiges Wesen so einen gar kräftigen Samen voll Feuers von Deiner lebendigen ewigen Liebe, auf daß auch aus mir, wenn auch unter manch' tobenden Sturme, solch' feste und bleibende Früchte stets möchten erwachsen, wie diese, die ihre heiligen Spitzen zu Dir empor da strecken, als mächtige Zeugen von Deiner unendlichen Macht, Liebe, Weisheit und Stärke."

 

[PsG.02_016,12] O Vater! wie herrlich und groß sind doch all' Deine Werke, wie groß ist die Lust jener Seele, die allzeit wohl achtet darauf; -

 

[PsG.02_016,13] O - so laß mich denn allzeit d'rauf achten mit all' meinen Sinnen, denn es sind wohl werth Deine heiligen Werke, daß man sie zu jeder Zeit achtet, und lernet von Ihnen in wonnigster Freude, Dich heiligsten Vater, stets mehr und stets tiefer erkennen!

 

[PsG.02_016,14] Dich loben die Engel, die Sonnen, die Welten, die Berge und alle Geschöpfe; so laß denn auch dieß mein gar geringstes Lob mit dem Lobe des Berges, auf dem ich nun betend stehe, zu Dir, o Du heiliger Vater aufsteigen; Dir einzig alleinig sei Lob, Ehr' und Preis ewig! Amen.

 

 

XVII. Psalm. Zu singen dem Herrn am Morgen des Tages.

 

[PsG.02_017,01] Die Sterne am Himmel noch feierlich glühen, der Abend umlagert noch ist mit dem nächtlichen Dunkel, umdüstert der Nord wie der Süden; doch so ich mein Auge dem Morgen zuwende, da hebt sich die sehnende Brust und die Lunge schöpft tiefere Züge aus der von dem Zeuger des kommenden Tages herwehenden Luft.

 

[PsG.02_017,02] O, es wird mir so wohl und so leicht um das Herz, wenn das Auge die ersten, die zartesten Strahlen des werdenden Tages zu saugen beginnet.

 

[PsG.02_017,03] Da denk' ich in solch' einer Stunde des frühesten Morgens: O Menschen, o Brüder, die da noch der leidige Bruder des Todes, der sündige Schlaf hält gefangen, erstehet, erstehet! zu schauen die heiligen Szenen des Morgens, wie Alles demselben zueilet, die Wölkchen, sie ziehen mit sichtbarer Freude dem herrlichen Morgen entgegen.

 

[PsG.02_017,04] Die Vögel, die munteren Sänger, wie schwellen sie ihre befiederte Brust, zu begrüßen den werdenden kommenden Tag, und zu loben den heiligen Vater des Lichtes, Den sie zwar nicht kennen, also wie der Mensch; aber ihre geheiligte Ahnung läßt nimmer sie ruhen, sie fühlen die Liebe, die heil'ge des Schöpfers, und loben und preisen dieselbe durch ihre unnennbare Freude.

 

[PsG.02_017,05] Die Blümchen der Gärten und Felder und Wiesen erstehen und streuen sehr duftend aus ihren allzartesten Kelchen in zahllosen klarsten Wölkchen die Opfer des Dankes und Lobes hinauf zu den Sternen, die da noch wie scheidende Freunde vom heller stets werdenden Himmel herab auf die Erde, sie segnend, noch hie und da blicken.

 

[PsG.02_017,06] Der Mensch nur, der Mensch ja kann noch da schlafen, und träumen vom Tode, wo all' die zahllosen Schaaren mit wonn'erfülltesten Brüsten den kommenden Strömen des Lebens zueilen.

 

[PsG.02_017,07] Die Wölkchen, die Blumen und zahllosen Heere von Thieren und Thierchen, die eilen erweckt vom ersten der Strahlen des goldenen Morgens, nicht wissend woher und wohin, um zu loben und preisen aus all' ihren Kräften den Schöpfer, den heiligen Vater, Den sie nur zu ahnen, doch nicht zu erkennen vermögen.

 

[PsG.02_017,08] Die Menschen, die seienden Kinder des heiligen Vaters, begabt mit der höchsten der Gnaden des Lebens, begabt mit unsterblichem Geiste, die wollen den heiligen Vater nicht fröhlich erwarten am werdenden Tage, nicht loben und preisen den heiligen, liebvollsten Geber des ewigen Lebens.

 

[PsG.02_017,09] O schämet euch Kinder; der Schlaf ist euch lieber, der Bruder des Todes, denn alle die nur gar zu herrlich vom Morgen her rauschenden Ströme des Lebens am werdenden Tage!

 

[PsG.02_017,10] Erwachet, erwachet! o all' ihr Brüder, erwachet! und freu't euch des endlich doch einmal einbrechenden Morgens zu werdenden heiligen Tage, im Lichte der ewigen Sonne aus Gott! O nicht drehet euch mehr in dem Bette der Selbstsucht zum tödtlichen Schlafe; vernehmet das Rauschen der Ströme des Lebens vom goldenen Morgen! Der Vater, der heilige Vater Selbst kommt ja im sonnigen Kleide, in Wolken des Himmels, in heiligster Liebe zu uns! - So erwachet denn einmal doch, Brüder und Schwestern!

 

[PsG.02_017,11] Hört, Brüder und Schwestern, es kommt ja der Vater, der heilige, liebvollste Vater kommt Selbst an diesem so lang' schon ersehneten Morgen zu uns; so erwacht denn, erwachet aus der langen, der tödtlichsten Nacht, und empfanget das ewige Leben am Morgen des werdenden heiligen Tages in Gott; sonst erreicht euch im Schlafe deß Bruder, der ewige Tod! O Du heiliger Vater, Du ewige Sonne des Lebens, erwecke, erwecke doch einmal die schlafenden Brüder, und laß sie schöpfen das Leben am heiligen Strome des ewigen Morgens der Liebe zu Dir, o Du heiliger Vater! Dein heiliger Wille geschehe!!!

 

 

XVIII. Psalm. Zu singen dem Herrn zu jeder Zeit als Vater der Menschen.

 

[PsG.02_018,01] O heiliger Vater, in Jesu dem Herrn, und dem Schöpfer der Welten, der Sonnen, der Menschen und Engel, Dich lobt meine Seele, Dich liebet und preiset mein Geist, und mein Herz ist voll heißester Sehnsucht zu Dir, o Du heiliger, liebvollster Vater!

 

[PsG.02_018,02] Dich loben und preisen ja endlos und ewig unzählige Heere von Wesen, vom feurigsten Cherub herab bis zur nichtigen Milbe, der schon ein Moosblättchen zu einer Welt wird, ja zu einer gar wunderbarst größesten Welt.

 

[PsG.02_018,03] O, so laß Dich denn, heiligster Vater, auch loben und preisen von mir, einem größesten Sünder vor Dir! O, ich weiß wohl und fühl' es nur gar zu lebendig, wie werthlos vor Dir, o Du heiliger Vater, ein schmutziger, todtvoller Sünder erscheint; doch ich kann mir nicht helfen, so Dich mein allsündigstes Herz will ergreifen, als wäre es sündlos vor Dir, o Du heiliger Vater; denn Du bis ja ewig die reineste Liebe gar Selbst!

 

[PsG.02_018,04] O darum wirst Du sicher ja grädigst ansehen der Sünder tieftraurige Herzen, wenn solche sich kehren zu Dir durch die Liebe, und loben und preisen Dich, heiliger Vater, in aller Zernichtung und Demuth des Geistes!

 

[PsG.02_018,05] O liebvollster Vater, sieh' grädigst auf uns arme Sünder herab, und erbarme Dich unser, nicht achte der Sünden, die wir schon begangen da haben in unserer Schwachheit; vergieb uns die Schulden, und nehme die Opfer aus unserem Herzen, laß loben und preisen Dich, heiliger Vater dafür!

 

[PsG.02_018,06] Hör', o heiliger Vater! Ich hab' schon so manchmal gesündigt vor Dir, aber nie fühlt' ich stärker die Reue ob meiner begangenen Sünden, als eben zur Zeit, da vor Dir ich gesündiget habe.

 

[PsG.02_018,07] O Vater! wie war denn wohl Solches doch möglich? Gerade so ich durch die Sünde von Dir gar treulos entfernet mich habe, da war auch mein Herz, wie sonst selten, von einer alltiefesten Reue ergriffen, und wollte nicht selten zerspringen aus Liebe zu Dir.

 

[PsG.02_018,08] O des Wunders der Wunder! - Wie kann sich ein sündiges Herz Dir, o heiliger Vater, noch nahen; wie möchte ich Thränen der Reue und Liebe in meiner leibhaftigen Hölle doch weinen!

 

[PsG.02_018,09] O horch! o horche mein sündiges Herz, eine heilige Stimme des Vaters, des heiligen, liebvollsten Vaters, die rufet zu Dir und in Dir, und die Worte, die heiligen, lauten also; denn also spricht nur Er, ja nur Er spricht also als die ewige reinste Liebe:

 

[PsG.02_018,10] "O Kindlein! Ich suche nur, was da verloren, und helfe erstehen von Neuem Dem, der da gefallen; darum folgt der Sünde gar baldig die Reue und sehnende Liebe zur Mir!

 

[PsG.02_018,11] "Aber Dem also Ich hab' geholfen, der soll dann fürder verbleiben also in der sehnenden Liebe zu Mir und - soll nimmer berücken sich lassen von einer werthlosesten Welt!

 

[PsG.02_018,12] "Sonst könnt' es wohl einmal geschehen, daß er so tief fiele, ja tiefst in die Hölle des ewigen Todes, da nimmer dann möchte die Reue und sehnende Liebe, als Meine getreueste Hand, ihn erfassen und führen zurück in das ewige Leben in Mir! - Solches fasse, und lebe und handle darnach ewig! Amen."

 

 

XIX. Psalm. Zu singen ein Lob dem Herrn

 

(und vom verschobenen Sabbath).

 

[PsG.02_019,01] Erwach'! erwache, mein immer noch schlafender Geist, ja nur eiligst, erwache; denn er ist gekommen, gekommen ein herrlicher Tag, ja gekommen der heilige Ruhtag des Herrn, des heiligen liebvollsten Vaters der Menschen.

 

[PsG.02_019,02] Der heilige Tag ist noch immer derselbe, der siebente, den sich der Herr hat erkoren; die Menschen nur haben also wie sich selbst, also auch die Tage verkehret.

 

[PsG.02_019,03] Der heilige Tag ist der knechtlichen Arbeit verfallen, und jener der Tage, von Gott Selbst am meisten zur Arbeit auf Erden bestimmt, indem Er an selbem ersichtlicher Weise gar Selbst gearbeitet hat, ward zum Ruh'tag umstaltet.

 

[PsG.02_019,04] Doch Dieß soll beirren wohl nimmer dich, meinen unsterblichen Geist; für dich soll die Ordnung die heil'ge, verbleiben also, wie der Herr sie gestellt hat von Ewigkeit her; denn der Herr ist nicht veränderlich, gleichwie die Menschen, Er weiß, warum Er die Tage von ewig also hat geordnet.

 

[PsG.02_019,05] Und so denn erwache mein Geist zu dem süßen Geschäfte, in heiliger Ruhe den heiligen liebvollsten Vater zu loben und preisen aus all' deinen Kräften; denn Er ist so gut und so liebvollst erbarmend geg'n all' Seine Kinder. Darum soll gelobt und gepriesen Er werden von Dir, meinem Geiste.

 

[PsG.02_019,06] Ich ärmliche Seele empfinde nun solches gar lieblich gemahnend, und rufe darum zum Erwachen dich, meinen unsterblichen Geist.

 

[PsG.02_019,07] O mein innerstes Leben, du Liebe aus Gott, du erwachest in mir, o wie hell strahlt dein Auge voll Glorie hinaus in die endlosen Tiefen des ewigen Lebens! Ich bin nicht mehr ich, sondern Du bist nun Alles in mir, o so lobe denn du mit unsterblicher Zunge den heiligen Vater, Der uns hat geeint, und gegeben das ewige Leben in Ihm!

 

[PsG.02_019,08] Ja, ich Geist bin erwacht: Dank dir, meine ingleichen unsterbliche Seele, darum du erwecket mich hat, zum Geschäfte des Lobens und Preisens am Tage der heiligen Ruhe, am ewigen heiligen Tage des Herrn; - ich will Ihn ja loben aus all' meinen Kräften, und immerdar lieben und preisen den heiligen Vater in dir, meine sorgliche Seel'!

 

[PsG.02_019,09] O mein heiliger liebvollster Vater, Du ewiger Schöpfer der Welten, der Menschen, der Geister und Engel und aller der ewig endlosesten Himmel! Dich lobet und preist schon die Milbe, deren kümmerlich Leben Minuten nur zählet in seiner gar flüchtigen Dauer!

 

[PsG.02_019,10] Dich lobet und preiset das Würmchen im Staube, und zahllose Heere gar munterer Vöglein durchzucken die bläuliche Luft, Dir, o heiliger Vater, lobsingend!

 

[PsG.02_019,11] Ja Alles, was athmet und lebet, bringt Dir, o Du heiliger, liebvollster Vater, in einer namlosesten Freude des göttlichen Lebens ein festliches Opfer gebührendsten Dankes in seiner Art dar.

 

[PsG.02_019,12] Nur der Mensch, der unsterbliche Mensch kann da schlafen und ruhen, wo alle Geschöpfe wetteifern die Ersten zu sein, um zu loben Dich, gütigsten Geber lebendiger, süßester Speisen, Dich überall mächtigen Schöpfer, Dich ewig unendlichen Gott!

 

[PsG.02_019,13] O so sei denn geliebt und gelobt und gepriesen von mir, dem unsterblichen Geiste, an diesem so heiligen Tage der Erde, am Tage der Ruhe, wie allzeit und ewig, darum Du, o heiliger Vater, so gut und so überaus gnädig mir bist!

 

[PsG.02_019,14] O die allerhöchste Ehre sei Dir als dem Vater im Sohne und Deinem allerheiligsten Geiste, da Du mich erschaffen, erlöst und wieder zum ewigen Leben geheiliget hast, also gnädigst durch Deine unendliche Güte, Erbarmung und ewige Liebe; ja ewiger Dank und ein ewiges Lob sei Dir, heiliger Vater, dafür von mir sündigem Geiste! - Dein heiliger Wille geschehe stets ewiglich, Amen; geheiliget werde Dein Name in uns ewig. Amen.

 

 

XX. Psalm. Zu singen dem Herrn am Schlusse des Jahres.

 

[PsG.02_020,01] Vollendet hat wieder die Erde gar eiligen Fluges den Lauf um die leuchtende Mutter der Tage.

 

[PsG.02_020,02] Die Reise ist weit, und gar groß ist der mächtige Kreis, den die Erde, die kreisende Mutter so vieler Gestalten und Wesen, in dreihundert sechzig fünf Tagen durchwandert.

 

[PsG.02_020,03] Wohl hätte der Mensch viele Tausend von Jahren zu steigen auch eiligsten Schrittes, bis er vollenden gar möchte einmal die alljährliche Reise der Erde;

 

[PsG.02_020,04] Doch wie da auch immer die Dauer der Zeit solcher Reise beschaffen sein mag, und wie weit auch die kreisige Bahn sich dehne, so ist doch die Folge gewiß und gar sicher, daß nämlich auf jeglicher Bahn ist gesetzt ein endliches Ziel.

 

[PsG.02_020,05] Also hat es gemacht aus gar weisesten Gründen der Herr, der allmächtige Schöpfer der Engel und Menschen, der Sonnen und Erden; sie kreisen und bahnen und wirken in ihren gegebenen Sfären; doch all' dem Kreisen und Bahnen und Wirken ist treulich und weislichst gesetzet ein Ziel, hier ein endlich's und Dort gar ein ew'ges.

 

[PsG.02_020,06] Vom nichtigen Punkte beginnt die Erde die weithin gedehnte Bahn zu durchkreisen, und endet dieselbe am nämlichen Tage stets wieder.

 

[PsG.02_020,07] Also auch der Mensch auf der Erde im Staube den Kreis seines Wirkens beginnt, und endet dann wieder im nichtigen Staube denselben. Die Welten und Sonnen vergehen, wenn ganz sie vollendet einst haben die weitesten Kreise im endlosen Raume und werden dann wieder atomischer nichtiger Hauch! Und die Menschen, die großen und stolzen, die werden zum Futter der Würmer, und diese dann endlich zur Nahung des nichtigen Staubes.

 

[PsG.02_020,08] Und wer kann es leugnen, und sagen: Also ist es nicht! Denn es lehrt ja die stete Erfahrung, daß Alles dem nichtigen Punkt oder Staube entsteiget, und endlich stets wieder zu selbem rückkehret.

 

[PsG.02_020,09] Und doch mag der Mensch, der gar blinde Bewohner des Staubes, sich höchlichst erheben und thun, als ob er im ewigen Centrum der ewigen Allmacht und göttlichen Herrschaft sich befände.

 

[PsG.02_020,10] Du armer Bewohner des Staubes, gedenk' doch am Schlusse der Bahn der Erde, am Schlusse des Jahres, wie All's mit der staubigen Welt seine endliche Bahn beschließt, und das auf dem Punkte des Nichts, da der herrlichst dir scheinende Flug war begonnen, so wirst du ersehen dein thörichtes Treiben und Jagen im Staube, als Staub nach dem Staube.

 

[PsG.02_020,11] Wie thöricht wäre doch der, der im schwankenden Nachen noch möchte verweilen, so er in diesem ein Ufer erreichte, und möchte in selbem ein Walten anfangen, als wär' er ein mythischer Gott über Wogen und Fluthen.

 

[PsG.02_020,12] Ist's anders mit dir, mein hochtrabender, mächtig dich dünkender Bruder? O siehe, mit nichten, du bist nur ein Thor und ärgerlichst blind, d'rum magst nicht erschauen die nackteste Wahrheit, und nimmer begreifen, daß diese sehr schwankende Welt ja doch nichts als ein ebenso schwankender Nachen nur ist; dieser Nachen kann tragen dich staubigen Bruder entweder an's Ufer des Lebens, und eben so gut an das staubige lockere Ufer des Todes, aus dem du nicht leichtlich erstehen mehr wirst.

 

[PsG.02_020,13] O so mache denn einmal ein bleibendes Ende dem staubigen Jagen und Treiben; bedenke, daß Einer nur über dem Staube der Welten frei lebet und herrschet, und Dieser ließ staubig uns werden, damit wir die Ohnmacht des Staubes für's ewige Leben hier sollten verkosten, um dadurch stets mächtiger Ihm nachzustreben, und treten mit unseren Füßen den nichtigen Staub!

 

[PsG.02_020,14] Und wann Solches du werdest erkennen, so wird dir der nichtige Wechsel der Zeiten kein Wechsel mehr sein; denn du wirst dann erhaben im Geist und der Wahrheit hoch über den dampfenden Trümmern der guten Zeiten dastehen und sagen: Ich habe im schwankenden Nachen das Ufer erreicht, das Ufer des Lebens, und habe gefunden den heiligen Vater voll Lieb' und Erbarmen. So strebet mir nach all' ihr Brüder; denn hehr ist zu wohnen im Schooße des Vaters!

 

 

XXI. Psalm. Zu singen dem Herrn in mannigfacher Drangsal.

 

[PsG.02_021,01] Es wogen und stürmen die Zeiten; und Brüder, die rüsten sich unter einander zum blutigen Kampfe.

 

[PsG.02_021,02] Die Jungfrau ist treulosen Herzens geworden; nicht lieben, nur siegen will sie, und verachten dann alle die leicht zu besiegenden Herzen in weibisch gewordener männlicher Brust.

 

[PsG.02_021,03] Und ist sie unter vielen den männlichen Schwänen doch irgend auf ein echt männliches Herz noch gerathen, das nicht wie ein Schilf sich vom trüglichen Blicke der Schlange im treulosen Herzen der Jungfrau berücken hat lassen;

 

[PsG.02_021,04] Da weinet sie bittere Thränen, nicht irgend aus Reue, sondern nur ob des mißlungenen Sieges, und daß ihre Macht sich nicht über all' männliche Herzen arg siegend erstrecket.

 

[PsG.02_021,05] O Zeiten, o Menschen und Sitten! Das Weib will mit männlichen Herzen nur spielen.

 

[PsG.02_021,06] Der Mann mit dem Weib' sich die sinnliche Zeit nur vertreiben; nur sich mag er lieben im Herzen des Weibes, und wühlen gleich Schweinen in ihrem zart wallenden Fleische.

 

[PsG.02_021,07] Der Herrscher ist nicht mehr zur Leitung und Führung der Völker ein leuchtender Bruder den Brüdern; er ist nur ein Herr allen Brüdern, ein völlig allein nur Rechthaber;

 

[PsG.02_021,08] Ein stolzer schwertmächtiger Herr ganz allein über Güter und Leben und Tod seiner schmachtenden Brüder.

 

[PsG.02_021,09] Der reiche gesetzlich befugte Betrüger von vielen der Brüder genießet Ansehen, Lobpreisung und Ehre, und wird von dem Armen um nichtigen Sold noch auf den Händen getragen;

 

[PsG.02_021,10] Der Arme hingegen wird allzeit vom Reichen mit höhnlichst verachtenden Blicken betrachtet, und als ein schmarotzig's Gesinde zur Thüre gewiesen. O heiliger Vater im Himmel, wie lang' wohl wird Solches noch währen?

 

[PsG.02_021,11] Wann werden die Berge den Thälern wohl gleichen? Wann werden Kain und Abel sich küssen?

 

[PsG.02_021,12] Wann wird wohl die Jungfrau zurückkehren zur einfachen heiligen Würde des Engels in Weibesgestaltung, um hehr zu beglücken das lange schon trauernde männliche Herz?

 

[PsG.02_021,13] Und wann werden der Herrscher ruhmsücht'ge Begierden, der eiserne Druck ihrer Brüder, die Ketten der Sklaven und zahllose and're Tormente denn enden?

 

[PsG.02_021,14] Wann wird der Thronsitzer ein Bruder den Brüdern doch werden? Wann wird er sie lehren und führen und leiten als so ein Erzengel durch weise Gesetze die Brüder zu Dir, o Du heiliger Vater von allen den Menschen auf Erden?

 

[PsG.02_021,15] Und wann wird der Priester ablegen die schmähliche Maske voll ehrsüchtigen Scheines und Truges, und seinen Brüdern verkünden das reine lebendige Wort Deines heiligen Geistes, o Vater im Himmel?!

 

[PsG.02_021,16] "So hör' denn du Geist, im lebendig noch pochenden Herzen! Ich will dir aus Meinem vollgöttlichen Munde nun künden die Antwort der Freude, des Trost's und der Wahrheit und Liebe aus allen den Himmeln.

 

[PsG.02_021,17] "O sag' Mir, dem Vater der Engel im Himmel und Menschen auf Erden! Wann werden die Kindlein im Hause der Eltern zu zanken und hadern aufhören, so ihnen das Alter und Bildung noch mangelt?

 

[PsG.02_021,18] "Du sprichst: So da alt und gebildet und weiser und reiner sie werden im Denken, im Thun und im Wollen und aller der Liebe im Herzen der Seele.

 

[PsG.02_021,19] "Ganz richtig und weise gesprochen; doch siehe, so aber die Erde nichts And'res, als eine räumige Stube der Kinder nur ist, wenn im ernsteren Sinne genommen, wie kannst du dann fragen, wann's anders wird werden auf Erden?

 

[PsG.02_021,20] "Laß reifer und älter nur werden die Kinder in der stets sich schaukelnden Stube für die Embryonen der Engel; und du wirst die klarste Antwort auf deine wehmüthige Frage im hellesten Lichte erschauen! Die Kindlein der Wiege sind schreiender ja, als die Muntern im Grase des Lebens." -

 

[PsG.02_021,21] O heiliger liebvollster Vater, jetzt ist mir ein mächtiges Licht aufgegangen; nur mit solchen Augen betrachtet läßt sich all' das bunte und lose Getriebe der Menschen auf Erden erklärlich betrachten. Darum aber sei Dir, o Vater, all' Ehre und Liebe und Dank ewig! Amen.

 

 

XXII. Psalm. Zu singen dem Herrn nach einer überstandenen Krankheit des Leibes, und der mit ihm gebundenen Seele.

 

[PsG.02_022,01] Die Krankheit, ein brennendes Feuer im sterblichen Fleische, ja eine gar mächtige Prüfung der leidenden Seele im Glauben, im Hoffen und Lieben, kommt so, wie all' himmliche Gaben, vom liebvollsten, heiligen Vater im Himmel;

 

[PsG.02_022,02] Der mittelst derselben die wandernden Kinder auf dieser sie lehrenden und getreulich prüfenden irdischen Schule des Lebens also, wie mit eigener heiligster Hand, von so manchen noch tödtlichen irdischen Schlacken loswaschet,

 

[PsG.02_022,03] Auf daß dann nach einer, wenn manchmal auch lange andauernden Krankheit, der Mensch von so manchen Stocksünden, wie Golderz durch's Feuer, von Schlacken und Steinen gereinigt werde,

 

[PsG.02_022,04] Was sonst der Mensch im gesunden Zustande schier niemals erreichen wohl möchte, denn so man gesund ist im Fleische, da merket man nicht, in wie weit etwa wohl schon der tödtliche Weltkrebs hat feindlichst durchzogen die Fibern des Lebens.

 

[PsG.02_022,05] Wie tief in die Wurzeln des innern geistigen Lebens sich dieser all' elend'ste Feind alles Lebens, wie so ein Polyp mit viel Armen und tausend Saugrüsseln schon hat eingegraben?

 

[PsG.02_022,06] Allein - da kommt eben der Herr dem zwar fleischlich gesunden, doch geistig hinsiechenden Menschen mit eig'ner, höchst heiliger, mächtigster Hand treu zur Hilfe, ergreifend, ausreißend das Uebel aus all' den Stammwurzeln des Lebens; dann merkt erst der klagende Mensch, in wie weit schon der Krebs seine Wurzeln in's innere Leben getrieben.

 

[PsG.02_022,07] Denn alle die Stellen dann brennen und jämmerlich schmerzen im fleischlichen Wesen des Menschen, in denen sich früher die tödtlichen Wurzeln des Feindes des Lebens befanden;

 

[PsG.02_022,08] Doch nimmer wohl achtet der heiligste Vater des Lebens des Fleisches des Menschen, ob dieses da brenne und triefe vom blutigen Schweiße aus Angst und aus Furcht vor dem irdischen Tode;

 

[PsG.02_022,09] Hat Er nur das Leben des Geistes, der Seele gerettet, was liegt da am Fleische, an dieser gar morschen Kleidung der Seele des Geistes!

 

[PsG.02_022,10] Ist's recht nach dem heiligsten Willen des Vaters, dann wird's ja leicht wieder genesen. Und ist es nicht recht nach dem heiligsten weisesten Willen des heiligsten Meisters des Lebens, so wird es wohl sicher am besten schier sein, daß Er väterlich liebvollst den Krebs samt der morschen und seichten Behausung wegreißet.

 

[PsG.02_022,11] So zeigte Er Selbst, der Größte, der heiligste Dulder am Oelberg', als knieend und betend die ewige Liebe im Vater im blutigen Angstschweiß Er bat: "So Du Vater, Du ewige Liebe es willst, o so nehme den Kelch Du von mir! Doch nicht mein, sondern allzeit geschehe Dein heiliger Wille."

 

[PsG.02_022,12] Hier zeigte der ewige heilige Meister des Lebens es Selbst, wie wir allzeit am Leben des Fleisches, wenn Leiden dasselbe beschleichen, verhalten uns sollen, wenn's Leben der Seele, des Geistes erhalten wir wollen.

 

[PsG.02_022,13] Ist uns aber so ein hochheiligstes Muster gestellt, da können wir allzeit frohlocken und singen aus unserem kindlich erquicktesten Herzen:

 

[PsG.02_022,14] O heiligster liebvollster Vater der Engel und Menschen, Du ewiger Meister des Lebens, Du gabst uns das Leben; den Leib nur als zeitliche Hülle des Geistes und Werkzeug der Seele;

 

[PsG.02_022,15] Du sendest uns Freuden und Leiden nach Deinem Gefallen, nach Deinem allweisesten heiligsten Willen; also denn geschehe auch allzeit Dein heiligster Wille! Du Selbst hast ja uns gelehret zu leben durch Worte und Thaten, und so wollen wir denn auch leben, und allzeit Dich loben und preisen in Freuden und Leiden; denn Du bist ja einzig der Geber von stets guten Gaben. Dir Ehre und Preis ewig! Amen.

 

 

 

Die Gedichte.

 

1. Eine kleine Morgen-Andacht des Jakob Lorber.

 

Am 15. Sept. 1840.

 

[PsG.01_001,VW] O Du heiliger Vater! Sieh mich armen Sünder gnädig an, wie ich in einer großen Armuth des Herzens stecke; mein Glaube wanket, meine Hoffnung sinket, und meine Liebe wird schwach, so Du Dich nur einen Augenblick lang von mir abwendest; o heiliger bester Vater! Wende daher ja nie mehr auch nur einen Augenblick Dein heiliges Auge weg von mir armen Sünder, und behalte mich stets in Deiner wahrhaft allein nur seligmachenden Gnade, Liebe und All-Erbarmung! Amen.

 

[PsG.01_001,01]

 

Laß an jedem Friedensmorgen

Mich um Nichts als Dich nur sorgen;

Laß mir mein getreu Gewissen

Nicht vom Satan je versüßen;

 

[PsG.01_001,02]

 

Laß mich allzeit treu verkünden

Deine Gnade, - Liebe finden

Laß, o Vater, stets mich Armen;

Habe nur mit uns Erbarmen!

 

[PsG.01_001,03]

 

Lasse allzeit Deinen Willen

Uns, die Kinder, treu erfüllen,

Daß verherrlicht möchte werden

Stets Dein Name hier auf Erden;

 

[PsG.01_001,04]

 

Und daß Jeder möcht' erfahren

Und die große Gnad' gewahren,

So laß Alle Gnade finden,

Und mit Liebe an Dich binden.

 

[PsG.01_001,NW]

 

Amen! sag'ich - Vater, Amen!

Amen, Heil durch Deinen Namen!

 

 

Zu einem von J.L. verfaßten Tonstücke betitelt:

 

2. Der neue Frühlings-Morgen.

 

Am 6. Februar 1842.

 

 

[PsG.01_002,01]

Wenn die Töne einfach klingen,

Dann die Wahrheit sie besingen;

Nicht in dem verworr'nen Bauen

Ist das Göttliche zu schauen;

 

[PsG.01_002,02]

Nicht im kunstvoll'n Tongedränge

Und harmonischen Gepränge; -

Nur im Kleinen liegt verborgen

Aller Wahrheit ew'ger Morgen!

 

[PsG.01_002,03]

Also auch in diesen Tönen

Wirst die Wahrheit du erkennen!

 

 

3. Morgenlied.

 

Empfangen von Oben durch + Jakob Lorber, Graz, am 30. Mai 1842.

 

[PsG.01_003,01]

 

Welchen Dank soll, lieber Vater, ich Dir bringen,

Welches Loblied Dir, o heil'ger Abba, singen?

Gar so gut bist Du, voll Lieb' und voll Erbarmen,

Diesen Tag ließ'st Du erleben ja mich Armen,

Daß in ihm ich neue Gnaden möcht' empfangen,

Neu von Dir nach meiner Liebe treu'm Verlangen;

O wie gut bist, Vater, Du, und wie voll Liebe,

Ihr erwacht ich heut' mit neuem Lebenstriebe;

Darum möcht' ich heut' auch Dir ein Loblied singen,

Das so neu wie dies mein Leben soll erklingen!

 

[PsG.01_003,02]

 

Doch wo soll ich denn beginnen, und wo enden!

Welchen Dank, o Vater, Dir, ich Schwacher senden?

Dein ist alles ja im Himmel und auf Erden,

Dein mein Odem selbst und meiner Lieb' Gebärden,

Dein ist dieser Tag, und Dein das Licht der Sonne,

Dein ist auch mein Wort und meines Herzens Wonne,

Dein nicht minder auch so mancher Kummer,

Dein der Schlag, und Dein des Auges süßer Schlummer!

Wie kann's da, wie soll's mir Schwachen denn gelingen,

Daß ich könnte Dir ein neues Opfer bringen? -

 

[PsG.01_003,03]

 

Dort aus jenem unermess'nen Schöpfungstiefen

Selbst, von Dir noch heil'ge Spenden strahlend triefen,

Und wohin der Geist auch immer furchtsam schauet,

Ueberall aus Dir, o Vater, Liebe thauet!

Ja, ich kann mir Eines um das And're denken,

Doch das Du nicht möcht'st mit Deiner Liebe lenken,

Wahrlich, solches ist wohl nimmerdar zu finden,

Alles pflegst durch Deine Liebe Du zu binden;

O wie soll ich demnach, Vater, Dich denn preisen,

Wie Dir meine Lieb' und Dankbarkeit beweisen?

 

[PsG.01_003,04]

 

Soll ich Dich in meinem Herzen zitternd loben,

Etwa wie die Sterne leuchtend hoch da droben,

Oder wie Dich sel'ge Geister allzeit preisen

In des ew'gen Lebens überlichten Kreisen?

Wer, o wer kann Solches mir wohl zeigen,

Und wer sagen, wie vor Dir sich Engel beugen?

Und wer künden, wie ich Solches mag gewahren,

Wo die wahre Lebensweise treu erfahren?

Wie zu Dir auf dieses Lebens finst'ren Stufen

Treu, gerecht und wahr in meinem Herzen rufen? -

 

[PsG.01_003,05]

 

Ach was hör' ich, was rauscht da für eine Welle?

Horche, horche treu, du meine arme Seele!

Worte, Worte sind's, wie sanft und mild sie klingen!

Hör', vom Himmel sie mir eine Botschaft bringen!

Eines Seraphs oder Gottes Stimme? höre!

Ach wie hehr es tönt in meines Herzens Leere!

Worte, Worte, ach sie lauten, o sie lauten:

"Wenn die Sterne und die Engel dir's vertrauten,

"Wahrlich, nimmer And'res könnten sie bekennen,

"Als daß sie Mich stets "den guten Vater" nennen!

 

[PsG.01_003,06]

 

"Also magst auch due im Herzen treu Mich nennen,

"Mich den guten Vater, geistig wahr bekennen,

"Stets nach meinem Willen Meiner Liebe leben,

"Das ist Alles, was du Kindchen Mir vermagst zu geben.

"Willst Du aber beten, da sollst also sagen:

""Guter Vater, hilf mir meine Schwächen tragen!

""Wie in all den Himmeln, da Du pflegst zu thronen,

""Möcht' es Dir gefallen, auch in mir zu wohnen;

""Lasse Deinen Willen also auch durch mich erfüllen,

""Wie es Deine Engel machen stets im Stillen!"

 

[PsG.01_003,07]

 

"Siehe, das ist Alles, solches magst Du beten

"Allzeit, wann du willst, in Freud und Schmerzensnöten.

"Daß der gute Vater leichter ist zufrieden,

"Als so mancher Arme irrig meint hinieden,

"Könnt ihr, Meine Lieben, ja daraus erschauen,

"Daß nicht Ich die stein'gen Tempel ließ erbauen;

"Nur im Herzen gilt's, die wahre Kirch' zu gründen,

"Dort sollt ihr die wahre Lieb' zu Mir entzünden!"

Amen.

 

 

4. Das Reich Gottes.

 

[PsG.01_004,01]

 

Des Weltgewühles laute Simme schweigt,

Wir schau'n empor zu stillen Geisterhöhen,

Und des Gemüths verklärte Blicke sehen,

Wie sich der Wahrheit Reich zur Erde neigt;

Um uns're Seele spielt sein Himmelslicht,

Durch unser Wesen strömt sein heilig Feuer,

Und aus des Herzens innern Quellen bricht

Das inn're Leben zu des Bundes Feier.

 

[PsG.01_004,02]

 

Wie wundergroß ist dieses Reichs Gebiet!

Es dehnt sich aus in aller Zeiten Ferne,

Umschlingt die Erd' und zahllos viele Sterne,

Und ist, wo nur ein Herz für's Gute glüht!

Wer hat in ihm die Bürgerzahl erspäht?

Wer kennet seiner Kräfte Füll' und Regen,

Die Saaten all', unendlich hier gesäet,

Und des Gedeih'ns und Reifens gold'nen Segen?

 

[PsG.01_004,03]

 

Hier - weht der Geist des Vaters still und rein;

Hier ist in vollster Kraft der Freiheit Walten,

Die Hoffnung blüht und Glaubens Lichtgestalten

Ergeh'n sich in der Liebe Frühlingsschein.

Das Hochvertrau'n blickt zur Vollendung hin,

Die Demuth in ihr eig'nes Licht erröthend;

In tiefstem Frieden ruht versöhnter Sinn,

Es kniet die Andacht, hochbegeistert betend!

 

[PsG.01_004,04]

 

Des Reiches Sonne ist des Vaters Geist!

Wie sich die ew'gen Geister um Ihn schwingen,

Sich stets Ihm nah'n in engern Ringen,

Bis ganz ihr Leben in das Seine fleußt.

Wer wird nicht seiner Kindschaft sich bewußt?

Wer fühlt nicht schmerzlich, was im Staub' ihm fehle?

Ein tiefes Heimweh glüht in uns'rer Brust,

Nach ihrem Urquell lechzt die durst'ge Seele.

 

[PsG.01_004,05]

 

Doch ach! wer leitet wieder uns hinan?

Des Herzens Urlicht ward von Nacht umflossen,

Sich düster zwischen uns und Gott ergossen

Verdecket uns der stillen Heimat Bahn;

Der Weg zum Vater geht nur durch den Sohn

Wie Er aus Seinen Tiefen rein geboren.

D#rum kehre wieder, was der Brust entfloh'n,

Und unser ist das Reich, das wir verloren.

 

[PsG.01_004,06]

 

Nie sauer laß d'rum werden dir die Müh'!

Durch treues Forschen wirst Du wieder finden,

Das dir der Zeiten Nacht nicht kann verkünden,

des innern Lebens heil'ge Harmonie! -

Sei fest und wanke in dem Glauben nicht!

Und liebe Gott, und all' die armen Brüder,

Dann wirst bald schau'n in dir das Gotteslicht,

Und auch des heil'gen Gottesreiches Glieder.

Amen.

 

5. Der Mensch ist ein Denker

 

[PsG.01_005,01]

 

Der Mensch ist ein Denker

Doch Ich nur - ein Lenker;

Der heiterste Morgen

Bringt Jedem noch Sorgen,

Doch wem da beschieden

Ein Abend in Frieden -

Der denke am Ziele:

Es war so - Mein Wille!

 

 

6. Glaube, Hoffnung und Liebe.

 

[PsG.01_006,01]

 

Es wankt der Pilger an dem schroffen Felsgestade,

Da grüßt kein wirthlich Haus des Heißbethränten Blick;

Wo bleibet wohl der Stern, der auf dem finst'ren Pfade

Mit sanftem Strahl erheitern möchte sein Geschick?

 

[PsG.01_006,02]

 

Nur hart empfängt die Nacht die sturmbewegten Wogen,

Kein sich'rer Hafen winkt am uferlosen Meer.

Der Sehnsucht trüglich Licht hat schon gar oft betrogen,

Und rathlos schwankt das schwache Lebensschiff umher.

 

[PsG.01_006,03]

 

Da leucht't auf einmal mild, gleich vielen kleinen Sternen,

Aus freien Himmelshöh'n ein Segensstrahl herab.

Vertrau' ihm fest, so wirst du Glauben kennen lernen,

Der wird dem Schmerz ein mächt'ger Trostesrettungsstab.

 

[PsG.01_006,04]

 

Du kennst den leisen Klang, der in des Herzens Tiefen,

So süß, so rein und mild, wie Engelsstimme tönt,

Die hehren Bilder weckt, die in der Seele schliefen,

Und, lieblich tröstend, dich selbst mit dem Schmerz versöhnt.

 

[PsG.01_006,05]

 

Den heil'gen Himmelsklang, den jedes Ohr verstehet,

Dem heiße Sehnsucht still in Morgenträumen lauscht,

Der sanft wie Frühlingshauch erquickend dich umwehet,

Also, wie da ein Bach durch blum'ge Fluren rauscht.

 

[PsG.01_006,06]

 

O sieh', die Hoffnung ist's, mit ihrem Saitenspiele,

Den Pilger sehr erheiternd auf der dunklen Bahn;

Sie zeigt voll Huld und Mild' am fernen Wanderziele

Den lichten Siegeskranz, den wir eh' trüb nur sah'n.

 

[PsG.01_006,07]

 

Kennst auch den warmen Quell, der lebenbringend fließet

Im duft'gen Blumenkelch, wie in des Menschen Brust,

In's eb'ne Friedensthal sich klar und sanft ergießet,

Uns allzeit segnend tränkt, mit süßer Himmelslust? -

 

[PsG.01_006,08]

 

Der lächelnd sich in bunte Blumenufer windet,

Wie so ein Silberband auf dem smaragd'nen Grün,

In dem ihr treues Bild die Unschuld wieder findet,

Wenn still geröthet hehr die zarten Wangen glüh'n.

 

[PsG.01_006,09]

 

Es ist die Liebe, die da unter Blüthenbäumen

Als ein gar fröhlich Kind in süßen Träumen lebt,

Das heiter blickt nach jenen lichten Himmelsräumen,

Aus denen sie - die Lieb' zu uns herab geschwebt.

 

[PsG.01_006,10]

 

O möcht' des Glaubens Stern stets deine Nacht verschönen,

Sein heil'ger Gnadenquell dein hoffend Herz erfreu'n,

Und möcht der Liebe heller Klang in dir ertönen,

So wird das höchste Glück mit dir den Bund erneu'n!

 

 

7. Der Engel.

 

Vorwort,

wozu am 23. Juni 1840 geschah des HErrn Wort

zu Seinem Knechte Jakob Lerber in Graz, also:

 

[PsG.01_007,VW.01] Hier will Ich euch ein erhabenes Nebenwort geben, damit ihr sehen sollet die Größe eines Fünkchens Meiner ewigen Liebe, unendliche Stärke, aber auch eure euch so heilsame Nichtigkeit in Allem, was ihr seid, thut, macht, denkt, schreibt und dichtet (und trachtet) aus euch; zugleich aber sollet ihr auch daraus ersehen, was ihr werden könnet durch Mich!

[PsG.01_007,VW.02] Doch was Ich euch hier sagen werde, sollet ihr vernehmen in einem bescheidenen Liede, nach des Himmels höchster (einfacher) Weise, und werden da auch der Rede erhabenste Formen gestalten den Neubau einer Ueber-Weltgröße, so sollet ihr das nicht - wie bei menschlichen Liedern - für einen poetischen Schwung halten; denn bei Mir gibt es keinen solchen, sondern nur die allerreinste Wahrheit, und Mein Name ist schon für sich der allerhöchste Schwung alles Singens. -

 

Nun folge das Lied, und das Lied ist "ein Engel", und der geht aus Mir, und bringt euch eine gute und übergroße Botschaft, wie da folget:

 

 

[PsG.01_007,01] An aller Welten Sonnen fernstem großen Morgen stand

Ein großer Engel, streckend seine nackte Riesenhand

In Meiner Weltenschöpfung endlos tiefer Tiefen Mitte,

Und wollte eine Sonne da aus ihrem Leuchtgebiete,

Gleich einem Herzen, kühn aus aller Welten Mitte reißen,

Und sie dann, gleich so einer Nuß, in seinem Mund zerbeißen.

 

[PsG.01_007,02] Und dieses thät' er bloß, um zu versuchen seine Kraft,

Die er aus Meiner Liebe sich gar treu verschafft;

Doch dachte er bei sich nach wohlgerathner Engelssitte:

"Was soll ich das versuchen, da ja unter meinem Tritte

Schon mehr als Millionen solcher Sonnentrümmer ruh'n,

Deshalb will ich besinnen mich, und etwas Größ'res thun.

 

[PsG.01_007,03] Ich will daher mein Auge wenden hin zum großen Morgen,

Und da für meine Sehe hellsten Glanzes Strahlen borgen,

Um zu erschauen dann aus aller Welten nicht'gem Staube,

Bevor noch wird ein solches Stäubchen kurzer Zeit zum Raube,

Ein Stäubchen, welches einst das Allerhöchste hat getragen,

Deß' Namen wir mit uns'rer Zunge nicht zu sprechen wagen.

 

[PsG.01_007,04] Denn will ich Großes sehen, um mich selbsten zu erbauen,

So kann ich ja in meiner großen Brüder Werkstatt schauen,

Wo sie in aller Liebe eine Ruhestätte planen,

Für ausgediente Weltenreste todte Riesenmanen,

Wie auch der "Alle" fernbegrenzte große Hülsengloben,

In denen jeder Milliarden Sonnen sind geschoben.

 

[PsG.01_007,05] Auch ist das Messen dieser Räume eine wahre Lust,

Da dann vergrößert wird die kleine Welt in uns'rer Brust;

Was sind sonst tausend solcher Alle meiner Augen Blicken,

Da selbe Milliarden solcher Globen nicht enzücken.

Wohl aber sind die Räume zwischen dieser Hülsen Heeren

Zu messen eine Lust, in ihres Lichtes tiefen Meeren;

 

[PsG.01_007,06] Denn wenn man so von einer Hülse hin zur andern mißt,

Und dann, der großen Ferne wegen, seiner selbst vergißt,

Und denkt: Wie klein doch so ein Räumchen gegen einen Funken,

Der aus den Herren Auge ist als Weltenstoff gesunken,

O dann möcht' ich zum kleinsten aller Weltenstäublein werden,

Ja selbst, wenn möglich gar - ein Menschenkind auf Erden!

 

[PsG.01_007,07] Und so ich ferner denke über Gottes ew'ge Größe,

Und so vergleiche meine Engelswesens nicht'ge Blöße,

So steigt dann tief aus meines weiten Herzens Grunde

Ein großer Lichtgedanke mir zu einer großen Wunde,

Daß ich dem Herrn auch nicht im Kleinsten je werd' gleichen,

So lang' selbst Weltengloben meiner Größe müssen weichen.

 

[PsG.01_007,08] O was ist aller Wesen Engelgröße, Macht und Stärke,

So sie nicht schauen kann des Herren kleinste Liebeswerke.

Was nützt's mit starren Blicken messen die Unendlichkeit

Und zählen aller Globen Heer' in Ewigkeit,

Wenn man sich dadurch Gott doch niemals nähern kann und wird,

Und so das Größte aller Größen durch die Größ' verliert.

 

[PsG.01_007,09] O dann fall' nieder ich auf meine Knie, und rufe laut,

So daß vor meiner Stimme einer Welten-Unzahl graut:

O großer Gott! in Deiner Himmel unermess'nen Höhen,

Erhöre gnädig eines Engels, Deines Dieners Flehen.

Ich möcht' gar gerne Deiner Liebe Wohnung sehen,

Und seh'n da meine todten Brüder wieder auferstehen.

 

[PsG.01_007,10] O nimm mir meine Größe, Herr! und mach' mich möglichst klein,

Damit ich da, wo Deine Kinder, kann bei ihnen sein,

Und zeugen da von Deiner Allmacht großen Dingen,

Und mit denselben froh dann Deiner heil'gen Liebe singen,

Und als ein Bruder führen sie nach Deinem heilgen Willen

Und leiten sie in uns're Weise liebend stets im Stillen.

 

[PsG.01_007,11] Und ist auch Deine Liebe stets den Kleinen zugewandt,

So denk' - auch ich ging klein dereinst aus Deiner Schöpferhand,

Und wurde groß als Weltenlenker ja nach Deinem Willen,

Und führte, wie Du siehst, dieselben stets nach Deinen Zielen;

Daß ich ein wenig groß gedacht hab' jüngst von meiner Kraft,

Dafür hast Du mich ja schon liebevoll bestraft.

 

[PsG.01_007,12] Nun wende wieder Deine Heil-Barmherzigkeit zu mir,

Und mache mich zum Menschen auf der kleinen Erd' dafür,

Damit auch ich so klein wie sie Dich einst dürft' "Vater" rufen

Von den Dir wohlgefäll'gen allerd'ringsten Gnadenstufen.

O Herr! Erhöre Deines großen Dieners fromme Bitte,

Und mach' mich klein, undsetze mich in Deiner Kleinsten Mitte!" -

 

[PsG.01_007,13] Und sieh', so hörte Ich des großen Engels Klageworte

Erschallen laut, daß seiner Stimme Ton in's Herz Mir bohrte,

Und ließ darauf durch eines sanften Donners fern'res Rollen,

So einem Echo ähnlich, seine Bitte wiederholen,

Zum Zeichen, daß Ich seine Wünsche alle wohl vernommen,

Und bin denselben, wie sich zeigen wird, zuvorgekommen.

 

[PsG.01_007,14] Denn während er noch betend lag auf seinen breiten Knieen,

Hab' ich schon einem Weibe hier die hohe Gnad' verliehen,

Und für ein Menschenkind in sie gelegt den Samen,

Bevor zu Meines Engels Ohr gedrungen ist das Amen!

Und als das große Amen er vernommen in den Räumen,

So sah er auch die Erde schon zu seinen Füßen säumen.

 

[PsG.01_007,15] Und sieh', da nahm die Erde er behutsam in die Hand,

Und drückte einen Kuß auf dieses Mir so theure Pfand;

Und als er dieses hat gethan in liebendem Entzücken,

So lag die Erde auch schon ganz enthüllt vor seinen Blicken,

Und sah er gleich ein Weib gar schön, die ihm entgegen kam,

Und sah, wie sie als Mutter ihn sogleich in's Herz aufnahm.

 

[PsG.01_007,16] Und als er nun im Herzen seiner Mutter sich bewegte,

Da er die Engelsarme liebend aus demselben streckte,

Da kam ein and'res Weib, die Engelsmutter zu begrüßen,

Und wie's mit deren Frucht wohl stünd', das wollte sie auch wissen;

Eh' aber noch die Letzt're öffnen konnt' den Mund,

So sprach in Erst'rer schon der Engel laut, und gab ihr kund:

 

[PsG.01_007,17] Indem im Herzen er auf diese Weise hat begonnen

Zu reden klar: "O Mutter! Sieh' die Mutter aller Sonnen;

Sie trägt in ihrer Brust, was alle Himmel nicht umfassen.

Daher, o Mutter, sollst dich nicht von ihr begrüßen lassen!

Denn Der mich einst zum großen Weltenlenker hat gemacht,

Hat eben freundlich mich aus ihrem Herzen angelacht."

 

[PsG.01_007,18] Und als die Mutter klar im Herzen Solches hat vernommen,

Ward sie von Füßen bis zum Haupte durch und durch beklommen.

Da merkte es die Mutter, meines Leibes reinstes Wesen,

Und konnt' ihr selbst nicht ein so großes Räthsel lösen;

Und sieh', da fing die Liebe Gott's sich an in ihr zu regen,

Und sprach: "Johannes schweige noch vor Meiner Mutter Segen,

 

[PsG.01_007,19] "Es kommt gar bald die Zeit, in der vor Mir du werdest gehen,

Um zu bereiten Meine Wege und ein Land zum Stehen;

Da wirst du viele taub' und blinde Menschenkinder finden,

Und denen erst sollst Du von Meiner Ankunft laut verkünden,

Daß Ich als Gotteslamm gekommen bin in ihren Plagen,

Um aller Menschen Sünden schuldlos treu für sie zu tragen.

 

[PsG.01_007,20] "Und wie du groß warst auch in deiner Engels-Wirkungsphäre,

So war doch jene Größ' ein Tröpfchen kaum zu der im Meere,

In welchem sich Dein Herr, vor Dem die Weltenräume beben,

Als Bruder dir zu sehen giebt im schwachen Menschenleben,

Damit das Schwache möcht' durch Meine Lieb' gestärkt ersteh'n,

Wenn auch die Welten alle einst durch Meine Macht vergeh'm!"

 

[PsG.01_007,21] Und sieh', da fing vor Freuden an im Mutterleib' zu hüpfen,

Johannes, da er sah' mit - - Nichts sich Meine Größe knüpfen.

Maria aber, Meines Leibes Mutter reinsten Herzens,

Bemerkte es gar bald, wie da Elisabeth voll Lebens

Erröthete, indem sie wohl gedachte ihres Altersstandes,

Und auch der Sitte alter Weiber des gelobten Landes.

 

[PsG.01_007,22] Da sprach Maria ganz gerührt in ihrer lichten Seele:

"Elisabeth, du schämst dich ja auf dieser heil'gen Stelle?

Bedenk', was uns geworden ist von Gottes höchsten Gnaden,

Das soll sich nimmer roth in allzu großer Schame baden;

Denn was in deinem Leibe hüpft von übergroßen Freuden,

Ist groß vor meinem Leben, - d'rum freue dich bescheiden!"

 

[PsG.01_007,23] Elisabeth, sich wohl gemahnend vor Maria's Höhe,

Gedachte nun, wie es mit ihr und mit Marien stehe,

Und fiel darob auf ihre Kniee nieder vor der Reinen,

Und fing vor übergroßen Freuden liebend an zu weinen,

Und sprach: "O Mutter voll der Gnaden, sei hoch benedeiet,

Und deine Frucht, durch welche wird die Welt vom Fluch befreiet;

 

[PsG.01_007,24] "Denn was ich trage unter meinem Herzen, ist gar klein;

Wie könnt' es auch, und wär' es weltengroß, noch Etwas sein

Von deiner Gnade, deren Größe alle Himmel nicht

Umfassen mögen und ertragen ein so helles Licht,

Das noch, wenn alle Sonnen schwinden, Allen hell wird lichten,

Die treuen Herzens sich nach seinen Wegen werden richten.

 

[PsG.01_007,25] "O Gott! Woher kommt mir wohl diese unbegrenzte Gnade,

Daß - die Mutter meines Herrn mich über steile Pfade

Besucht, nicht scheuend hoher Berge Zinnen, noch die Ferne!?

Es leuchten wohl ganz unbegreiflich hell die lieben Sterne

Am hohen Himmel dort, und auch dem Laub der fetten Palmen

Entsäuselt, ganz verständlich mir, ein Lob in hohen Psalmen!

 

[PsG.01_007,26] "O Mutter! Nun begreif' ich erst in meinem Herzen klar,

Die ganze große Erde bringet dir ein Opfer dar,

Was recht und billig ist, da Niemand es begreifen wird,

Wie uns, dem armen Volke, die wir schwach und ganz verwirrt,

In uns'rer Nacht der Sünden konnt' ein solches Wunder werden,

Der HErr, Gott Abrahams, nimmt an die menschlichen Beschwerden.

 

[PsG.01_007,27] Und sieh', da trat Maria hin zur Mutter des Johannes,

Und sprach: "Elisabeth! - am wüsten Ufer des Jordanes

Wird Das, was du im Herzen trägst, zur Stimme eines Rufers,

Und wird da ebnen Steige längs des Flusses stein'gen Ufers;

Er wird, wie da geschrieben steht, der Engel sein des Herrn,

Und wird zur Wassertauf' die Buße streng vom Volk begehr'n.

 

[PsG.01_007,28] "Und, so glaub' mir, wird Anfangs nur durch ihn bestimmt

Erkannt das Lamm, das aller Welt hinweg die Sünden nimmt;

Und da wird auch geschehen, daß der Herr von ihm auf Erden

Im Wasser unter off'nem Himmel wird getaufet werden,

Auch werden er und Viele, die da horchten seinen Lehren,

Ein großes Zeugniß von dem Lamme aus den Himmeln hören.

 

[PsG.01_007,29] "Und werden sehen da den Geist vom Himmel niedereilen,

Und selben leuchtend über'm Haupte unsers HErrn verweilen,

Und sehen Gott sich mit dem Menschen völligst einen,

Damit befreiet wird die Welt von allen Sünden-Peinen!

Befreit auch, der mühselig und beladen ist geworden,

Vom Tod, und aus der Hölle, und von deren Horden.

 

[PsG.01_007,30] "Und nun, Elisabeth, vernehme heiter noch zum Schluß

Aus meinem Herzen einen dir noch unbekannten Gruß:

""Johannes, Mein getreuer Engel aus des Lichtes Sfären!

Wie einst die Sonnen du nach Meiner Ordnung mußtest kehren,

So sollst du bald die Herzen Meiner Kinder Mir bereiten,

Und muthig wie ein Löwe gegen alle Höllen streiten;

 

[PsG.01_007,31] ""Denn sieh', von Allen, die geboren waren und noch werden,

War Keiner größer je, wie du, von Mir gesandt auf Erden;

Denn alle Väter und Propheten in dem heil'gen Lande,

Hab' Ich erwecket aus der kleinen Engel Liebesstande,

Du aber bist gekommen in das kleine Israel,

Ein Fürst der Engel, leuchtend mit dem Namen Michael!" *)

 

[PsG.01_007,32](*) Michael als Erzengel, dann Sehel, in der Urzeit, dann Elias, und nun Johannes der Täufer- war Eins, d.i. dieselbe Persönlichkeit.)

 

[PsG.01_007,33] ""Doch sieh', und wer auch klein wird heißen einst in Meinem Reiche,

Wird größer sein wie du, als Fürst ohn' allem Maßvergleiche.

Und willst du groß auch werden, wie die kleinsten Kinder hier,

So mußt auch du, wie sie, geboren werden neu aus Mir;

Denn sieh', von nun wird jeder Engel müssen hier auf Erden

Gleich Mir, dem Schöpfer, wohl ertragen menschliche Beschwerden.

 

[PsG.01_007,34] ""Und wer sich scheuen wird, zu wandeln Meiner Liebe Wege,

Und nicht betreten so der Kinder harte schmale Stege,

Der wird, wie du dereinst, nur todte Weltenbahnen schlichten;

Doch einer neuen Schöpfung Lebensfülle Anker lichten,

O sieh', wird nimmer einem urgeschaff'nen Engelsgeiste

Gegeben, als nur dem, der an dem Kindertische speiste,

 

[PsG.01_007,35] ""Den ich auf dieser Welt den Kindern reichlich geben werde.

Mein reicher Tisch wird sein, o höret's ohne Angstgebärde,

Ein schweres Kreuz auf dieser Erde, da ein Makelfreier

Den Menschen lichten wird der Höllenmächte Sündenschleier,

Und waschen wird die Erde von dem Koth der Satansbrut

Mit seinem unter bittern Leiden still vergoss'nen Blut.

 

[PsG.01_007,36] ""Durch Dieses werden Menschenkinder vollends neu geboren,

Und Engel nur, wenn sie mein Kreuz sich haben frei erkoren,

Und sind aus ihrem alten Himmel auf die Erd' gestiegen,

Um da für sich, wie Ich für All', die Hölle zu besiegen.

Dadurch erst werden sie dann Mir und Meinen Kindern gleich,

Zu nehmen gleich denselben das von Mir bereit'te Reich.

 

[PsG.01_007,37] ""Und nun spricht Amen Gott in meines Herzens Lebensfülle,

Und jedes Wort, das nun geflossen ist in aller Stille,

Sei dir ein großes Siegel der Verschwiegenheit und Treue,

Von dem, was dir gesagt nun war aus meines Herzens Freie;

Denn sieh', durch mich gab dir der Herr zu merken Seinen Willen,

So auch behalte ihn, und handle Ihm getreu im Stillen.""

 

[PsG.01_007,38] Und sieh', nachdem Maria dieser gab den Schluß,

Da bot Elisabethen sie die Hand zum Abschiedsgruß,

Und ließ die Hochbetagte so in stiller Andacht ruh'n,

Und eilte schnell nach Haus, um wieder Gutes da zu thun.

Und als des halben Weges sie gegangen war am Morgen,

Da fing sich Josef an daheim für sie gar stark zu sorgen,

 

[PsG.01_007,39] Er ließ die Arbeit steh'n, und sattelte die Eselin,

Um seinem Weibe, seines Herzens reiner Königin,

Entgegen eil'gen Laufes über Eb'nen, Berg und Graben

Auf Mich vertrauend, wohl bepackt mit Früchten froh zu tragen.

Doch eh' mein lieber Josef sich erfertigt hat zur Reise,

Da hielt Maria ihn gefangen schon in ihrem Kreise.

 

[PsG.01_007,40] Den sie geschlungen hat mit ihren sanften Armen,

Um ihn, der sich gesorgt für sie, mit ihrer Lieb' zu warmen.

Und Josef, als er Dieß gewahrte, fang d'rauf an zu weinen;

Denn er war, freudetrunken, ja nun wieder bei der Seinen,

Die er erst jüngst auf Furcht verlassen wollt' in reiner Liebe,

Da er nicht konnt' begreifen Meines Segens frühe Triebe!

 

[PsG.01_007,41] Dieselbe drückt nun Josef treu an seine weite Brust,

Ganz eingedenk der hohen Gnad' in ihr, und wohlbewußt,

Was ihm erst kurz vorher ein Engel hat getreu verkündet,

Indem er sagte: "Josef, fürchte nicht, die dir verbündet,

Ganz rein von Oben ward; denn was in ihr lebendig, ist

Von Gott gezeugt, sollst Jesus heißen du, das ist der Christ."

 

[PsG.01_007,42] Darum ward auch der reine Josef sehr ergriffen,

Als er nun sah' Mariam voll von höchsten Gnaden triefen,

Und sah die hohe Reise-Müde liebend ihn umfangen,

Und hörte, wie die Engel hohe Psalmen um sie sangen,

In seiner Liebe engem Kreise sah er sich verschlungen,

Von aller Engel weiten Reih'n als Glücklichster besungen;

 

[PsG.01_007,43] Da fiel aus großer Liebe nieder er vor Meiner Gnade

und pries so seinen Gott in dieser neuen Bundeslade,

Und sprach: "O Herr, nimm gnädig auf die Arbeit meiner Hände,

Und gieb mir altem Manne Kraft, als eine Gnadenspende,

Damit ich Dir und Deiner Mutter schaffen könne treu

Ein nahrhaft Brod in aller Liebe, ganz von Schulden frei!"

 

[PsG.01_007,44] Und was er sich von Meiner Gnade treulich hat erbeten,

Ward ihm gewährt in allen Orten, die er mußt' betreten. -

Nun seht, Ich gab euch hier in dieses Liedes rechten Zeilen

Gar deutlich zu verstehen, wo ihr gerne soll't verweilen.

So werd't auch ihr erfahren Meiner Engel weises Trachten,

Und werd't, wie sie, gar bald die Weltengröß' um euch verachten,

 

[PsG.01_007,45] Was würde euch wohl nützen selbst ein noch viel größ'res Wesen,

Als des euch schon bekannten Engels. Könnt' es euch erlösen?

Und könnt' es euch wohl aus des Todes harten Banden reißen?

Denn seht die großen Welten dort in ihren Bahnen gleisen,

Und sagt, wozu die todten Massen einem Geiste wären?

Ich sag': zu nichts, als nur den Tod im weiten Kreis zu mehren.

 

[PsG.01_007,46] Und machet eure Augen auf, und horchet mit dem Herzebn,

Da ihr schon wißt, daß selbst in Liedern Ich nie pfleg' zu scherzen,

So will Ich euch noch hier ein übergroß's Geheimniß lichten,

Und so in euch des Irrthums Allergrößtes rein vernichten,

Euch zeigen Meiner Wunder größtes klar in reinen Zügen,

Damit ihr sehet, wie die Großen sich gar sehr betrügen.

 

[PsG.01_007,47] Nun seht, vor der Erlösung war die Hölle bis zur Liebe

Des großen Gottes vorgedrungen, gleich dem tücken Diebe,

Der so bei sich gar heimlich dacht': Könnt' ich in's Haus nur schleichen,

Ich würd' mein Ziel ohn' große Müh' gar sicherlich erreichen;

Ist nur die Liebe mit der List von ihrem Sitz vertrieben,

Das And're wird sich fügen dann nach unserem Belieben.

 

[PsG.01_007,48] Die Liebe aber merkte solcher Räuber tück'sches Sinnen,

Und wußte weise ihrer List aus Liebe zu entrinnen;

Die Erd', vom Satan meist verhaßter Platz, ward auserkoren

Von Mir, um auf derselben Alles, was da ward verloren,

Durch Meine Kleindarniederkunft getreulich wiederz'finden.

Und so in Meiner Liebe da ein neues Reich zu gründen.

 

[PsG.01_007,49] Und da der Satan gar gewaltig sich geirret hat,

Da ward's ihm bange, da er nicht vollführen konnt' die That; -

Und sieh', da suchte er Mich auf in aller Schöpfung Räumen

Und fand als Menschen Mich allhier bei Meinen Kindern säumen,

Da dachte er Mich Schwachen - durch Versuchungen zu locken; -

Doch nur ein Blick von Mir hat seine Macht gebracht in's Stocken!

 

[PsG.01_007,50] Denn seht, vor Meiner Werdung durch's Barmwort zum Fleische,

Ihr könnt' es glauben, denn ich red' zu euch ohn' alle Täusche,

War Mein und aller Geister Wohnung über allen Sternen

Erhaben, ja für euch in unbegreiflichst großen Fernen,

Und ward dadurch die ganze Welt, um euch es zu erschließen

Gleich einem Schemel unter Meiner Gottheit heil'gen Füßen.

 

[PsG.01_007,51] So ging denn auch von Meiner allerhöchsten heil'gen Höhe

Durch aller Geister Heere in die Welten Meine Sehe,

So auch Mein Wort ward stets getragen nur von einem Engel,

Um irgend einer Welt dadurch zu zeigen ihre Mängel

Und auch zu offenbaren irgend einem frommen Manne

Der ewigen Liebe da noch sehr geheim gehalt'ne Plane.

 

[PsG.01_007,52] Nun sehet und begreifet wohl des Satans Zornestücken!

In seinem Zorngrimm hat er Mich woll'n ganz erdrücken,

Und schlüg's ihm fehl, so würd' er mich von einer Ewigkeit

Zur anderen verfolgen bis in die Unendlichkeit; -

Dadurch hätt' er zum Herrscher aller Welten sich bestimmt,

Und so auch Alles, was da lebt, nach seinem Fluch bestimmt.

 

[PsG.01_007,53] Und so er Das erreichet blind in seinem Wahne hätte,

Und hätt' verdrängt der Gottheit Lieb' aus ihrer heil'gen Stätte,

So hätt', bedenkt es wohl, die Gottheit sich ergrimmt entzündet

Und All's vernichtend dann sich neu mit ihrer Lieb verbündet;

Sodann wär' ewig nie mehr irgend was erschaffen worden,

Und all's Vernicht'te blieb erstarrt in Gottes ew'gem Norden.

 

[PsG.01_007,54] Allein als Solches schon die Gottheit hatt' bei sich beschlossen,

Da dauerte der Liebe, daß sie ganz in Leid zerflossen,

Und sieh', da merkte es die Gottheit stark in ihrer Mitte,

Und sprach zu Mir: Wozu das Leiden, und wozu die Bitte?

Soll Meine Heiligkeit noch länger allen Teufeln dienen?

Daher will morgen Ich an dem Zerstörungswerk beginnen.

 

[PsG.01_007,55] Und sieh', da sprach die Liebe in den Zeiten, die ihr kennet,

Da Abraham's, des Frommen, euch von Moses wird erwähnet:

"O Vater, hab' Erbarmen mit den Kindern Deiner Liebe,

Und laß besiegen Ihn durch Demuth alle bösen Triebe,

Und gründen Dir, o Vater, eine neue heil'ge Stätte

Und so zerstören aller Teufel böser Rotten Kette.

 

[PsG.01_007,56] "Denn sieh', o Vater, tief in Meines Herzens inn'rem Grunde,

Es sei den Völkern auf der Erde heute noch zur Kunde,

Will Ich, o Vater, eine heil'ge Stätte Dir bereiten,

Will Selbst geg'n alle Macht des stolzen Höllenfürsten streiten,

Will alle uns're Feind' besiegt zu Füßen legen,

Und keine Macht soll je die Heiligkeit in Dir anregen.

 

[PsG.01_007,57] "Ich Selbst will nun hinab zur Erde schmalsten Weges gehen,

Und da aus eines Weibes Leibe als ein Mensch erstehen;

Und will als Solcher wohl in aller Demuth engsten Bahnen

Geduldig uns're Kinder treu an Deinen Namen mahnen

Und in Meinem Blute diese sündbefleckte Erde sechten

Und waschen sie, und sichten dann das Gute von dem Schlechten.

 

[PsG.01_007,58] "Und wenn dann so gereinigt von dem Satansfluche

Die Erd', und aufgezeichnet wird in einem heil'gen Buche

Von menschgeword'nen Engeln Deiner Gnade heilig Wort,

So werd' Ich Alles, was verloren war, an Stell' und Ort

Versammeln unter einem Dach' die Schafe Meiner Heerde,

Und sorgen, daß dann nur Ein Hirt und Eine Heerde werde.

 

[PsG.01_007,59] "Und dann, o Vater, will Ich einen neuen Himmel gründen,

Und eine neue Erde makellos und frei von Sünden,

Aus Meines Herzens liebevollster heilerfüllter Tiefe.

Dann soll das Böse fort unendlich fallen in die Riffe

Des endlos großen Raumes, der erfüllt von deinem Grimme

In Ewigkeit wird bleiben; - hör', o Vater, meine Stimme!"

 

[PsG.01_007,60] Und sieh', da sprach der Vater stark aus allen Schöpfungsräumen:

"Und willst Du, Mein geliebtes Wort, zum reinsten Menschen keimen,

So mußt dazu nach Meinem Will'n Dich recht und bald entschließen,

Willst du nicht sehen morgen schon die Welt in Nichts zerfließen;

Denn Ich bin müd' geworden von der Würmer tollen Sünden,

D'rum sollst Du heute noch der Erde Deine Ankunft künden.

 

[PsG.01_007,61] "So sende denn dahin der Engelsgeister Legionen,

Ja sende sie in aller Welten finst're Regionen,

Und lasse fegen da die Erd' von allem Koth der Schlange,

Und wasche sie durch Pest und Krieg vom sündigen Anhange,

Damit in Dir des Vaters Heiligkeit erkennet werde

Von einer Anfangs kleinen, doch getreuen Lämmerheerde.

 

[PsG.01_007,62] "Und so dann, was als Liebe Du in Mir nun hast gsprochen,

Vollbracht wird sein, und alle Macht der bösen Nacht gebrochen,

Dann will Ich kommen, und die Wohnung Mir bereitet schauen,

Und wird sie sein erbaut in Meiner Heiligkeit Vertrauen,

Dann will Ich ja in aller Fülle Meiner Heiligkeit

Die Wohnung nehmen da - ein Gott in alle Ewigkeit.

 

[PsG.01_007,63] "Die Hoffart und die Lüge aber sollen ewig fallen

Endlosem Raum entlang, tief unter allen Welten-Allen,

Wo nichts, als Meines Grimmes ew'ge Zornesfluthen wallen,

Und statt der Liebe Meines Fluches ew'ge Donner hallen.

Dahin soll fallen alles Reichthums nicht'ger Schlangensamen,

Das muß geschehen, Mir dem Gott, der heilig, heilig. Amen!"

 

[PsG.01_007,64] Und sieh' wie da beschlossen, ward auch völligst ausgeführt,

Was Ich schon oben treu in aller Kürze hab' berührt; -

Nun seht, der Engel dieses Liedes ist zu euch gekommen,

Und hat euch, wie dereinst, die Sünd' durch eure Buß' benommen,

Und zeiget euch das Lamm der Welt sich euren Herzen nahen,

So hebt empor das Herz, und seht, was einst die Völker sahen!

 

[PsG.01_007,65] Und seht, was die Apostel, eure Brüder, wollten sehen,

Und doch nicht sahen, ihre todten Brüder auferstehen,

Die heil'ge Stadt hernieder steigen, Meine Sonne strahlen,

Und höret Worte voll des Lebens überall erschallen;

Bereitet eure Herzen, freuet euch! die ihr beklommen

Noch seid in Sünden, seht, Ich bin zu euch herabgekommen.

 

[PsG.01_007,66] Ja Ich, hört Völker, Ich der Vater - in dem Menschensohne!

Ich komm' zu euch, und all' Mein Reich mit Mir für euch zum Lohne;

Denn ausgeronnen ist die Zeit, gebrochen ist die Macht,

Ich hab' in Meinem Herzen Meines Bruders wohl bedacht;

So freuet euch, die ihr nach Mir habt sehnsuchtsvoll verlanget,

Seht auf, wie hoch schon dort am Morgen Meine Sonne pranget!

 

[PsG.01_007,67] Der Vater, denkt - Der Vater hat das Lied an euch gerichtet,

Hat je ein solches, denket, suchet, auch ein Mensch gedichtet? -

Versucht, und prüfet euch, wie weit wohl euer Wissen reichet

Und eurer Hände Werk, versucht, ob's wohl dem Meinen gleichet?

Und so in diesem Lied' ihr wohl vernehmen werd't ein heil'ges Wehen,

Da denket, daß vor eurer Thüre große Dinge stehen.

 

[PsG.01_007,68] O laßt den Engel ja nicht unverrichtet von euch scheiden,

Und hört sein Rufen, wie zur Buße er euch mahnt bescheiden,

Und hört ihr Tauben, seht ihr Blinden Meinen großen Engel,

Johannes "das Gewissen" ist, euch zeigend eure Mängel;

Wer treu befolgen wird die Stimme seines inn'ren Rufers

In seines kahlen Lebensstromes starrer Sünden Ufers, -

 

[PsG.01_007,69] Verruchte Wüstensteppen werden Rosen gleich erblühen

Und statt der Wassertaufe, wird die Taufe Meiner Mühen

Sogleich erleuchten seines Irrsals höllenfinst're Pfade;

Und dann wird gleich erschauen er nach seiner Liebe Grade

Die große Wirkung überströmend denn aus Meiner Gnade,

Aus der geöffneten des neuen Bundes heil'ger Lade!

 

[PsG.01_007,70] Die Lade war versiegelt bis zur heut'gen Lebensstunde,

Es half vorhin kein Rechnen auf der ganzen Weltenrunde,

Um zu erschließen, was Ich mir bis jetzt hab' vorbehalten.

Und - nun seht, wie die Wunder alle sich vor euch entfalten,

Wie dieses Alles nun geschieht durch Meiner Liebe Walten;

O Kinder, seht durch Mich in euch nun Alles neu gestalten!

 

[PsG.01_007,71] Und sagt und sprecht, woher so große Dinge mögen kommen?

Und habt doch einmal, so ihr Meine Liebe wahrgenommen,

So auch begriffen Meines heil'gen Geistes sanftes Wehen,

Und habt gesehen Meine Bäume voll im Safte stehen,

Dann Kinder, kniet nieder, freuet euch, und singet Alle,

Und auch ihr Völker in den Sternen, Meiner Gottheit Halle:

 

[PsG.01_007,72] "O großer, ew'ger heil'ger Vater! Ehre, Preis und Ruhm

Komm' Dir von uns entgegen rein aus Deinem Heiligthum,

In uns'rem Herzen hat es Dir gefallen einzunehmen

Für Dich, o großer Gott, die kleine Wohnung Deiner Liebe.

So segne denn dieß kleine Land und dessen heil'ge Triebe,

Und laß den Segen, so wie uns, auch Alle wohl vernehmen.

 

[PsG.01_007,73] "O mög' es Dir, Du bester Vater, wohlgefallen hier,

Damit Du bleiben möchtest da in uns denn für und für.

Wie gut bist Du, o Vater, wer könnt' Deine Lieb' ermessen,

Du kommst uns arme Sünder, statt ganz wohlverdient zu strafen,

Nur zu erquicken, und in uns die Herzen umzuschaffen,

Daher werd' nie von uns Dein heil'ger Name je vergessen!

 

[PsG.01_007,74] "O Vater! Heil'ger Vater, höre unser kindlich Flehen,

Du lieber Vater Du, laß auch die Todten auferstehen!

Du weißt ja, lieber Vater, wer am Tod der Brüder schuldet!

Daher laß, bester Vater, wie bei uns Du ließ'st geschehen,

Auch dort, o liebevollster Vater! Gnad' für Recht ergehen!

Denn Du hast ja für sie so gut wie für uns All' geduldet." Amen.

 

Nachwort.

 

[PsG.01_007,NW] Da habt ihr nun "den Engel", wie er leibt und lebt in euch und außer euch, in Mir und außer Mir; höret allezeit seine Stimme in euch; denn zuvor Ich komme, kommt allezeit Mein Johannes mit der Zuchtruthe in der Hand, und einer sehr scharfen Stimme in der Brust, "wie die Stimme des großen Predigers in der Wüste"; - aber habt ihr euch bekehret durch eine wahre und ernste Buße, dann erst folgt das große Abendmahl vor dem großen Tage der Erlösung, und endlich die Auferstehung von dem Tode.

 

Amen, das sagt euer liebevollster heiliger Vater! Amen, Amen, Amen!

(Offbg. 19,9. Luk. 20, 35 - 38, Daniel 12, 2 - 13.)

 

[PsG.01_007,NW] NB. Ferner sehe man die gedehnten hieherbezüglichen, fast jeden der 73 Verse dieses "Engels" bekrittelnden Extranoten nach, unter dem Titel Nachbemerkungen zum Engel I - III, am Schlusse dieser Abtheilung.

 

 

8. Hohes Lied des Meduhed.

 

(Aus Nr. 1: "Haushaltung Gottes.")

 

[PsG.01_008,01] Höret wohl, ihr alle späten Kinder Meiner Gnade,

Höret, wie Ich euch zum großen Mahle Alle lade,

Kommet Alle treuen Herzens her in Meine Mitte,

Lobet fröhlich Alle Meinen Namen nach der Sitte,

Welche Meduhed gar fromm und treulich euch gelehret,

Da als Erster er nach Mir im Herzen hat begehret. -

 

[PsG.01_008,02] Sehet Alle auf sein Beispiel reinen guten Sinnes,

Sehet seine Augen, Mund und Ohren, und des Kinnes

Sanften weißen Bart, als frommer, weiser Rede Zeichen,

Seht in allem Diesen sollt ihr All' ihm vollends gleichen,

Wollt ihr später Meine lieben treuen Kinder werden,

Ganz befreit von allen Uebeln böser Schlagenheerden.

 

[PsG.01_008,03] Seht, Ich werde bald die Erde rein von Gräueln waschen,

Sünder werden da umsonst nach Meiner Liebe haschen!

So ihr aber fromm und treu im Herzen werdet bleiben,

Werd' Ich schonend euch vorüber Meine Fluthen treiben,

Euch verbergen wohl auf dieser Erde hohen Landen,

So Ich Meinen Zorn werd' lösen von den schweren Banden.

 

[PsG.01_008,04] Seht, da werden heulen auf der Erde all' Geschlechter! -

Hört, da wird verstummen all' der Großen Hohngelächter!

Und der Wässer hohe Fluthen rauschend über Berge

Werden tragen wen'ge Kinder Meiner Liebe Zwerge!

Die da sind geworden klein, wie Kinder einer Mücke,

Weil die Liebe hinkend war und ging auf einer Krücke. -

 

[PsG.01_008,05] Seht empor zu Meiner Himmel lichterfüllten Räumen,

Seht zu Meinen Sternen, Meiner Gnade Strahlensäumen,

Seht die Sonne still erleuchten dieser Erde Fluren,

Seht den Mond die Erd' geleiten ohne alles Murren,

Seht, wie all' die Welten still gehorchen Meinem Willen:

Nun - so thut auch ihr all' eure Werke stets im Stillen!

 

[PsG.01_008,06] Wollt ihr wissen, was wohl diese Sterne sind für Wesen?

Hört! Ich sag': Die Lieb' wird euch genau die Frage lösen.

Wenn die Liebe rein im Herzen sein wird ohne Makel,

Werd' Ich geben euch zur Leuchte Meiner Gnade Fackel;

Dann wird Jeder lesen leicht in heller Flammen Zügen

Eine große Schrift des Namens Gottes ohne Trügen! -

 

[PsG.01_008,07] O du kleines Herz, in einer engen Brust geschlossen,

Kenntest du den Quell, aus dem du bist so groß entsprossen,

O du würdest nimmer fragen nach den todten Massen,

Ja du würdest sie ganz unbekümmert schweben lassen,

Da der Schöpfer aller dieser nicht'gen Dinge

Gegen einem Herzen - liebend Selbst an selbem hinge. -

 

[PsG.01_008,08] Was ihr schwachen Menschenkinder oft für Großes wähnet,

O wie klein doch wird von Meiner Liebe das benennet!

O wie gar nichts sind die Dinge in den weiten Räumen,

Wie auch Menschen, deren Herz nicht aus Liebe keimen;

Haltet darum nichts für groß, als Meiner Liebe Treue,

Und was ihr am nächsten kommt: des Sünders wahre Reue!

 

[PsG.01_008,09] Ich allein bin groß, durch Meiner Liebe mächtig Walten,

Und ein freier Geist, der fest am Bande sich erhalten;

Aber Meiner Sonnen euch ganz unbekannte Bahnen,

Die euch so, wie Alles, nur an eure Schwäche mahne,

Was sind sie in Meiner Gottheit endlos großer Fülle?

Nichts als einer Milbe abgefall'nen leichte Hülle.

 

[PsG.01_008,10] Wenn zu aller Welten Mitte ihr da möchtet klimmen,

Und da hören aller Sfären raschen Fluges Stimmen,

Da ermessen aller Sonnen hellsten Lichtes Stärke,

Und begreifen aller Meiner Allmacht größten Werke,

Würdet ihr dann wohl euch Meiner großen Liebe nahen?

Nein, sag' Ich; in alle Zweifel würd't ihr euch da verjahen.

 

[PsG.01_008,11] Könntet ihr auch lenken dort des Himmels großen Wagen,

Und als große Geister schnell nach allen Sternen jagen,

Könnt't aus eurem Munde ihr auch helle Sonnen hauchen,

Ja, sie gleich der Meinen in des Meeres Fluthen tauchen;

So wär' alle eure Kraft, mit Meiner wohl verglichen,

Nichts als Sand und Staub an alten Lehm- und Steinebrüchen.

 

[PsG.01_008,12] Sehet hin gerade nach des Himmels blauem Bande,

Sehet über Wogen auch zum Meere fernen Rande;

Glaubt es Mir, Ich sag' es euch: es giebt dort keine Grenzen,

Wo bei Tag' die Sonne, Nachts der Sterne Unzahl glänzen,

Und des großen Meeres Fülle ist nicht zu vergleichen

Einem Tropfen nur in jener Sterne kleinsten Reichen.

 

[PsG.01_008,13] Seht daher auf Mich, den Großen, kleine Menschenschaaren,

Und des Wissens Zierde pflegt allein auf Mich zu sparen;

Meine Liebe suchet kreuz und quer in allen Enden,

Wo ihr immerhin auch mögt die Augen forschend senden;

Meines Namens Zeichen werdet überall ihr finden,

Aber laßt euch ja von nichts, als Meiner Lieb' nur binden.

 

[PsG.01_008,14] Frohe Botschaft wird von Mir euch selbst das Gras verkünden,

So ihr euch enthalten werd't von all' den Hanochs-Sünden;

Aber so ihr lieben werd't euch treu als wahre Bürder,

Und zu aller Wohl gebrauchen werdet eure Glieder,

Dann wird kommen eine große Gnad' zu euch von Oben,

Und euch liebvollst zeigen, wie ihr sollt den Vater loben!

 

[PsG.01_008,15] Und nun fallet hin zur Erde, eurer Sünden Mutter,

Schüttelt ab den Staub, der Schlange nichtig Todesfutter,

Dankt in eurem Herzen Mir, dem Retter, froh von Neuem,

Laßt die Mir geweihte Zeit euch niemals je gereuen;

Lasset allzeit Meiner Liebe Macht in euren Herzen schalten,

So wird einst der Gnade Licht euch Alle neu gestalten.

 

 

9. Die Träume.

 

Vorbemerkung (zum Folgenden).

 

(J.L's Bitte. Am 7. Januar 1841.)

 

[PsG.01_009,VW.01] O Du mein allerbester, allerliebster Herr Jesus, so Dein heiligster Wille es wäre, möchtest Du mir denn nicht gnädig anzeigen, was denn doch eigentlich die Träume sind, und was man davon halten solle, denn gar oft hat der Mensch bedeutende, und oft auch wenigstens unbedeutend scheinende Träume; und wenn man nicht weiß, wie, wann, was und wodurch und warum, so würdigt man vielleicht einseitig diese Erscheinung gar nicht oder zu wenig, oder oft leichtlich zu viel; -

[PsG.01_009,VW.02] Daher, o Du allerbester, allerliebster Herr Jesus, möchtest mir armen Sünder anzeigen und darinnen das rechte Verständnis! Nehme aber ja nicht ungnädig auf diese vielleicht zu vorwitzige Frage; denn Dein Wille bleibe allzeit heilig, heilig, heilig, und über Alles Deine Macht und Stärke; daher geschehe nur Dein Wille, denn ich möchte lieber ewig nichts wissen, als etwas, so da nicht wäre nach Deinem allerheiligsten Willen, Amen, nur in Deinem heiligsten Namen. Amen.

 

So schreibe:

 

 

[PsG.01_009,01] Wenn noch das Kind im Mutterleibe ruhig sauget

Des Blutes Säfte, da für Solch's nichts And'res tauget,

Da saugt deß Seele auch schon himmelsreine Lüfte

Und waidet sich ihr Geist auf Meiner Gnadentrifte.

Und das der Leib dem Mutterleibe hat entnommen,

Und was daselbst in Geist und Seele ist gekommen,

Das bildet sich hernach im weltlich Außenleben,

So ihm im Mutterleibe war von Mir gegeben.

 

[PsG.01_009,02] So aber du der finst'ren Kammer Lichtgebilde

Da schauest, Bäume, Häuser, Wesen und Gefilde,

So Solches in der Kammer nirgends ist zu finden;

Nun sieh', das ist, worauf sich alle Träume gründen.

So sieht der Leib durch's Auge nichts als seines Gleichen,

Da seinem Lichte all' der Seele Bilder weichen;

Und wenn der Körper schlafend finster ist geworden,

So sieht die Seele ihres Gleichen dann in Horden.

 

[PsG.01_009,03] Wenn aber auch die Seel' zur Ruh' sich hat begeben,

Und so dem Geist' anheim gestellet wird das Streben,

Wie auch das Regen in des eig'nen Lichtes Sfären,

Da kann der Geist dann auch zum Geistigen sich kehren;

Und was der Geist geschauet hat im Vaterhause,

Das kann die Seel' gewahren auch in ihrer Klause.

Und wenn der Leib dann wach geworden ist vom Schlafe,

Gewahrt er öfter noch des Geistes Gnad' und Strafe.

 

[PsG.01_009,04] Doch ist bei Menschen, die ein weltlich Leben führen,

Von reinen Geistesträumen nie gar viel zu spüren.

Da träumt die Seele nur der Welt entnomm'ne Dinge

Und meist, daran das Herz am Tage leidlich hinge;

Und da sind solche leere, bunte Seelenträume

Wohl nichts, als was da sich des faulen Wassers Schäume.

Nur wenn der kranken Seele sich oft Bilder zeigen,

Sind manchmal sie zu rütteln und zu ängsten eigen.

 

[PsG.01_009,05] Und es sind solcher Träume fähig selbst die Thiere,

Und heller oft, obschon entlehnt dem Nachtreviere.

Doch solcher Träume Sinn ist stets nur wüst' und öde,

Voll Trug und Arg, und demnach jede Deutung schnöde;

Nur wenn die Träume euren Erdensinn verwirren

Und euch auf kurz in Meiner Gnade Reich entführen,

Dann sollt ihr merken solche Träume euch hienieden,

Und fassen sie in's Herz zu eurer Seele Frieden.

 

[PsG.01_009,06] Denn wann ihr träumet so von eitlen Erdendingen,

So ist das nichts, als was euch eure Wünsche bringen,

Und was am Tage euch begehret hat im Herzen,

Das wird gar los' im Schlaf mit eurer Seele scherzen,

Und wenn ihr oft am Tage Meiner habt bedenket

Und alles Thun und Trachten stets zu Mir gelenket,

Dann wird, wenn Leib und Seel' sich hat zur Ruh' begeben,

Dem Geist auf kurze Zeit im Himmel Kost gegeben.

 

[PsG.01_009,07] Nun merket das zum Schlusse noch, ihr wen'gen Treuen,

Die rechten Träume werden stets euch wohl erfreuen.

Nur wenn die Seel' im Schwanken sich befind't auf Erden,

So wird die Himmelskost euch manchmal bitter werden;

Denn wer noch nicht durch Liebesfeuer ist gegangen,

Dem möcht' vor solcher Feuerskost ein wenig bangen.

Doch wer da denket: Einmal muß ich's doch empfangen,

Der wird nicht schwer zu Meinem Gnadenweg gelangen.

 

Nachwort hiezu.

 

[PsG.01_009,NW] Dieses Wenige wohl überdacht wird vorderhand genügen zu wissen, was du wissen möchtest, doch ist in Träumen nichts Verdienstliches, noch etwas Sträfliches, und sind die guten und echten eine freie Hinzugabe ohne alle Rechnung; wer darnach sich kehrt, der thut wohl; doch wer da lebet Meiner Offenbarung treu gemäß, der thut besser, denn die Träume gebe ich nur Meinen tauben Liebhabern; doch wem des Herzens geistige Ohren sind durch das Feuer der Liebe aufgethaut und geöffnet worden, der höre nur recht fleißig in sich Mein lebendiges Wort predigen, durch welches allein er nur zum Leben gelangen wird. - Was aber die Wesenheit der Träume sonderheitlich anbelanget, so wird ihrer bei der Enthüllung des Menschen schon ohnehin ausführlich erwähnt werden; zuerst kommt das Kleine, dann das Große, und endlich das Allergrößte, Amen. Das sage Ich, der da angerufen wurde. Amen, Amen, Amen.

 

 

10. Sodom und Gomorrha.

 

[PsG.01_010,01] Dahin die alte Sage lautet von dem todten Meere,

Daß Sodom und Gomorrha einstens dort geständen wäre.

Die Sage lautet treu und wahr, und zeigt des Lasters Stätte,

Sie ist ein dumpfes Ferngeklirr von Meines Feindes Kette.

Doch, was die todte Fluth auch immer da verschlungen hatte,

Was Nichtig's ist in Meiner Weisheit freiem tiefen Rathe

Dagegen, wo das Licht des Heils getödtet ist geworden

Von Meines Volkes racherfüllten bösen blinden Horden!

 

[PsG.01_010,02] Es gehet Sodom und Gomorrha ganz erträglich immer,

Es ruh'n da unter todten Fluthen taub des Lasters Trümmer;

Es taucht da keine Stimme mehr empor, die lang' verklungen,

Als daß ein kleines Lied darob von Mose ward gesungen.

Doch an der höchsten Greuelthaten gift'ger wüster Stelle,

Da soll nicht spielen gleich ob Sodom eine laue Welle,

Da solle über Zions Trümmern und deß alten Mauern

Noch manches Volk den alten Frevel tief und hart betrauern.

 

[PsG.01_010,03] Habt ihr denn nicht vernommen, das der treue Zeug' gesprochen,

Wie lang' und hart da werden soll das Judenthum gerochen;

Seht, so ein alter Feuerspeier einstens wüst entbrannte

Und da so manches Unheil über Feld und Fluren bahnte,

Da sehet hin, wie kahl und wesenleer deß Zinnen klaffen,

Als wäre nie geworden da ein Gräschen nur erschaffen,

Und so wüst, - wie könnte, da Mein größter Feind gelegen,

Wohl walten Meine Gnad' und Liebe und ihr großer Segen!

 

[PsG.01_010,04] Zu Sodom und Gomorrha ward das Laster voll begraben,

Die Zahl war groß, und vollends reif die Ausgeburt der Raben,

Es gab des Aases nicht so viel, um all' die Brut zu nähren,

Daher war besser da, der Brut den Untergang zu g'währen.

Doch da dereinst Mein auserwähltes Volk Mich schnöd' verhöhnte,

Und Mich zum Spott als einen König mit den Dornen krönte,

Seht, dieser Spott, die Dornen, so wie all' die Vorkreuzleiden

Sind hier der Grund, daß diese Stell' verwüstet wird von Heiden.

 

[PsG.01_010,05] O wär zu Sodom das gescheh'n, was Zion widerfahren,

Die Raben würden heute dankbar noch durch Lüfte fahren,

Gomorrha säß' als Königin der Erde Mir von Treue,

und Thäte Buße noch, und übte ob des Lasters, Reue.

Doch Mein erwähltes Volk, das will sich nimmerdar bekehren,

Und pflegt nur Laster aller Art in sich zu mehren;

O hört, da soll an dieses Vulkans heißer Lagerstätte

Noch lange klirren um die Völker Muslems Sklavenkette!

 

 

Nachwörtlein hiezu.

 

[PsG.01_010,NW]

Wenn der Jud' sich wird bekehren,

Mich als seinen Gott wird ehren,

Werd' Ich Zion ihm bescheeren,

Werd' dem Feinde es verwehren,

Sich von Meinem Volk zu nähren;

Seine Macht werd' Ich bethören,

Seine Städte all' zerstören,

Meinem Volk werd' Ich gewähren

Jede Bitte - jed's Begehren,

So es Meine Stimm' wird hören;

Doch bis dieses nicht geschehen,

Wird dem Land kein Heil erstehen.

Amen! - das sollt ihr verstehen,

Amen! nicht den Sinn verdrehen.

Amen, hört die Winde wehen,

Amen, große Ding' zu sehen!

 

 

11. Poesie des Himmels.

 

Vorwort (zum Folgenden).

 

Empfangen durch Jakob Lorber, Graz, 9. Juni 1840.

 

[PsG.01_011,VW.01] Das ist ein gutes Nebenwort an den Geheimschreiber des Landes (K. R. v. L. + stey. Stände-Sekretär) blinder Würde und stummer Macht, die da ist gefestet in der albernen Einbildung der blinden Vorzüglichkeit einiger dummer Müßiggänger, die "Stände" genannt werden, und sich besser dünken als Andere, da sie das Recht, Narren zu sein, urschriftlich in Händen haben, von einem herrschsüchtigen Monarchen, für den sie zum Heile der eigenen Haut wegen, vorgeblich aber aus Vaterlandsliebe und außerordentlicher Anhänglichkeit an dessen gesalbte Person, irgend einen pfiffigen Streich ausgeführt haben, durch die tüchtigen Fäuste meistens ihrer Knechte, Knappen oder Sklaven, die da Soldaten heißen.

 

[PsG.01_011,VW.02] Da dieser C. G. L. auch ist ein Dichter nach der besten menschlichen Weise, und hat ein wohlbereitetes Herz, und ist ein Mann voll guten Willens gegen Mich, und Freude hat an Meiner Liebe, und ein großer Freund ist Meiner Weisheit, und sehr fröhlich ist, so er hört Mein neues Wort, und liest Mein altes; so will Ich ihm zeigen die Poesie des Himmels, welche ist eine Umgangssprache daselbst und lautet, wie da folgt ein kleines Beispiel:

 

 

[PsG.01_011,01]

 

In der Himmel reinen weiten Kreisen,

Nach der Engel liebevollen Weisen,

Singen alle übersel'gen Brüder

Reine, Mir allein geweihte Lieder. -

 

[PsG.01_011,02]

 

Erstens singen sie von Meiner Liebe,

Aus des Herzens reinstem heil'gen Triebe,

Dann erbrennen sie in höchster Wonne,

So sie sehen Mich als Gnadensonne.

 

[PsG.01_011,03]

 

Ud wenn deren reinste Lichtesfülle

Ganz durchleutet ihres Geistes Hülle,

Dann durchschauen sie in schönsten Normen

Zahllos Meiner Liebe Wunderformen. -

 

[PsG.01_011,04]

 

Wonne drängt da in die Herzen,

Rich an wohlbekannten süßen Schmerzen,

Welche sind des Himmels höchste Gaben,

Da sie wonnemüde Engel laben. -

 

[PsG.01_011,05]

 

Wenn dann überselig sie geworden,

Sammeln rein sie sich in fromme Horden,

Dann ertönt ein Lied aus aller Munde,

Das Ich hier euch sag' zur treuen Kunde.

 

[PsG.01_011,06]

 

"Vater!" singen sie ganz liebetrunken,

"Vater!" singen sie in Mich versunken

"Vater!" ist das Wort auf jeder Zunge,

"Vater!" ist der Hauch aus jeder Lunge.

 

[PsG.01_011,07]

 

"Groß ist Deine Macht und groß die Ehre,

"Zahllos Deiner Liebeschöpfung Heere,

"Ungemessen Deiner Wege Tiefe,

"Unbegreiflich Deiner Allmacht Griffe.

 

[PsG.01_011,08]

 

"Wer hat je geschaut der Gottheit Augen?

"Wer kennet all' der Wesen weises Taugen?

"Wo ist wohl ein so verständig Wesen,

"Das da könnt' die Schrift der Wunder lesen?

 

[PsG.01_011,09]

 

"Sehet hin in niegeahnte Tiefen,

"Wie sie voll von neuen Wundern triefen.

"Sehet dort des Vaters Liebe walten,

"Sehet Seine Weisheit sich entfalten.

 

[PsG.01_011,10]

 

"Seht hinab zur Hölle, seht die Todten,

"Seht dahin, die Menge guter Boten

"Tragen frohe Kund' in ihren Händen,

"Um auch dort Verlorne zu vollenden."

 

[PsG.01_011,11]

 

Und wenn sie sonach betrachtet haben

Meiner Liebe große Wundergaben,

Meiner Weisheit heilge Gnadenspenden,

Ja zur Hölle selbst die Engel senden;

 

[PsG.01_011,12]

 

Dann entbrennen sie in Lieb' von Neuem,

Daß darob selbst Sonnen sich erfreuen,

Und dann heller leuchten in die Welten,

Was auch heit're schöne Tage melden.

 

[PsG.01_011,13]

 

Dann ergießen sich durch alle Kehlen

Einer Simme süßen Klanges Wellen,

Lautend bald wie großer Wasser Rauschen,

Bald, als wenn die Winde sich durchtauschen.

 

[PsG.01_011,14]

 

Singend so nach dieser schönen Weise,

Sagend Mir die kleine Stroph' zum Preise:

"Lieber Vater! sieh' in Deiner Gnade

"Auch der armen Brüder dunkle Pfade.

 

[PsG.01_011,15]

 

"Sieh' hinab der Erde Kinder wallen,

"Hör', o Vater, ihre Klagen schallen.

"O befreie diese schwachen Brüder

"Von der grausam bösen gift'gen Hyder!

 

[PsG.01_011,16]

 

"Vater! mache auch der Schlange Kinder,

"Ja, so möglich, selbst den Erzerfinder

"Alles Trugs und Fürsten aller Lügen,

"Sich bescheiden Deiner Allmacht fügen!

 

[PsG.01_011,17]

 

"Und so nur Dein Wille uns beschiede,

"Was da nöthig, daß der heil'ge Friede

"In der Welten Tiefe mög' erstehen,

"Vater, laß geschehen, das wir flehen!

 

[PsG.01_011,18]

 

"So sind wir bereit zu dienen allen

"Brüdern auf dem finst'ren Erdenballen;

"O erhöre unser, kindlich Flehen,

"Laß die Todten gnädig auferstehen!"

 

[PsG.01_011,19]

 

Seht, das sind die reinen frommen Weisen,

Wie ihr sollt den heilgen Vater preisen,

Schauen Seiner Allmacht große Werke,

Loben Seiner Liebe heil'ge Stärke.

 

[PsG.01_011,20]

 

So wird euer Treiben, Thun und Dichten

Euch so manche große Zweifel lichten;

Wann ihr aber thut nach eurer Weise,

Bleibt ihr Narren, selbst als hohe Greise.

 

[PsG.01_011,21]

 

Wenn nun alt geworden sind die Bäume

Und ganz leer des Lebens heit're Räume,

Dann ist's wohl zu spät, erst auszugleichen

Krummgemachtes aus der Jugend Streichen.

 

Nachwort.

 

(An K. L., durch den Knecht Jakob Lorber, Graz, 9. Juni 1840.)

 

[PsG.01_011,NW.01] Und sieh', Mein lieber Karl, Ich habe eine große Liebe zu dir, da du suchest Meinen Namen eifrig zu reinigen und zu verherrlichen in deinem Herzen; aber etwas habe Ich wider dich (Off. 2, 14), das da ist, daß dich noch erbauen Reden menschlicher Weisheit; denn siehe: der Geist (nur) erbauet den Geist, die Liebe - die Liebe, der Mensch - den Menschen, so auch die Welt - die Welt, wie ein Flitter den andern; so du aber nun geschaut hast in Meine Tiefen, so laß das überseichte Zeug der Welt, daran Nichts als unreife Tollkirschen hängen, die da kein nütze sind.

 

[PsG.01_011,NW.02] Ich sage dir, thue nur, das Ich dir rathe; denn Ich bin schon sehr nahe gekommen deinem Herzen; und so du glaubest und willst, sollst auch du Mir bald ein tüchtig Rüstzeug werden, und schauen selbst nie geahnte Tiefen, die Ich legen will in dein eigen Herz.

 

[PsG.01_011,NW.03] Dann erst wirst du ein wahrer Dichter werden, und ein Mann nach Meinem Herzen! Amen. Ich dein lieber Jesus, Amen!

 

 

12. Zur Eingeburt.

 

Am 3. November 1840.

 

Ein gar kurzes Wörtlein zum Tage der Eingeburt des C. L., nicht als er ist ein Diener der Welt, sondern als er ist ein Weinzierl Meines Weinberges, damit er wisse, daß Ich allezeit seiner gedenke; und so sei dieses kurze Wörtel folgendes:

 

[PsG.01_012,01]

 

Beharrlichkeit und Unerschrockenheit

In Liebe- freuen Mich in Ewigkeit.

Daher auch thue du, was dir beschieden,

Ganz unerschrocken liebetreu hienieden;

 

[PsG.01_012,02]

 

So wirst du auch dereinst Mein Ritter werden

Und zwar ein and'rer, als dahier auf Erden. -

So Jemand wahrhaft liebt, ist dreist und keck

In seinem Trachten und erreicht den Zweck;

 

[PsG.01_012,03]

 

Dazu wenn noch beharrlich er verbleibet,

Auch alle Hindernisse leicht vertreibet;

Denn wahre Liebe läßt sich niemals spotten,

Sie bietet leichten Trutz all' den Geboten! -

 

[PsG.01_012,04]

 

So mach's auch du, Mein lieber Weinzierl Mein,

Und pfleg' den Stock und zeug' Mir guten Wein,

So wirst auch du der Liebe Sieg entbinden,

Und dich auch bald in Meiner Gnade finden;

 

[PsG.01_012,05]

 

Ist dir bisher auch dunkel manche Stelle,

So sei getrost, du steht gar nah' der Schwelle,

An der dir, so wie Vielen, wird gelingen,

Gar bald in's Gnadenflammen-Meer zu dringen! -

 

[PsG.01_012,06]

 

Nur muß't dich niemal bangend trüge sorgen

Wenn trüb' die Nacht, - doch folgt ein heitr'er Morgen! -

So giebt's auch manche Dinge, wohlbegriffen,

Ja, so du steigest über Felsgeriffen,

 

[PsG.01_012,07]

 

Die viele Mühe kosten, sie zu klären,

Und Schweiß, den Schaukreis sich zu mehren;

Doch wer beharrlich denkt, beharrlich steigt,

Vor dem auch bald sich Cimborasso beugt! -

 

[PsG.01_012,08]

 

Das sagt dir, Den du mehr und mehr wirst kennen,

So du von Ihm wirst hören Amen nennen! -

Das sag' Ich Vater heilig, dir zum Namen,

Und sage allzeit Amen, Amen, Amen. -

 

 

13. Ein Gebet für Jeden, wann er fällt, wankt oder zweifelt.

 

[PsG.01_013,01]

 

Sieh', o Vater, meine Schwächen,

Sieh', wie mich die Zweifel stechen,

Hilf mir überschwachem Armen,

Hab' mit meinem Geist Erbarmen;

Denn ich steck' in großer Noth,

Steck' in aller Sünd und Tod

 

[PsG.01_013,02]

 

Will ich einsam zu Dir beten,

Dir vortragen meine Nöthen,

Da werd' ich bald schlaff und träge

Auf des Geistes Lebensstege:

Sieh', ich steck' in großer Noth,

Steck' in aller Sünd' und Tod! -

 

[PsG.01_013,03]

 

Wann zu Dir ich "Vater" rufe

Von den Lebens finst'rer Stufe,

Da werd' ich vom Schlaf gemahnet,

Der zum Fall den Weg mir bahnet;

O, ich steck' in großer Noth,

Steck' in aller Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,04]

 

Wenn ich sehe einen Armen

Und hab' bald mit ihm Erbarmen,

Da wird karg die Gab' bemessen,

Manchmal sein auch ganz vergessen;

Sieh', ich steck' in großer Not,

Steck' in aller Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,05]

 

Wenn das Aug' zur Welt ich drehe,

Und da Deine Werk' besehe,

Da auch späht des Fleisches Auge

Darnach, was ihm sinnlich tauge;

O wie groß ist meine Noth

Und wie hart die Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,06]

 

Manchmal möcht' ich Weises hören.

Möcht' mein Herz nach Dir nur kehren,

Da fängt bald mir an zu bangen

Und nach Weltlichem verlangen;

O, wie groß ist meine Noth,

Und wie hart die Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,07]

 

Will zu Dir ich mich erheben,

Um nach Deiner Lieb' zu streben,

Dann kommt schon auch - ungebeten

So ein Gast in Krankheitsketten;

O, ich steck' in großer Noth,

Steck' in aller Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,08]

 

Wenn ich Abends schlafen gehe,

Oder Morgens früh aufstehe,

Um mit Dir mich zu gefassen,

Mich sobald die Sinn' verlassen,

Dann steck' ich wie stumm und todt

In den Lebens trübster Noth!

 

[PsG.01_013,09]

 

Will ich segnen, die ich liebe,

Da wird oft ums Herz mir trübe,

Daß ich dann vor lauter Schwäche

Kaum des Segens Wort ausspreche;

Sieh' doch Vater meine Noth,

Wie ich steck' in Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,10]

 

Wenn ich manchmal fröhlich merke,

Daß mich Dein Erbarmen stärke,

Dann auch merk' zur andern Seite,

Wie ich bin der Sünde Beute;

Vater! Sieh' mich in der Noth,

Mach' mich frei von Sünd' und Tod!

 

[PsG.01_013,11]

 

Laß doch einmal mich besiegen

Alle Sünd' und all' ihr Trügen,

Laß im Geiste mich erstehen,

Und von Deiner Kraft durchwehen;

Nimm von mir die große Noth,

Nimm von mir die Sünd' und Tod!

 

14. An den Herrn.

 

[PsG.01_014,01]

 

Lieber Jesus, allzeit mein,

Laß mich Deines Herzens sein,

Laß mich Deiner Lieb' mich freu'n,

Nur Du Liebe nenn' mich Dein!

 

[PsG.01_014,02]

 

"Mußt' wohl Meiner Liebe trau'n

Und auf Meine Treue bau'n *)

Suchen nicht in andern Gau'n **),

Stet auf Meine Lieb' nur schau'n!

 

[PsG.01_014,03]

 

"Blick' mit Mir nur himmelwärts ***),

Achte nicht der Gauner Scherz +)." -

Schenke mir Dein reines Herz,

Lind're meiner Sehnsucht Schmerz!

 

[PsG.01_014,04]

 

Reiche mir als treues Pfand,

Liebster Freund Du, Deine Hand,

Reich' zu binden mir das Band,

Liebe Dir für's bess're Land!

 

[PsG.01_014,05]

 

Ob ich reich bin oder arm,

Schlägt mein Herz für Dich doch warm;

Darum meiner Dich erbarm',

Schließe mich in Deine Arm'!

 

[PsG.01_014,06]

 

War wohl je der Bettelstab

Reinster Liebe Todes-Grab? -

D'rum sieh' stets auf mich herab,

Und mit Liebe mich erlab'.

 

[PsG.01_014,07]

 

Sieh', o holder Jesus, mich,

Sieh', wie heiß ich liebe Dich

So von Herzen inniglich

Jetzt und fürder ewiglich! -

 

[PsG.01_014,08]

 

Darum spare nicht den Bund

Reinster Lieb' auf and're Stund',

Gebe treu sobald mir kund,

Daß mich liebst, aus Deinem Mund!

 

[PsG.01_014,09]

 

Zög're nicht zu sagen mir,

Daß mich treulich liebest hier;

Denn ich sage wahrlich Dir,

Lang' schon lieb' ich Dich dafür!

 

[PsG.01_014,10]

 

Sei nicht sparsam mit dem Wort,

Stammst mit mir vom selben Ort,

Stehest vor derselben Pfort',

Bautest auf derselben Hort!

 

[PsG.01_014,11]

 

Vater Dein auch Vater mein,

Darum sollst mir treulich sein

Geh' mit mir in Liebe ein,

Mir mein liebend Herz erfreu'n.

 

[PsG.01_014,12]

 

Jesus, Du kannst zaudern noch?

Schmähst denn nun der Liebe Joch?

Oder bist Du gar so hoch? -

Sag`herein doch, wenn ich poch'!

 

[PsG.01_014,13]

 

O Du winkst zu warten mir,

Wahrlich, muß ich sagen Dir,

Lang', gar lang' schon wart' ich hier,

Ja mein halbes Leben schier!

 

[PsG.01_014,14]

 

Darum, Jesus, hör' mich bald,

Eh' ich noch werd' schwach und alt

Klein-gefurcht und ungestalt't,

Wie in meiner Liebe kalt.

 

[PsG.01_014,15]

 

Liebster Jesus, allzeit mein,

Laß mich Deines Herzens sein,

Laß nach Deiner Lieb' mich frei'n,

Nur Du Jesus nenn' mich Dein.

 

*) Heilige Höhen Gottes; **) der Erde; ***) aus der Liebe des Geistes im Herzen; +) böse Geister im Menschen.

 

[PsG.01_014,16]

 

Eigentlich sollte statt Jesus "Brüder" gesetzt sein, und statt dir Ich, der HErr, so wirst du hören, wenn Ich dir beständig zurufe, Mich zu lieben. Amen!

 

 

15. Postulatum von der Höhe.

 

[PsG.01_015,01]

 

Diese fünfzehn Verselein

Zeigen dir gar klein und fein,

Wie Liebe soll beschaffen sein,

Willst du geh'n in's Leben ein!

 

[PsG.01_015,02]

 

Mußt mit Mir um Liebe zanken,

Nie in deiner Treue wanken,

Trag'n Mich in all'n Gedanken,

Und um's Kreuz dich liebend ranken.

 

[PsG.01_015,03]

 

Dann werd' Ich schon sagen "Amen",

Dir verkündend Meinen Namen,

Sei'n mit dir in Eins beisammen,

Als dein Jesus ewig. Amen.

 

 

16. Des Menschen lebendige Pflicht.

 

[PsG.01_016,01]

 

Was weilt ihr am Wege?

So müßig und träge

Zur Arbeit und Müh'!

Wer bloß da nur sinnet,

Doch nimmer beginnet,

Der endet auch nie. -

 

[PsG.01_016,02]

 

Beiseits mit dem Zaudern,

Granz weg mit dem Plaudern

Vom Thatengefühl!

Denn nicht durch's Empfinden,

Durch's Handeln nur finden

Wir einmal das Ziel. -

 

[PsG.01_016,03]

 

Ist sehr auch zu lehren

Nur Tugend zu ehren,

Die Sünde zu fliehen;

Doch hehrer, wenn Saaten

Schon reifender Thaten

Den Handler umblüh'n!

 

[PsG.01_016,04]

 

So Freude mit Segen

Auf düsteren Wegen

Die Reise verkürzt,

Und Tugend, im Kleide

Der Unschuld, die Freude

Vielfältig ihm würzt.

 

[PsG.01_016,05]

 

Ihr sollt das ihr schwören *),

Sie stets so zu ehren

Durch Thaten und Sinn;

Sie fest zu umfassen,

Sie nimmer zu lassen

Um keinen Gewinn **).

 

[PsG.01_016,06]

 

Vollendete blicken

Herab mit Entzücken

Auf solchen Entschluß,

Zu größeren Werken

Die Thät'gen zu stärken

Mit himmlichem Kuß!

 

[PsG.01_016,07]

 

Auf, Hände in Hände!

Und wollet behende,

Zu enden den Lauf,

Dann nehmen die Gatten

Der Himmel euch Matten,

Vollendeten auf.

Was nützt euch das Reden

Auf Kanzeln und Böden

In Kirche und Schul'?

Nur Eins ist vonnöthen:

Durch Thaten zu beten,

All's And're ist null!

 

[PsG.01_016,08]

 

Die Trägheit nur sinnet

Und nimmer beginnet

Zu führen die That;

Ohn' Suchen will finden

Sie, Leben ergründen,

Das nimmer sie hat! -

 

[PsG.01_016,09]

 

D'rum auf und behende,

Gebrauchet eure Hände

Zu säen die Saat,

Dann werdet ihr's merken,

Wie Gott euch wird stärken

Für himmliche That! -

 

[PsG.01_016,10]

 

Das hat euch beschieden

Der Vater im Frieden,

D'rum wachet und thut,

Und denkt, daß durch's Schlafen

Und Bücher begaffen

Nicht kommet der Muth!

 

[PsG.01_016,11]

 

Der allzeit zu Thaten

Beseelet die matten

Bewohner der Welt,

Und machet den Schwachen

In all' seinen Sachen

Zum tapferen Held.

 

[PsG.01_016,12]

 

D'rum weilt nicht am Wege

So müßig und träge,

Zur Arbeit und Müh'!

Wer bloß nur da sinnet

und nimmer beginnet,

Der endet auch nie.

 

Sit bene notandum! Dixi Dominus. Amen.

 

*) der Jugend; **) der Welt.

 

 

17. Der Wille Gottes als Schlüssel zur Geisterwelt.

 

(Empfangen vom HErrn durch J. L. am 2. Sept. 1840, nachmittags.)

 

[PsG.01_017,VW] Höre! Du schriebest vor Jahr und Jahren ein kleines Gedicht unter dem Titel: Der Wille Gottes als Schlüssel zur Geisterwelt. Siehe, das ist ein rechtes Gedicht, und ist dir zwar nicht vorgesagt worden, wie es jetzt zu geschehen pflegt; aber Ich habe es dir ins Herz gelegt von Wort zu Wort, und es ist nicht ein Buchstabe von dir, sondern von Mir; daher sollst du es auch nicht als dein Werk betrachten, sondern sollst selbes Mir wieder geben, und Ich werde die Worte wieder beleben, und es wird eine große Kraft aus ihnen an Alle übergehen; würdest du sie aber als dein Werk betrachten, dann werden sie verderben wie ein gesundes Weizenkorn in schlechter Erde; daher gebe sie Mir zurück, und schreibe es wortgetreu hieher, und wie schon gesagt, es wird eine große Kraft in dasselbe gelegt werden, die ein Jeder alsobald empfinden wird, der es als eine große Gnadenspende von Mir betrachten, lesen und sich darnach kehren wird. Amen. Das sage Ich, der große Gnadenspender. Amen. Amen. Amen!

 

[PsG.01_017,01]

 

Gottes Wille

Ist so stille,

Daß ihn Viele überhören,

Und nur Jene, die begehren

Solchen zu vernehmen,

Werden nach und nach erkennen,

Daß sich Gottes Wille

Nur in Heil'ger Stille

Jenem treulich offenbaret,

Der mit Sehnsucht auf ihn harret.

 

[PsG.01_017,02]

 

Viele Brüder

Singen Lieder.

Das ist schon der Bessern Sitte;

Selten doch aus deren Mitte

Wird wohl Einem kaum gelingen,

In die Geisterwelt zu dringen.

Darum will Ich's wagen,

Euch den Weg zu sagen;

Doch auch Allen wohl verkünden:

Geisterwelt ist schwer zu finden.

 

[PsG.01_017,03]

 

Tief im Herzen,

Wo nicht Schmerzen,

Liegt die Geisterwelt verborgen.

Nur durch's Beten, Fasten, Sorgen

Für den Geist durch's ganze Leben

Könnt ihr diesen Schleier heben;

Dann wird offen werden

Jedem hier auf Erden,

Daß in euch die Geister wohnen,

Aller Monde, Erden, Sonnen.

 

[PsG.01_017,04]

 

Gott als Sonne

Ist die Wonne,

Haucht das Leben in die Wesen;

Doch der Geist nur kann es lesen,

Er allein kann Geister sehen,

Gottes Bild in sich erspähen.

Dringt in euch, ihr Alle

Auf dem Erdenballe! -

Leben nur wird Leben finden,

Tod die Seinen ewig binden! -

 

[PsG.01_017,05]

 

Keiner glaube,

Daß die Traube

Nur durch Sonnenkraft gedeihe.

Es bedarf da höh'rer Weihe,

Um dieß Räthsel zu ergründen;

Nur der Geist wird's euch verkünden;

Daß in allen Früchten

Geister, Geister richten,

Den Geschmack, Geruch gestalten,

Farbe selbst wird durch ihr Walten.

 

[PsG.01_017,06]

 

All' Gebilde,

Noch so milde,

Ist ein Werk der Geisterheere,

Sei's auf der Erd, in Luft, im Meere,

Ja in allen Schöpfungsräumen

Wohnen Geister in den Keimen, -

Sucht, ihr werdet's finden!

Ja in euch ergründen,

Welchen Weg die Geister gehen,

Wie sie Erden, Sonnen drehen. -

 

[PsG.01_017,07]

 

Nicht am Rande,

Löst die Bande,

Euren Geist dann zu befreien,

Und dem Tod das Leben weihen.

Sehet - ewig ist verloren,

Der im Geist nicht neugeboren;

Dieses kurze Leben

Muß die Zweifel heben.

Wollt ihr dieses sicher finden,

Müßt ihr früh den Geist ergründen.

 

[PsG.01_017,08]

 

All's Bewegen,

Alles Regen

Kommt von einem geist'gen Leben;

Ruhe selbst ist nur ein Streben

Zweier Kräfte nach Bewegung;

Kommt zu Einem eine Stärkung,

Muß die Schwäche weichen.

O ihr armen Reichen,

Geistig lahm und lebend Steifen

Könnt auch Das ihr nicht begreifen!?

 

[PsG.01_017,09]

 

Ihr wollt leben

Ohne Streben

Nach des Geistes-Lebens Himmel

Ewig so in eurem Tümmel!

Merkt denn: Nur die Kraft wird siegen

Und dem Tod nicht unterliegen;

Die da überwunden,

Ewig auch entschwunden

Aus der reinen Lebensphäre,

Ihr Besteh'n wird zur Chimäre.

 

[PsG.01_017,10]

 

O ihr Freunde

Der Gemeinde,

Die nach hellem Schauen ringet!

Wohl euch, Jedem, dem's gelinget

In die Geisterwelt zu dringen,

Wo die Engel Weisheit singen,

Wo kein Denken trüget,

Niemand euch belüget;

Wo der Geist im klarsten Schauen

Alles wird auf Liebe bauen. -

 

[PsG.01_017,11]

 

Auf zum Streite!

Ich's geleite

Jedem, der schon hat begonnen

Stark zu kämpfen, bald werd' kommen

Ich, ein starker Held zu richten

Diese Welt, und All's zu schlichten;

Was da krumm auf Erden

Muß gerade werden.

Berge werden alle weichen,

Und den Thälern völlig gleichen. -

 

[PsG.01_017,12] Nachwort hiezu: Nun hast du es Mir gegeben, und so gebe Ich auch Meinen Segen darauf, und so gesegnet gib es Meinen Freunden, und sie werden es alsogleich als die wahre Stimme des alleinig guten Hirten erkennen, Der Ich Selbst es bin, war und sein werde ewig. Amen. Das sage Ich, der alleinig gute Hirt. Amen. Amen. Amen.

 

 

18. Das Gefühl.

 

 

[PsG.01_018,01]

 

Im Gefühl ist's gelegen,

Was das Leben mag begreifen,

Und auf allen finst'ren Wegen

Mag das Licht allein nur reifen.

 

[PsG.01_018,02]

 

Wenn das Leben im Gefühle

Sich dir gibt getreu zur Kunde

Unter gläubig lichter Hülle,

Treu in jeder Zeit und Stunde,

 

[PsG.01_018,03]

 

Magst du reden, disputiren,

Was dir immer mag gefallen,

Magst dich geistig instruiren,

Was das Leben in den Allen;

 

[PsG.01_018,04]

 

Nimmer doch wirst du es finden,

Was in sich da ist das Leben.

Im Gefühl nur wird sich's künden,

Wie das Leben ist gegeben.

 

[PsG.01_018,05]

 

Darum - lebe im Gefühle!

Treu nach alter Lebenskunde,

So in aller Herzensstille

Auf dem öden Erdenrunde.

 

[PsG.01_018,06]

 

Dann lebst du ein wahres Leben,

Selbst ein Leben dir gestellet,

Treu und wahr von Gott gegeben,

Also auch von Ihm erwählet;

 

[PsG.01_018,07]

 

So denn fühlet sich das Wahre

Selbst als ein'ge Kraft hienieden,

Und einst über Zeit und Bahre

Reicht es dir den ew'gen Frieden!

 

Amen.

 

 

19. Der Schmerz.

 

(Empfangen vom HErrn durch J. L. am 4. Aug. 1841, nachmittags.)

 

[PsG.01_019,VW] Siehe, ein rechtes Thema und werth eines höheren Wortes, nehme dir nur die Mühle, du wirst schon im Herzen etwas finden, das da fein tönend den Schmerz besingen wird; denn Ich habe in selbes schon ein ausgearbeitetes Liedchen geleget; suche nur, und du wirdst es gar bald finden, und auch zugleich erkennen, woher es ist, und aus welcher Feder geflossen! -

 

[PsG.01_019,01]

 

Wild toset des Sturmes gar mächtiges Walten;

Der furchtsame Wand'rer wähnt - neu zu umstalten

Die Erde, der Orkane Macht ist gekommen! -

Er zittert darob, und wie wird er beklommen

Im Herzen durch's ahnende Schauen der Dinge,

Nicht anders, als wenn wahr die Erd' zu Grund' ginge! -

So auch der Mensch von dem Schmerze befallen,

Da sieht er sich schon in finsteren Hallen

Des Grabes! Doch nicht ist's also; denn im Wüthen

Des Schmerzes nur Engel euch treulich behüten

Vor Lüsten des Fleisches und and'ren Gefahren,

D'rum sollt ihr im Schmerz nicht zu ängstlich beharren!

 

[PsG.01_019,02]

 

Es brennt zwar der Schmerz gewaltig die Nerven,

Und tobet, als möcht' er die Muskeln zerkerfen,

Ergreift oft gewaltig erschütternd das Leben,

Daß darum nicht selben die Knochen erbeben.

Dann fängt der Mensch an im Herzen zu zagen,

Nicht selten auch über Mein Walten zu klagen;

Doch wie ist unklug da ein solches Benehmen

Und thöricht im Schmerze den Tod schon zu wähnen!

Der Schmerz ist als Feger von Mir euch gegeben;

Er läutert den Leib und die Seele vom Streben

Nach eitlen nichtigen irdischen Dingen,

Und hilft euch ein schmerzloses Leben erringen -

 

[PsG.01_019,03]

 

Im Schmerze schon wirst du ja weltlich geboren,

Wer hat durch den Schmerz noch etwas verloren?

Muß eh' nicht verwittert ein Stein gänzlich werden,

Durch allerlei drückende Lösungsbeschwerden,

Durch Feuer und Fluthen wird er abgenützet,

Und noch durch allartige Mächte geritzet,

Doch sage, verlieren dabei was die Steine,

Wenn sie dadurch werden zum Baue der Weine

Als fruchtbares Erdreich vom Leben durchdrungen,

Wann hätten sie das wohl als Stein sich errungen?

Und seht, also ihr auch die Schmerzen betrachtet,

Und sie als vom Leben durchdrungen beachtet! -

 

[PsG.01_019,04]

 

Wo irgend sich lässet ein Leben verspären,

Da pflegt vorher selbes das Todte zu rühren.

Dem schlafenden Tode will das nicht behagen;

Denn er ahnet noch nichts von lebendigen Tagen.

Doch hat mal das Leben den Tod erst gerüttelt,

Und ihm seine Naarheit zu Staube geschüttelt,

Alsdann fängt der Todte erst an zu verspüren

Die Wohlthat des Lebens und sein mächtiges Rühren.

Also auch der Schmerz-Engel Alle euch wecket

Vom Tode zum Leben, für euch unentdecket;

Doch einst in des ewigen Lebens Lichtsfären

Werd't ihr zu den Todten so liebend selbst kehren. *)

 

[PsG.01_019,05]

 

Je tobender euch wann die Schmerzen umfangem,

Zu leben auch stärker wird euer Verlangen;

Im Schmerze, da nehmt ihr zum Leben Arzneien,

Und um von deß Leiden euch selbst zu befreien

Die Mittel, sie helfen euch wohl einzuschlafen,

Doch wahre Gesundheit sie nimmer euch schaffen.

Ihr möchtet wohl klagen, daß so sich's verhaltet,

Daß keine Arznei euch zum Leben umstaltet.

Doch sparet die Klage; auf's Kreuz aber schauet,

Von da herab euch nur das Leben zuthauet.

Dieß schmerzliche Kreuz ist vom Leben durchdrungen;

Ich Selbst hab' am Kreuze euch Solches errungen! -

 

[PsG.01_019,06]

 

Ihr mög't euch zwar immer vom Schmerze befreien,

Durch heilsame Kräuter und gute Arzneien.

Doch denket zu Ende: Für Schmerzen gar letzen

Die Regen im Gärtchen kein Kräutlein mehr netzen.

Der letzte von allen den tobenden Schmerzen

Wird euch erst erwecken in euerem Herzen,

So euch nicht zuvor schon Mein Wort hätt' erwecket,

Und so statt des Schmerzes das Leben bezwecket;

Denn die noch Atome des Tod's in sich tragen,

Die können empor über Schmerzen nicht ragen.

Nur die aus der Liebe Geist wiedergeboren,

Die haben die Wecker vom Tode verloren! - **)

 

[PsG.01_019,07]

 

Doch suchet ihr euch vom Leid zu befreien,

So thut das durch Glauben mehr, denn durch Arzneien;

Seht, muß Ich die Kräuter für Euch denn nicht segnen

Und euch also heilend durch selbe begegnen?

Fürwahr, so ihr glaubt, Ich könnt' anders euch heilen

Ohn' Kräuter, ohn' Alles, möcht't ihr bei Mir weilen!

Doch so euch die Welt manchmal stark noch anziehet,

Und ihr ja berücket ihr eilig nachfliehet,

Da ist noch gefestet genug nicht der Glauben,

Und muß das erst werden durch schmerzliche Schrauben:

Da müßt ihr dann freilich zur Kräuterkur fliehen,

Denn gläubig möcht't ihr euch zu viel dann ermühen! -

 

[PsG.01_019,08]

 

O, haltet die Ordnung in weltlichen Dingen

Nach Essen und Trinken im Maß und Ziel ringen,

Und so auch, was weltlich, versteht es in Allen,

So werdet ihr selten vom Schmerze befallen.

Wenn feuchtende Winde die Lüfte durchziehen,

Dann ist es auch besser in's Trockne zu fliehen,

Und wenn sich die Mondzeichen ordentlich tauschen,

Sollt ihr euch nicht liebend im Weine berauschen.

So werdet der Schmerzen ihr wenig dann klagen

Und selten nach heilenden Kräutern noch fragen;

Doch so euch die Schmerzen besuchen, da denket,

Der heilige Vater euch solche zulenket. ***) -

 

[PsG.01_019,04/FN] *) Als liebe dienstbare Geister, Schmerz und Leben bringend den noch todten Brüdern auf den Erdkörpern; - wohlverstanden - denn in Meinen großen Reichen giebt es auch gar viele Wohnungen, sowohl für Lebendige als auch für zu erweckende Todte! Wohl überdacht! und auch wohlverstanden! - - -

[PsG.01_019,06/FN] **) Weil sie deren nicht mehr bedürfen; denn wer da wiedergeboren ist, ist auch vollkommen lebendig, und braucht nicht mehr zum Leben erweckt zu werden. Doch ist ein Unterschied zwischen den Wiedergeborenen aus dem Glauben, und denen aus der Liebe, davon die Ersten noch schmerzfähig, die Zweiten aber gänzlich schmerzunfähig sind. Wohl überdacht! und sehr wohl verstanden!

[PsG.01_019,08/FN] ***) Um euren Tod in's Leben zu brechen; wohl verstehet es ! Amen! Das sage Ich, der große liebevolle Schmerzen- und Lebenbringer. Amen, Amen, Amen.

 

 

20. Die Sonne, ein Vorbild derselben.

 

 

[PsG.01_020,01]

 

Der Wesen Millionen um die Strahlenmutter kreisen

Und hocherfreut in lichter Wärme Mich den Schöpfer preisen.

Nicht unbekannt ist auch der Vater manchen Strahlengästen,

Auch nicht so manchen ausgedienten alten Weltenresten,

Die da in denen weitgedehnten Sonnenmeerestiefen

Von eingesog'nen Strahlensegen sonnehauchend triefen!

 

[PsG.01_020,02]

 

Die Sonnenerde, nicht so hart wie viele ihrer Kinder,

Ist lebend gleich des Weibes Brust und kennet ihre Gründer.

Es ist da sanft der Boden und gar weich die weiten Triften,

Die höchsten Berge ohne Fels und tiefberitzte Klüften,

Und ist der Boden, wie die Berge voll belebt von Wesen,

Die durch des Lichtes Macht der Erden Todesbande lösen!

 

[PsG.01_020,03]

 

Die Sonnenwelt der Sonne kreist in Aethers leicht'sten Fluthen;

Wie hell und stark das Licht allda, mag Niemand wohl vermuthen,

Und wer in diesem höchsten Strahlenglanze pflegt zu leben,

Das war zu schauen keinem fleisch'gen Auge noch gegeben. -

Ja ungewohnte Wundertiefen in dem Lichte wallen,

Die nimmerdar hinaus auf klein'rer Welten Triften fallen!

 

[PsG.01_020,04]

 

Wer kann mit seinem Aug' allhier das Licht der Sonne tragen,

Und wer, woher dieß mächt'ge Licht, Mir wohl recht kundig sagen?

O sieh', auf dieser lichten Sfäre ist gar hehr zu wohnen,

Nur allerreinster Kindlein Geister pflegen hier zu thronen,

Und eine allerhöchste Mutter thront in ihrer Mitte

Und lehret diese da des Vaters Lieb' und Weisheit Sitte.

 

[PsG.01_020,05]

 

O Sonne, Sonne, Trägerin der tiefsten Wundergrößen,

Die nie noch hat des größten Engels Geist erschöpft bemessen!

Da sieh' hinab zur dritten Tochter, Deiner kleinen Erde,

Da waidet sich auf mag'ren Triften eine arme Heerde;

Ich will darum aus deines Lichtes überreichen Tiefen

Belassen einen Tropfen nur hinab zur Tochter triefen!

 

[PsG.01_020,06]

 

Und dieser Tropfen wird da wohl zu reichlich nur genügen,

Daß alle Kindlein deiner Tochter in den stärksten Zügen

Daran zu trinken sollen haben für all' Zeit der Zeiten,

Und sollen sich darum nicht mehr um's Lebenswasser streiten.

O sieh', die Tagesmutter, wie ihr leuchtend Haupt sie neiget

Und Mir dadurch gehorsamlichst die alte Treu' bezeiget! -

 

[PsG.01_020,07]

 

O freue dich, du ganze Erde, auf das Licht der Sonne;

In diesem Lichte wohnt fürwahr der Weisheit höchste Wonne!

Es freut ja schon die Kindlein, in ein Werk der Kunst zu blicken,

Ich weiß, wie sehr die Räder einer Uhr sie all' entzücken.

D'rum will ich hier ein gar kunstvolles Werk euch zeigen,

Und auch das Schönst' und Größte darum nicht verschweigen.

 

[PsG.01_020,08]

 

Da werd't ihr schauen, was zu allermeist euch wird beglücken,

Wie sich da eure Kindlein hehr mit Lieb' und Weisheit schmücken,

Und wie sie sich da gegenseitig pflegen und belehren;

Auch dieß sollt ihr so gut wie mit den eig'nen Ohren hören. -

Und endlich will ich euch den hehren Trost auch nicht entziehen,

Wie eure Kindlein hier um euer Heil sich stets bemühen!

 

[PsG.01_020,09]

 

Doch Solches wird euch erst der größ're Sonnenfunke bringen,

Mit ihm werd't ihr erst dann in all die Wundertiefen dringen,

Dieß Lied ist nur ein Vorgesang zu jenen großen Gaben,

An deren Fülle ihr euch stärken werd't und wonnigst laben!

D'rum nehmet dieses Vorlied an mit wahren Liebesfreuden,

Denn Ich - der Vater pflege euch ja solches zu bescheiden. -

 

21. Musik

 

oder der Liebe innerstes Wort, die Tiefe der Tiefen, die Macht der Mächte, die Kraft der Kräfte, gegeben in Worte der Liebe in einem Hohen Liede.

 

[PsG.01_021,01]

 

Es wohnt in den heiligen ewigen Tiefen der Liebe verborgen

Ein nich noch im Grunde von Engeln und Menschen geahneter Morgen.

Ihr nennt es gar thöricht "Musik", was als innerstes Wort sich bekundet!

Was soll denn dieß schaleste Wort, das den grundlosen Thoren nur mundet?

Soll lehren es dich zu begreifen ein Wunder der Tiefe der Liebe?

Willst Großes du fassen, da fasse der Liebe allinnerste Triebe. -

 

[PsG.01_021,02]

 

Der Ton ist die lebende Seele des Wortes, selbst Leben und Wesen;

Was wäre ein Wort ohne Ton? Könnt's Gedanken des Herzens dir lösen?

Der Buchstab' ist nur ein verkrüppelter Ton ohne Klang und Bedeutung.

Du kannst mit dem Zeichen wohl schreiben das Wort nach der inneren Leitung,

Doch nimmer die Thiere von ihrem betäubenden Schlafe erwecken;

Denn Solches kann nur der belebende Ton allzeit sicher erzwecken.

 

[PsG.01_021,03]

 

Das innerste heilige Wort ist nur Ton ohne züngliche Trübung.

Dieß heilige Wort magst du finden in rohesten Dingen ohn' Uebung

In allen Metallen und festeren Steinen und Wasser und Erden,

In Thieren und Pflanzen, in allen lustigen summenden Herden;

Ich sage dir, horche und lausche mit offenen Herzen und Ohren,

Und du wirst bald merken, daß ohne den Ton wird kein Wesen geboren.

 

[PsG.01_021,04]

 

Und so wohnt im Tone auch einer ganz leise nur sumsenden Fliege

Ein Grund, eine Tiefe, du möcht'st sie nicht fassen! Das Kind in der Wiege,

Fürwahr kannst mir glauben, es sagt mit seinem eintönigen Weinen

Unendlichmal höh'res denn Salomo und all' die Weisen und Reinen.

Und so auch ein raschelndes Laub und die sprudelnde muntere Quelle,

Sie birgt in dem plätschernden Tone des Lebens gar heil'ge Juwele!

 

[PsG.01_021,05]

 

Nun denke ein wenig im Herzen doch nach und begreife und fühle,

Was alles die Harmonie reiner gebildeter Töne verhülle,

Besonders wenn sie aus den Herzen der Frommen gar reinlich entschweben;

Ich sag' Dir, aus ehernen Saiten entwinden sich zahllose Leben,

In den Oratorien und Symphonien und and'ren Gesängen

Sich Leben an Leben, wie Woge an Woge, gar herrlich durchdrängen.

 

[PsG.01_021,06]

 

Möcht'st du wohl den Nutzen harmonisch gebildeter Töne erfahren,

Da frage Dich selbst nach dem Nutzen des Lebens, und Du wirst gewahren

Und finden, daß nichts da wohl wichtiger sei, als ein seliges Leben.

Was außer dem Tone der Liebe kann Solches im Himmel dir geben;

Musik ist die innerste Sprache der Himmel, der seligsten Reinen.

Fürwahr, die da feinden die hehre Musik, die rechne Ich nicht zu den Meinen.

 

[PsG.01_021,07]

 

Die Trägen und Feinde, und die sie wählen zu niedrigsten Zwecken,

Die werd' Ich zum inneren Leben des Geistes wohl schwerlich erwecken;

Doch welche die Herrliche achten und lieben in wonniger Freude

Aus Mir und zu Mir, und sie hätten auch Manches auf schuldiger Kreide

Bei Mir - wahrlich! Ich werde sie richten nach ihren empfundenen Tönen.

Daher mögt die Kindlein ihr zeitlich und fleißig an solche gewöhnen! -

 

 

22. Die Zwischen-Töne.

 

 

[PsG.01_022,01]

 

Liebeleien Euch nur freuen; Doch ihr Tönen, Mögt verhöhnen; -

O du Thor An Aug' und Ohr!

 

[PsG.01_022,02]

 

Töne fliehen, Sich nicht mühen; - Lieber tanzen Auf den Schanzen; -

O du Thor An Aug' und Ohr!

 

[PsG.01_022,03]

 

Fliegen fangen, Fetzicht prangen, Deine Sinne Bauchgewinne;

O du Thor An Aug' und Ohr!

 

[PsG.01_022,04]

 

Fetzen nähen, Dich aufblähen, Dich beschmutzen, Abtritt putzen;

O du Thor An Aug' und Ohr!

 

[PsG.01_022,05]

 

Lerne leben, Töne weben, Armen geben, Zweifel heben;

Bist nicht Thor An Aug' und Ohr!

 

[PsG.01_022,06] Aus diesem hohen Liede und den darauf folgenden fünf Zwischentönen dürfte deine Frage wohl gelöset sein, wenn du es recht erwägst; denke, daß der unartikulirte Ton nichts ist und sein kann, als das allerreinste, geistige Wort im höchsten himmlichen Sinne, so wird dir nach und nach die sogenannte Musik in ihrer inneren Wesenheit immer klarer und herrlicher werden; rathe das auch deinen Freunden und Freundinnen, und es wird für sie von großem Nutzen sein. Amen. Das sage Ich, der ewige Grundton aller unendlichen Töne. Amen, Amen, Amen.

 

 

23. Christus heutzutage.

 

 

[PsG.01_023,01]

 

Christus liebte bis zum Tode, Christus ist auch auferstanden,

All' die Seinen wollt' Er binden an Sein Herz mit Himmelsbanden;

Aber ach! wohl Millionen haben sich von Ihm geschieden,

Suchen Rausch und Erdentäuschung, und verschmähen Seinen Frieden.

 

[PsG.01_023,02]

 

Losgeklügelt, losgezweifelt, losgesündigt, losgeblendet

Steht so Mancher, der einst freudig zu dem Meister sich gewendet;

Thorheit ist das Wort vom Kreuze, Thorheit ihm ein Christusleben,

Thorheit ihm die Himmelskunde: nach dem Himmel selbst zu streben.

 

[PsG.01_023,03]

 

Losgerissen von dem Glauben steht der Mensch auch los vom Lieben,

Christum hat er aus dem Herzen, Christum aus dem Haus getrieben,

Sagt, wie soll des Himmels Gabe, sagt, wie soll noch Glück und Segen

Als ein grünes Reis von Oben sich um Herz und Stirn ihm leben? -

 

[PsG.01_023,04]

 

Seht die Ehe - keine Treue! Seht die Werkstatt - kein Gedeih'n -

Seht die Kinder - keine Tugend! Seht die Thaten - all's nur Schein! -

Seht auf Wiegen, Zucht und Särge, Kanzel, Tauf' und Abendmahl,

Selten nur reift Christussonne Himmelsfrucht im Erdenthal.

 

[PsG.01_023,05]

 

Christus ja Du wirst vertrieben tausendmal in jedem Jahr

Von dem Knaben schon und Jüngling, von dem Greis im Silberhaar,

Von dem Hirten, von der Heerde, von dem Höfling an dem Throne;

Ueberdruß und Langeweile, findet man am Gottessohne.

 

[PsG.01_023,06]

 

Wirst vertrieben, Herr, von denen, die Du bis zum Kreuzesstamme

Liebtest, wie noch Keiner liebte, mit des Herzens Orionflamme.

Wirst vertrieben, Her, von denen, die Du unter Schmerz und Lust

Als ihr Bruder, als ihr Führer zogest an die reinste Brust!

 

[PsG.01_023,07]

 

Doch wohlan! Du bist und bleibest, Göttlicher! was Du gewesen,

Alle Engel jauchzen "Amen", und im Himmel wird man's lesen.

Nun wohlan! Du Sohn des Höchsten, mag dich hier der Mensch vertreiben,

Dein Verdienst und Deine Krone und Dein Reich wird ewig bleiben. -

 

[PsG.01_023,08]

 

Treibt Ihn denn aus euren Herzen, Menschen - toll in Nacht und Wahn,

Treibt Ihn fort aus eurem Hause, fort von eurer Lebensbahn,

Fort von Wiegen, fort von Särgen, fort von Kanzel und Altar.

Wehe, wehe, ruft's vom Himmel, das Gericht wird offenbar! -

 

[PsG.01_023,09]

 

Nun wohlan! Du Sohn des Höchsten, mag Dich auch der Mensch vertreiben,

Dein Verdienst und Deine Krone und Dein Reich wird ewig bleiben.

Welten, Reiche, Throne fallen, und der Lüge Macht zerbricht,

Nur Dein Wort und Deine Gnade, Ewiger, die brechen nicht;

 

[PsG.01_023,10]

 

Also ist's, wie Du gesprochen; Viele (Alle) sind berufen,

Wenige doch nur erwählt für Deines Thrones Gnadenstufen. -

Nun wohlan, Du läßt sie fahren, die von Dir nichts hören wollen!

Einstens wird sich zeigen wohl der große Wahn der Tauben, Blinden,

Suchen werden Deine Gnad' sie, - und sie dennoch nimmer finden.

 

[PsG.01_023,11]

 

Was Du einst geredet, Herr! wird ewig treu und wahr sich zeigen,

Deine Gnade wird zu denen, die Dich lieben, stets sich neigen. -

Den Verächtern Deines Worts nur wird Dein Antlitz schrecklich strahlen,

Deine Treuen werden "lieber Vater!" Dir entgegen lallen. -

 

[PsG.01_023,12]

 

Komm darum zu uns, o Vater, nun in diesen harten Tagen,

Und vernimm der Millionen Thränen, Seufzen, ihre Klagen!

Richte, Herr! die Dich aus ihrem Herzen schnöd' vertrieben haben,

Aber all' die armen Guten laß an Deiner Lieb' sich laben.

 

[PsG.01_023,13]

 

Gebe bald, o Herr, für diese kalte mag're, finst're Erde,

Daß Ein Hirte wird und Eine Dir allein getreue Heerde!

Und Ich sage: "Amen!" - und die Guten all' mit mir zusammen

Rufen: "Lob und Ehr' und Liebe Dir allein und Deinem heil'gen Namen!"

- Amen. -

 

 

24. Stille Einkehr.

 

Empfangen durch J. L. am 26. August 1840.

 

[PsG.01_024,VW] Bevor noch zu Meiner "Haushaltung" (s. Nr. 1 uns. Schr.) solle geschritten werden, sei euch ein Lied beschieden, aus dessen geheimnißvoller Weise ihr sollet im Geiste und in der Wahrheit beten; denn wer das nicht kann, der ist noch nicht geschickt zu Meinem Reiche, daher ist es nöthig, euch davon eine kurze Meldung zu thun. - Das kurze Lied soll es euch lehren, wie folgt:

 

[PsG.01_024,01]

 

Der Leibesstimme Hauchgewimmer

Das dringt zu Meinen Ohren nimmer,

Und ein Gebet - nur von dem Munde

Sei niemals eurer Bitten Kunde.

 

[PsG.01_024,02]

 

Im Herzen nur soll reden lernen,

Auf Erden so wie in den Sternen,

Der da mit Mir will Rede führen,

Ansonsten wird er sich verirren.

 

[PsG.01_024,03]

 

Denn einmal pfleg' ich laut zu reden,

Hört's wohl, ihr allzeit Herzensspröden! -

Nur so in heiliger Stille leise

Ich rede stets in liebster Weise.

 

[PsG.01_024,04]

 

Und wenn ihr möcht't Mein Wort vernehmen,

Sollt ihr an Stimme euch nie stemmen,

Im Herzen müßt ihr Worte bauen

Und nur in dessen Inn'res schauen.

 

[PsG.01_024,05]

 

Ihr nehmt zum Beispiel: "Unser Vater",

Und sprecht es matt und immer matter,

Am Ende laß ihr weg die Stimme,

Horcht nur noch auf des Geist's Gewimme;

 

[PsG.01_024,06]

 

Gleich einem Echo werd't ihr finden

Sich Worte sanft dem Geist entwinden,

Und geht's - wie schwer auch - im Beginnen,

Nicht lasset ab, ihr werd't gewinnen! -

 

[PsG.01_024,07]

 

Gleich wie die Kinder anfangs lallen,

Um Ihren Willen euch zu malen,

So ist es auch mit innrer Sprache,

Gewöhnung kläret wohl die Sache. -

 

[PsG.01_024,08]

 

Zu allem - hört! - gehöret Schule,

Sonst wird gar All's zu einer Nulle,

Darum muß Obiges geschehen,

Sonst könnt ihr nie den Geist verstehen. -

 

[PsG.01_024,09]

 

Und habt ihr das in euch gewonnen,

Und seit zu beten gern gesonnen,

Dann sollt derart im Geist ihr flehen,

Ich werde euch gar wohl verstehen. -

 

[PsG.01_024,10]

 

Und wenn's dann eurem Geist wird gehen,

Wohl fertig seine Zung' zu drehen,

Recht klar und deutlich All's zu sagen,

Könnt ihr auch Mich um etwas fragen;

 

[PsG.01_024,11]

 

Und nach der Kraft der reinen Liebe

Ihr werd't gewahren heil'ge Triebe;

Dann forschet ganz gelassen stille -

Wie sich da kündet Gottes Wille.

 

[PsG.01_024,12]

 

Ihr werdet's klar und deutlich hören,

Was da nun ist Mein leicht's Begehren:

Nur auszustreuen guten Samen,

Das soll geschehen all'zeit! Amen!

 

Der euch dieß Lied hat gegeben, der ist heilig, heilig, heilig. Amen, Amen, Amen!

 

 

25. Ein Wunsch für's allgemeine Wohl.

 

Ein Liedchen für J. von J.E. ohne Eingebung am 1. Juni 1843.

 

 

[PsG.01_025,01]

 

Vater, der im Lichte wohnet,

Vater sieh uns freundlich an,

Wenn wir nach Erleuchtung streben

Auf der dunkeln Lebensbahn!

Jesus Christus, unser Führer,

Sei geliebt und höchst geehrt,

Deine Lehre sei uns heilig

Und dein Beispiel überwerth!

 

[PsG.01_025,02]

 

Jeder falsche Glaube sinke;

Jede Thorheit sei verbannt;

Nur durch Wahrheit und durch Liebe

Herrsche Friede in dem Land.

Blicke segnend auf uns nieder,

Vater der Barmherzigkeit,

Und auf diesem Erdenrunde

Sei dir jedes Herz geweiht!

 

 

26. Das Holzscheibchen an der Spindel.

 

 

[PsG.01_026,01]

 

Wer das Ding gezogen, hätt's nicht klüger können machen,

Dem's gehört, ist's Beste wohl aus allen seinen Sachen,

Kein noch treu'res Menschenbild läßt finden sich und denken,

Keins wie dieß so schaulich kann ein weltlich's Leben lenken.

 

[PsG.01_026,02]

 

An des Außenlebens schwacher Spindel bunt sich drehet

Eitles Sinnen, eitles Trachten; Niemand es verstehet.

Niemand weiß, woher und was den Schwung ihm hat gegeben.

Sieh' das Spindelscheibchen, wie es malt ein ähnlich's Leben .

 

[PsG.01_026,03]

 

Ganz getreu und klar und wahr kannst du daraus ersehen,

Wie, um was verdummt die Menschen sämmtlich sich nun drehen;

Sieh', so lang' des Drehens Kraft das schwache Spielzeug treibet,

Auch dasselbe wie belebet froh und munter bleibet. -

 

[PsG.01_026,04]

 

Doch wenn dann des Drehers Hand sich von der Spindel wendet,

Ist des todten Scheibchen's munt'res Leben auch beendet;

Todtes Scheibchen ist an todter Spindel wohl zu sehen,

Doch in's Leben mag der Tod die Todten nimmer drehen! -

 

[PsG.01_026,05]

 

Ja, an ähnlich todter Spindel nun die Menschheit stecket,

In dem tollsten Drehen wähnt sie sich vom Geist erwecket!

Doch nun ist's der letzte Dreher; sieh', da Spielzeug wanket,

Wenig, wenig Lebens nur empor zum Lichte ranket! -

 

[PsG.01_026,06]

 

Sieh' das Männervolk, es dreht sich um der Schlange Kinder,

Um die Huren dreht es sich, um diese Lusterfinder,

Ach um's üpp'ge Fleisch sogar die Kinder springen,

Ihre Herzen schon dem Fleische zarte Lieder singen!

 

[PsG.01_026,07]

 

Sieh', dein Spielzeug, sieh', - wie treu es dir bezeiget

Diese lose, arge Zeit, und nichts von ihr verschweiget;

Ja an deinen eignen Kindern kannst Du es ersehen,

Um was einzig nur sich ihre fleisch'gen Herzen drehen!

 

[PsG.01_026,08]

 

Sieh', nicht Eines mag aus Lieb' zu Mir die Welt verachten,

Zeig' Mir Eins nur, das nach Weltlichem nicht möchte trachten;

Solche Scheibchen an des Wirbels matter Spindel

Drehen sich zahllose nun vereint zu einem Bündel! -

 

[PsG.01_026,09]

 

Es ist zwar das Leben selbst ja nur ein ew'ges Drehen,

Ich der Dreher mit der Spindel, All's um mich muß stehen;

Wer mit dieser Spindel ist, dem Scheibchen gleich verbunden,

Der hat freilich wohl das wahre Leben treu gefunden. -

 

[PsG.01_026,10]

 

Aber nicht um diese Spindel dreh'n sich auch die Erden,

Sonnen auch und Alle, die aus ihrem Feuer werden;

Sieh', dies Tanzen locket auch den Tod aus seinen Schranken;

Auch an Sonnen kannst ersehen du des Scheibchens Wanken!

 

[PsG.01_026,11]

 

Ich bin nicht die Weltenspindel, Solches mußt verstehen,

Eine Schlange ist's, um die sich sieche Erden drehen,

O ihr argen Menschen, ihr seid diese siechen Welten;

Was der Spindel, hört, das soll gar bald euch Allen gelten!

 

[PsG.01_026,12]

 

Ich allein bin stark, an Meiner Spindel sollt ihr stecken,

Ich allein kann drehend euch in's ewige Leben wecken;

So ihr aber an der Weltenspindel bleibet kleben,

Wird euch Meine Hand wohl nie zum Lebensdreher heben. -

 

[PsG.01_026,13]

 

O du loses Weibervolk, du glatte Brut der Schlangen,

Schwache Weltenspindel, magst vor Mir du nicht erbangen?

Du bist gleich hier dieser schwachen holz'gen Spindelscheibe,

Was die trägt in sich, trägst todt auch du in deinem Leibe.

 

[PsG.01_026,14]

 

Nehmt zur Hand, ihr Weiber, diese todte Spindelscheibe,

Macht, daß eure Hand sie wirbelnd um die Spindel treibe,

Seht der muntern zu, und achtet, was aus ihr wird werden,

Hört, dieß Spielzeug zeig' euch eurer Eigenlieb' Geberden;

 

[PsG.01_026,15]

 

Männer wollt zu Dutzenden ihr um euch lüstern zählen.

Könnt ihr Solches, o ihr Argen, Meinem Aug' verhehlen?

Seht des todten Scheibchens todte Spindel, euren Spiegel,

Hört, es drückt auf euren Nacken euch des Todes Siegel. -

 

[PsG.01_026,16]

 

O, die ihr der Menschheit Werth schon lange habt verkennet,

Und des Mannes heil'ges Haupt gar schnöd' in euch verhöhnet!

Seht das Scheibchen sterbend an der schnöden Spindel wanken,

Euch wird einst allein der edle Mensch den Todt verdanken! -

 

[PsG.01_026,17]

 

Wie mögt ihr Mariens Namen euch zu nennen wagen,

Diesen reinsten Namen jetzt in euern Hurentagen!?! -

Diese Lebensspindel einer andern heil'gen Scheibe,

Bleibe ferne stets von eurem unzuchtsvollsten Leibe!

 

[PsG.01_026,18]

 

Hört, dieß Scheibchen hier sei euer letzter Lebensbote,

Nehmt ihr All' es hin, als eure weise Lebensnote;

Wahrlich! Eher will Ich euch nicht hören und nicht sehen,

Bis des Mannes höher'n Werth darin ihr werd't erspähen! -

 

[PsG.01_026,19]

 

Lasset Mich und so den Mann, als Lebenspindel walten!

Lasses in euch sich ein neues Leben wahr gestalten;

Euch geziemt, als Scheibchen, treu sich um den Mann zu drehen,

Und an ihm des Lebens wahren einz'gen Werth erspähen!

 

[PsG.01_026,20]

 

Aber weh' euch, Männer, euch, ihr Unzuchtshunde,

Seht, das Scheibchen zeigt auch euch des Lebens letzte Stunde,

Werd't ihr nicht umkehren und zu Mir nicht bald euch wenden.

Hört, so werd't ihr mit dem Lauf des Scheibchens auch verenden.

 

 

27. Ein Mahnruf.

 

(Empfangen durch J. L. am 28. Juni 1843.)

 

[PsG.01_027,VW.01] Schreibe nur: Ich weiß schon, was du möchtest. Ich soll dir schon wieder einen Gelegenheitsdichter machen, auf daß du dich dadurch bei einem Mädchen, das dir nicht mißfällt, in angenehme Gunst setzen möchtest: aber das bedenkst du dabei nicht, daß Ich Mich dazu durchauf nicht gerne gebrauchen lassen will, besonders wo Ich sehe, daß an Meiner Statt nur die Welt zu gewinnen und so ziemlich stark überhand zu nehmen anfängt!

[PsG.01_027,VW.02] Ich sehe die Gedanken und Begierden, und die Worte zähle ich alle; aber Ich komme da selten vor, und wenn Ich schon vorkomme, so komme ich so flüchtig vor, wie ein matter Blitz in einer dichtumwölkten Herbstnacht, allda er schon selbst eine große Seltenheit wird.

[PsG.01_027,VW.03] Fürwahr, wo die Menschen lieber zum Fenster hinaus, da die todte Welt ist, als in sich hinein, da Ich zu Hause bin, im Geiste schauen, da mache Ich nicht gerne einen Gelgenheitsdichter!

[PsG.01_027,VW.04] Auch bei Menschen, die sich mehr freuen, so sie ausgehen, als wenn sie nach Hause ziehen, die sind Meine Freunde nicht, da Ich stets nur ein zu Hause seiender Patronus bin.

[PsG.01_027,VW.05] Also gerne gebe Ich dir nicht, was du möchtest; aber so du schon durchaus etwas haben möchtest, so will Ich dir für dein Mädchen gleichwohl einige Verslein geben.

[PsG.01_027,VW.06] Wird sie dieselben beachten, so wird sie wohl thun, und wird sie das nicht, so wird die Sonne darum ihr Licht nicht einbüßen. Und so schreibe die Verslein:

 

[PsG.01_027,01]

 

Nur gar zu leicht erlischt im Weltgewühl

Des jungen Herzens besseres Gefühl; -

Des ew'gen Geistes Ruf wird überhört,

Im Keim des heil'gen Wortes Saat zerstört,

Und wer verbürgt dir denn die künft'ge Zeit,

Die dir allein Ersatz für's Leben beut,

Für's Liebeleben dieser todten Welt,

Das dir so übermenschlich wohl gefällt?!

 

[PsG.01_027,02]

 

Und in der Menschheit Nacht, die todt und kalt

Um dieser Erde tollen Schlaf sich breitet,

Am Ufer, das die dunkle Fluth umwallt,

Wankst du erfreut in zierlicher Gestalt,

Von banger eitler Liebenoth geleitet.

Was willst du denn, was sucht dein sehnend Herz?

Willst Mich du finden, wo die Welt sich freuet?

Mich, in der Menschheit tollem Gassenschmerz?!

Oh sieh', du find'st Mich nicht, Ich wohn' im Schmerz,

Allda, wo man ein Irr und Fehl bereuet.

 

[PsG.01_027,03]

 

Erschein' Mir Lieb', Ich bin's, der dieses spricht,

Gewahrst Mich schon im Windessausen nicht.

Gewöhnlich, hör' es wahrst, pfleg' Ich wohl nicht

Gar strenge einzugreifen in die Welt,

Noch zu erfüllen Selbst - des Menschen Pflicht,

So lang' er selbst die Kraft dazu behält; -

Jedoch, wo treue Menschen durch Natur

An eig'ner Kraft und Macht gar sehr verarmen,

Da fühlt man allzeit Meiner Hände Spur

Und Meiner Liebe Gnad' und Mein Erbarmen.

 

Nachwort.

 

[PsG.01_027,NW.01] Die Verslein sind gut und sagen, daß an Mir Alles gelegen ist. Wer etwas will, der komme zu Mir, und wolle da Nichts denn Mich, so werde Ich ihm geben, was des Rechtens ist.

Wer aber selbst sucht und hascht, der soll das sein Lebenlang, und es wird sich am Ende ja zeigen, was Alles für tolles Zeug er erhascht hat?

[PsG.01_027,NW.02] Wer selbst sucht, dem werde Ich nicht finden helfen; nur wer etwas sucht mit Mir, der ist es, der es finden wird.

[PsG.01_027,NW.03] Wer sein Leben liebt, der wird es verlieren; der es aber flieht, der wird es gewinnen. So eine Jungfrau möchte einen Mann, da muß sie ihn fliehen, und sich verbergen vor ihm, da wird er ihr nacheilen und sie suchen.

[PsG.01_027,NW.04] Sucht sie aber den Mann, da wird er fliehen vor ihr, und wird sich verbergen, und sie wird in nimmer finden. Das also magst du derjenigen geben, die dich darum gebeten hat.

 

 

28. Die Weisen aus dem Morgenlande.

 

Empfangen durch J. L. am 8. Januar 1841.

 

[PsG.01_028,VW.01] O Herr! Sieh' mich wieder gnädig an in der Nacht meiner Sünde, die da ist zum rothen Meere geworden, darüber Du Dein Volk führtest, und ließest umkommen dessen Herrschaft unter seinen Fluthen, und habe Erbarmen mit dem beständigen Durste meines vertrockneten Herzens, denn siehe Du Herr und mein großer heiliger Gott, Dein Wasser ist süß und bitter und hat einen köstlichen Geschmack, daher kann man sich damit nimmer den Durst der Liebe löschen, denn so der Durst gelöscht wird, ist der gelöschte nur genährt worden, und mir ist es, daß ich ewig trinken möchte aus dem unerschöpflichen Brunnen Deiner unendlichen Liebe und Gnade; siehe, mir geht es, wie dem Prasser im Feuer Deines Gerichtes, da schon wieder Meine Zunge lechzet nach einem Morgenthau=Tropfen Deiner Gnade; aber lasse mich im Angesicht des Schooßes Abrahams vor Deinem Lazarus nicht verschmachten, sondern komme Du, dessen Name meine Zunge kaum, und mit und in großer Furcht nur wagt zu stammeln, komme und lasse wieder einen Tropfen, wie Du schon gar viele ließest auf die Zunge meines Herzens fallen, auf daß ich wissen und begreifen möchte zu Deiner alleinigen Ehre und Verherrlichung Deines allerheiligsten Namens, wer denn doch die Weisen aus dem Morgenlande waren, und was es mit ihnen für eine Bewandtniß hat, und was wir davon halten sollen; und auch von dem Sterne, der ihr Wegweiser war dahin, da es Dir dereinst wohl gefiel, im Fleische Deine Erde anzublicken aus Deiner unermeßlichen Erbarmung. O Herr! erhöre gnädigst meine allerunterthänigste Bitte. Allein wie überall und allzeit geschehe auch jetzt Dein heiligster Wille. Amen.

 

[PsG.01_028,VW.02] Das ist nun einmal wieder Etwas, das Mir lieber ist als zehn weltsorgliche Fragen; daher schreibe auch ein wohlgeschmücktes Lied, das Ich dir wohlklingend einhauchen werde, wie da folge und geschehe: (Matth. 2, 1 - 12)

 

[PsG.01_028,01]

 

Die da sind gekommen aus dem weiten fernen Morgen,

Waren herrlich, frei, und hatten keine Erdensorgen.

Doch, so Manche sie für hohe Erdensöhne halten,

Sieh', da muß die Sache freilich anders sich gestalten:

Diese Weisen, die da kamen hin zur heil'gen Stätte,

Waren Väter aus der Erde früher Menschheit Kette,

Nicht als wären sie im Fleische dazu auferstanden,

Lösend frei der alten Gräber eh'rne feste Banden,

Sondern, da den Welten=Allen ist ein Licht geworden,

Kamen Väter=Engel hin zur Erd' in frohen Horden. -

 

[PsG.01_028,02]

 

Diese Väterengel und an ihrer Seite Schaaren,

Waren Menschen aus der Erde Ur= und Vorzeit=Jahren,

Welche, als das Leben sich der todten Erde nahte,

Da so lange schon gar arg der Tod geherrschet hatte,

Damals durch besondre Gnade auferstanden waren,

Von dem langen langen Tode, um da zeugend zu erfahren,

Was da ihnen Anfangs schon ist treu verheißen worden,

Von dem niedern Südpol an bis hin zum hohen Norden.

Solcher Wunderart denn waren auch die Morgenweisen,

Die zu Mir den Weg sich von dem Sterne ließen weisen.

 

[PsG.01_028,03]

 

Adam, Kain, Abraham, das waren "die drei Weisen,"

Weihrauch, Gold und Myrhen brachten sie, um Mich zu preisen,

Und an ihrer Seite standen Schaaren im Geheimen,

Hoch frohlockend sah'n sie Mich denn nun auf Erden säumen.

Sichtbar doch den Augen, so im Fleische sind begraben,

Waren Adam, Kain, Abraham mit ihren Gaben,

Doch die weit gedehnten Reihen aus der Väter Horden

Sind dem Fleischesauge damals sichtbar nicht geworden;

Nur die freien Hirten fromm auf offnem weiten Felde

Hörten hohe Psalmen singen Mir, dem Lebenshelde! -

 

[PsG.01_028,04]

 

Und der Stern, - der da erweckt sie hat vom langen Tode,

Und dann treu sie führte hin auf sich'rer Hode, *)

War derselbe, den die Seher haben oft besungen,

Da deß Ode durch den Geist ist tief in sie gedrungen.

Dieser Stern - leucht' jedem Wand'rer noch zur Stunde,

Heute, morgen und fortan am ganzen Erdenrunde.

Wer deß Lichte folgen wird ganz liebend treu im Herzen,

Und nicht achten wird der Wand'rung mancher Sorge Schmerzen,

Der wird bald gelangen auch, dahin die Weisen kamen;

Dieß sag' Ich, euer liebevollster Vater. Amen.

 

*) Von dem Griechischen = der Weg.

 

Nachwort.

 

[PsG.01_028,NW] Das ist Alles für den, der liebt und glaubt, und hinreichend bis zur Zeit, da ohnehin davon noch ausführlich in Meiner großen Haushaltung gesprochen wird; seht, solches sage Ich euch gerne, aber so ihr fraget um den Cours eurer Staatsnoten in eurem Herzen, so sage Ich euch: Wie jene steigen, so fallen die Meinigen. Wer aber mit Meiner großen Nationalbank Geschäfte zu machen hat angefangen, der solle sich nicht fürchten; denn in Meiner Bank steigt der Cours des Lebens, der Liebe und aller Gnade ewig, da an kein Falliment zu gedenken ist. Amen. Das sage Ich, der allerbilligste und gerechteste Wechsler, der Alles umsonst gibt. Amen, Amen, Amen.

 

 

29. Der Abend und die Nacht.

 

 

[PsG.01_029,01]

 

O herrlicher Abend, wie schön und wie mild

Ist heute dein purpurgold'n strahlendes Bild!

So sollst du dem müden Erdwand'rer stets kommen,

Wann er hat den Lebenspfad mühsam durchklommen.

 

[PsG.01_029,02]

 

Wie schön hinter Bergen die Leuchte noch strahlt,

Die Mutter des Tages, wie herrlich sie malt!

Die Wölkchen im rosigen Golde da prangen,

Und wecken nach Dort in mir heißes Verlangen!

 

[PsG.01_029,03]

 

O Abend, o Abend, wie schön bist du doch,

Du gold'ner Befreier vom irdischen Joch!

Dir folgt zwar die Nacht - als Schatten der Erde,

Des Todes verwandter, getreuer Gefährte.

 

[PsG.01_029,04]

 

Doch so nenn' die Mutter der Ruhe ich nicht;

Denn mir gab ihr Schooß noch stets reichliches Licht!

Wie viele der Sonnen hat mein Aug' da erschauet,

Wie oft ihr Glanz meinen Geist tiefest erbauet;

 

[PsG.01_029,05]

 

Darum ist die düstere Mutter gar hold,

Und ist allen Müden ein herrlicher Sold.

Ihr Sternengewand - das soll uns nicht schrecken,

Vielmehr soll's in uns die Begierd' nur erwecken,

 

[PsG.01_029,06]

 

Zu schmücken gleich ihr uns mit Demuthsgewand,

Verachtend, wie sie, allen farbigen Tand,

Der oft wohl den irdischen Sinn kann berücken,

Doch niemals in Wahrheit den Geist mag entzücken.

 

[PsG.01_029,07]

 

Das kann nur die herrliche schimmernde Nacht;

Sie ist für das Bess're im Menschen bedacht!

Darum pflegt der Abend zur Freud' mich zu stimmen;

Mit ihm kann den Tempel der Ruh' ich erklimmen,

 

[PsG.01_029,08]

 

Und diese giebt mir in gar festem Volltrau'n

In's Herz, auf den Schöpfer gar gläubig zu bau'n.

D'rum ist auch meist gar so herrlich der Abend,

Das Herz und den Geist gar so himmlisch oft labend,

 

[PsG.01_029,09]

 

Weil er mir als Vorbot' zur Ruh' giebt den Wink,

Und zeigt mir die Dinge, an denen ich hing,

Wie nichtig und werthlos da ist all' ihr Wesen;

Sie können mich nicht von dem Tode erlösen,

 

[PsG.01_029,10]

 

Wohl aber kann Solches die nächtliche Ruh',

Sie führt uns durch Träume dem Geistigen zu,

Dem geistigen Leben, das tief liegt verborgen

In uns, wie in Nacht der neuwerdende Morgen.

 

[PsG.01_029,11]

 

Wer hat nicht schon oft in den Träumen geschaut,

Daß er dann am Tag' kaum den Sinnen getraut,

Ob das, was im Traun er so hell hat gesehen,

Nicht etwa in Wirklichkeit so möcht' bestehen?

 

[PsG.01_029,12]

 

Und wahr, die Vermuthung ist hier nicht so leer,

Das Schauen im Traume das ist wohl gar hehr;

Es ist ja das Schau'n mit unsterblichen Augen,

Wozu uns're fleischlichen nimmermehr taugen;

 

[PsG.01_029,13]

 

Darum ist wohl herrlich die nächtliche Ruh',

Sie führt uns auf Stunden dem Heimlande zu,

Das tief, ja sehr tief in uns lieget begragen,

Bis uns wird der geistige Morgen ertagen! -

 

[PsG.01_029,14]

 

Und so will ich loben den Abend, die Nacht;

Sie haben mich näher dem Geist'gen gebracht.

Wie oft hab' ich müssen gar kummervoll ringen

Nach jenen heimathlichen geistigen Dingen,

 

[PsG.01_029,15]

 

Der Abend, die Nacht haben mir es gezeigt,

Wie tief sich die Heimath in uns hinein beugt,

Darum ist der Abend, die Nacht mir so theuer,

Sie zeigten zuerst mir des Heimlandes Feier! -

 

 

30. Der Morgen.

 

 

[PsG.01_030,01]

 

Hehr naht des Tages Mutter! Dunkelheit

Umflorte eher Land und Meer;

Wie herrlich strahlt sie nun im Glanzeskleid',

Und spendet Freude rings umher! -

 

[PsG.01_030,02]

 

Mit ihr erneute Lebenskraft erwacht,

Wie regt sich Alles in der Welt,

Wie herrlich strahlt die Flur in Morgenpracht,

Von mächt'ger Sonnengluth beseelt! -

 

[PsG.01_030,03]

 

Also auch kommt der Herr! Erst Dämmerung,

Dann hell'res Morgenroth, dann Licht;

Bis endlich voller Tag, rein, frisch und jung

Des Herzens dichte Nacht durchbricht! -

 

[PsG.01_030,04]

 

So lang' am Himmel dort die Sonne brennt,

Erfreut das Herz ihr wärmend Licht;

So auch, wie lang' das Herz Mich treu bekennt,

Ermangelst du der Freude nicht! -

 

[PsG.01_030,05]

 

Willst leben du ein gutes Leben hier,

So sprech' in deiner Brust getreu,

Die nächste Strof' lebendig stets in dir

Und diese laute also frei:

 

[PsG.01_030,06]

 

"O strahl' du ew'ge Morgensonne doch

"Den ganzen Lebenstag in mir,

"Gar heiter trag' ich dann dieß ird'sche Joch

"Erquickt und hoch erfreut in Dir!"

 

 

31. Die innere Welt.

 

(Vorbemerkung an den Knecht)

 

[PsG.01_031,VW.01] Das Liedchen, als du einmal für dich nach einem andern Sänger etwas für dich verändert niederschriebst unter den Namen: "Die stille Welt", siehe, das ist ein gutes Liedchen und wird von guter Wirkung sein, besonders für Jene, denen ihr Herz allerlei zu schaffen gibt, darum sie nicht Kinder der Welt sind; die Welt aber um sie desto geschäftiger ist, sich dieselben anzueignen!

[PsG.01_031,VW.02] Aber etwas verändert muß es werden, denn wie es ist, klebet noch manches Unreine daran, und hätte darum keine wirkende Kraft.

[PsG.01_031,VW.03] Statt dem bestehenden Titel aber schreibe: "Die innere Welt" und der A. H. W. kann dann darüber sogar Töne setzen, die er von Mir gegeben, in sich finden wird zum ersten Male; und so wird dieß Liedchen seinen guten Zweck nicht verfehlen!

[PsG.01_031,VW.04] Und also schreibe denn: Ich sage dir: Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth, und so du redlich arbeitest und ohne Gewinnsucht, wie bis jetzt, so wird auch für dich ein der Arbeit gemessener Lohn zu rechter Zeit in der Bereitschaft stehen;

[PsG.01_031,VW.05] Doch denke nie an den Lohn, sondern stets nur an Mich, und an die Arbeit von Mir aus, so hast du schon den größten Lohn in dir, wo aber der ist, da ist Alles, und darum schreibe nur zu. Amen.

 

 

[PsG.01_031,01]

 

So recht tief im Menschen=Herzen

Eine Stell' ganz ohne Schmerzen

Ist von heil'gem Licht erhellt,

Da ruht still die inn're Welt.

 

[PsG.01_031,02]

 

Da nur schweben ohne Klage

Matte Schatten herber Tage,

Werden endlich sonnenhell

An des Lebens heil'gem Quell.

 

[PsG.01_031,03]

 

Hier erst weiset wahres Gute

Dir die flüchtige Minute,

Ja, sie trägt, vom Trug befreit,

Wahre Lebens=Seligkeit! -

 

[PsG.01_031,04]

 

Und den wahren Freundschaftsstunden

Wird ein ew'ger Kranz gewunden,

Selbst der Ton, den Schmerz erzwang,

Löst sich auf in froh'stem Sang.

 

[PsG.01_031,05]

 

O die Welt in eurem Herzen!

Nur am heißen Tag der Schmerzen

Find'st du die verborg'ne Thür,

Find'st den schmalen Pfad zu ihr!

 

[PsG.01_031,06]

 

So dich nun des Lebens Schwere

Drückt, und schreckt der Welten Leere,

Die dir auch kein Sternlein hellt,

Flieh' in diese inn're Welt!

 

[PsG.01_031,07]

 

Wenn auf deines Lebens Höhen

Schwarzen Zweifels Stürme wehen,

Und an Nichts dein Glaube hält,

Flieh' in diese inn're Welt!

 

[PsG.01_031,08]

 

So dein Herz was Theures hatte,

Dich nun schreckt der schwarze Schatte

Da er sich vor dir hinstellt,

Flieh' in deine inn're Welt.

 

[PsG.01_031,09]

 

Wenn so dann am Wanderziele

Wohl dir wird, und sanft und stille,

So des Lebens Schleier fällt,

Wirst Mich finden in der Welt.

 

[PsG.01_031,10]

 

Diese Welt muß du dir wählen,

Sie wird dir dein Selbst erhellen,

Sie ist Meine Welt in dir,

Deines Lebens Lichtrevier.

 

[PsG.01_031,11]

 

Wie's die Kindlein schuldlos lallen,

Kannst du diese Welt bemalen,

Sie ist frei von jedem Schmerz;

Nur in Liebe schwimmt das Herz!

 

[PsG.01_031,12]

 

Was dein Aug' noch nie gefunden,

Und dein Herz niemal empfunden,

Baut die Welt als Lebenspfand

Dir aus heil'ger Vaterhand! Amen.

 

NB. Dieses Lied ist vom Herrn berichtigt aus dem: "Die stille Welt."

 

 

32. Abschiedsszene eines guten Geistes von seinem Leichna33. me.

 

[PsG.01_032,VW.01] Dieses Liedchen ist gut und wahr; daher sollte es wohl recht beherziget werden. Es giebt zwar schon ähnliche Lieder in guten Reimen; aber es klebt ihnen noch so manches Irdische an, darum sie auch minder zu beachten sind. Dieses aber ist geistig wahr und rein; darum soll es auch beachtet sein von Jedermann; denn es stellt wirklich eine Abschiedsszene eines guten Geistes von seinem Leibe dar.

[PsG.01_032,VW.02] Ganz besonders aber sei dieses Liedchen dem Töchterchen J. des A. H. W. zu ihrem Leibes=Geburtstage beschieden, damit sie in dieser Kleingabe ersehen möchte, um wie Vieles der Geist besser ist, als der dem Tode anheimfallende Leib! Sie soll aber darum etwa nicht sterben oder einen Tod befürchten, sondern nur daraus den hohen Werth des Geistes vor dem Leibe erschauen. Amen!

 

[PsG.01_032,01]

 

In armen Stübchen ruht die Leiche.

Die Freunde steh'n um sie herum,

Und seh'n noch einmal an das bleiche

Gesicht, und weinen, trauern stumm. -

 

[PsG.01_032,02]

 

Wohl trocknen sie die heißen Zähren,

Doch nicht versiegt der Wehmuth Strom;

Denn bald soll'n sie gar hart entbehren

Den, der da war so gut und fromm!

 

[PsG.01_032,03]

 

Als sie doch aus der Trauerkammer

Zurück sich zieh'n in's Schlafgemach,

Und da sie hält ihr tiefer Jammer

Vom Schlafe los und trauernd wach; -

 

[PsG.01_032,04]

 

Da zuckt herab ein heller Schatten

Zur Bahre hin in Mondesstrahl;

Denn eh' den Leichnam sie bestatten,

Will er ihn seh'n zum letzten Mal.

 

[PsG.01_032,05]

 

"So hab' ich dich (spricht er) verlassen,

Hab' wie ein Kleid dich abgelegt;

Ich kann ja kaum die Wonne fassen,

In der mein Sein sich nun bewegt.

 

[PsG.01_032,06]

 

"Ich - nun ein freies, rein'res Wesen,

Bin leicht geflügelt, hell und klar.

Ein neu' Gewand ist mir erlesen

Viel hehrer, als dieß alte war. -

 

[PsG.01_032,07]

 

"O Tod! wie doch so sanft gelinde

Hast du im Schlummer mich entrückt,

O - wie ich mich nun seligst finde

Und über jeglich Maß entzückt.

 

[PsG.01_032,08]

 

"Wie macht mich der Gedank' nun bangen,

Daß nur auf eine kürz'ste Rast

Der Leib mich wieder könnt' umfangen

Mit seiner schweren todten Last!

 

[PsG.01_032,09]

 

"Wie zogst du mich zu todten Freuden,

Leib, gegen meinen Willen hin,

Wie mußt' d'rum oft mit dir ich leiden

Für schlecht'sten Lohn, für Tod's Gewinn!

 

[PsG.01_032,10]

 

"Doch fühl' ich jetzt ein Mitleidsbeben,

Und muß hier einen Dank dir weih'n;

War matt auch unser einig's Leben

So konnt' ohn' dich ich doch nicht sein.

 

[PsG.01_032,11]

 

"Du gabst mir wohl auch manche Wonnen,

So sie, die nun der Schlaf umhüllt,

Des Hauptes seelenvolle Sonnen

Entzückte zarter Schönheit Bild; -

 

[PsG.01_032,12]

 

"Wenn süße Tön' das Ohr umflossen,

Die Hand gedrückt des Freundes Hand,

Wenn meine Arm' ein Glück - umschlossen

Und selbst die Lippe Lieb' empfang. -

 

[PsG.01_032,13]

 

"Doch nun bist du allein geblieben,

So sink' denn auch allein zur Gruft;

Denn ich hab' All's ja schöner Drüben,

Dort in der Himmel reinster Luft! -

 

[PsG.01_032,14]

 

"Nur Eins stört Meinen sel'gen Frieden

Und macht mir ein wehmüthig Herz;

Die, welche ich beließ hienieden,

Ergeben sich zu sehr dem Schmerz!

 

[PsG.01_032,15]

 

"Ich hör' sie mächtig um mich weinen,

Der süße Schlaf sie stärket nicht,

Wie gern doch möcht' ich euch erscheinen

Umstrahlt von hellstem klarstem Licht!

 

[PsG.01_032,16]

 

"Wie gern möcht' ich euch All's entdecken,

Welch' eine Wonne mich umfleußt!

Doch würdet ihr gar sehr erschrecken; -

Ihr fürcht't ja den verklärten Geist!

 

[PsG.01_032,17]

 

"So will ich harren denn zur Schwelle,

Ganz heimlich nur nach euch hinseh'n

und fließt um euch des Schlafes Welle

Mit leis'sten Tritt zu euch dann geh'n!

 

[PsG.01_032,18]

 

"Da werd' zu eurem Haupt ich treten,

Umwehen es mit sanftem Hauch,

Euch segnen, liebend für euch beten,

Denn das ist da der Segens=Brauch."

 

 

34. Wiedergeburt

 

und die werkthätige Liebe des Geistes im Leben.

 

[PsG.01_034,01]

 

In der dunklen heut'gen Christensekte Mitte

Ist zu firmen die Getauften fromme Sitte,

Solches wird an Jungen meistens nur vollzogen,

Und von Hirten zwar in neuen Synagogen

Wird der Geist der Kraft und Macht gar prompt beschieden,

Dieses zwar durch Backenstreich und Salz im Frieden,

Oel und Psalmen werden auch dazu benützet;

Doch wird Niemand's Herz dabei für Mich erhitzet.

Gleich wie kalter Schnee von Wolken pflegt zu fallen,

So auch da der heil'ge Geist aus kalten Schalen!

 

[PsG.01_034,02]

 

Ich der heil'ge Geist nicht Wahrheit, Kraft und Leben?

Wie soll Backenstreich und Silber Solches geben!

Oder Psalmen, Salz und Oel in gold'nen Schalen?

O des Irrthums, o des Trugs in Mauerhallen!

Saget Alle, die ihr seit gefirmet worden,

Von dem Südpol bis zum kalten Norden!

Welche Wirkung habt ihr denn an euch erfahren

Von der Sohle bis hinauf zu euren Haaren?

Seht die kalte Flocke von den Wolken fallen,

Sie ist mehr, denn solcher Trug der finst'ren Hallen!

 

[PsG.01_034,03]

 

Wenn zur Erde sind gefallen kalt die Flocken,

Um daselbst in ihrem weichen Schooß zu locken

Manch Geheimniß, manchen Frieden, manches Wunder,

Wie der Welt der Pflanzen eignen Lebenszunder,

Und daß dieses Alles weder Trug noch Lüge,

Zeigt ein blüthenreiner Frühling ja zur G'nüge.

Aber heute Mir der Firmung Lebensblüthen,

Zeige Mir das Gras des Lebens um die Hütten

Und die junge Frucht des Glaubens und der Liebe! -

Höre! Solche Firmung hat nicht Lebenstriebe! -

 

[PsG.01_034,04]

 

Wer die Worte thut getreu, wie Ich befohlen,

Glaubt und liebt, bekennt Mich allzeit unverhohlen,

Dieser wird bekommen Meinen Geist in Fülle;

Fallen wird sobald von seinem Aug' die Hülle,

Welche euch den Weg zum Lichte hat verwehret,

Und dafür mit Angst und Zweifel euch beschweret;

Aber Backenstreich und Oel und Salz und Psalmen

Werden euch versehen nicht mit Lebenspalmen!

Schnee ist Schnee, und Eis in gleichen fest'ren Massen;

Wer dem gleicht im Thun, ob glaubt's, der ist verlassen.

 

[PsG.01_034,05]

 

Sagt ihr nicht: Wenn einmal kalte Winde wehen,

Wird der harte Winder bald gar trüb erstehen,

Und der trüben Wolke reich entfall'ne Flocken

Bringen selbst den regen Bach und Fluß zum Stocken!

Dann ist traurig wohl die Erde anzuschauen,

Und der Landmann kann die Aecker nicht bebauen.

Wahr ist's! auf dem Eise wachsen keine Blumen,

Aber wenn zur Firmung ladend Glocken summen,

Hör'! da g'wahre Ich noch vielmal kält're Winde,

Die Mein Licht gefrieren macht zur Augenblinde. -

 

[PsG.01_034,06]

 

Solches Eis ist wahrhaft Eis für Geist und Leben,

Seine starre Decke wird die Liebe heben

Schwerlich je, wie gleich der Wintersonne Strahlen

Auch an Eises starre Fläche thatlos prallen.

So ihr saget: Schiefes Licht hat keine Wärme,

Wahr ist's, Solches gilt auch von dem blinden Lärme;

Wenn der Firmung Glaubensfolgen ihr wollt schauen,

Saget, wird des Glaubens Schieflicht wohl die Blind' aufthauen?

Euren Geist beleben? Nimmer sag' Ich, Amen, -

Wenn nicht Wort und Werke treulich sind beisammen!

 

 

35. Etwas aus der Weisheit.

 

(August 1840.)

 

[PsG.01_035,01]

 

Es reden leichte Dinge schwere Worte in den Räumen,

Auf den Pfützen oft die schönsten reinsten Blümchen keimen,

Am fernen Himmel sieht des Auges Waffe helle Lichter,

Und murrt der Sonne Licht am Morgen, wenn es dichter -

 

[PsG.01_035,02]

 

Verscheucht das nächtlich Mattgeflimmer ferner Infusionen,

Was staunt der Forscher so an nicht'gen matten Staub=Aeonen,

Das Heiligthum der Gegenwart beachtet nicht der Späher,

Schaut trunken nur hinauf - hinab, hinweg der blinde Seher; -

 

[PsG.01_035,03]

 

Doch nahe liegt dem kurzen Auge eine Blinden=Salbe,

Wie einem Kinder der Mond, und fliegend hoch auch eine Schwalbe;

Darum nicht weit gegriffen, und nur schön zu Hause bleiben,

Da nehmen eine Reuthe *), und da sieben Mehl von Kleiben,

 

[PsG.01_035,04]

 

Da legen Mehl in Körbe, merket was Ich euch da sage,

Da machet Taig, und machet Brod, und backet es am Tage.

Wohl euch des Tages Meiner Gnade, sehet Wolken fluthen -

Da fluthet Leben aus dem Leben aus der Sonne Gluthen.

 

*) ein grobes Sieb.

 

 

35. An den Stern der Sterne.

 

[PsG.01_035,01]

 

In der Schöpfung weitgedehnten Räumen

Wird wohl viel noch Unenthülltes säumen;

Laßt euch nun der Arbeit nicht gereuen,

Euch in Meiner Gnade zu befreien,

Von des Geistes finst'rer Augensperre,

Wie duch Liebe von der Herzensleere;

Denn in Meiner Schöpfung weiten Räumen,

Wohl noch viel verborg'ne Wunder säumen;

In des Geistes Leben liegen Keime! -

Manches künden euch schon hell're Träume. -

 

[PsG.01_035,02]

 

Möget ihr das Heer der Sterne zählen,

Euch den Letzten dann zum Freunde wählen?

Höret, nimmer würdet ihr erreichen,

Je das Ziel, und so dem Fuchse gleichen,

Der den Mond im Wasser hat gesehen; -

(Nach der Fabel werd't ihr's wohl verstehen)

Darum lasset dort in weiter Ferne

Schimmern all' die zahllos vielen Sterne;

Habt ihr Mich in euch nur aufgenommen, -

Habt der Sterne Stern ihr schon bekommen.

 

[PsG.01_035,03]

 

Könnet alle Sterne ihr bereisen

Nach so mancher Geister eitlen Weisen,

Wenn ihr Ewigkeiten dann verwendet,

Wäre euer Wissen wohl vollendet? -

Nur die Oberfläche würd't ihr sehen,

Doch vom innern Grunde nichts verstehen;

Darum lasset dort in weiter Ferne

Schimmern all' die zahllos vielen Sterne;

Habt ihr Mich in euch nur treu gefunden!

Habt ihr all' die Wunder auch entbunden!! -

 

 + + +

Ich bei euch - Ich unter euch - Ich in euch.

 

 

36. Ein wahrer Lobgesang

 

[PsG.01_036,01]

 

Wo ist wohl Jemand, der Mir möchte gleichen?

Welten und Sonnen vor ihm möchten weichen?

Wo ist der Engel, der Mich könnt' ermessen?

Seiner aus Liebe zur Mir ganz vergessen?

Wo eine Welt, und dann wo eine Sonne?

Wo eine Herrlichkeit, wo eine Krone?

Alles in Allem bin Ich nur alleine,

Alles aus Mir, und so All's ist das Meine.

Ich bin die Wahrheit, der Weg und das Leben;

Dem, der Mich liebt, will Ich treu Mich auch geben!

 

[PsG.01_036,02]

 

Kann wohl ein Mensch dem andern sich geben?

Kann er das Leben vom Tode erheben?

Wer kann da sterbend dem Spötter verzeihen?

Grausam mißhandelt die Mörder noch weihen?! -

Wo ist ein Vater von so großer Liebe?

Daß er des Sohnes Blut gäbe für Diebe!

Ich bin der Vater, und ihr - Meine Kinder!

Niemand ist vor und Niemand euch minder.

Ich bin der Herr und der Hirte voll Leben,

Um es euch liebenden Kindern zu geben.

 

[PsG.01_036,03]

 

Kann ohne Meiner wer Todte erwecken?

Oder ohn' Meiner was Gutes bezwecken?

Wer kann da tödten den Menschen zum Leben?

Wer kann die Todten zur Liebe erheben?!

Wer mag das Licht in die Gräber noch spenden?

Ja, selbst zur Hölle die Engel noch senden!? -

Ich nur allein kann das Alles vollbringen,

Mein ist der Wille und Mein das Gelingen;

Kinder! O glaubet, um euch zu vollenden.

Trage Ich euch auf den segnenden Händen! -

 

 

37. Das Verbergen des Herrn.

 

[PsG.01_037,VW] Da schreibe nicht - das Verbergen des HErrn; denn wohin solle sich der Unendliche und Allgegenwärtige verbergen? sondern schreibe dafür als Thema:

 

Das jeweilige periodische Blindsein der Menschen.

 

Woher dieses rührt beim Menschen? - Wann bei den Bessern, und warum manchmal sogar bei Frommen?

 

[PsG.01_037,01]

 

Es widmet sich ein Mensch den Wissenschaften aller Fächer,

Ein And'rer leert dafür der Wohllust tödlich giftgen Becher

Ein Dritter wähnt vor lauter Recht und tief erprobter Tudend

Ein Heil'ger gar zu sein, und schilt dabei der heitern Jugend;

Und so ist Jeder, Wen'ge ausgenommen, Eig'nes lobend,

Dahier ein Narr, und Dort vor lauter Hochmuthsfrevel tobend!

Es giebt gar Viele, die den Bauch als ihren Gott verehren,

Und and're, die sich nur nach eitler Pracht der Kleider kehren,

Auch Viele, die bald Dieß, bald Jenes sich zur Lieb`erkoren!

O Solche werden aus dem Geiste wieder nie geboren.

 

[PsG.01_037,02]

 

Wenn aber du voll Heiterkeit den reinen Tag genossen,

Ja, ob der Wunder Meiner Schöpfung manche Thrän' vergossen,

Dich emsig auch beweget hast den ganzen Tag in Freuden,

Und mochtest den Gedanken, auszuruhen, wohl vermeiden;

Und wenn der kühle Abend dann gesenkt sich hat zur Erden,

Und dich zur Ruhe zieh'n des Tages heitere Beschwerden,

Wenn du hernach gar bald im Schlaf die Augen hast geschlossen,

O, sage Mir, wohin, sich bergend, ist die Welt geflossen?

O sieh', nicht diese Szenen haben sich vor dir verborgen,

Dein Aug' vor ihnen nur; denn wieder siehst du sie am Morgen.

 

[PsG.01_037,03]

 

Wer möchte wohl sein Auge unverwandt zur Sonne wenden,

Und seine Blicke stets in's Centrum alles Glanzes senden?

Ja, wer das größte, stärkste LIcht der Lichter wohl ertragen,

Und sich mit seinem schwachen Licht mit Mir zu kämpfen wagen?

Der Sonne Frühlingswärme mag wohl Jeder gut erleiden,

Es liegen auch in solcher Wärme nur der Himmel Freuden. -

Doch wer da dächt': Die Engel schauen stets das Licht der Lichter,

Und wenden unverwandt nach Mir die sel'gen Angesichter,

Der möchte sich gewaltig irren; Licht ist nur zum Leuchten,

Zum Schau'n die Liebe nur. Das faßt, ihr Glaubensseichten!

 

Nachwort.

 

[PsG.01_037,04] Siehe, in dieser einfachen, aber liebevollen Sangesweise ist die Ursache über das Verborgensein meines Wesens vom Anfange bis zum Schlusse vollkommen gezeiget; es ist gezeigt, daß die nicht Wiedergeborenen Mich gar nie sehen können und werden, so wenig die Ungeborenen das Licht der Welt; daß selbst die Ein=, Neu= und Wiedergeborenen in ihren Thatenmüde Mich auch nicht sehen, so sie sich auf Zeitlang schlafen legen im Geiste, und die Engel nicht der Vorbereitung zum Empfange höherer Seligkeiten wegen; siehe darin liegt Alles. - Liebet! so werdet ihr es empfinden, und glaubet, so werdet ihr es erschauen, daß es also ist. Amen. Das sage Ich, der sich nicht und nie verbirgt. Amen, Amen, Amen.

 

 

38. Warnung vor Neckereien.

 

Am 20. Juli 1842.

 

[PsG.01_038,VW] Es ist kein Wörtlein so gering, als daß es nicht solle zu beachten sein; daher gebe auch diese Wörtleins, so da Jemend ist neckend muthwilligen Geistes.

 

[PsG.01_038,01]

 

Warum du so spitzig

Und manchmal gar hitzig?

Warum da verdrehen

Die Zeichen der Höhen?

 

[PsG.01_038,02]

 

Bist ärglich im Herzen,

Was macht dir die Schmerzen?

Schau, schau, wie du wandelst,

Mit Brüdern du handelst?

 

[PsG.01_038,03]

 

Was willst denn erzwecken

Mit deinem Vernecken?

Willst Fehler bedecken,

Um Liebe zu wecken?

 

[PsG.01_038,04]

 

Der Weg führt gerade;

Auf brechendem Rade

Die göttliche Spende

Die Liebe zu Ende,

 

[PsG.01_038,05]

 

Und jegliche Gabe

Zum finsteren Grabe. -

D'rum lasse das Necken!

Magst Niemand erwecken.

 

[PsG.01_038,06]

 

Wohl freu' dich der Liebe

Stets segnenden Triebe,

So besser wirst's machen,

Als durch dein Belachen.

 

[PsG.01_038,07

 

Und so sei nicht spitzig

Und nimmerdar hitzig - Amen.

 

 

39. Eine kleine Szene.

 

(Empfangen vom HErrn durch J. L. am 6. Sept. 1840.)

 

[PsG.01_039,VW.01] Da du gerade etwas schreiben willst, so schreibe an die Meines Namens frohe Gemahlin des Brd. A. H., da sie eine Freude hat an Meinem Worte, diese folgende kleine Szene; und sie möchte darüber nachdenken und erforschen in ihrem Herzen, was Ich damit meine.

[PsG.01_039,VW.01] Sie solle jedoch nicht zu viel denken (d. h. mit dem Verstande nachgrübeln?) sondern nur recht stark fühlen, und so wird sie dann schon finden, was Ich damit sagen will; darum aber gebe Ich es verhüllt und ein wenig gleichnißweise, damit sie desto leichter finden möchte den schmalen Weg zu Meiner Liebe und der daraus fließenden Gnade! Amen.

 

Das aber ist die kleine Szene:

 

[PsG.01_039,01]

 

Es lebte einst ein überreicher Mann zufrieden,

Und war ihm auch ein liebes, treues Weib beschieden,

Und hatte er gezeuget Kinder, männlich - weiblich,

Doch war'n die meisten, wie begreiflich - fleischlich.

 

[PsG.01_039,02]

 

Nur Eines, das ein Mädchen, war von Mir entsprossen;

Jedoch zu wissen das - war nicht in sie gegossen;

Darum war auch der Liebling nicht dieß bess're Kind;

Denn es war nicht so schön, do glatt und so gelind!

 

[PsG.01_039,03]

 

Doch aber war es folgsam, liebend sein' Geschwister,

Und horchte wenig auf derselben falsch Geflüster;

Es unterschied sich von den Andern nur darin -

Daß es sich macht der Eltern Liebe zum Gewinn.

 

[PsG.01_039,04]

 

Doch selten nur konnt's diesem lieben Kind gelingen,

Erfreut zu Thränen in der Mutter Herz zu dringen,

Was selten nur - Ich sag' es euch für wahr und klar -

Geschah, und zwar oft nur zehn Mal in einem Jahr!

 

[PsG.01_039,05]

 

Doch was die andern Kinder allzeit mocht' gesagen,

So wußten diese wenig nur von Kinderplagen;

Sie hattens's alle leicht und weniger zu thun,

Und durften rüglos fröhlich - wann sie wollten - ruh'n.

 

[PsG.01_039,06]

 

Und seht, da ließ Ich's denn aus Liebe einst geschehen,

Damit die Liebe aus dem Glauben möcht' erstehen,

Daß so ein armer Mensch von Mir empfing das LIcht,

Zu schauen inn're Dinge, so ein "zweit's Gesicht!"

 

[PsG.01_039,07]

 

Da kam denn dieser Mann in's Haus in Meinem Namen,

Und fand - wie zu geschehen pflegt' - sie All' beisammen;

Bemerkte aber auch, und wurd' es bald gewahr,

Daß Eins der Kinder Meiner Lieb' entsprossen war.

 

[PsG.01_039,08]

 

Da fragt er Mich: "Du großer Vater aller Frommen,

O sag' - wie dieses Kind zu diesen ist gekommen?"

Und seht, da gab zur Antwort Ich dem armen Knecht:

"Was da geschehen - frage nicht, es ist Mein Recht!

 

[PsG.01_039,09]

 

Denn was Ich Jemanden aus Liebe hab' verliehen,

Das macht dem so Betheilten anfangs allzeit Mühen;

Nur erst, wenn so zur Erd' ein Engel wird verbannt -

Wird dann von solchen Eltern Meine Lieb' erkannt.

 

[PsG.01_039,10]

 

"Darum laß solche Kinder Ich ein wenig toben,

Damit die andern sollten Meinen Namen loben,

Ich lasse solche manchmal auch unartig sein,

Um so die Andern von der Hoffahrt zu befrei'n!

 

[PsG.01_039,11]

 

"Doch soll ein solches Kind verzogen Mir nicht werden,

Noch auch gerad' erdrückt von menschlichen Beschwerden;

Es soll den Andern gleich belehrt gehalten sein,

Darüber wird sich dann des Kindes Vater freu'n!"

 

[PsG.01_039,12]

 

Und als der Knecht von Mir nun Solches hat vernommen,

So ward in seinem Herzen er alsbald beklommen,

Und wußte nicht - ob er auch das soll geben kund -

Und fragt' Mich: ob er dess' soll öffnen seinen Mund?

 

[PsG.01_039,13]

 

Und "Nein!" vernahm in sich das Wort er deutlich sagen:

"Das sollst du ohne Meinen Willen nimmer wagen,

Denn Meine Gabe soll verborgen sein der Welt

Zur Zeit, bis selbe Mich durch Liebe hat erwählt.

 

[PsG.01_039,14]

 

"Doch wenn du unbemerkt mit solchem Kind im Stillen

Dich wann befindet, sollst ihm melden Meinen Willen;

Denn es wird Freude haben, hörend was von Mir;

Doch soll's nicht wissen, wo entsprossen - sag' Ich dir!

 

[PsG.01_039,15]

 

"Auch sollst du dieses Niemand Andern bald verkünden,

Sie sollen es in ihrem eig'nen Herzen finden;

Denn solch' verdeckte Speisen geb' Ich allzeit nur

Dem Knecht, als Braut für seines Herzens lichte Flur.

 

[PsG.01_039,16]

 

"Es ist nicht eine Braut für dieser Welt Getümmel,

Es ziert die Braut als Weib den Knecht im Himmel,

Doch wenn ein Weltlicher zuvor sie hätt' erwählt,

Wird er von ihr zur Strafe bis zum Tod gequält.

 

[PsG.01_039,17]

 

"Darum, um solches allzeit sicher zu vermeiden,

Betheil' Ich solche Kinder oft mit manchen Leiden,

Und mache sie ein wenig dumm und minder schön,

Damit sie solch' Versuchen leichter widersteh'n.

 

[PsG.01_039,18]

 

"Doch in geheimen Stunden mach' Ich sie bescheiden,

Und gönne ihnen dann so manche stille Freuden;

Und wenn zu Mir gewendet haben Solch' ihr Herz,

So soll benommen werden ihnen aller Schmerz.

 

[PsG.01_039,19]

 

"Und sollen auch erleuchtet werden mit den Flammen,

Die allzeit helle lodern aus der Liebe Namen,

Durch den allein das Leben einem Sünder wird,

Der ihm da sagt: daß Ich nur bin ein guter Hirt." -

 

[PsG.01_039,20]

 

Nun sieh, du Mutter, dir hab' Ich es auch gegeben;

Doch du verstehst noch nicht ein solches höh'res Leben,

Sollst auch nicht fragen - wie, warum, woher und wann?

In dir wirst dieses du aus Meiner Lieb' erfah'n.

 

[PsG.01_039,21]

 

Nun, da zu lieben du Mich auch hast angefangen,

Nur darum geb' Ich dir auch solch ein süßes Bangen,

Doch weiter Mich zu forschen ist noch nicht die Zeit;

Darum mach' für die Zukunft Mir dein Herz bereit.

 

[PsG.01_039,22]

 

Dann werd' Ich dir schon zeigen klärlich Meinen Willen,

Und werde dir "die kleine Szene" ganz enthüllen;

Doch vorderhand sei nur allein dir das bekannt -

Daß Ich nicht Freude hab' an eitler Fetzen Tand.

 

[PsG.01_039,23]

 

Doch aber, wenn du wirst nach Meinem Reiche trachten,

Und wirst aus Meiner Lieb' in dir - die Welt verachten,

So werd' Ich zeigen dir den Bräutigam, den Mann,

Den deine Tochter in den Himmeln wird empfah'n.

 

[PsG.01_039,24]

 

Nun, deinem Herzen sei empfohlen diese Szene,

Erwärme sie daselbst, wie Küchlein eine Henne;

Dann wirst du finden Meiner Gnade lichten Pfad,

Daran dich speisen wirst zum ew'gen Leben satt!

 

[PsG.01_039,25]

 

Und endlich sag' Ich "Amen", Der Ich das gegeben,

Und sage Amen, Liebe=Amen sei dein Streben;

Denn Ich - der heil'ge Vater, bin das große Amen,

Darum sprich allzeit fromm des großen Vaters Amen!"

 

[PsG.01_039,NW] Und ich, Knecht, sage Dir, o heiliger großer Vater, allzeit: Hallelujah, halleluja, halleluja, Amen, in Aller Namen, Amen!

 

 

40. Bitte des Knechts des HErrn.

 

(J. L. am 27. Dezember 1840.)

 

[PsG.01_040,VW.01] "O Herr! Sehe gnädig herab auf mich armen Sünder, und gebe mir kund, wie bei Dir angezeichnet ist der Ort Graz, in dem ich mich nach Deinem heiligen Willen befinde, und furchtsam aufzeichne, was mir Unwürdigstem Deine heilige Gnade bescheert, durch die Sprache des Geistes.

[PsG.01_040,VW.02] O Herr! es ist nirgends, weder in der Höhe, noch in der Tiefe Etwas, das da wäre ohne Deinen allerheiligsten Willen, daher geschehe auch allezeit Dein heiligster Wille!"

 

Antwort des HErrn: So schreibe:

 

Ein kleines Liedchen.

 

[PsG.01_040,01]

 

Was fragst du Mich um solche arge Dinge!

Das klingt, als ob dein Herz an ihnen hinge!

Mein Weg gedenket nimmer solcher Stellen.

Was liegt dem Meere wohl am Ort der Quellen?

Da mag die Stelle sein - so schmutzig, öde,

So groß, so klein wie möglich, - und so blöde

Auch das Gestein, dem sie entspringen möge;

Dieß Alles Ich wohl nie zu achten pflege.

 

[PsG.01_040,02]

 

So aber du die Pflanzen schaust auf Erden, -

Siehst nicht beisammen - gut und schlechte werden?

Wie kannst du fragen nach des Ortes Klasse,

Wo Ich noch Meiner Sonne leuchten lasse!

Es giebt, wie überall, auch hier gar Viele,

Allwelchen nur ein Gräuel ist - "Mein Wille",

Doch möcht'st du wissen treu Mein Wohlgefallen,

So merk' - wohin der Sonne Strahlen fallen.

 

[PsG.01_040,03]

 

So lang du sehen wirst von Meiner Sonne

Erleuchten noch der Erde jede Zone,

So lange - glaub' es nur - ist jede Stelle

Mir einerlei, ob finster oder helle,

In ihrer Erdenhandlung Außensfäre;

Und was im Herzen Ich dir wohl bescheere,

Ist nicht für Ort und Stadt, in der du lebest,

Ist nur - daß du nach Meinem Reiche strebest.

 

[PsG.01_040,04]

 

Doch möchtest dir du hier ein Weib bereiten -

O sieh, das wirst du hier dir kaum erstreiten;

Denn wo an einem Ort die Welt regieret,

Und wo die Nacht den Tag so leicht verführet -

Da, sag' Ich, schaue nicht ein Weib dir theuer,

Und werde nicht des Flitters eitler Freier;

Und glänzt auch über deren Haupt die Sonne,

So gibt's für dein Herz hier doch keine Krone!

 

[PsG.01_040,05]

 

Doch so du Mich nur hast getreu gefunden,

Was liegt am Ort, am Weib, an heitern Stunden?

Ich hab' der Engel ja in großer Menge,

So dir es frommt - Ich geb's dir ohne Strenge, -

Nicht wie die Welt, die nur nach Eitlem trachtet,

Und so den Werth der Menschen stets verachtet;

Ich gebe gerne dir viel Tausend Legionen

Die All' bei dir gar gerne möchten wohnen!

 

[PsG.01_040,06]

 

Doch erst mußt du dein Werk getreu vollenden,

Bevor kann Ich nicht Engel zu dir senden -

Auf daß du sähest ihre schönsten Leiber, -

Viel schöner, als die schönsten aller Weiber.

Und so dein Sinn noch möchte irdisch bleiben,

Daß dir behagten dieser Erde Kleiben, -

So werd' Ich sicher wohl die rechte finden

Und sie für ewig dann zum Weib dir binden. -

 

[PsG.01_040,07]

 

Doch jetzt sollst du um Nichts dich ängstlich sorgen,

Bis aufgegangen ist durch dich der Morgen,

Deß Sonne - Ich - der langen Nacht entsteige, -

Darum sollst ängstlich du nicht sein und feige;

Denn, wenn dich hier die Nacht verfolgen sollte -

Und dir verwehren Meine Stimm' gar wollte,

So sehe nur empor, wohin die Strahlen

Der Sonne irgend reichlich möchten fallen!

 

[PsG.01_040,08]

 

Da ziehe hin, in Meinem mächt'gen Namen,

Ich werde stets - mit dir gar wohl beisammen -

Was hier Ich gebe, dir allorts auch geben,

So du nach Meinem Reich wirst treulich streben;

Darum gedenke nicht des Orts, der Stelle,

Es scheint die Sonn' ja überall noch helle;

Ich binde Mich ja nicht an "hier" und "dorten",

Solang die Sonne scheint an allen Orten!

 

[PsG.01_040,09]

 

Wohl' aber bind' Ich Mich auf g'naue Treue

Bei dem, dem Ich die Liebe stets vorschreie;

Und kommen "dann und wann" wohl auch Versuche -

Zu schmähen Mich - das Wort im heilgen Buche,

So denk': Das Oel verbindet sich gar schwer

Mit kaltem Wasser; - ist denn jetzt wohl mehr,

Als da Ich leiblich bin zur Erd' gekommen,

Da man Mir Selbst das Leben hat genommen!

 

[PsG.01_040,10]

 

Daher magst du von Nichts dich drängen lassen,

Doch jeden Frevler recht in's Auge fassen;

Dann wird bald Jeder hier entmuthigt sinken;

Um - wie gewohnt - aus sich den Tod zu trinken;

Magst lieben auch, was deinem Herzen nahet,

Doch nur, damit dein Licht es da empfahet;

Und so du bist nicht mehr ein dummer Sklave,

Nicht mehr in einer Satzung strenger Clave, -

 

[PsG.01_040,11]

 

So du die Liebe dir gemacht zu eigen,

Kannst leichtlich dann von dem Gebote schweigen,

Und so auch Jeder, den die Liebe ziehet,

Daß er um selbe sich getreu bemühet,

Und der da höret Meine Liebe nur,

Und folget treulich ihrer sanften Spur,

Wird schwerlich irgend mehr Gesetze finden,

Daß sie ihn noch zum Sklaven möchten binden!

 

[PsG.01_040,12]

 

In Mir ist kein Gebot, als das der Liebe

In Mir ist keine Macht, als die der Liebe,

In Mir ist keine Kraft, als die er Liebe,

In Mir ist Eins nur frei und das - die Liebe, -

Und Meine Heiligkeit - sie folgt der Liebe,

Und so die Weisheit - sie entstammt der Liebe,

Und so das Leben, so die Gnade- Amen!

Ja in der Lieb' find't Alles sich beisammen!

 

[PsG.01_040,13] Ueberdenke dieses Liedchen wohl, und du wirst gar bald ein großes Lied des Lebens darin entdecken. Amen! Das sage Ich, Den du kennst. Amen! Amen! Amen!

 

 

41. Die arge böse Zeit.

 

Vorwort.

 

[PsG.01_041,VW] Für heute schreibe ein kleines LIed; und das Lied heiße: "Die Zeit, - die arge Zeit, - die böse Zeit!" denn es thut euch noth, von Mir etwas zu vernehmen von der Zeit, damit ihr euch zu benehmen wisset in der argen, bösen Zeit, wenn sie euch versuchen sollte in dem oder in dem; denn fürwahr: so arg und böse ist eure Zeit, daß sie noch nie ärger und böser war, denn jetzt; Ich kann nun zu Niemanden mehr kommen, denn allein im leisesten Worte; und daher dieses Lied, welches euch zeigen soll:

 

 

[PsG.01_041,01]

 

Fast aus aller Menschen Herzen

Ist die Lieb' entschwunden;

Männer mit der Treue scherzen,

Liebe wenig Stunden

Währet, - selbst bei einem Weibe;

Sie will nur gefallen,

Lieben blos zum Zeitvertreibe; -

Also geht's bei Allen! -

 

[PsG.01_041,02]

 

Herren, die am Ruder stehen

Haben kleine Ohren,

Daß sie Niemanden verstehen,

Als nur - der geboren

Ihnen gleich war, um zu prangen,

Darf vor ihnen lallen

Irgend ein verblümt's Verlangen;

Also geht's bei Allen! -

 

[PsG.01_041,03]

 

Reichen Klötzen in Palästen

Widern arme Brüder;

Hund' und Huren fett zu mästen,

Das ist nicht zuwider

Und gemein für solche Herren,

Die von Golde strahlen,

Doch die Armen von sich kehren;

Also geht's bei Allen!

 

[PsG.01_041,04]

 

Jungen Mädchen liegt am Herzen

Nichts als Modekleider,

Fremd sind ihnen Liebeschmerzen,

Nur zu wahr ist's leider!

Die Bestimmung sie nicht kümmert,

Wenn sie nur "gefallen,"

Ob ihr Heil auch wird zertrümmert,

Also geht's bei Allen! -

 

[PsG.01_041,05]

 

Jungen Burschen will nichts frommen,

Als nur stets zu spielen;

Sind sie in die Schul' gekommen -

Haben's keinen Willen,

Etwas Nützes zu erlernen;

Doch sich weise prahlen -

Wie sie können Gott entfernen;

Fast so geht's bei Allen! -

 

[PsG.01_041,06]

 

Kleine Kinder, die kaum stehen,

Wird der Stolz gelehret, -

Worte, die sie nicht verstehen -

Wird auch's Herz verheeret -

Müssen Kinder radebrechen,

Wenn's auch türk'sche wären! -

HÖret, wenn die Fliegen stechen,

Muß ein Wetter gähren! -

 

[PsG.01_041,07]

 

Hütet euch, ihr wen'gen Treuen,

Mit der Welt zu tauschen,

Sich mit ihr des Trugs zu freuen

Und sich zu berauschen

Aus der Wollust Schandebecher;

Lang wird's nicht mehr währen,

Alle diese Weltenzecher

Werd' ich bald verheeren!

 

[PsG.01_041,08]

 

Babels Hure mag sich rüsten,

Drohen allen Staaten,

Schreien von den Steingerüsten,

Selbst Mein Wort ermatten!

Hört, sie hurt zum letztenmale

Zu gar niedern Preisen;

Schon wird's leer in ihrer Halle,

Pest in allen Kreisen!

 

[PsG.01_041,09]

 

Wie der Drache sich auch winde

Und den Reiz entfalte,

Glätte seine Bohon-Rinde

Und deß Laub entfalte;

Doch umsonst ist all' sein Mühen,

Seine Macht gebrochen,

Bald wird All's, ihm fluchend, fliehen,

So er's auch bestochen!

 

[PsG.01_041,10]

 

Meine Kleider hast zerrissen,

Babels große Hure,

Hast Mein Himmelsbrod zerbissen,

Acht'st nicht Meiner Murre,

Nun sollst nackt du vollends werden,

Pestgestank nur sprühen;

So wirst bleiben auf der Erden,

Dich muß Alles fliehen!

 

[PsG.01_041,11]

 

Hör', du Wohnstätt' der Banditen,

Höre - Schlangenfutter,

Du dich wähnst in Meiner Mitten

Als der Seelen Mutter;

Deinen Balsam will Ich schütten

In den Pfuhl der Gräuel,

Und all' deine losen Bitten

Sei'n ein Lasterknäuel.

 

[PsG.01_041,12]

 

Deine Liebthat will ich preisen,

Wie ein Fürst Rebellen,

Geben dir, in Feuerkreisen,

Licht, dich zu erhellen;

Meine Kinder hast verbrennet,

Auf den Scheiterhaufen,

Sei mit Fluch denn nun belehnet,

Magst den Tod dir kaufen!

 

[PsG.01_041,13]

 

Kurze Zeit noch wart't ihr Wen'gen,

Lauscht der Schlange Zischen;

Müsset euch in Nichts nun mengen,

Und in Nichts euch mischen,

Was die Zeit auch möcht' erzeugen,

Bös sind ihre Wege;

Was ihr habt, sei euch nur eigen:

Meine Weg' und Stege!

 

[PsG.01_041,14]

 

Wenn dann sie sich wird verkriechen,

Dieser Zeiten Schlange,

Schon fängt an, die Hur' zu siechen,

Dann sei euch nicht bange,

Meine Wege auszubreiten;

Bis da werdet voll ihr's haben -

Wollt auf Meinem Weg ihr schreiten

Und an Mir euch laben.

 

[PsG.01_041,15]

 

Rechnet nach der Zahl der Gelsen,

Die euch lästig stechen;

Horcht! schon braust's in Bergehälsen

Als ein Wagenbrechen;

Tücke, Ruhe vor dem Sturme,

Sie ist eingetreten;

Trauet nicht dem Todten=Wurme, -

Ich werd' euch erretten!

 

 

[PsG.01_041,NW] Es thut euch Allen noth, auf daß euch Niemand verführe, daß Ich euch dieses gegeben; glaubet es, Ich, euer großer Meister und Lehrer, gebe euch dadurch eine sichere Vorwaffe, die euch vor dem Pesthauche der Zeit schützen solle, auf daß ihr unversehrt bleiben möget, bis zur nahen Zeit der Endlöse. Amen.

 

Das sage Ich, der euch über und über liebt, mehr, denn ihr Ihn, Amen!

 

 

42. Drei Blumen an einem Strauche Und jede zu and'rem Gebrauche!

 

Am 29. Juni 1841.

 

Erste Blume.

 

[PsG.01_042,01]

 

Prachtvollste Blume, am dornigen Strauche,

Auens Geweihte vom heiligen Hauche!

Unter den Blumen - der Liebe geweihet,

Lebst nur du Rose, wohlduftend erfreiet

 

[PsG.01_042,02]

 

Immer als schönstes Symbol reinster Liebe;

Nur mußt du duften - ob schön oder trübe

Etwa sich zeige der werdende Morgen.

Heiter und munter in Kummer und Sorgen

 

[PsG.01_042,03]

 

Ueber die Sterne hinauf zu den Höhen

Treuesten Herzens, - von Dorten dir wehen

Traulich entgegen gar mildsüße Lüfte

Ewigen Lebens aus heiliger Trifte! -

 

[PsG.01_042,04]

 

Nichtige Dinge der Erde verschmähe,

Nur deinen Schöpfer im Herzen verstehe;

Ewig wird dich dann das Leben erfreuen,

Rose! das dir wird der Vater anfreien!

 

 

Zweite Blume.

 

[PsG.01_042,05]

 

Pflegest du, Mohn, wohl auch Felder zu schmücken,

Anger und Gärten, manch Auge berücken,

Unheil du birgest in deiner Samkrone,

Laue gebrauchend das Licht Meiner Sonne;

 

[PsG.01_042,06]

 

Unter den Schlafenden magst du wohl prangen,

Setz'st nicht ins Leben dein tödtlich Verlangen.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Heiter und munter in Kummer und Sorgen

 

[PsG.01_042,07]

 

Ueber die Sterne hinauf zu den Höhen

Treuesten Herzens, - von dorten dir wehen

Traulich entgegen gar mildsüße Lüfte

Ewigen Lebens aus heiliger Trifte!

 

[PsG.01_042,08]

 

Nichtige Dinge der Erde verschmähe,

Nur deinen Schöpfer im Herzen verstehe;

Ewig wird dich dann das Leben erfreuen,

Ros=Mohn, das dir wird der Vater anfreien!

 

Dritte Blume.

 

[PsG.01_042,09]

 

Peinliche Distel, du Marter der Blumen,

Einige Käfer dich kosend umsummen,

Tragest des Honigs als Speise der Bienen

Duft's auch gar wenig in deinem Nachsinnen;

 

[PsG.01_042,10]

 

Unter den Blumen als letzte geschaffen,

Sehe, daß dich nicht zu Tod selbst wirst strafen!

Gott und Gehorsam mußt du dir erwählen -

Eins nur ist nöthig, das mußt dir bestellen;

 

[PsG.01_042,11]

 

Hoffe als Knabe, und glaube und liebe!

Ohne dieß Eine wirst du zum Tagdiebe;

Ruhe der Arbeit, und Ruhe dem Fleiße,

Geistliche Tugend nach höchstem Geheiße

 

[PsG.01_042,12]

 

Hat nur die horchende Ruhe beschieden,

Ehre sie - willst du gelangen zum Frieden!

Du mußt jetzt lernen, nicht spielen nach Willen,

Ehre den Vater und preis Ihn im Stillen;

 

[PsG.01_042,13]

 

Mutter und Schwester mußt allzeit du lieben,

Vater und Mutter und Schwester nie trüben,

Alles recht gerne und willig ertragen,

Treiben nicht Possen, die Brüder nicht klagen,

 

[PsG.01_042,14]

 

Einmal wirst du dann den Lohn schon empfangen,

Rechtlich und gut, ganz nach deinem Verlangen!

Das sind die "drei Blumen" an einem Strauche,

Gestellet doch jede zu and'rem Gebrauche,

 

[PsG.01_042,15]

 

Doch sollen sich einstens gar alle vereinen

Und göttlich in Liebe sich friedlich bereinen!

Darum ist gegeben für Alle zusammen

Dieß letzte, gar mächtig stets wirkende "Amen!" -

 

 

43. Ein neues Licht im neuen Lichte.

 

(Durch J. L. zu Greifenburg im August 1841.)

 

[PsG.01_043,01]

 

Hör' in diesen letzten Tagen

All' die Menschen heulend klagen,

 

[PsG.01_043,02]

 

Hör' was sie verzweifelnd sagen:

"Nimmer können wir's ertragen

 

[PsG.01_043,03]

 

"Langen Truges schnöd'ste Plagen;

"Mögen Blitze uns erschlagen,

 

[PsG.01_043,04]

 

"Wenig woll'n wir darum fragen,

"Nur laß' nicht mehr höhnend jagen,

 

[PsG.01_043,05]

 

"Die da frevelnd Goldzeug tragen

"Und anfüllen ihren Magen

 

[PsG.01_043,06]

 

"Mit der Armuth Thränenfluthen,

"Unserm Geiste nach, zum Guten

 

[PsG.01_043,07]

 

"Nur dem Tode - nicht dem Leben,

"Wie die Lügner es vorgeben;

 

[PsG.01_043,08]

 

"Waren's ja wohl unsre Brüder,

"Die da sangen Todeslieder,

 

[PsG.01_043,09]

 

"Und in zahllos' Feuerbränden

"Ließen treue Menschen enden;

 

[PsG.01_043,10]

 

"Und mit Fluchen, wildstem Toden

"Gaben vor, Dich treu zu loben!

 

[PsG.01_043,11]

 

"Sieh', die Erd' ist voll von Sünden,

"Wer darf frei Dich nun verkünden?

 

[PsG.01_043,12]

 

"Wo mit Waffen freche Schaaren,

"Deiner Kinder grimmig harren,

 

[PsG.01_043,13]

 

"Was nützt Jemand Dein Erbarmen,

"Was Dein Licht dem Schwachen, Armen,

 

[PsG.01_043,14]

 

"Darf er Dich ja kaum mehr nennen?

"Und die Treu zu Dir bekennen;

 

[PsG.01_043,15]

 

"Oeffentlich, wer darf es wagen,

"Dir nach, Kreuz und Leid zu tragen?

 

[PsG.01_043,16]

 

"Möcht sich jemand Deiner rühmen,

"Wie's dem Kind' doch sollte ziemen,

 

[PsG.01_043,17]

 

"O dann gibts schon tausend Ohren

"Derer, die die Nacht geboren,

 

[PsG.01_043,18]

 

"Dann nur noch ein Wort gesprochen,

"Wird Dein Kind mit Blut gerochen,

 

[PsG.01_043,19]

 

"Blind'ster Wahn wird dann zum Richter,

"Und des Truges schwarz Gelichter -

 

[PsG.01_043,20]

 

"Darfs zum Holz auch nicht mehr greifen

"Und das Licht zum Brande schleifen,

 

[PsG.01_043,21]

 

"Spricht das Urtheil doch, auf Straßen

"Und von Dächern wird erlassen,

 

[PsG.01_043,22]

 

"Daß Dein Kind der Satan führet

"Und er's durch und durch verwirret;

 

[PsG.01_043,23]

 

"Dann des Volkes blinde Menge

"Hinzu strömet im Gedränge,

 

[PsG.01_043,24]

 

"Um des Wahn's Geschrei zu hören

"Und dem Licht den Weg zu sperren.

 

[PsG.01_043,25]

 

"Was kann uns Dein Licht dann zeigen?

"Nichts, als still von Ihm zu schweigen!

 

[PsG.01_043,26]

 

"Magst Du Pest und andre Plagen

"Schicken uns in diesen Tagen,

 

[PsG.01_043,27]

 

"Gerne wollen' wir ertragen,

"Und Dir Dank dafür noch sagen, -

 

[PsG.01_043,28]

 

"Doch von Schergen uns zu jagen

"Geistig lassen in den Tagen,

 

[PsG.01_043,29]

 

"So laß länger uns nicht plagen;

"Blitze mögen uns erschlagen,

 

[PsG.01_043,30]

 

"Nur Dein reinstes Licht laß ragen

"Ueber Wahn - in diesen Tagen!"

 

[PsG.01_043,31]

 

Hast Du es nun wohl vernommen,

Wie da klagen beß're Frommen!

 

[PsG.01_043,32]

 

Siehe, wie soll solches Schreien

Noch den guten Gott erfreuen;

 

[PsG.01_043,33]

 

Soll er wohl noch länger lassen

Von dem Wahn die Wahrheit hassen?

 

[PsG.01_043,34]

 

Und die treue Lieb' ertödten

Von des Trugs und Lüge Nöthen?

 

[PsG.01_043,35]

 

Solches soll nicht mehr geschehen,

Eh' möcht' alle Welt vergehen!

 

[PsG.01_043,36]

 

Sehe hin nach allen Seiten,

Wie die Treuen redlich streiten,

 

[PsG.01_043,37]

 

Wie schon fast in allen Landen

Flüchtig sind des Truges Banden,

 

[PsG.01_043,38]

 

Wie der Lüge Reiche schwinden,

Wie sich Völker ihr entwinden;

 

[PsG.01_043,39]

 

Siehe, das sind tücht'ge Zeichen,

Denen aller Wahn muß weichen;

 

[PsG.01_043,40]

 

Wer wird da noch horchend trauen,

Da nichts mehr denn Schutt zu schauen!

 

[PsG.01_043,41]

 

Oder kann je Friede wehen,

Kann ein Licht da je erstehen,

 

[PsG.01_043,42]

 

Wo die Brüder sind in Kasten

Grimmentbrannt und ohne Rasten

 

[PsG.01_043,43]

 

Knechtisch unterjochend bannen?

Statt sich liebend zu ermahnen,

 

[PsG.01_043,44]

 

Sich in Nöthen beizustehen,

Liebreich, lehrend sich verstehen,

 

[PsG.01_043,45]

 

Nur Mein Wort gar schnöd' verdrehen,

Daß ihr Trug möcht' fest bestehen! -

 

[PsG.01_043,46]

 

Alter Sturm, hast ausgetobet!

Mich hast nie, nur dich gelobet,

 

[PsG.01_043,47]

 

Was du mir mocht'st opfernd bringen

Waren eigennütz'ge Schlingen;

 

[PsG.01_043,48]

 

Um die Menschheit arg zu fangen,

War dein einziges Verlangen;

 

[PsG.01_043,49]

 

Gold, dein Gott, dem hast gedienet,

Mich allzeit verkleint, verdünnet!

 

[PsG.01_043,50]

 

Ausgespielt ist deine Rolle

Von dem Süd= bis Nordens Pole!

 

[PsG.01_043,51]

 

Nun sollst du mir also welken

Langsam sterbend - gleich den Nelken,

 

[PsG.01_043,52]

 

Die im Herbste wüste blühen,

Und zu prangen sich bemühen,

 

[PsG.01_043,53]

 

Um noch Jemand zu berücken,

Ihn, gleich Frühlings, zu entzücken;

 

[PsG.01_043,54]

 

Darum ist der Reif gekommen

Und dir aller Reiz benommen,

 

[PsG.01_043,55]

 

Bald wird Schnee zur Erd' dich drücken,

Dann wirst Niemand mehr berücken!

 

[PsG.01_043,56]

 

Bleich, dem Opfer gleich an Farbe,

Stinkend aus des Truges Narbe,

 

[PsG.01_043,57]

 

Todt längst du vor aller Augen; -

Sag, wozu möcht'st du noch taugen?

 

[PsG.01_043,58]

 

Wartest, meinst, wirst dennoch siegen,

Wirst dem Licht nicht unterlieben;

 

[PsG.01_043,59]

 

Ja im Tode wirst du siegen,

Todt wohl Niemand mehr belügen;

 

[PsG.01_043,60]

 

Doch wirst nimmerdar erstehen

Eh' denn Erde wird vergehen!

 

[PsG.01_043,61]

 

Also ist's! und wird's geschehen!

Schlange, du wirst nicht bestehen!

 

[PsG.01_043,62]

 

Alter Satan - ausgerungen,

Lang zu arg die Erd' gezwungen,

 

[PsG.01_043,63]

 

Fürst und Priester mußt' dir weichen,

Hier, wie in des Geistes Reichen;

 

[PsG.01_043,64]

 

Lange hab' Ich zugesehen,

Ob du dich zu Mir mögst drehen,

 

[PsG.01_043,65]

 

Was Mein sehnsuchtsvolls Verlangen,

Wenn auch Greuel zu Mir drangen,

 

[PsG.01_043,66]

 

Die du Böser hat verrichtet,

Meine Kirche fast vernichtet.

 

[PsG.01_043,67]

 

Und mit Wahn die Erd' geschlagen

Und mit andern Trugesplagen;

 

[PsG.01_043,68]

 

Doch dir ward ein Maß gegeben,

Voll ist's nun, durch Thatenleben,

 

[PsG.01_043,69]

 

Das voll Arges war, voll Gräuel

Ein verworr'nster Trugesknäuel!

 

[PsG.01_043,70]

 

Kannst ihn lösen nun, du Schlange?

Oder thun, was Ich verlange?

 

[PsG.01_043,71]

 

Sieh'! das Lied ist ausgesungen,

Satan, dir ist's nicht gelungen

 

[PsG.01_043,72]

 

Deinen Gott gar zu verschlingen,

Und auf Seinen Thron zu dringen!

 

[PsG.01_043,73]

 

Hast die Freizeit schlecht verwendet,

Und dein Werk gar nicht beendet;

 

[PsG.01_043,74]

 

Deine Zeit ist abgelaufen,

Langsam zwar sollst zu versiegen,

Lange krank, dem Tod erliegen, -

 

[PsG.01_043,75]

 

Doch was hier, wer wird's begreifen?

Merk' - die Zeit, sie wird es reifen;

 

[PsG.01_043,76]

 

Was der Welt ist, soll ihr bleiben,

Leeres Stroh und nicht'ge Kleiben;

 

[PsG.01_043,77]

 

Wer das Licht hat, der wird sehen,

Wann die Flucht da wird geschehen;

 

[PsG.01_043,78]

 

Doch ob hier, ob dort, ob unten,

Sei noch Niemanden entbunden;

 

[PsG.01_043,79]

 

Eins nur laßt euch nimmer rauben,

Dieß ist: Lieb' u. festen Glauben!

 

[PsG.01_043,80]

 

Da der Vater eure Leiden

Kennt, so seid getrost, bescheiden,

 

[PsG.01_043,81]

 

Ohne Furcht und ohne Sorgen;

Froh erwartet jenen Morgen,

 

[PsG.01_043,82]

 

Der aus heil'gen Höhen steiget;

Doch für jetzt, nur kurz noch schweiget,

 

[PsG.01_043,83]

 

Bis auf Meines Sieges Wegen

Ich den Feind in Staub werd' legen,

 

[PsG.01_043,84]

 

Dann wird Alles sein gewonnen,

Und die böse Zeit zerronnen!

 

[PsG.01_043,85]

 

Nicht auf dieß und Jen's zu rathen,

Soll't dabei ihr euch ermatten,

 

[PsG.01_043,86]

 

Wo vom Bösen ist die Sprache,

Sucht nicht anderswo die Sache.

 

[PsG.01_043,87]

 

Wen Ich nenn' beim argen Namen,

Der muß, der wird bald erlahmen;

 

[PsG.01_043,88]

 

Und mit ihm - die ihm gedienet,

Und mit ihm den Tod verdienet;

 

[PsG.01_043,89]

 

Also müßt ihr das erfassen,

Und von aller Deutung lassen! -

 

 

50. Der Großglockner im neuen Lichte.

 

(Numerierung aus Nr. 46.) (J. L. am 27. November 1841.)

 

[Gr.01_000,06]

 

In der Reinen rein'rem Lande,

Da, wo rein're Lüfte wehen,

Wo in liebetreu'm Verbande

Brüder miteinander gehen,

Da auch über Wolken ragen,

Freundlich düster hehre Zeugen,

Die gar große Bürden tragen,

Opfer auch, die aufwärts steigen!

 

[Gr.01_000,07]

 

Unter diesen vielen Zeugen,

Die das kleine Ländchen zieren,

Zeigt in still erheb'nem Schweigen

Deutlich er der Großen Wirren.

Diesen Zeugen Viele kennen,

Weit und breit wird er besprochen;

Doch wie Viele sein erwähnen,

Wird dahier nicht viel gerochen!

 

[Gr.01_000,08]

 

Wie er da zerklüft't, zerrissen,

Und wie hoch empor er raget;

Wie er ist an seinen Füßen,

Wie viel Schnee und Eis er traget,

Solches wird hier nicht berathen,,

Sondern - was der Riese saget

Sei ganz kurz dahier verrathen,

Und so wisse, wer da fraget:

 

[Gr.01_000,09]

 

Zu was nütze - solche Höhen? -

Solche Höhen vielfach nützenn

Wenn erboste Geister wehen

Und im Argen sich erhitzen,

Eurer Erd' mit Feuer drohen,

All's auf ihr vernichten wollen,

Ja in Grimmes Feuerslohen

Schon so manches Gras verkohlen,

 

[Gr.01_000,10]

 

Seht, da greift der hohe Wächter

Weit um sich mit tausend Armen,

All' die tückischen Geschlechter

Fest und kalt ohn' all's Erbarmen

"So am Kragen", wie ihr saget,

Zieht sie an von allen Seiten,

Dann zu rühren Kein's sich waget,

Kein's - sich weiter auszubreiten!

 

[Gr.01_000,11]

 

Hat er sie an sich gezogen,

All' die argen Ordnungsstörer,

Die die Erd' so oft belogen,

Sie, der Erde Wahnsinns=Mehrer,

Dann sie werden hier ergriffen

Von den Friedens=Geister=Horden,

Und am Eise matt geschliffen,

Stumpf für Lust zum fernern Morden!

 

[Gr.01_000,12]

 

Nun zu Schnee und Eis umstaltet

Liegen sie zu Trillionen

Schon als Höh'nschmuck grau veraltet

Auf den kalten Herrscherthronen! -

Seht des Glockners nützend' Walten,

Seht, wie er der Ordnung dienet;

Daher seine rauh'n Gestalten,

Darum auch so hoch erzinnet!

 

[Gr.01_000,13]

 

Doch allein dazu erschaffen

Ist er wahrlich nicht geworden,

Um gerecht allzeit zu strafen

Arger Geister friedlos' Horden;

Was in ihm noch Alles stecket,

Was er Alles noch verrichtet,

Wird in Größ'rem ausgehecket

Und des Nutzens Weis' gelichtt.

 

Amen.

 

 

44. Ein gute s Angebinde für's Leben

 

J. L. am 30. November 1841.

 

[PsG.01_044,01]

 

Leicht zu finden ist des Geistes Leben,

Welches ist des Menschen größtes Gut,

Leicht ist solches sicher zu erstreben,

Fehlet dir nur nicht des Glaubens Muth;

Wie am Morgen fahle Nebel ziehen

Auf zum Lichte aus des Thales Grund,

Also auch des Lebens Triebe fliehen

Aus der Tief' hinauf zum lichten Bund!

 

[PsG.01_044,02]

 

Ja, hinauf! zum lebenslichten Bunde

Flieht Gedanke, flieht der Liebe Trieb,

Dort in hehrer Sonnen hellster Runde

Fällt der Baum gar oft auf Einen Hieb!

Sieh', ein Räthsel, wie sich's herrlich malet;

Was ist's wohl? Es fällt vom Himmel blind;

Horch, wie treu es dir entgegenlallet,

Dir's enthüllend - ein sprachloses Kind!

 

[PsG.01_044,03]

 

Ob des Räthsels Lösung leicht zu finden,

Magst und kannst du denn nun zweifeln noch?

Soll vom Dach die Taube dir's verkünden,

Was da ist des Lebens sanftes Joch?

Sieh'! ein Hase läuft erschreckt von dannen,

Wenn des Jägers Schuß ihn hat gefehlt,

Läßt darinnen sich nichts Größ'res ahnen,

Als die Furcht um's Leben dieser Welt?

 

[PsG.01_044,04]

 

Wenn das Kind noch unter'm Mutterherzen

Zu der leidig bangen Mutter spricht:

"Sieh', die Zeit ist nah, mit ihr die Schmerzen,

"Ich muß fort, hinaus an's Tageslicht!"

Alsdann fanget an das Herz zu beben,

Schwache Mutter still dann schluchzt und weint,

Doch - als sie geboren neu ein Leben,

Wird der Schmerz ihr nicht zum treusten Freund!

 

[PsG.01_044,05]

 

Ja, sie wird sich überhoch erfreuen,

Da für Schmerz ihr ward ein Kind zum Lohn,

Arge Welt wird sie nicht mehr zerstreuen,

Jubelnd spricht sie ihr gerechten Hohn!

Also auch muß Jeder es bestehen,

Wann er auch um Weltlich's sich bewirbt,

Er wird nicht die Maid zum Weib erstehen,

So er nicht in Lieb' in ihr erstirbt! -

 

[PsG.01_044,06]

 

Sieh'! das Räthsel ist getreu gelöset,

Wahrlich! dir ein herrlich=reicher Fund;

Mache, daß ein Kranker *) dir geneset,

Warte nicht auf Zeit und and're Stund',

Wie das Leben sich auch immer windet,

Und die Kraft des Höh'ren Lichts oft schweigt,

Leicht sich endlich All's doch wieder findet,

Wenn der Liebe Thermometer steigt! - -

 

*) zunächst wohl die Seele des Lesers.

 

 

45. Die Fliege

 

( Numerierung aus Nr. 8. )

 

[Fl.01_000,01]

 

Es sumset die muntere Fliege in luftiger Weise

Ein artiges Liedchen Mir mächtigem Schöpfer zum Preise;

Sie sumset in wonniger Freude gar sinnig von Liebe,

Und kreiset im Meere derselben aus innerem Triebe,

Und redet gar deutlich vernehmliche Worte der Gnade,

Und kündet und zeiget zu gehen euch - ärmliche Pfade.

 

[Fl.01_000,02]

 

Nun sehet das Thierchen, wie munter und fröhlich es kreiset,

Und wie es ganz sorglos, gehorsam dem Triebe sich weiset,

In dankbarer Haltung der Richtung, die Ich ihr gegeben;

Und nie wird sie, so wie ihr, nach dem Verbotenen streben.

Ich sage, umsonst ist es nicht euch so nahe gestellet,

Und ob auch das Mittel wohl klein - ist's von Mir doch erwählet!

 

[Fl.01_000,03]

 

Ein Flügelpaar, zart, gleich dem Aether, hab' Ich ihr gegeben,

Damit sie sich sollte gar leicht in die Lüfte erheben,

Und kreisen da munteren Flugs in den Strahlen der Sonne,

Und sangen da Licht mit den Aeuglein der goldenen Krone,

Dann tragen dasselbe zum Leben der todten Gebilde

Und zeugen der Härte von Meiner belebenden Milde.

 

[Fl.01_000,04]

 

So hab' auch gegeben Ich weise ihr sechs leichte Füße,

Und hab' ihr gegeben, damit sie empfinde die Süße

Des Lebens, zum Saugen der Kost einen tauglichen Rüssel.

Und seht, was Ich nun euch gesaget, nehmt es als Schlüssel,

und denket im Herzen wohl über die Fliege;

Ich sage - die Fliege, die Fliege- sie singt euch vom Siege.

 

 

46. Ein Trost aus der hohen Weisheit, der allhier zu lösen ist.

 

( Numerierung aus Nr. 8.) (Empfangen durch J. L. am 6. März 1842.)

 

[Fl.01_013,01]

[PsG.01_046,01]

 

Solches ist bei sich zu tragen,

Wahrheit allezeit zu sagen,

Dies ist gar ein gutes Ding,

Einzudringen in den Ring,

Der sich allzeit ernst dort dreht,

Da die lichte Wahrheit weht!

 

[Fl.01_013,02]

[PsG.01_046,01]

 

Wie die Pfeife - so der Ton,

Wie die Arbeit - so der Lohn;

Wie der Berg - also dess' Krümme,

Wie das Herz - also dess' Stimme!

Wer mag dieß in sich begreifen?

Wem wird dieser Oelzweig reifen?

 

[Fl.01_013,03]

[PsG.01_046,01]

 

Wahrheit ist ein Licht dem Lichte,

Licht dem Lichte zum Gerichte.

Kannst du nun um Sonnen freien,

Wie im Licht die Erd' entweihen?

Finstrer Zweifler - fliehe! fliehe!

So Ich Sonnen niederziehe!

 

Sieh'! die Hirsche rennen Wette,

Magst du heben diese Kette?

Magst der Wahrheit Spur nicht finden,

Wer wird dich der Nacht entbinden?

 

 

47. Gedenke Mein.

 

(Empfangen durch J. L. am 24. Mai 1842.)

 

[PsG.01_047,VW] Dieß gebe der, die da Mich und dich lieb hat, und ist eine Tochter des A. H. W. und heißet Julie Martha.

 

 

[PsG.01_047,01]

 

Gedenke Mein, und traue Mir,

Dein Herz Mir weihe für und für;

Und was du immer möcht'st erlangen,

Es soll dir darob nimmer bangen,

Ich werd's dir treu und sicher geben,

Das tauglich ist für's ew'ge Leben;

Und deines Herzchens edle Triebe,

Die reine wahre Bruderliebe.

 

[PsG.01_047,02]

 

Soll dir gleich einer Morgensonne

Ersteh'n zu einer ew'gen Wonne;

Doch wie Ich oben hab' erachtet,

Das sei von dir recht tief betrachtet:

Gedenke Mein, und traue Mir!

Dein Herz Mir weihe für und für,

Dann was du immer möchtst erlangen,

Ich sag's: du wirst's von Mir empfangen.

Amen.

 

 

48. Zu des Knechts des Herrn Namenstag.

 

Am 25. Juli 1842.

 

[PsG.01_048,VW.01] So gebe Ich dir denn ein Liedchen an deinem Tage, so der Welt wegen du auch keine Gratulations=Billete bekommst, Ich meine aber, dieses Billet wird länger dauern, denn die der Welt. Dem Offenen aber werde Ich allezeit offen sein, und freigiebig und aufmerksam, dem Zurückhaltenden aber werde auch Ich sein ein sparsamer Geber; daher denke darum nicht nach, so heute Niemand mochte dein Zimmer finden an deinem Tage; dafür aber komme Ich doppelt zu dir, wie für's Ohr, also auch für's Auge; siehe: hier bin Ich! -

 

[PsG.01_048,VW.02] Und so schreibe denn nun, in dieser Meiner für dich sichtbaren Gegenwart, dieß Liedchen unter dem Namen:

 

Des Baumes letztes Blättchen.

 

[PsG.01_048,01]

 

An eines Waldes dicht umstrüpptem Saum

Erblickst du einen selt'nen dürren Baum,

Ein Blättchen nur, ganz fahl, denselben ziert;

Doch nicht am Zweig hängt mehr dieß letzte Blatt,

An einer Spinne Faden nur ganz matt,

So lang, bis es ein West der Haft entführt! -

 

[PsG.01_048,02]

 

Sieh' an die Welt, wie sehr dem Blatt sie gleicht!

Auch sie da hängt, ganz dürr und leicht,

Am gleichen Faden, an des Lebens Baum.

O sieh'! schon regt sich dort ein rauher West,

Er führt für diese Zierd' das End', den Rest,

Schon schwirrt er um des Waldes dorn'gen Saum!

 

[PsG.01_048,03]

 

O Baum, o Baum! du todter Rest am Wald!

Du brüstest dich mit deiner Scheingewalt;

Warum du Thor? Ist nicht der Tod dein Loos?

Ja todt, ganz todt bist du, o Baum, schon lang!

Darum wird's dir vor Meiner Näh' nicht bang,

Nicht angst in deines Grabes finst'rem Schooß!

 

[PsG.01_048,04]

 

Das letzte Blatt, ganz los von deiner Haft,

Ziert dich nur noch durch eines Fadens Kraft,

Den da gesponnen hat ein schnödes Thier,

Und du willst prunken noch damit vor Mir

Auf diesem alten Todes=Jagdrevier?

O sieh'! der West ist da mit großer Gier!

 

[PsG.01_048,05]

 

Du trillerst schon, du einsam fahles Ding,

Thust wohl daran, von Mir nur einen Wink -

Geschehen ist's, o Baum, um deine Pracht!

Magst ahnen nicht, wer hier nun bei dir steht,

Ja, ja, der West um deine Aest' schon weht,

Nicht merken läßt er dir die große Macht!

 

[PsG.01_048,06]

 

Wozu allhier, o West, so große Kraft?

Ein dürres Blatt nur zwischen Zweigen klafft

Verhängt am schwächsten Faden einer Spinne!

Darum kannst wehen du ganz sanft und mild,

Ganz leicht wirst fertig du mit diesem Bild,

Das todt ist ganz und gar, im vollsten Sinne!

 

[PsG.01_048,07]

 

O merke, merk' auf dieses Bild, du todte Welt,

Darum dich nur noch mehr dein Wahn beseelt,

Das ist dein Sein in dieser letzten Zeit!

Vernimm den letzten Ruf aus Meinem Mund:

Kehr um zu Mir dich noch in dieser Stund',

Eh' dich ereilen wird die Ewigkeit!

 

Höre, verstehe, folge! Amen.

 

 

49. De r Siegel=Ring.

 

(Empfangen vom HErrn durch J. L. am 11. Juli 1842.)

 

[PsG.01_049,01]

 

Ein scheinbar unbedeutend, nichtig Ding

Erscheint dem Aug' ein eh'rner Siegelring,

Doch wenn ein Fürst ihn trägt an seiner Hand,

Hat er ein groß' Gewicht für's ganze Land;

So ist ein Ring, den da ein Fürst getragen,

Ein großer Werth, danach in spätsten Tagen

So manche Thatenforscher eifrig fragen

Und emsigst nach solch altem Schatze jagen!

 

[PsG.01_049,02]

 

Es giebt ein Amt sogar in manchem Staat,

Das da den Namen "Siegelwahrung" hat,

Und dem da ist ein solches Amt vertraut,

Auf den der Fürst auch sicher Großes baut;

Nur eines Landes alterprobte Treuen

Ermächtiget der Fürst nach dem zu freien,

Ein Andrer mag sich da zu Tode schreien,

Nie doch wird er des Amtes sich erfreuen!

 

[PsG.01_049,03]

 

So mancher Fromme auch von Mose spricht:

"Er war des Herren Ring, ein großes Licht!"

Fürwahr! er ist dieß noch zu dieser Stund',

Ein Siegel Gottes für den alten Bund,

Den Gott in Abraham schon hat gestellt;

Und was Er diesen weislich hat erhellt,

Hat Er zu künden aller Welt erwählet

Den Mosen, ihn hat Er mit Sich beseelet!

 

[PsG.01_049,04]

 

Wenn solches aber denn von Mose gilt,

Und ist in jeglichem Profeten Moses Bild,

Nachdem in solchem Geiste Jeder spricht,

Dem Volk ist er ein unerforschlich Licht! -

Wenn nun so hoch ein Moses, der vergangen,

Warum da nicht nach dem, was da verlangen,

Warum an Mose nur hochachtend hangen,

Warum nicht auch, was da - also umfangen?!

 

[PsG.01_049,05]

 

So merk' es denn, du eitle Gegenwart,

Ich sag' es dir: du bist in dir so hart,

Erkennest nicht bei dir den Siegelring;

Er scheint dir, wie dem Aug' ein nichtig Ding,

Doch so des Fürsten Ring du hältst in Ehren,

Der sich doch pflegt nach Weltlichem zu kehren,

O sieh', wie magst du dich denn so bethören,

So schwach in Meinem Ringe Mich zu ehren!

 

[PsG.01_049,06]

 

Ist auch an sich schon jeder Siegelring

Ein nichtig unbedeutend kleines Ding,

So ist doch Der, der selben braucht und führt,

Erhaben hoch und voll der höchsten Würd';

Die da demnach den Fürsten ehren wollen,

Die müssen auch dem Ringe Achtung zollen,

So aber Jemand möcht' dem Ringe grollen,

Wird der nicht auch des Fürsten Ehre schmollen?

 

[PsG.01_049,07]

 

Es sei, und wär' der Ring von schlechtem Erz,

Gesteckt an Meinen Finger durch das Herz,

Er ist es nicht, wohl aber Der ihn trägt,

Doch werth, daß man für's Siegel Achtung hegt!

Es soll darum da Niemand weise streiten,

Nicht betend gar zu Meinem Ringe schreiten;

Doch einem Ringe trübe Zeit bereiten,

Dadurch wird Niemand viel von Mir erbeuten! -

 

[PsG.01_049,08]

 

Was da gesagt, dem biete Niemand Trutz,

Wohl aber mach' sich Jeder solch's zu Nutz'!

Kannst du nicht achten, was dein Auge sieht,

Wie ehren dann, das stets dein Auge flieht?

Was da von Mir zum Ringe ist gestaltet

(Ist er auch, gleich dem Moses nicht, veraltet),

So wird durch ihn doch Alles neu umstaltet,

So da durch ihn die Lieb' der Liebe waltet!

Amen.

 

Anmerkung.

 

(Auf die Bitte des Knechts um Aufklärung des Sinnes vorstehenden Gedichtes.)

 

[PsG.01_049,NW.01] Ich sage dir: du und der Siegelring habt mit einander nichts zu thun, außer,

daß durch dich dieser neue Siegelring aus Mir gegeben wird.

[PsG.01_049,NW.02] Der Siegelring aber ist das Wort und nicht du! selbst dann nicht, wann Ich rede durch deinen Geist mit deiner Zunge. Daher hat die ausgesprochene Achtung auch nichts mit dir, sondern allein mit dem Worte zu thun. Damit aber ein Jeder solches verstehe wohl und genau, so solle er wissen, daß unter einem "Profeten" nie dessen Person und Wesenheit, sonder allein Ich in dem Worte verstanden werde; ist aber auch das Wort selbst an und für sich Meine eigentliche Wesenheit nicht, so ist es aber doch der darin euch, oder auch allen andern Menschen, geoffenbarte Wille aus Mir, dargestellt zur Beschauung, entweder durch Worte aus dem Munde eines von Mir dazu berufenen Menschen, oder durch Zeichen, die er entweder selbst aufzeichnet, oder von jemand Anderem aufzeichnen läßt. Der Wille ist ja demnach der Siegelring, aber nicht der, der Mir dient, selbst nur zum Werkzeuge! Also ist ja das gegenwärtige Wort, welches Ich durch dich nun zur Erde hinabsenke, der vorstehende Siegelring, aber nicht du; dieses ist vom selben Finger, wie das zur Zeit Mosis. Moses aber mußte sein Gesicht verhüllen, um anzuzeigen, daß da nicht er, sondern allein Ich im Worte und Gesetze der alleinige Profet bin, und nicht er.

[PsG.01_049,NW.03] Wenn aber Moses solches thun mußte, wie kann es dir demnach auch nur im Traume einfallen, den Siegelring auf deine Person zu beziehen. Siehe, wie blind du für deine Person auch n9ch bist, trotz allem Dem, was du schon vernommen hast! Daß Ich aber solches mehr für dich, als Jemand Andern gab, hast du also zu verstehen, weil eben du selbst über so manche Gabe aus Mir nicht im Reinen warst, und so manchen Punkt weniger beachtetest für dich, denn die Anderen für sich!

[PsG.01_049,NW.04] Siehe, darum auch habe Ich den "Siegelring" also gestellet, daß deß Sinn aussieht, als bezöge er sich auf deine Persönlichkeit; um dir dadurch einen neuen Probirstein für dich selbst zu geben, auf welchem du das Gold deiner Erkenntniß prüfen sollest, ob es probehältig ist für das, was Ich tagtäglich durch dich gehen lasse. Wenn aber du bei mir so manchmal den Ring getrübt hast, welche Beute soll dir selbst dereinst denn werden aus ihm? O sieh, das haben auch manche andere Berufene gethan, und haben über das Empfangene gegrübelt, während sie es vor Allem hätten ausüben sollen durch den allerlebendigsten Glauben (Johs. 7, 17), und Ich habe ihnen darum ähnliche, ja noch viel stärkere Fallen gelegt. Die, welche da sich, wie du jetzt, an Mich gewendet haben, denen habe Ich auch sobald die Lösung gegeben, die aber das auf die eigene Person nahmen, denen ging es am Ende wie dem weisen Salomo.

[PsG.01_049,NW.05] Demnach also bezeichnet der Siegelring das neue Wort, wie es äußerlich scheint, das zwar Niemand an sich anbeten sollte, aber achten noch in Allem und Jedem, darum es ist ein wahrer Siegelring an Meinem Finger der Erbarmung, gesteckt durch's Herz, oder durch Meine große Barmliebe! Verstehe nun solches wohl; denn Ich habe es darum vorderhand ja auch nur dir gegeben, darum du solches auch also fassen sollest, wie dir nach Jeder im gerechten Sinne. Das sage Ich, die ewige Wahrheit und Weisheit.

Amen, Amen, Amen!

 

 

50. Die krumme Straße,

 

[PsG.01_050,VW] Die einzelne Nachtlaterne, ein unausgebautes Haus und ein neues roth angestrichenes Wasserrad.

 

(Jakob Lorber am 5. Okt. 1842.)

 

[PsG.01_050,01]

 

Es richtet sich die Straße nach des Berges Krümme,

Also, wie nach der Kehle eines Sängers Stimme;

Man kann ja über Berge, die gar sehr zerklüftet,

Gerade Zeilen schwerlich führen, und gelüftet

Wird der Saum nur mühsam werden,

Wo daß steinige Gebärden

Bald des Ebners Hand erlahmen,

Und Lawinen ihn verdammen!

 

[PsG.01_050,02]

 

Doch was die Krümme einer Straße uns versaget,

Das soll die Leuchte, die ein Stock da einsam traget,

Durch ein gar reines Licht ersetzen und ergänzen,

Damit des Wand'rers Auge sehen könnt' die Grenzen,

Wie von Anfang bis zum Ende

Sich die krumme Straße wende,

Doch die Leuchte ist verkümmert

Wie ihr seichter Grund zertrümmert! -

 

[PsG.01_050,03]

 

Ein neues Haus, noch unvollendet dort am Rande,

Es steht zwar wohl mit seinesgleichen im Verbande,

Und will als Zierd' der krummen Straße sich gestalten,

Also: als sollt's durch Zeiten Nacht gar nie veralten;

Doch der Berg und Straße sagen

Und die Leuchte läßt nicht fragen:

Prange nur, du Haus am Rande,

Uns gleich steht du auch am Sande!

 

[PsG.01_050,04]

 

Nicht weit von dir, gen Untergang, am falschen Bache,

(O schwaches Haus wird dir zu einer argen Sache)

Wird roth gefärbt ein überschlächtig Rad errichtet,

Der Werkmann weiß, was durch dasselbe wird geschlichtet;

Sieh', die Zeit, dem Rad sie gleichet,

Wie sie um die Erde schleichet;

Dieses Rad Zerstörung führet,

Alles fällt, durch das berühret!

 

[PsG.01_050,05]

 

Da ahnest nicht den falschen Bach, den Zweig am Strome,

Und die verschmutzte Leuchte auch nicht, was die fromme,

Es wird der Strom geschwängert bald den Bach entrüsten,

Da wird der Bach das rothgefärbte Rad verwüsten,

Das der Fluth zuwider gehet;

Dann wirst du auch wohl erspähet -

Haus am Rande! Regen fallet,

Eine starke Stimm' schon hallet!

 

[PsG.01_050,06]

 

Ja, eine überstarke Stimme dröhnend hallet,

Es ist die letzte der Posaunen, die da schallet;

Du krumme Straß' am Berge! Magst du nicht vernehmen,

Und nicht, du Leuchte, dich zum hellern Licht bequemen?

O du schnödes Haus am Sande!

Deine schwachen, sand'gen Bande

Sind vom alten Rost bedecket,

Bist so gut wie schon zerbröcket! -

 

[PsG.01_050,07]

 

Und ihr, die ihr dieß Bild in diesem Liede leset,

Begreifet es, damit ihr allesamt geneset,

Die Straße, Leuchte, Haus und Rad sind nicht gemeinet,

Wohl aber Kirche, Lehre, Babels Dienst bereinet;

Babel will sich neu erbauen,

Will das Heil sich neu antrauen,

Doch es baut auf schnödem Sande,

Baut an seines Abgrunds Rande!

 

[PsG.01_050,08]

 

Am falschen Bach erweichet es ganz, gleich dem Rade,

Ein überschlächtig Rad, das zeigen soll die Pfade

Der Nächstenlieb' durch Farbe und durch's widre Drehen:

DurchTrug und List will Babel wieder neu erstehen!

Nein! das wird nicht mehr geschehen,

Nimmermehr wirst du erstehen,

Ehe wird die Sonn' vergehen,

Eh' du wieder wirst erstehen!

 

 

51. Niemand kann zwei Herren dienen.

 

(Empfangen durch J. L. am 24. Dezember 1841.)

 

[PsG.01_051,VW] An die, welche Mich liebt und sucht, und zu Mir betet; aber Mich doch noch immer nicht gefunden hat, darum - weil sie Mich nicht gefunden hat.

 

[PsG.01_051,01]

 

Die Welt hält dich noch stark gefangen,

Zu schwach nach Mir ist dein Verlangen;

Eitle Sorgen um die Deinen

Nöth'gen dich mit ihr sich einen.

 

[PsG.01_051,02]

 

Du merkest, was die Kinder machen,

Was deren Hand erzeugt für Sachen;

Doch wie ihre Sinne wehen,

Solches magst du nicht verstehen.

 

[PsG.01_051,03]

 

Ist's nöthig denn, die MIch erkennen,

Daß sie sich noch an Weltlich's lehnen?

Wem Ich nicht allein genüge,

Der ist ferne noch vom Siege.

 

[PsG.01_051,04]

 

Mit Menschen kannst dich wohl befrieden,

Es schadet solch's dir nicht hienieden;

Doch in Meiner Liebe Reiche

Walten andere Gebräuche.

 

[PsG.01_051,05]

 

So Jemand Mich da will erfassen,

Der muß, was Welt ist, ganz verlassen;

Mir - und auch der Welt zu leben,

Wird dich schwer zu Mir erheben.

 

[PsG.01_051,06]

 

Du meinst, an Mir ein Wohlgefallen

Im Herzen haben, nütze Allen;

Nach und nach wird sich's wohl finden;

Was Mich dir wird fest verbinden.

 

[PsG.01_051,07]

 

Doch, wer ist denn ein Herr der Zeiten?

Soll Ich noch länger mit dir streiten? -

Warum Mich in weltlich' Trieben,

Gleich wie arge Mägde lieben?

 

[PsG.01_051,08]

 

Wer sich da scheut Mich zu bekennen,

Werd' Ich auch scheu'n Mich, ihn zu nennen; -

Mich allein mußt du dir wählen,

Und in nichts dein Herz verhehlen.

 

[PsG.01_051,09]

 

Du sollst von Mir zur Welt nicht sprechen, -

Darum sie dich bald möcht't zerstechen;

Solch's von dir Ich nicht verlange;

Darum sei dir auch nicht bange.

 

[PsG.01_051,10]

 

Vor eig'ner Welt nur Mich bekennen

Und nicht an sie und Mich sich lehnen; -

Solch's nur hier will Ich dir sagen:

Nicht nach Weltlichem zu fragen!

 

[PsG.01_051,11]

 

Du möcht'st von Mir gar lieber hören,

So Ich dir möcht' ein Lob bescheeren;

Doch hier' lob' Ich selbst die Reinen

Nicht; 's ist besser, so sie weinen!

 

[PsG.01_051,12]

 

Was Ich dir hier getreu beschieden,

Versteh's, das bringet wahren Frieden;

Freilich nicht, den Welt dir gebet,

Sondern der zu Mir dich hebet.

 

[PsG.01_051,13]

 

Und so laß denn die Welt nur laufen,

Bei Mir allein muß't Schätze kaufen; -

Für die Deinen geistig sorgen

Sei die Pflicht zum Lebensmorgen!

 

[PsG.01_051,14]

 

Vom Brod, das du schon viel gelesen,

Laß auch die Kinder öfters essen; -

Solches sollst du weise achten:

Lern' in Mir die Welt verachten.

Amen!

 

 

52. Die Hoffnung,

 

[PsG.01_052,VW] ein guter Satz, - betrachtet am rechten Platz.

 

(Am 14. Januar 1842.)

 

[PsG.01_052,01]

 

O Hoffnung, du bist wohl ein goldener Traum,

Du findet in aller meist Aermeren Herzen Raum;

Selbst Reichen, die dich achten gering, bist du hold;

Doch Armen du zollst nur schnöden Minnesold.

Darum dich als Tugend kenn' ich fast nicht mehr,

Ob auch allerwärts du blickst hold hin und her;

Doch will dich Jemand sanft am Arme fassen,

So fängst du dafür an den Armen zu hassen!

Darum Brüder hoffet nicht

In der Hoffnung ist kein Licht;

Nur im Glauben keimt es klein;

Darum laßt uns gläubig sein.

Es hat zwar der Glaube auch recht schwere Plagen;

Doch aber sind leichter sie alle zu tragen;

Wer da kühnen Glauben hegt, darf niemals zagen,

Einmal wird und muß ihm Erfüllung wohl tagen!

Eines laßt euch nimmer rauben,

Nie den Grund vom heil'gen Glauben;

Auf die Liebe baut den Glauben,

Keine Zeit wird dann ihn rauben!

Baut auf Lieb' und Gott zu allen Zeiten,

Solch's nur kann uns dauernd Glück bereiten!

 

 

53. Schlüssel zur Schrift

 

(J. L. am 13. April 1840.)

 

[PsG.01_053,01] Da wo Ich am wenigsten zu sagen scheine, da sage Ich am meisten; und wo Ich aber am meisten zu sagen scheine, da sage Ich nur so viel, als ihr zu ertragen im Stande seid. Das sei euch ein Schlüssel zu dieser Meiner Schrift - "das neue lebendige Wort."

 

 

54. Warum - Darum.

 

Ein Lied zum neuen Jahr an zwei Mädchen.

 

Empfangen durch J. L. am 27. Dezember 1941.

 

 

[PsG.01_054,VW] Schauet auf Mich, und habet kein Wohlgefallen an der losen Welt, wollet ihr wahrhaft glücklich sein; so ihr aber, wenn schon heimlich, eure Herzen der Welt überliefert, und flieht darum Mein Wort und so auch Mich, so solle euch auch die Welt glücklich machen; allein Ich werde an eurem Glücke sicher nie ein Theilnehmer sein! Darum aber geb' Ich dieß Lied, damit ihr daraus ersehen sollet, das an euch Mir nicht gefällt.

 

 

[PsG.01_054,01]

 

Ihr habt euer Herz erfüllt mit Heimlichkeiten,

Was ist's denn, das ihr damit euch wollt bereiten? -

Glaubt ihr etwa, daß ihr da ein Glück gefunden?

Euch bereitet etwa spät're frohe Stunden?

O! ihr seid in eine starke Irr' gekommen,

Euer Herz hat ganz das Weltliche erklommen!

Euren Vater mög't ihr scheuen,

Euch bei Fremden nur erfreuen?

Fremde Lügen

Euch vergnügen,

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,02]

 

So der Vater euch mit ihm zu geh'n beheißet,

Ihr dann euch vergrämt geheim in euch zerbeißet;

Was macht euch wohl ärg'lich dann? des Vaters Willen?

Häuslichkeit und Tugend nicht! Ihr wißt's: Im Stillen

Trachten hin zu Mir; - Ich würd' es wohl gewahren.

Seid ihr nicht wie begraben jetzt in euren Jahren?

Euch nur and're Sachen freuen;

Drum, ihr Mög't den Vater scheuen;

Fremde Augen

Euch nur taugen!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,03]

 

So ihr etwas habt in eurem blinden Herzen,

Das euch Kummer macht, wohl gar geheime Schmerzen,

Warum mög't ihr solch's dem Vater nicht vertrauen?

Warum laßt ihr Ihn nicht euer Herz beschauen?

Wisset, weil ein trüb's Gewissen euch bedrücket;

Darum listig auch den Vater ihr berücket!

O ihr Kinder, o ihr Schlauen!

Wollt auf Sand ihr Häuser bauen?!

Heimlich lieben,

So im Trüben!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,04]

 

Ihr möcht't schon verheirathet sein mit einem Manne,

Möcht't schon führen so der Frauen Herrscherfahne,

Möcht't genießen auch die Weiberlust der Ehe,

Ob's euch Segen brächt', ob Wohl, ob hartes Wehe?

Ist nicht solches eures Herzens heimlich Sinnen?

Möcht't ihr anders was, denn einen Mann gewinnen?

Müßt darum den Vater scheuen?

Werd't ihr solches nie bereuen?

Solches Werben

Bringt Verderben!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,05]

 

Da ihr spinnet wie Verschworene im Geheimen,

Denkt und sagt, was kann daraus für euch erkeimen?

Trug und Täuschung, Spott und Schand' ihr könnt gewinnen,

So Ich euch nicht halte, könnt ihr dem entrinnen?

Wahrlich sag' Ich euch: Ich werde frei euch lassen,

Daß ihr da nach eurer Lust die Welt könnt fassen;

Darum ihr verargt Mein Mahnen,

Könnt ja wandeln eig'ne Bahnen;

Euch zum Frommen

Wird's nicht kommen!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,06]

 

So ihr wollt, könnt sicher auch dieß Wort verneinen,

Seht, die Welt wird keine Thrän' darüber weinen,

Sondern wird sich eures Witzes nur erfreuen,

Da ihr's klug gemacht, - für sie euch zu befreien;

Meinen Knecht könnt einen Narren ihr auch schelten

Darum er aus Mir da mag euch Solches melden!

Doch mit ihm werd't schwer ihr streiten,

Schwer ihn einer Lüge deuten;

Wird nichts nützen

Euer Schmitzen!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,07]

 

Seht, um Mädchen, die voll' Welt in ihren Herzen,

Werden Meine Jünger nie bewerbend scherzen,

Wer der Welt ist, mag auch treu der Welt verbleiben,

Mag sich, wie er's kann, mit ihr die Zeit vertreiben;

Wer da Mich in seinem Herzen hat erkoren,

Für den sind der Engel viele auch geboren,

Darum dürft ihr euch nicht sorgen;

Geist'gen tagt ein and'rer Morgen!

Wollt euch putzen

Euch zum Nutzen?

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,08]

 

Ihr habt schon gar überviel von Mir gehöret;

Welche Lehren hab' Ich all's schon euch bescheeret;

Habt ihr je darum in euch nach Mir verlanget?

Oder je bei Meinem Ruf in euch erbanget?

Langeweil' nur, die pflegt euer Herz zu schweren,

So ihr sollt' von Mir etwas Lebend'gen hören;

Darum kehrt zur Welt die Ohren;

Sie hat euch für sich erkoren

Mit Weltaugen,

Freuden saugen,

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,09]

 

Weil da euer thöricht Herz es heiß verlanget,

Euch darum in eurer Blindheit auch nicht banget

Vor dem Abgrund, der euch eh'stens mag verschlingen!

Merkt es wohl, Ich sag's, es wird dem Feind gelingen,

Ihr habt euch zu sehr von ihm umstricken lassen;

Bald, gar bald werd't ihr vor seiner Macht erblassen,

Die ihr weltlich liebgewonnen,

Haben listig schon begonnen,

Euch zu fangen,

Ihr Verlangen!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,10]

 

Vierzehn Tage will ich euch noch hüten,

Höret! Vierzehn Tag' durch Meines Knechtes Sitten!

So ihr euch nicht reuig schnell zu Mir bescheidet,

Nicht sogleich das list'ge Haus ganz rein vermeidet,

Will Ich euch nicht mehr beschützen, nicht mehr halten,

Sondern lassen über euch die Feinde walten;

Dann werd't ihr es wohl erfahren,

Wer euch wird vor Unglück wahren!

Ich mit nichten

Werd' es lichten!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,11]

 

Meinen Knecht, der euch so lang ein Freund gewesen,

Wie doch habt im fremden Haus ihr ihn verlesen?

Eurer Thorheit muß "ein dummer Talg" er heißen,

Euch beschön'gend müßt ihr seinen Ruf zerbeißen?

Denn so ihr zu seiner Gunst möcht't etwas sprechen,

Würd' das eure Jünglingsliebe nicht zerstechen?

Sehet, den Ich euch gegeben,

Welches Lob muß er erleben!

Nimmer lange

Sei euch bange!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,12]

 

Diesen Freund werd' Ich gar bald von dannen führen,

Nicht mehr lange soll er eure Lust beirren!

Der euch mehr den eig'nen Brüdern hat gedienet;

Hat er das für seine Lieb' an euch verdienet?

Daß sein Name soll von euch beschmähet werden

Dort im lust'gen Haus, mit Worten und Gebärden?

So dieß Haus ihr nicht werd't meiden,

Werd' von euch ihn bald bescheiden!

Solch's verdienet!

Euch besinnet!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,13]

 

Den Ich treulich licht= und lieb'voll euch gegeben,

Euch zu wecken, euch zu zeigen ew'ges Leben,

Diesen kann Ich anderwärts auch weislich brauchen,

Euch, ihr Blinden, soll der Stern dann untertauchen,

So ihr ihn dieß letzte Mal nicht werdet hören,

Und der Welt dadurch in euch den Eingang wehren!

Werd't ihr länger euch entschließen,

Wahrlich theuer sollt ihr's büßen!

Mich verrathen,

Welche Thaten!

Doch warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,14]

 

O ihr armen Mägde! Wie konnt't ihr vergessen,

Was so wahr und treu Ich hab' für euch bemessen?

Mich und eure Eltern konnt't ihr hintergehen?

Wer gab euch des Feindes Sprache zu verstehen? -

Kehrt zurück, wo möglich ihr's noch seid im Stande,

Löset, so ihr könnt, des Feindes eh'rne Bande;

Ich mag euch nun nicht mehr ziehen,

Wollt nicht selbst den Feind ihr fliehen!

Euch besinnet!

Was gewinnet!

Und warum?

Ich sag's: - Darum!

 

[PsG.01_054,15]

 

Hört ihr Zwei, ihr seid schon ziemlich tief gefallen,

Sollen diese Worte an euch fruchtlos prallen,

Euer Herz hab' Ich dem Knechte aufgeschlossen,

Ihm sei nichts verborgen, was in euch entsprossen;

Er soll euch zur selben Stund' getreu verkünden

Was ihn wird für je von euch sobald entbinden;

So ihr euch nicht werd't umkehren,

Und sogleich den Rath erhören!

O, ihr denket,

Wie ihr henket?

Doch warum?

Ich weiß: - Darum.

 

 

55. Die reine stille Liebe, (die göttliche)

 

im Gegensatze der Eigenliebe (die weltliche).

 

(Empfangen durch J. L. am 1. Januar 1842.)

 

[PsG.01_055,01]

 

Was in raschem Zeitenfluge ich verloren,

Wieder war es freundlichst mir geboren

Durch der reinen hehren Liebe Kraft;

Diese sauge ich nun aus den Blüthen,

Welche mir die heil'gen Stunden bieten,

Eine Liebe ohne Leidenschaft!

 

[PsG.01_055,02]

 

Leidenschaft verheeret Herz und Sinne,

Sie verschlingt in tückischem Beginne

Alles Göttliche mit wilder Gluth; - -

Wahre Liebe schafft in reinsten Kreisen,

Sie belebt die Kinder wie die Weisen,

Sie erst macht uns wahrhaft groß und gut! -

 

[PsG.01_055,03]

 

Leidenschaft verzehrt im Feuerneide

Ihres Lieblings kaum gewährte Freude,

Sie liebt sich nur in des Andern Bild;

Reine Liebe acht't nicht eig'ner Leiden,

Gleich den Blümchen fügt sie sich bescheiden. -

Wahrlich solche Liebe führet mild.

 

[PsG.01_055,04]

 

Leidenschaft ist ohne alle Grenzen,

Nur genießen will sie und nur glänzen,

Ihr zur Folge zehrt die Eifersucht! -

Reine Liebe geht im Vertrauen

In den Wüsten noch auf blum'gen Auen,

Sie nur zeugt des inn'ren Friedens Frucht.

 

[PsG.01_055,05]

 

Wahre Liebe wird uns nie betrüben,

Und so, Freunde, laßt euch Alle lieben,

Ferne, nahe, ja wie Blick an Blick;

Euch im Stillen innigst zu verehren,

Dieses könnt ihr mir ja nie verwehren!

Denn die Liebe ist mein stilles Glück. -

 

[PsG.01_055,06]

 

Auch die Mädchen brauch' ich nicht zu scheuen,

Innigst kann ich mich mit ihnen freuen,

O sie sind ja unseres Lebens Lust;

Doch im reine Sinn', also im Stillen,

Mir allein nur darf ich es enthüllen,

Mir allein das Heil'ge in der Brust!

 

[PsG.01_055,07]

 

Also soll ein Jeder wahrhaft lieben,

Dann wird ihn die Liebe nie betrüben,

Sondern ihm verleihen höh're Kraft;

Doch, so Leidenschaft mit ist im Spiele,

Bleibt stets unerfüllt der gier'ge Wille,

Dann ist schon in uns, was Leiden schafft!

 

[PsG.01_055,08]

 

Wer um solche Liebe sich beeifert,

Ist mit schwarzer Niedrigkeit begeifert,

Ihn verzehrt der Eigenliebe Gram;

Doch die Reinen sind davon befreiet,

Da sie nie für Lieb' um sich gefreiet,

Ihnen auch gebührt des Segens Stamm!

 

Fiat! Amen!

 

 

56. Im neuen Lichte.

 

Ein Trost an die Familie Wortemsig.

 

(Empfangen durch J. L. am 5. Februar 1842.)

 

[PsG.01_056,01]

 

Laßt uns immerhin die Reichen

Ganz vergnügt ihr Geld einstreichen;

Laßt sie sich nur glücklich wähnen,

So sich ihre Schätze dehnen;

An je mehr des Geld's sie hängen,

Und in ihre Säck' es zwängen;

Desto mehr wird auch der'n Seele

Einst verdammt zur ew'gen Hölle!

 

[PsG.01_056,02]

 

Die nach weltlich' Gütern ringen,

Und dem Mammon Lieder singen,

Die nach Mir nur laulich fragen,

Wollen auch kein Kreuzlein tragen, -

Die sind niemal zu beneiden

In all ihren weltlich' Freuden;

Denn sie dauern ja nicht lange,

Darum sei dir auch nicht bange.

 

[PsG.01_056,03]

 

Kehr daher nach Mir die Augen,

Denn die Welt möcht' schlecht dir taugen

Hast du eh'stens Mich gefunden,

Leicht, gar leicht in wenig Stunden;

Wirst auch leicht den Reichthum missen,

Leicht den Ruhm der Welt einbüßen;

Denn Mich wirst du zum Ersatze

Seh'n noch auf dem Erdenplatze.

 

[PsG.01_056,04]

 

Aber treu mußt du mir bleiben,

Nicht mit Welt die Zeit vertreiben,

Dann werd' Ich auch dich ewählen,

Werd' dir nichts von Mir verhehlen,

Und werd' dir den Reichthum geben,

Der da heißt: Das ew'ge Leben!

Aber treu mußt du Mir bleiben,

Nicht mit Welt die Zeit vertreiben!

 

Amen.

 

 

57. An Pauline.

 

Tochter des H. Wortemsig.

 

(J. L. am 7. März 1842.)

 

[PsG.01_057,01]

 

 

Ein frommer Sinn

Sei dein Gewinn,

Treu verharre

Durch die Jahre

Deiner Jugend

Voll der Tugend.

In der Liebe

Reinstem Triebe

Hin zu Mir

Auf Erden hier, -

Dann bist du Mein,

Deß kannst dich freu'n!

 

[PsG.01_057,02]

 

Ja ewig Mein,

Wirst's nie bereu'n,

Mein zu werden

Auf der Erden,

Ganz von Herzen

Ohne Schmerzen,

Schon hienieden

Ganz im Frieden,

Ist das viel?

Dem Ich's enthüll',

Wer kann rauben

Solchen Glauben?!

 

[PsG.01_057,03]

 

Ja diesen Glauben

Wird nimmer rauben

Eitler Zeiten

Arges Streiten;

Darum baue

und vertraue

Auf den Glauben

Ohne Schrauben,

Er ist treu

und macht dich frei,

Zeitlich hier

Durch Lieb' zu Mir!

 

[PsG.01_057,04]

 

Darum sei dir

Auf Erden hier

Meiner Gnade

Bundes=Lade

In dem Herzen

Ohne Schmerzen,

Lieb für Liebe

Trieb dem Triebe,

Ich in dir

Wie du in Mir,

Kannst dich freu'n

Wirst ewig Mein! -

 

[PsG.01_057,05]

 

Und wie gesagt,

Sei's nicht vertragt,

Du wirst's sehen

Selbst verstehen

Was Ich sage,

Und ertrage

Dir zu Liebe

All's für Hiebe!

Darum sei

Mir allzeit treu,

Dann bist Mein,

Deß kannst dich freu'n!

 

Amen.

 

 

Diese fünf Verslein möchten wohl beachtet werden, denn sie enthalten einen großen Schatz. - Also wohl beachtet! Amen.

 

 

58. Tirols Schneenoth.

 

(Am 28. Februar 1843.)

 

[PsG.01_058,01]

 

Das Land in Geistesnacht begraben,

Haltend fest des Wahnsinns Bund,

Ist wohl dem Boden nach erhaben;

Geistig doch hat's keinen Mund!

 

[PsG.01_058,02]

 

Dieß Land, so reich an Geisteshallen

Mag derselben achten nicht;

Deß' Volk will stets nur Unsinn lallen,

Forschen nicht nach heller'm Licht.

 

[PsG.01_058,03]

 

Es flieht des Geistes hehre Flamme,

Spricht dem hellen Auge Hohn

Dieß Volk. So tönt sein finstrer Name

Kläglich denn vor Gottes Thron.

 

[PsG.01_058,04]

 

Wie eisig es die Brüder pfleget,

Die nicht seines Wahnes sind

Und stets Verdacht ge'n Jeden heget,

Der nicht ist der Thorheit Kind, -

 

[PsG.01_058,05]

 

So eisig auch nun Geister wehen

Durch dieses finst're Land einher

Und all' die tollen Todten drehen

Wirbelnd in ein schneeig Meer;

 

[PsG.01_058,06]

 

Und große Heere stürzen nieder,

Wie's keinem Mann gedenkt im Land,

Mit eisig starkem Schneegefieder

Decken sie des Wahnsinns Tand.

 

[PsG.01_058,07]

 

Und wo an hoher Berge Zinnen

Sich die kalte Brut gesetzt,

Um da gemächlich zu zerrinnen,

Wird sie mit Gewalt gehetzt;

 

[PsG.01_058,08]

 

Sich jählings nun hinab zu stürzen

In der engen Thäler Grund,

Um da dem Volk das Brot zu würzen

Und zu stopfen dessen Mund!

 

[PsG.01_058,09]

 

Ja der Mund, dem Wahnsinn schmecket,

Soll sich laben nun daran;

Denn was dieß Land nun hart bedecket,

Ist des Volks gefang'ner Wahn.

 

[PsG.01_058,10]

 

In schweren Eis= und Schneelawinen

Stürzt der Wahn hinab ins Thal;

Von schaurig steilen Bergeszinnen

Mit des Donners Widerhall.

 

[PsG.01_058,11]

 

Doch soll's dem Volk noch ärger gehen,

Läßt's nicht fahren seinen Wahn;

Ich will es in die Fluthen drehen

Ohne Kleid und ohne Kahn!

 

[PsG.01_058,12]

 

Also ist dieß Bild zu nehmen,

Wie's mit diesem Lande steht;

Es wird deß Unglück Niemand hemmen,

Weil's dem Wahn des Volks entweht!

 

Wohlverstanden! Amen!

 

 

59. Der Komet.

 

(J. L. am 27. März 1843.)

 

[PsG.01_059,VW]

 

Bitte: O HErr! Ist dieser neue riesige Komet,

Der bis zum Hasen sich erstreckt,

Und meist von Wolken ist bedeckt,

Ein - Segen oder Unheil kündender Prophet?

 

A.: Also schreibe; aber nicht viel in dieser Hinsicht:

 

[PsG.01_059,01]

 

So hör' Mein Sohn! der neue riesige Komet,

Der bis zum Hasen sich erstreckt

Und meist von Wolken ist bedeckt

Ist durchaus kein Unheil kündender Prophet!

 

[PsG.01_059,02]

 

Denn so am Himmel sich ein solches Zeichen zeigt,

Das manchen tiefer Schläfer weckt,

Und manchen groben Sünder schreckt,

Und Manchen zwingt, daß er dem eignen Tod entsteigt,

 

[PsG.01_059,03]

 

Das ist doch sicher wohl ein arges Zeichen nicht!

Er kommt und zeugt von Meiner Macht,

Die nun von Vielen wird belacht,

Und weckt die Demuth als des Menschen erste Pflicht.

 

[PsG.01_059,04]

 

Es zeigt dem Frevler Meine Näh', wenn auch verhüllt,

Und füllt mit Recht so manches Herz

Mit herber Ahnung dumpfem Schmerz;

Ist da nicht gut, wenn es die Welt mit Furcht erfüllt?

 

[PsG.01_059,05]

 

O das ist gut; ein gutes Zeichen ernstlich winkt

Und in so Manches Herzen schreit:

Zeigst du vielleicht der Gottheit Streit?

Ganz als Erscheinung leer bist sicher nicht bedingt!

 

[PsG.01_059,06]

 

Und so ist's recht, was kommen muß, das kommt gewiß;

Also ist auch das Zeichen gut,

Es mahnt zu sein euch auf der Hut.

So seid's und glaubt's, daß Ich die Meinen nie verließ:

 

[PsG.01_059,07]

 

Und so ist dieser neue riesige Komet,

Deß Ruthe bis zum Hasen geht,

Den Kopf im Eridanus dreht,

Durchaus kein Unheil kündender Prophet! -

 

[PsG.01_059,08]

 

Um was gefragt,

Wird hier gesagt,

Nicht mehr gefragt,

Nicht mehr gesagt.

 

[PsG.01_059,NW] (Dieser Komet erschien sichtbar in Graz am 18. März 1843 zwischen 7 und 9 Uhr abends und zwar nur der Schweif sichtbar.)

 

 

60. Himmel, Erde, Luft, Meer.

 

(Zeugen klar von Gottes Ehr'.)

 

(Auf gegebene Worte durch J. L. am 31. Mai 1843.)

 

[PsG.01_060,01]

 

Dir HErr, sei Preis, Anbetung, Dank und Ehre;

Dein ist die Erde und das Sternenfeld!

Dir schlägt mein Herz; Dir donnern Luft und Meere!

Dein ist das Reich und Dein die große Welt!

Vom Aufgang bis zum Niedergang erschallet

Dein Lobgesang, der durch die Himmel hallet!

 

[PsG.01_060,02]

 

Du rufst die Sonne und sie kommt im Glanze

Wie eine Braut aus ihrem Purpurzelt;

Du winkst dem Mond und aus dem Sternenkranze

Blickt er in heil'ger Ruhe auf die Welt.

Wir sind getrost! Du HErr bis uns're Stärke,

Dein ist die Kraft, und groß sind Deine Werke.

 

[PsG.01_060,03]

 

Gott! Welch ein Licht, das Deinen Thron umstrahlet,

Welch' stille Pracht im Land der Seligkeit!

Du ew'ge Liebe, die kein Dank bezahlet,

Anbetung Dir! Dein ist die Herrlichkeit!

Die Sonnen glänzen freudig in die Runde

Und ewig währet jene gold'ne Stunde.

 

[PsG.01_060,04]

 

Die Himmel, Erde, Luft und alle Meere

Sie preisen Dich, und loben Deine Stärke,

So laß auch bringen mich Dir eine Ehre,

Die ich vor Dir in meinem Herzen merke;

Es ist die Lieb! O Vater über Sternen,

Nimm sie zu Dir durch all' die blauen Fernen.

 

[PsG.01_060,05]

 

Nimm an o Vater hier mein kindlich Lallen,

Laß preisen Dich gefällig auch von mir,

Nicht kindisch will vor Dir ich prahlen;

Ein kindlich Opfer bringe ich Dir hier;

O nimm es an mit Deinem Wohlgefallen

Und laß Dein Kind stets also vor Dir lallen.

 

 

61. Zwei Ströme wie Mur und Drau.

 

Eine Ode.

 

(J. L. am 11. Juni 1843.)

 

[PsG.01_061,01]

 

Es tropfet und perlet vom Felsen herab;

Auf die dampfende moorige Trift

Fällt ein ewiger Regen in dumpfem Geplätscher

Und gähnende Klüfte die saugen

Mit brennender Gierde die fallenden Tropfen

Hinab in den finsteren Grund.

 

[PsG.01_061,02]

 

Im finsteren Grunde sich sammelnd zur Fluth,

Brausen Orkanen gleich in der Nacht

All' die zahllosen Tropfen, es bebet der Boden;

Es dröhnet der Nachhall gar schaurig,

Die dichten und mächtigen Wälder hindurch,

Von dem Sturze der Fluthen gezeugt!

 

[PsG.01_061,03]

 

Herab über Felsen und schaurige Wänd'

Stürzen donnernde Bäche ins Thal,

Und die Bäche, sie kommen aus finsterem Grunde,

In den sie als Tropfen gelangten;

Im Thale sie ruhiger werden und sanfter,

Im ebneren, freieren Bett.

 

[PsG.01_061,04]

 

Da murret der Bach durch das wogige Thal

Und es rauschen in seinen rollenden Schooß

Andre muntere Brüder voll bebender Lust

Und vereinen sich treulichen Bundes

Zu einem gar mächtigen wogenden Strome,

Der dann ferne Gebiete durchzieht.

 

[PsG.01_061,05]

 

Doch wie da ein mächtiger Strom hehr entspringt

Einem schaurigen felsigen Ort,

Auch ein anderer mächtiger Bruder erscheinet,

Nach seinem Erscheinen stets mächtiger

Wird, und durchziehet gleich seinem Gefährten

Ein weites gedehntes Gebiet, -

 

[PsG.01_061,06]

 

Und wie da zwei mächtige Feldherrn es thun,

Also thun's auch die wogenden Ström';

O es treibt sie gar mächtig stets näher

Zu kommen auf offenem Felde!

Nicht lange, sie stoßen zusammen voll Freude

Zu einer gar mächtigen Fluth.

 

[PsG.01_061,07]

 

Da werden sie kräftig und groß in der Macht

Und es freut sich der steuernde Mann

Auf der mächtigen wogenden Fläche von Herzen,

Zu lenken sein lustiges Schiff

Ohne Sorg' und Gefahr auf der mächtigen Fluth

Hin ans lohnende winkende Ziel.

 

[PsG.01_061,08]

 

Also auch im Menschen zwei Ströme entsteh'n,

In dem Geiste der Eine voll Kraft,

In der Seele der Andre voll Muth, auch voll Zagen;

Sie strömen oft lange vereinzelt

Und können einander nicht rathen und helfen

In ihrem geeinzelten Sein.

 

[PsG.01_061,09]

 

Doch werden am Felde der Liebe sie Eins,

An der Mündung des Lebens voll Kraft;

Dann auch schifft sichs sorglos und frei in die Ferne

Des Lebens im Lichte aus Gott!

Ja in ewige selige Fernen des Lebens,

Ins Leben voll Liebe und Licht.

 

[PsG.01_061,10]

 

 

62. Aneiferung.

 

(Am 28. Juni 1843)

 

[PsG.01_062,VW] Das gebe dem Sohne zum Namensgeschenke, auf daß er emsiger werde in seinen Vorstudien.

 

[PsG.01_062,01]

 

Hehr naht des Tages Mutter! Dunkelheit

Umflorte eher Land und Meer;

Wie herrlich strahlt sie nun im Glanzeskleid

und spendet Freude rings umher!

 

[PsG.01_062,02]

 

Mit ihr erneute Lebenskraft erwacht,

Wie regt sich Alles in der Welt,

Wie herrlich strahlt die Flur in Morgenpracht,

Von mächtiger Sonnenglut beseelt.

 

[PsG.01_062,03]

 

Also auch kommt der HErr! erst Dämmerung,

Dann hell'res Morgenroth, dann Licht;

Bis endlich voller Tag, rein, frisch und jung

Des Herzens dichte Nacht durchbricht.

 

[PsG.01_062,04]

 

So lang am Himmel dort die Sonne brennt,

Erfreut das Herz ihr wärmend Licht;

So auch, wie lang das Herz Mich treu bekennt,

Ermangelst du der Freude nicht!

 

[PsG.01_062,05]

 

Willst leben du ein gutes Leben hier,

So sprich in deiner Brust getreu

Die nächste Strof' lebendig stets in dir

Und diese laute also frei:

 

[PsG.01_062,06]

 

"O strahl' du ew'ge Sonne doch

"Den ganzen Lebenstag in mir!

"Gar heiter trag ich dann dieß irdisch Joch

"Erquickt und hoch erfreut in dir." Amen.

 

 

63. Die drei Sterne.

 

(Empfangen durch J. L. am 13. Juni 1843.)

 

[PsG.01_063,VW] Schreibe auch noch ein Liedchen, dergleichen schon da ist; aber zumeist noch zu wenig rein, und somit der Wahrheit gemäß. Das Liedchen habe eben auch Glaube, Hoffnung und Liebe im Schilde.

 

 

[PsG.01_063,01]

 

Es wankt der Pilger an dem schroffen Felsgestade,

Da grüßt kein wirthlich Haus den heiß betränten Blick.

Wo bleibet wohl der Stern, der auf dem finstern Pfade

Mit sanftem Strahl erheitern möchte sein Geschick?

 

[PsG.01_063,02]

 

Nur hart umfängt die Nacht die sturmbewegten Wogen,

Kein sichrer Hafen winkt am uferlosen Meer;

Der Sehnsucht trüglich Licht hat schon gar oft betrogen,

Und rathlos schwankt das schwache Lebensschiff umher!

 

[PsG.01_063,03]

 

Da leucht't auf einmal mild, gleich vielen kleinen Sternen,

Aus freien Himmelshöh'n ein Segensstrahl herab,

Vertrau ihm fest, so wirst du Glauben kennen lernen,

Der wird dem Schmerz ein mächt'ger Trostes=Rettungsstab.

 

[PsG.01_063,04]

 

Du kennst den leisen Klang, der in des Herzens Tiefen

So süß, so rein und mild wie Engelsstimme tönt,

Die hehren Bilder weckt, die in der Seele schliefen

Und lieblich tröstend dich selbst mit dem Schmerz versöhnt!

 

[PsG.01_063,05]

 

Den heil'gen Himmelsklang, den jedes Ohr verstehet,

Dem heiße Sehnsucht still in Morgenträumen lauscht,

Der sanft wie Frühlingshauch erquickend dich umwehet,

Also wie da ein Bach durch blum'ge Fluren rauscht.

 

[PsG.01_063,06]

 

O sieh! die Hoffnung ist's, mit ihrem Saitenspiele,

Den Pilger hehr erheiternd auf der dunkeln Bahn;

Sie zeigt voll Huld und Mild' am fernen Wanderziele

Den lichten Siegeskranz, den wir eh' trüb nur sah'n.

 

[PsG.01_063,07]

 

Kennst auch den warmen Quell, der Leben bringend fließet

Im duft'gen Blumenkelch, wie in des Menschen Brust,

In's eb'ne Friedensthal sich klar und sanft ergießet,

Uns allzeit segnend tränkt mit süßer Himmelslust.

 

[PsG.01_063,08]

 

Der lächelnd sich um bunte Blumenufer windet,

Wie Silberband auf dem smaragd'nen Grün,

In dem ihr treues Bild die Unschuld wieder findet,

Wenn still geröthet höh'r die zarten Wangen glühn.

 

[PsG.01_063,09]

 

Es ist die Liebe, die da unter Blüthenbäumen

Als ein gar fröhlich Kind in süßen Träumen lebt,

Das heiter blickt nach jenem lichten Himmelsräumen,

Aus denen sie, die Lieb', zu uns herabgeschwebt!

 

[PsG.01_063,10]

 

O möcht' des Glaubens Stern stets deine Nacht verschönen

Sein heil'ger Gnadenquell dein hoffend Herz erfreun,

Und möcht' der Liebe heller Klang in dir ertönen,

So wird das höchste Glück mit dir den Bund erneu'n.

 

 

64. Liebe, Wort und Lehre.

 

(Empfangen durch J. L. am 27. Mai 1844.)

 

[PsG.01_064,VW] "Der, die lang schon hat von Mir ein Wort begehrt,

Sei dieses kleine, gute, wahre Lied bescheert!"

 

[PsG.01_064,01]

 

Die Liebe ist der Grund von allen Dingen,

Dieß alte Wort muß überall erklingen,

Dieß Wort, der Grund von jeder heil'gen Lehre,

Ist auch der Grund von aller Welten Schwere!

Denn aller Schöpfung Last und reges Leben

Ist in die Tiefe dieses Wort's gegeben.

 

[PsG.01_064,02]

 

Das Wort, aus Liebe erst erstand'nes Leben,

Dieß heil'ge eignen Seins bewußte Streben,

Ist auch der Dinge hehr gestaltig Wesen;

In allen Dingen kannst du's finden, lesen;

Der Wesen Schrift sind ihre Wunderformen,

Sie sind der ew'gen Liebe heil'ge Normen.

 

[PsG.01_064,03]

 

Die Lehre, heil'ge Ordnung in den Dingen,

Sie ist des Wortes Kraft und treu's Gelingen;

Und so ist dann der Liebe heilig Wirken

In all' den endlos großen Weltbezirken

Des Wortes Ordnung in den ew'gen Kreisen,

Wie's dir all' die Geschöpfe treu beweisen!

 

[PsG.01_064,04]

 

Und so bist du, wie all' geschaff'nen Dinge,

Ein wörtlich Theil am großen Wesenringe;

Doch - nicht im Zwang sollst selben du umkreisen!

In freier Ordnung mußt du dich erweisen,

Wie du der freien Ordnung bist entsprossen

Gleich all' den andern freien Raumgenossen.

 

[PsG.01_064,05]

 

Dein Auge wende nicht nach jenen Triften,

Die Meine Ordnung stets in dir zerklüften;

Denn dann ist Meine Tröstung, Meine Lehre

Dir nichts, als eine leere Wort=Chimäre!

Nur wenn du frei da thätig bist im Stillen,

Erfüllst du zwanglos Meinen heil'gen Willen.

 

[PsG.01_064,06]

 

Nur in der Freiheit weht das wahre Leben,

Im Zwange kannst den Tod dir nur erstreben;

Darum sei Liebe, Wort und Lehr' beschieden

Dir so - wie Jedermann aus Mir hinieden;

Durch diese drei mußt du getauft erst werden

Im Geiste treu und wahr aus Mir auf Erden! -

 

[PsG.01_064,07]

 

Wirst du aus Mir die Tauf' nicht überkommen,

Da wird das Kinderrecht dir wenig frommen;

Wirst müssen einstens dahin wieder fliehen,

Wohin dich dein Geschöpfliches wird ziehen!

Darum beachte Liebe, Wort und Lehre,

Die Drei sind lebend Eins, - und nicht Chimäre!

 

[PsG.01_064,08]

 

Wer Verständniß hat, der soll dir's deuten,

Dann wirst den wahren Sinn du schon erbeuten.

Amen, Amen, Amen.

 

 

65. Liebe, Weisheit, Himmel, Beständigkeit, Glaube, Hoffnung, Demuth.

 

Für die Angelika H. W.

 

(Am 30. Mai 1844.)

 

[PsG.01_065,01]

 

In diesem kleinen Wörterringe

Ruh'n tief verborgen große Dinge;

Willst sie in ihrer Tiefe schauen,

Da mußt der Liebe dich vertrauen!

 

[PsG.01_065,02]

 

Im ersten Wort die andern stecken,

Das erste mußt du treu erwecken,

Dann auch wirst leicht die andern finden,

Denn Liebe selbst wird sie dir künden.

 

[PsG.01_065,03]

 

Die Liebe wird dir Weisheit geben,

Den Himmel treulich auch daneben;

Beständigkeit wird dir auch werden

Durch festen Glauben schon auf Erden!

 

[PsG.01_065,04]

 

Und deiner Hoffnung stilles Sehnen

Wird bis zu Meinem Thron sich dehnen;

In deines Herzens Liebewalten

Wird dir das Leben sich entfalten!

 

[PsG.01_065,05]

 

In diesem Leben wirst du finden,

Das wird dann Alles dir verkünden,

Was da in deinem Wörterringe

All's ruh'n für große, schöne Dinge!

 

[PsG.01_065,06]

 

Jetzt freilich wirst's noch nicht verstehen,

Was alles da für Sachen stehen,

Doch mit der Zeit wirst es schon finden

Was dir diesmal nicht ist zu künden!

 

[PsG.01_065,07]

 

Doch - wirst dich fleißig täglich üben, -

Recht treu Mich fort und fort zu lieben;

So wirst du dann schon bald verstehen,

Was Alles da für Sachen stehen.

 

 

Amen, Amen, Amen.

 

 

66. Ein Stärkungslied.

 

(J. L. am 3. Juni 1844.)

 

Dieß Liedchen gieb der kleinen Martha J.; das solle sie täglich in ihrem Herzen singen, da wird sie eine große Stärkung überkommen.

 

[PsG.01_066,01]

 

O Jesus mein, erwecke meine Liebe,

Erweck' in mir zu Dir die heil'gen Triebe,

Auf daß ich über All's Dich lieben könnte,

Und daß Dein Wort in meiner Seel' ertönte!

 

[PsG.01_066,02]

 

O Jesus mein, erweck auch meinen Glauben,

Laß nimmer mir durch eitlen Tand ihn rauben,

Auf daß durch dieses Licht ich inne werde,

Wie Du mir Alles bist auf dieser Erde!

 

[PsG.01_066,03]

 

O Jesus mein, laß mich lebendig hoffen,

Laß fühlen mich, wenn Du mein Herz getroffen

Mit Deiner Liebe hast, auf mein Vertrauen;

Denn nur auf Dich will ich mein Leben bauen.

 

[PsG.01_066,04]

 

O Jesus, meine Liebe, all mein Hoffen!

In Dir hab' ich des Lebens Grund getroffen;

So laß denn auch in diesem Grund mich weilen,

Und Dir mit meiner Lieb' entgegeneilen!

 

[PsG.01_066,05]

 

O Jesus mein, mit Deiner Gnade mich beschütze;

Sei allzeit meines schwachen Lebens Stütze!

Mit Deiner heil'gen Lieb' mich allzeit führe,

Daß ich mich nicht in meiner Nacht verirre.

 

[PsG.01_066,06]

 

O Jesus, laß auch Deine Braut mich werden,

Durch meine heiße Lieb' zu Dir auf Erden,

O laß mich dieses heil'ge Ziel erringen,

Laß mich zu Deinem heil'gen Herzen dringen!

 

[PsG.01_066,07]

 

O Jesus mein, Du wirst mich wohl erhören,

Wirst sillen ja nach Dir mein heiß' Begehren?!

O ja! - In meinem Herzen hör' ich's klingen:

"Die liebe Ich, die also zu Mir singen!"

 

[PsG.01_066,08]

 

Darum Amen, Amen, Amen,

In Meinem möcht'gen heil'gen Namen.

 

 

67. Der Traum, eine kleine Satyre.

 

(J. L. zu Greifenburg am 6. Dezember 1844.)

 

[PsG.01_067,01]

 

Man sagt schier allgemein vom Traum:

"Nichts ist er, als ein leerer Schaum!

"Was wir am Tag geseh'n, gedacht,

"Hat uns den nächt'gen Traum gemacht;

 

[PsG.01_067,02]

 

"Im Blute liegt der Träume Sitz,

"Der'n Bildnerin heißt: Fieberhitz',

"Sie ist's, die stets in uns erzeugt

"Den Schlaf, und was im Traum sich zeigt." -

 

[PsG.01_067,03]

 

Fürwahr, das ist ganz rar erklärt,

Wer hat uns den Verstand bescheert?!

Wie klug doch jetzt die Menschen sind!!

Wer weiß, ob etwa nicht ein Kind

 

[PsG.01_067,04]

 

Der Fieberhitz' - ist ihr Verstand,

Dem solche Ding' also bekannt?!

Die alten Weisen lehrten schier

Ganz anders über Träume hier;

 

[PsG.01_067,05]

 

Sie sagten von dem Traum gar hehr:

"Es zeig' der Traum das Leben mehr

"Als wie der Tag, worin's besteht,

"Um was sich seine Achse dreht;

 

[PsG.01_067,06]

 

"Sie sehen in dem nächt'gen Traum

"Der Isis heil'gen Schleiersaum,

"Durch den sie oftmals klar ersah'n,

"Was da für einen selt'nen Plan

 

[PsG.01_067,07]

 

"Die stummen Götter hätten g'faßt,

"Wie er für Menschen kläglich paßt!"

Und sieh', das waren Heiden nur,

Die hatten schon die bess're Spur,

 

[PsG.01_067,08]

 

Und wir, die Christenname ehrt,

Sind so abscheulich hoch gelehrt,

Daß wir allein der Fieberhitz'

Verdanken aller Träume Sitz

 

[PsG.01_067,09]

 

Und Sein; wie man's ganz klar versteht,

Um was sich d'jetz'ge Weisheit dreht,

Um's Fressen, Saufen und um Dreck,

Der ist ja unsers Strebens Zweck!

 

[PsG.01_067,10]

 

Warum denn tiefer denken hier

Auf dieses Schwelgens Jagdrevier?

Nach fettem Braten, Wein und Brot

Kommt man ja nie zur Traumesnoth,

 

[PsG.01_067,11]

 

Man schläft und schnarcht darauf gesund,

Und wird so fett und kugelrund!

Gar schön und hehr ist dieser Grund

Und ist der Weg zum schönsten Bund,

 

[PsG.01_067,12]

 

Des jetz'gen Weisen vollends werth,

Da man von ihm nur's Fleisch begehrt!

Doch nicht so in der beß'ren Weis',

Die allzeit noch das Beß're weiß;

 

[PsG.01_067,13]

 

Bei der ist heute noch der Traum

Des geist'gen Lebens=Schleiers Saum,

Den ja schon mancher Weise hob,

Und so sein Aug' ins Geistland schob,

 

[PsG.01_067,14]

 

Und gab den vielen Gläub'gen kund

Des bess'ren Lebens ew'gen Bund!

In Fieberhitz, im fleisch'gen Blut

Fand Josef nicht des Seraphs Glut,

 

[PsG.01_067,15]

 

Die ihn erweckt, wie Freundes Hand,

Und hieß ihn zieh'n in fremdes Land!

So hat auch Jakob kaum geseh'n

Die Himmelsleiter fiebrig steh'n!

 

[PsG.01_067,16]

 

Wohl aber war sein heller Traum

Des Gotteslandes heil'ger Saum,

Durch den er klärlichst hat geseh'n

Wie Gottes Dinge Jenseits steh'n! -

 

[PsG.01_067,17]

 

Darum sei mir ein jeder Traum

Stets mehr, als bloß ein leerer Schaum,

Und mehr, als alle Fieberhitz'

Sei mir der alten Weisheit Sitz. -

 

 

68. Für Pauline.

 

(J. L. am 12. März 1847.)

 

[PsG.01_068,01]

 

O schreibe nur, schreibe,

Die Zeit dir vertreibe;

Wohl weiß es der Geber,

Der Weltenurheber,

 

[PsG.01_068,02]

 

Was du damit willst,

Weß Durst damit stillst. - Ohn' einige Seelenbeschwerden,

Denn alles muß leiden Gewalt,

Zu gewinnen des Himmels Gestalt! -

 

[PsG.01_068,03]

 

Drum will Ich dieß Wörtlein ihr geben,

Um das, was nicht gut ist, zu heben;

Daß sie muß sich kräftiglich hüten,

Dem Mäusim ihr Herzchen zu bieten.

 

[PsG.01_068,04]

 

In Zukunft muß so sie es treiben:

Im Herzen stets Mir treu verbleiben,

Mich lieben und Meiner sich freuen;

Das wird sie von Allem befreien,

 

Was ihr nun das Herze bedrückt,

Und die leidigen Sinne berückt. -

Gar lieb wär' Mir sonst diese Seele,

Wär' eine gar schöne Juwele,

 

[PsG.01_068,05]

 

Der Himmel gar herrliche Zierde,

So sie da ablegte die ärgliche Bürde!

Gar klein scheint ihr freilich die Sünde,

Ein trauliches Priestergebünde;

 

[PsG.01_068,06]

 

Bei Mir doch ist anders die Sache,

Ich halte für's Leben die Wache,

Und weiß es am besten vor Allen,

Was Mir nur allein kann gefallen.

 

[PsG.01_068,07]

 

Die Ordnung laß überall schalten

Und walten in allen Gestalten;

Dein Herz darf sich nimmer hinneigen,

Wo Weiberfluch führet den Reigen;

 

[PsG.01_068,08]

 

Denn die da verfluchet euch haben,

Wie könnt ihr im Herzen sie laben?

Wie könnt ihr sie mehr als Mich lieben,

Die finsteren Fischer im Trüben?!

 

[PsG.01_068,09]

 

Sieh, Meine geliebte Pauline!

Und werde deß einmal recht inne:

Der Coelebs hat Mir es geschworen,

Als Rom ihn zum Priester erkloren,

 

[PsG.01_068,10]

 

Die d'rum dich gebeten,

Liegt noch in den Ketten

Der thörichten Neigung gefangen

Nach ihres ganz eigenen Herzens Verlangen

 

[PsG.01_068,11]

 

Deß wird sie bald ledig nicht werden

Die Weiber für ewig zu fliehen,

Weil sie aus der Hölle nur blühen!

Ist das nicht ein Fluch in der Seele

Deß, der ihn geschöpft aus der Quelle,

 

[PsG.01_068,12]

 

Die Babel in finstersten Stunden

Durch höllisches Suchen gefunden?

Darum mußt dein Herz du frei machen

Von solchen gar thörichten Sachen,

 

[PsG.01_068,13]

 

Sonst kannst du Mir nicht wohlgefallen,

Was wünschen du solltest vor Allen;

Hat Jemand als Cölebs geschworen,

So bleib' er darin ungeschoren;

 

[PsG.01_068,14]

 

Ihm folge der Lohn seines Eides;

Er freue sich solchen Bescheides,

Der ihm diesen Segen gegeben,

Den Himmel allein (solus) zu erstreben!

 

[PsG.01_068,15]

 

Du aber, Mein Liebchen, Mich wähle

Zum Bräutigam für Deine Seele;

Dann wirst du nicht düster Mir träumen,

Und seufzend in Winkeln oft säumen,

 

[PsG.01_068,16]

 

Die lauliche Zimmerluft fragen,

Wann sie ihn wird her wieder tragen?

O frage Mich lieber dafür,

Ob Ich eh'stens komme zu Dir?

 

[PsG.01_068,17]

 

Und Ich werd' zur Antwort dir geben:

Ich komme schon - siehe, soeben!

Das wünsch Ich von Dir: Meine Liebe

Allein nur dir gebe die Triebe,

 

[PsG.01_068,18]

 

Die allzeit zu Mir dich erheben,

Und wahre Seligkeit geben,

Im Leib schon den Himmel auf Erden!

Da finden sich keine Beschwerden,

 

[PsG.01_068,19]

 

Die Seufzer sind alle verschwunden.

Und du lebst im Geist ungebunden:

Das wünscht dir dein heiliger Vater,

Und saget dazu Sein allmächtiges Amen!

 

 

69. Der Weltmensch.

 

(J. L. April 1847.)

 

 

[PsG.01_069,01]

 

In früh'rer Zeit

Hat's mich gefreut,

Hinaufzuschauen,

Wo lichte Auen

Noch traulich kreisen

In alten Weisen.

 

[PsG.01_069,02]

 

Auf Gott vertrau'n.

Auf Ihn nur bau'n,

War meine Sitte,

In meiner Hütte,

In meiner Brust

War's höchste Lust!

 

[PsG.01_069,03]

 

Frei war mein Herz

In ihm kein Schmerz!

Doch - als die Welt

Mich hat erwählt,

Da ging zu End'

Mein früh's Talent, -

 

[PsG.01_069,04]

 

Der Himmel schwand;

Und sein Gewand

Ward nur zu bald

Mir gar zu alt

Auch Gottes Walten

Schien zu veralten!

 

[PsG.01_069,05]

 

So wurd' der Welt

Ich dann ein Held,

Und that in Allem,

Ihr zu Gefallen

Das sie nur wollt',

Gar treu und hold.

 

[PsG.01_069,06]

 

Was ihr gebühret,

Nurmehr mich rühret,

Das sie erfreut,

Auch mir gedeiht.

Mich freut nun nicht

Mehr Christenpflicht,

 

[PsG.01_069,07]

 

Und Mond und Sterne,

Die sind mir ferne;

Nur Welt, nur Welt

Mich unterhält!

Der Menschheit Werth,

Ein fremder Heerd

 

[PsG.01_069,08]

 

Mir kaum noch beut

Ein stumpfes Leid,

Und Menschenlieb',

Die ich betrieb,

Mit der ist's gar

Auf immerdar.

 

[PsG.01_069,09]

 

Nur Mädchen, Frauen

Kann ich noch schauen,

Wenn jung und schön

Sie vor mir steh'n.

Die armen Leut'

(Ich wär' nicht g'scheidt)

Ohn' Brod und Hemd -

Die sind mir fremd.

 

[PsG.01_069,10]

 

Auch mein Gewissen

Ist lang schon z'rissen;

Hab' ich nur Geld,

Das mir gefällt,

Dann bleib' Gewissen

Nur stets zerrissen!

 

[PsG.01_069,11]

 

Der Armuth Noth,

Der helfe Gott!

Ich bin kein Narr,

Zu glauben gar

Der Armen Noth

Mich brächt' zu Gott;

 

[PsG.01_069,12]

 

Drum leg' ich blos

In meinen Schooß,

Was ich erwerb'

Und sonsten erb';

Der lump'gen Armen

Soll sich erbarmen

Wer immer will;

Ich bleibe still

In meinem Haus,

 

[PsG.01_069,13]

 

Und sterb' ich auch

Nach altem Brauch,

Vielleicht recht bald

Und werd' nicht alt,

Dann sei's auch "gar"

Auf immerdar!

 

[PsG.01_069,14]

 

Mein Himmelszelt

War ja die Welt;

Dieß Paradies

War mir gewiß,

Was nach dem Tod

Mir gäb' ein Gott,

 

[PsG.01_069,15]

 

Dafür fürwahr

Ich geb' kein Haar,

Ein Gläschen Bier

Ist lieber mir.

Der ist ein Narr,

Der das für wahr

 

[PsG.01_069,16]

 

Kann albern halten,

Daß einst gestalten

Ein neues Leben

Sich soll, erheben

Aus altem Mist

(O armer Christ!)

 

[PsG.01_069,17]

 

Was hier vergangen

Darf uns nicht bangen;

Nie mehr ersteht,

Was hier verweht;

 

[PsG.01_069,18]

 

Nur wer hienieden

Gelebt zufrieden,

Hats Himmelreich

Gehabt zugleich!

 

 

Nachwort.

 

 

[PsG.01_069,19]

 

O armer Tropf

Ohn' Herz und Kopf,

Mit dir ist's gar,

Das nur ist wahr;

Ganz auf ein Haar

Wie das gemeint

Sei es bereint.

 

[PsG.01_069,20]

 

Wenn deine Seel'

Einst in der Höll'

Sich wird befinden,

Wirst andres künden!

Amen, Amen, Amen!

 

 

 

70. Zu zwei von J. L. gezeichneten Landschaften.

 

 

Eine Gegend in Asien am Ararat.

 

(Am 18. November 1841.)

 

[PsG.01_070,01]

 

In der Höhen fernem Hintergrunde

Siehst du hier im schroff erhab'nen Bunde

Eine Gruppe steiler Felsen stehen,

Um den Scheitel reine Lüfte wehen;

Nicht in solcher Thäler sand'gen Auen

Sollst du dir ein Haus erbauen,

Sondern auf den Höhen, Felsen, Spitzen

Sollst du fest im eig'nen Hause sitzen.

 

 

Eine Gegen am Sinai.

 

[PsG.01_070,02]

 

Hast in deines Lebens bess'ren Stunden

Nie auf solchen Höhen du empfunden,

Welch' Gefühle sich dem Herzen kunden,

Wo der Tiefen Schlamm du dich entwunden?

Schaue darum nimmer solche Höhen,

Sollst auch nimmer sie beängst't umgehen,

Sondern dich hinauf zu ihren Spitzen schwingen

Und Mir da ein liebereines Loblied singen.

 

 

 

 

Poesie in Prosa.

 

1. Die Musik.

 

(Empfangen durch Jakob Lorber am 2. Mai 1840.)

 

[PsG.03_001,01] So ihr wollt wissen, was die Musik ist, so merket, was Ich euch sage, so wird euch klar werden Manches, so nicht Musik, sondern "Handlung der reinen Liebe" ist in sich selbst, ohne der Hinzuthat der Weisheit, sondern wie es ist in der Liebe in ihrer Blindheit.

[PsG.03_001,02] Siehe, ihr habt kein reineres Bild, als die Musik, welche besser blinde Liebe heißen sollte, von der reinen Liebe in Mir, welche ist ein Zusammenfluß der sieben Geister der Gottheit *), welche sich da vereinen in der gegenseitigen Begegnung ihres steten, ruhigen Waltens.

[PsG.03_001,03] Und diese Begegnung gebieret den Ton, siebenfach nach der Beschaffenheit des sich selbst begegnenden Geistes, und der Ton wächst dann von dem Grundton fort und fort durch alle sieben Geister, und so hat dann jeder Geist seinen eigenen Ton nach der Ordnung der euch bekannter Leiter.

[PsG.03_001,04] Und da aber ein jeder der sieben Geister durchdringt alle Sieben, so sind auch alle Sieben in jedem einzeln vorhanden, und ergießen sich dann alle wieder einträchtig und wohlklingend ineinander, welches dann ist die große Wonne der Gottheit in ihrer Liebe.

[PsG.03_001,05] Und so ist der Ton dann eine Schwingung, und diese Schwingung durchzittert die Geister, und die Geister erkennen sich, und das Erkennen gibt sich kund nach dem Verhältnisse der Schwingungen, und die Schwingungen werden wahrgenommen in der Liebe gemeinschaftlich, und diese Gemeinschaft ist dann die rechte Harmonie.

[PsG.03_001,06] Und wenn sodann in dieser großen, reinsten Harmonie die Liebe wonnig erbebet, so strömt dann dieses Erbeben zurück in die Gottheit, und da gibt es dann ein Gedränge, und in diesem Gedränge erwärmen sich die Geister und entzünden sich dann in der Liebe, und dieses Entzünden ist das Licht, und in diesem Lichte werden erkannt die zahllosen Formen, welche entstehen aus den Schwingungen! Nun wisset ihr, was der Ton und die Musik ist, wie sie entsteht, wozu sie und was sie ist.

[PsG.03_001,07] Und also ist die euch auch gegeben als ein geheimes Zeichen schweren und großen Inhalts, das erst ganz gelöst werden kann in der reinsten Liebe zu Mir; und also sollet ihr sie auch erlernen, betrachten, gebrauchen und genießen in der Darbringung eures allerhöchsten Ruhmes und allertiefsten Dankes zu Mir, daran ja nichts Unreines kleben soll.

[PsG.03_001,08] Aber wie wird diese Gabe aus dem allerhöchsten aller Himmel von euch gebraucht? O, der großen Schande! Ich habe euch gezeigt durch Männer das Reine in Oratorien und Sinfonien, ihr aber übergoldet damit Koth und tretet sie dann gar mit Füßen.

[PsG.03_001,09] Daher bedenket, was die Musik und wozu sie ist! und entheiliget nicht die Wonne in Mir! **) Ich, die reinste Liebe in Gott, JEOUA. Amen! Amen! Amen!

 

[PsG.03_001,02.FN] *) Man sehe den Anhang in Nr. 10 "Dreitages-Szene", sowie in Nr. 30 "Erklärung der Apokalypse."

[PsG.03_001,09.FN] **) Man lese auch das Wort in Nr. 28: "Sprache, Kunst und Musik".

 

 

2. Die Perle.

 

(Empfangen durch Jakob Lorber am 31. Januar 1847.)

 

[PsG.03_002,01] In des Meeres tiefem Grunde, da wo die mächtige Woge, erregt von grauser Windsbraut nimmer wühlt im tiefgelegenen Meeressande, und wohl leicht nicht trübt den kargen Schimmer, der - ein Strahl der Sonne - noch die feuchte Meerestiefe trifft, und des Lichtes letzte Spitzen taucht in Hayes Falkenauge, - da ruht ganz still in festgeschlossener Mutter eine hehre Frucht, die Edelste der Tiefe, die herauf an's Sonnenlicht gebracht der Sonne wird zum Spiegel, und glänzt und pranget gleich mit ihr, als Edelste mit der Edelsten.

[PsG.03_002,02] Da schmückt mit ihr der König seinen Herrscherthron, die Fürstin ihren Arm, Kopf und Hals. Der großen Perle großen Werth weiß selbst ein Salomo genug zu schätzen nicht. Die Edelsteine müssen erst geschliffen werden, sonst zieren sie die Kronen nicht, doch keines Schliffes bedarf die Perle mehr, wie sie der dunkle Meeresgrund gegeben, so ist sie schon die herrlichste Juwele!

[PsG.03_002,03] O Menschen! Ja in euch auch ist ein Meer, in seinen Friedenstiefen bergend solchen Schmuck, damit der Himmel Fürsten reichlich schmücken ihre Stirnen, Brust und Lenden!

[PsG.03_002,04] Kennet ihr Menschen ihn (den Schmuck), kennt ihr die Perle, die der Armuth Herz im armen Bruder birgt, und die herrlicher und größer sich gestaltet in des Gebers liebend warmem Herzen, das da allezeit Gutes übt im stillen Meeresgrunde seines Liebefriedens und edler wird und hehrer als der Sonne lichterfüllte Sfäre!

[PsG.03_002,05] O sehet, das ist des Himmels Werden, und seine Lichtgestalten in dem tiefsten Lebensgrunde; Mein Gotteswort, mit Fleisch bedeckt zwar noch, doch ziemlich wirkend, weil selbst der Himmel über alle Himmel, also Himmel zeugend, schaffend, Licht gebärend aus der Mutter, die da ist die Liebe, Gottesliebe, Bruderliebe, allumfassend, All's ergreifend, an sich ziehend, und in ihrem Adel selbst das Allertiefstgesunkene noch bemühet ist, in Edles zu verkehren, gleichwie die Perle des tiefen Meeres Schlamm in ihren hohen Adel zieht und ihn verkehret in ihr edles Wesen.

[PsG.03_002,06] Nicht richtet die Perle den Schlamm, den sie verkehret in ihr Wesen durch ihr stilles Wirken, das die Welt nicht sieht und nicht bemerkt, wo doch so viel Edles wird gezeuget, daß die Welt den großen Werth nicht einmal kennt, noch ihn zu schätzen weiß, und es wird da das Edelste und Köstlichste im engsten stillsten Raume gezeugt.

[PsG.03_002,07] Also auch soll spiegeln sich ein wahrer Mensch in der Perle eigenem Schimmer, der da lieblicher wohl ist, als des Orion's Feuerpracht, dann wird in sich er finden (das Große), was seines Lebens Meerestiefe birgt.

[PsG.03_002,08] Der Weg ist offen, schlummernd hat der Sturm sich gelegt, wer mag da zaudern noch?! Handelt! handelt nach dem Worte! werdet ächter Perlen ächte Fischer! "In eures Herzens Meere der Barmherzigkeit senkt eures Willens Taucherglocke, und spannet eurer Bruderliebe Netz über dem Schlamme der Armuth, da werdet ihr einen guten Fang thun; denn Ich Selbst werde als Perle der Perlen sein unter den Perlen, die ihr in das Brudernetz eurer Liebe gefangen habt; denn wie die Perle in des Meeres stiller Tiefe wird, so werde Ich in eurem Herzen - eine Lebensperle, die euch nimmer genommen wird ewig."

[PsG.03_002,09] Ein Licht ist diese Perle, ein Leben ist sie, ein lebendiges Wort, ein Himmel, Ich Selbst, die Perle der Perlen. Daher gehet und sammelt die Perlen, und so ihr die große findet, da gebet Alles her, und kaufet euch diese, denn Ich Selbst bin diese große Perle, wer die hat, der hat Alles; denn ihr Werth wird ewig, ewig unschätzbar bleiben! –

[PsG.03_002,10] Also spricht ein Gott, von Gott, aus Gott, der Mensch ward, um die Menschen zu Göttern zu machen; werdet also durch die Perle der Perlen selbst zu Perlen; werdet Götter durch Mich, euren Gott und Vater für ewig; Amen! Amen! Amen!

 

 

3. Cherubim und Seraphim.

 

(Empfangen durch J. L. am 25. August 1844.)

 

[PsG.03_003,01] Die Cherubim bedeuten und sind der ewige Ausfluß der göttlichen Liebe, und die Seraphim sind der ewige Ausfluß der göttlichen Weisheit; das ist der Unterschied, darum sagte man vor Alters: "Dieser ist liebeglühend wie ein Cherub und weise wie ein Seraph." Also wird durch "Cherubim" die göttliche Liebe und durch "Seraphim" die göttliche Weisheit in ihrem gesammten grundhimmlichen Wirken verstanden.

 

Dein Vater in Jesu.

 

 

4.Ein vollkommenes Bild als inhaltschwerer Anfangsbuchstabe dieser Werke.

 

(Empfangen durch J. L. am 11. August 1840.)

 

Ein Vorwort zum Diktat über das Bild des Herrn.

 

(Durch Jak. Lorber, Graz, 30. Mai 1840, auf dessen Anfrage wegen W. Maler.)

 

[PsG.03_004,01] Es kann nicht gleich sein, wie du es dir wünschest, sondern der rechte Zeitpunkt ist nur Mir allein wohlbekannt; so Ich an Jemanden ein Nebenwort richten will - was gehet es dich an?

[PsG.03_004,02] Die Zeit dessen ist noch nicht zur vollen Blüthe geworden, an den Ich richten möchte ein Nebenwort, daher noch eine kurze Zeit (Geduld), und bevor Wasser des Lebens aus dem Brunnen Jakobs! dann klein sein und groß sehen, gut hören und stumm in der Rede sein; dann nicht nur Sonnen zählen, sondern mehr noch das bescheidene Gras der Erde; und nicht nur steigen auf des Mondes Berge, sondern vielmehr sich verweilen in den Thälern der Erde!

(Wer Ohren hat, der höre, wer Augen, der sehe und merke!)

 

[PsG.03_004,03] Sieh! mit Kindern rede ich kindlich, mit Männern als Mann, mit Herren als HErr, mit Fürsten als Gott, mit allen Hohen als der Allerhöchste, mit Machthabern als der Mächtigste, mit den Großen als der Unendliche, mit den Sündern als Hirt und Richter; und so rede Ich mit Jedem nach seiner Art als ein unerreichbarer Gott, aber mit dem Mich Liebenden in aller Demuth (seines Herzens) rede Ich als Vater, Mich wie eine Braut zu ihm hinunterlassend von der Höhe aller unermeßlichen Höhen, als Allerhöchster in all Meiner unendlichen Fülle.

[PsG.03_004,04] Daher nur noch eine kurze Zeit, da das Eisen (des eisernen Malers) zu Gold wird (zum Edlen der Liebe), durch den werkthätigen Aufguß des lebendigen Wassers, als Beize des Eisens zum Golde! Amen. Ich, der rechte und allein Wahre, Jesus Jehova Immanuel, Sohn Davids, Amen, Amen, Amen!

 

[PsG.03_004,05] Was den frommen Wunsch betrifft, den schon seit lange hat der Maler, mehr im Kopf als in der Brust und deren Eingewaiden, so sage Ich, daß Mir gar kein Bild, weder aus Farbe, noch weniger als Holz, oder gar aus Metall oder Stein angenehm ist; denn sehet: dieses Alles ist nichts als eine Materie und somit todt, so ihr Mich aber bildlich darstellet in der Materie, so stellet ihr Mich im Tode dar, als ein Wesen, ähnlich Meiner Haut=Außenform, das da oft schon ausgezogen hat den Lebendigen aus euren Herzen und hat an dessen Stelle hingeheftet ein todtes Bild Meiner Haut.

[PsG.03_004,06] Daher sollet ihr vielmehr trachten nach dem lebendigen Bilde Meiner Liebe und Meiner Gnade in euren Herzen, als nach dem getreuen Abdruck Meiner Haut; gleich aber wie euer Leben nicht in der Haut, sondern nur im Herzen wohnet, gleich also geht auch aus Mir alles Leben nicht von Meiner Haut, sondern aus Meiner tiefsten Tiefe in euch über, so wie naturmäßig alles Licht und alle Wärme der Sonne ausgehet aus ihrem Zentrum, da ein kleiner Funke Meiner Gnade und Barmliebe ruhend wohnet. Sehet - das ist die Wahrheit. -

 

[PsG.03_004,07] So ihr aber dennoch wohl wollet ein Bild Meiner Haut, so will ich es euch auch geben, wie dem israelitischen Volke einen König.

 

[PsG.03_004,08] Wehe jedoch denjenigen, die es anzubeten sich unterstehen möchten! deren Seele wird matt werden, und deren Geist wird Mein Leben schwerlich je mehr finden voll in sich. Das ist aber die Gestalt Meiner Haut, und zwar die des Kopfes, als der Haare, Augen, Nase, des Mundes, der Ohren, des Kinnes und Halses.

 

[PsG.03_004,09] Der Kopf sei 10 Zoll hoch ohne die Haare, und 7 Zolle, da er ist am breitsten, ohne die Haare; die Stirne habe 2/5 der ganzen Länge des Gesichts, und seien dann der Nase 1 1/2 Fünftel und so von der Nase bis zum Ende des Kinnes ebenfalls 1 1/2 Fünftel gegeben; die Stirne sei eiförmig gebogen ohne Falten, in der Farbe sehr licht, voll göttlicher Erhabenheit gegen die Haare, die da lichtgoldblond sein sollen; die Augen sollen sein groß, blau die Iris, und die Pupille sehr schwarz verhältnißmäßig zum Blau, die Winkel weiß und rein, die Wimpern frisch, die Brauen stark und dunkelbraun; die Nase gerade und edel, weich und nicht zu breit, auch nicht zu schmal; der Mund voll Würde und Anmuth, halboffen, wie beim Reden eines Liebenden zu seiner Braut, nicht zu schmal, noch zu weit, sondern gerecht, so die obere und so die Unterlippe, weich in den Winkeln und sanft in der Mitte; ein etwas hervorstehendes Kinn, nicht zu breit, noch zu enge, wohlgeschmückt mit einem etwas dunkler als die Haare gehaltenen Barte, letzterer abgetheilt gerecht in der Mitte des Kinnes; der Bart soll sich eitel wenig verlieren längs den beiden Kinnladen, und soll nicht mehr als 1/5 von der Wange einnehmen, so soll auch der Obermundbart sein gerecht, so daß weder die Lippen noch die beiden Mundwinkel beeinträchtigt werden; das Ohr aber soll sein genau nach dem Verhältnisse der Nase, und solle sein frei von Haaren, welche hinter demselben eine Handbreit sanft gewellt über den Nacken fallen sollen; der Hals aber sei mittellang, vollkommen, wie der einer Jungfrau.

[PsG.03_004,10] Der Ausdruck soll darstellen einen Bräutigam voll Liebe im wehmüthigen Anblicke seiner ungetreuen Braut, ähnlich dem Abschiednehmenden mit dem liebevollsten Herzen, mit einer Abschiedsthräne der so reinen und wahren Liebe, - - - angethan mit einem himmelblauen israelitischen weiten Faltenrocke mit weißen fingerbreiten Brämen, stehend, barfuß, die rechte Hand ausstreckend nach euch Sündern, gleichsam sagend: "Kommet Alle zu Mir, die ihr mühselig und belastet seid, Ich will euch erquicken!" und die linke auf's Herz legend, gleichsam sagend: "Kinder, da ist der Weg des Lebens, da ist die Thüre zum Vater! wer nicht da durchgeht, der kommt nicht zum Vater!"- - -

[PsG.03_004,11] Dieses nun genau beschriebene Bild solle stehen wie auf einem sanften Hügel, hinter dem eine große Glorie aufgeht, zu Meiner rechten und linken Seite sollen sein zwei große Pfeiler, geziert mit 2 feurigen Cherubim, und in der Mitte der Pfeiler befinde sich eine Gebottafel, getragen von einem Seraph; von diesen zwei Pfeilern ziehe sich eine starke Mauer fort; unter dem Hügel in der Ebene sollen dargestellt sein mehrere Menschengruppen, von denen Wenige ihre Augen nach Mir wenden, die Meisten aber sich abwendend von Mir stehen auf klein zerbrochenen Gebottafeln; ganz im Winkel zur Linken befindet sich eine Rotte, Leitern an die Mauern legend und selbe erstürmen wollend, während die Leitern viel zu kurz und zu schwach sind, davon mehrere zerbrochene Stücke zeugen sollen. Hinter Meinem Haupte zeigen sich ganz schwach -wie von lichtem Dunst umfangen - Theile der neuen Stadt der Heiligkeit Gottes, die soeben herabzusteigen hat angefangen vor euch! -*)

 

[PsG.03_004,12] Sehet, das ist dann ein vollkommenes Bild, wann es wird, wie Ich es getreu angegeben habe, aber es wird schwer sein, dasselbe recht zu machen ohne Meine Gnade, wann es aber der Maler, der eiserne **), will machen aus reiner Liebe zu Mir, dann wird die Gnade nicht unterwegs bleiben und das Bild wird in Erstaunen setzen Alle, die es ansehen werden, wenn auch nur aus Vorwitz, und wird zerbrechen manch steinern Herz, da es dann nicht sein wird ein bloses Bild, sondern als solches

 

ein inhaltschwerer Anfangsbuchstabe des neuen Jerusalems,

 

und als solches auch allein angesehen werden solle! Amen! Ich, Jesus, der wahre Christ, voll Liebe und Weisheit! Amen! Amen! Amen.

 

[PsG.03_004,11.FN] *) Nehmlich in den vorliegenden neuen Kundgaben der lauteren Wahrheit.

[PsG.03_004,12.FN] **) Wohl, nur einer mit eisernem Liebe=Willen wird es machen können.

 

 

5. Winke bei der Mission.

 

(Auf eine Anfrage durch J. Lorber, Graz, 25. Mai 1844.)

 

[PsG.03_006,01] O ja, dem, der da dürstet, werde Trank gereicht, aber es giebt auch geistige Saufbolde (besonders unter den Gelehrten und Doktoren), denen ist es nicht gut derlei zu geistige Dinge zu reichen, weil sie dann dumm und oft böse werden wie böse Narren; zumeist aber sollen die Perlen den Schweinen vorenthalten werden!

[PsG.03_006,02] Wenn du aber doch Jemanden nützen willst, der dir (zur Aufnahme der geistigen Wahrheit) geeignet scheint, so thust du am besten, so du ihn mündliche Berichtigungen (zunächst) ertheilest, und ihm erst dann etwas lesen lassest, oder besser selbst vorlesest, wenn du ihn vollends deines Geistes erkannt hast; denn sonst könnte ihm das Lesen mehr schaden, den nützen!

[PsG.03_006,03] Predigen aber (oder sprechen) ist besser als das Lesen, da es besser eindringt, und hernach auch eher haften bleibt als etwas Gelesenes! Den Grund wird dir die Erfahrung von allen Zeiten zeigen.

[PsG.03_006,04] Thue demnach auch du gelegenheitlich danach, und es wird gut und recht sein! Amen.

 

Das sage Ich dir, der Ich auch geprediget habe in der großen Zeit der Zeiten! Amen! Amen! Amen!

 

 

6. Zweiter Nachtrag zum Engel.

 

(Siehe S. 55.) (Am 17. Juli 1840.)

 

[PsG.03_006,01] Hinsichtlich Meines Engels sage dem aufrichtigen C. L.....r, er kann ja aus Liebe zu Mir mit seiner extrafeinen Welt=Sprachbildung versuchen, Mein großes Lied umzuarbeiten nach seiner Einsicht und nach seinem Urtheile.

[PsG.03_006,02] Und hätte er es nachdem so zum Stande weltlichen Glänzens gebracht, dann möge er sich's vorlesen und auch euch Allen, damit ihr (sodann) den Unterschied merket und merken sollet.

[PsG.03_006,03] Ich sage, es wird wohl eurem Kopfe behagen, aber eure Herzen werden kälter werden, je mehr ihr abweichen werdet von der Urschrift.

[PsG.03_006,04] Denn sehet, die Sachen verhalten sich so: Wenn man spricht zum Ohre, dann ist eine gebildete Sprache nach weltlicher Art ja recht, da das Ohr weltlich ist; so ihr redet zum Auge, so müsset ihr in gutbeleuchteten Bildern reden nach weltlicher Art, da das Auge weltlich ist; ferner so ihr redet zu den Füßen, muß eure Rede sein geläufig, um zu heben die weltlichen Füße; redet ihr zum Gaumen oder Magen, da muß eure Rede süß sein, wenn sie euch behagen solle, und wenn ihr zum seichten (wahrheits=) wasserlosen Herzen eines Mädchens redet, dann muß auch eure Rede sein gleich ihrem Herzen, äußerlich voll Blümchen, innerlich aber voll Unsinns, welche Art euch natürlich nicht viel Mühe kosten wird, denn da heißt es - je dummer und unsinniger, desto schöner und beliebter!

[PsG.03_006,05] Allein unter allen diesen Bedingungen habe Ich euch dieses Mein Gedicht nicht gegeben, sondern nur unter der alleinigen Bedingung der Liebe eures Geistes in der Seele und in deren Leibe, aber nicht in deren Exkrementen *).

[PsG.03_006,06] Daher sollet ihr es auch dort erfassen, für wo es euch gegeben ist, und ferne (davon) mit eurem Weltverstande sein, der ein wahrer Krebs ist dem Geiste, da er verzehret die Liebe, und tödtet den Willen. Wie aber das Mark genährt wird aus dem Herzen, so soll auch euer Verstand wachsen aus der Liebe, und sein eine gute Frucht aus dem Leben des Stammes, nicht aber wie er ist gleich einer Schmarotzerpflanze an den Aesten des Lebens, dasselbe zu untergraben, zu ersticken, und endlich gar zu vernichten.

[PsG.03_006,07] Das merket euch, ihr Wißbegierigen! Was liegt Mir an aller Wissenschaft und Bildung der Welt! Fraget euch, ob ihr auch nur einen Grashalm damit zuwege bringen möget!? Ja, es liegt sogar an der Weisheit nichts, sondern allein an der Liebe!

[PsG.03_006,08] Daher liebet Mich! das ist Mein Reich, alles Andere wird euch gegeben nach Maßgabe eurer Liebe! Amen!

 

Ich, die ewige Liebe und Weisheit! Amen, Amen, Amen!

 

*) Siehe Näheres in Nr. 32c, S. 9 in dem Worte über das dreifache Wesen des Menschen und die Erlösungsvorgänge (vom 17. Juni 1840).

 

 

7. Bemerkungen über das Gedicht "der Engel".

 

(Siehe Seite 44.) (Am 19. und 20. Juli 1840).

 

[PsG.03_007,01]

 

1. Vers 6 Z.: Gehört das "so" nicht auf einen andern Platz?

Durch "so" wird eine Geringfügigkeit einer für euch zwar unbegreiflichen großen, doch für einen solchen Engel nur kleinlichen Handlung ausgedrückt. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,02]

 

4. V. 4. Z.: Manen (Geister) oder Mannen (Männer)?

Wie kann man da nachfragen? Gibt es denn auch männliche und weibliche Weltkörper? oder sind denn Geister und Manen dasselbe? Manen aber sind nur bewußtlose Reste von Dingen und Thaten, als da sind die Asche, und alter Thaten Gedenkmäler, denen die rohe Fantasie der Menschen etwas Geisterartiges angedichtet hat. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,03]

 

6. V. 6. Z.: "so möglich wäre" mangelt der Nominativ.

Das heißt doch noch schwach sein! - Hätte Ich denn sollen euch ein so's vormachen? oder liegt der Nominativ nicht als Sinn im Worte und Satze? Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,04]

 

12. V. 1. Z.: 5. Fuß fehlt die kurze Silbe.

Ihr zählt die Silben nach den Zeichen, Ich aber nach dem Klange, um jede Härte, den Sinn unbeschadet zu vermeiden; denn eure Sprache ist hart und verunstaltet, wie euer Leben, daher klingt das Himmlische in ihr wie Steine und dürres Holz. Barm, Herrn, Zorn, gern, Stern, fern, u. d. m. gelten bei Mir für - -. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,05]

 

12. V. 4. Z.: Die Kürzung g'rügsten ist sonst nicht zulässig, weil dieß in der populären Sprache gebräuchlich ist.

Höret! Bei Mir ist aber zwischen der populären und Schulsprache kein Unterschied, sondern nur im Geiste nach dem Grade der Liebe; alles Andere ist Asche und Spreu in den Wind. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,06]

 

15. V. 5. Z.: Soll es wirklich heißen: "ein Weib gar schön"?

Ja, es muß wirklich heißen: Ein Weib gar schön, da ihr Herz wirklich gar schön war, wie das eure noch lange nicht wird, wenn ihr Mich so albern und dumm fraget. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,07]

 

16. V. 1 - 2. Z.: "bewegte" - "streckte" solche Reime sind sonst unzulässig.

Höret! Das geht Mich wenig an und kümmert Meine Weisheit wenig eure Schule voll Unsinns! Der dem Menschen gab eine Zunge zum Reden, wird doch nicht die Menschen um Rath fragen müssen, wie Er reden soll. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,08]

 

17. V. 2. Z.: "Ja zu reden an" wozu gehört das an, da man sagt: "anzureden"?

Das an ist hier ganz am Rechtungsplatze und gehört erklärend zum begonnen und nicht zum reden. O, saget nicht, daß ihr Deutsche seid, denn ihr versteht eure Muttersprache nicht. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,09]

 

18. V. 1. Z.: Woher der Dativ "reinstem Wesen"?

O ihr Blinden! - Daher, weil es so viel heißt, als: Maria merkte an dem reinsten Wesen Meines Triebes. Nun daher der Dativ, denn konnte wohl die Maria der Elisabeth anmerken, was in ihr selbst vorging? O wie grob dumm! Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,10]

 

18. V. 5. Z.: Ist wie in mehreren späteren Zeilen beim Zeitworte "anfangen" das an ausgelassen?

O nein, es ist nicht ausgelassen, sondern es ist nur geflissentlich weggelassen, weil es wirklich der größte Unsinn wäre, wenn es dabei oder irgend wo getrennt stände, da sich eigentlich die Liebe fangen (aber ja nicht anfangen) in der Demuth muß, bevor sie lebensrege wird! Denkt doch ein wenig nach und eure Fragen müssen euch ja vorkommen, als wenn ihr lauter Fratzen wäret. - Wohlgemerkt!

 

[PsG.03_007,11]

 

19. V. 1. Z.: Steht das "vor" auf der richtigen Stelle?

Diese Frage ist doch zu dumm, um darauf eine Antwort zu geben! - Ist denn der Herr ein Quartiermacher Seiner Knechte? Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,12]

 

20. V.: Sind die Zeilen 2 und 3 ganz richtig?

Von Mir aus sind sie richtig, wenn ihr sie aber unrichtig versteht, das ist eure eigene Schuld; beziehet Alles gerecht, dann wird auch Alles richtig sein. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,13]

 

21. V. 3. u. 4. Z.: Mangelt der Reim.

Oho wie so denn? Ich glaube, der Reim im Herzen steht über dem Reim des Ohres? Ich werde euch bald glauben, statt euch zu durchschauen müssen; ens und ens reimt sich wenigstens bei Mir, und ist männlich - weiblich. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,14]

 

21. V. 6. Z.: Ist nicht "die Sitte" ein Fügungsfehler?

Ist ein Fehler Meines unaufmerksamen Schreibers und muß heißen: der.

 

[PsG.03_007,15]

 

22. V. 4. Z.: Warum ist "Scham" männlich gebraucht, oder ist es ein Fehler?

Für's Erste, Meine Gestrengen, habe Ich Mir die Freiheit genommen, es männlich zu gebrauchen, da ihr schon sagt, so ein Mädchen reif ist geworden, sie sei mannbar, warum sagt ihr nicht: sie sei weibbar. Da sich das Mädchen vorzüglich nur vor Männern schämt, und vor Weibern nur ihrer Männlichkeit wegen, so ist füglich die Scham das Männliche im Weibe, oder die männliche Kraft im Weibe, die sie darnieder drückt, so sie sich erheben wollte. Wohlverstanden. - Beim Manne ist es aber darum weiblich, und heißt die Schande. - Wohlgemerkt!

 

[PsG.03_007,16]

 

23. V. 1. Z.: Ist "gemahnend" richtig?

Allerdings, denn ihr könnt Jemanden ermahnen, sich selbst aber ganz richtig nur gemahnen. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,17]

 

24. V. 3. u. 4. Z.: Das beziehende Fürwort: "deren" paßt nicht zu dem Nachsatze, welcher beginnt "und ertragen".

Warum denn nicht? wenn Ich, die höchste Weisheit, fragen darf! Ja, sage Ich, es paßt ganz unvergleichlich gut dahier, aber nur die Frage paßt ganz schlecht daher. Wenn es sich handelt die Größe Meiner Gnade zu bestimmen, die bei euch freilich noch nicht gar groß ist, hätte Ich sollen dafür einen Bären hinstellen. - Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,18]

 

24. V. 5. u. 6. Z.: Mangelt der Reim.

Darüber ist schon oben gesagt worden.

 

[PsG.03_007,19]

 

27. V. 5. u. 6. Z.: Soll der Reim nicht vielleicht weiblich sein?

Nach Meiner Art ist er weiblich; denn eure Schulfuchserei geht Mich nicht an; denn Ich bin die wahre Schule des Lebens. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,20]

 

28. V. 2. Z.: Steht "hinweg" auf der rechten Stelle?

Bei Mir steht Alles auf der rechten Stelle, nur bei euch nicht, da ihr die rechte Stelle noch gar nie erkannt habt. Denn Ich lasse da geflissentlich die Verse stockend fließen, wenn irgend von Sünde die Rede ist, um den Vers nicht zu einer Sündfluth zu machen. Darum müssen da die fast wie klingen. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,21]

 

29. V. 2. Z.: Mangelt auf dem letzten Fuße die kurze Silbe.

Siehe oben, ist schon gezeigt worden warum.

 

[PsG.03_007,22]

 

33. V.: Ist der 4. Vers richtig? Wohin gehört "Lebensfülle" welches ohne Fügung dazustehen seint?

Das ist der Nominativ, wenn Ich auch gelehrt sprechen darf, da Ich nicht auf eurer Universität die Jure absolvirt habe, und heißt so viel als: Die Lebensfülle einer neuen Schöpfung lichtet den Anker Meiner Gnade. Der Satz liegt nicht in eurer Gewohnheit, darum etwas hart, aber richtig, was der Gedenkenstrich anzeigt. Wohlverstanden!

* S. hat recht verstanden, es ist der Nominativ mit dem Infinitiv.

 

[PsG.03_007,23]

 

34. V.: Die 1. Zeile scheint noch im Zusammenhang mit dem 33. Vers?

Allerdings und das sehr rechtlich.

 

[PsG.03_007,24]

 

37. V. 3. Z.: Scheint mir nicht richtig gefügt, weil man nicht sagt: "Ich verlasse ruh'n", sondern: ich lasse ruh'n, oder soll ruh'n mit großem R geschrieben werden?

Dahier hat Mein Schreiber aus erwähnter Ursache "ver" statt des Bindewortes "und" geschrieben.

 

[PsG.03_007,25]

 

37. V. 6. Z.: Ist wieder fing, statt fing an.

Kann man sich anfangen? - Wohl aber kann sich der Mensch selbst fangen oder gefangen nehmen. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,26]

 

38. V. 4. Z.: Soll es nicht heißen: zu traben?

So denkt und fragt euch doch einmal selbst, was ihr mit eurer Gewohnheit "zu" sagen wollt? - So man Jemand "entgegen" trabet, warum sollte man ihm denn auch noch "zu"traben; denn da kann Niemand Beides zugleich thun, da das eine nur von der Ferne, das andere aber von der Nähe geschehen kann. "Zu" aber bloß als ein Infinitivpartikel gebrauchen, ist eine angewohnte Narrheit. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,27]

 

38. V. 5. Z.: Ist er fertigt richtig?

Warum soll es nicht richtig sein, frage Ich? Wodurch wollt oder könnt ihr denn sonst ein gänzliches Fertigsein von innen nach außen ausdrücken? Ihr Sprachverderber! Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,28]

 

39. V. 2. Z.: Ist "warmen" richtig, da man doch "wärmen" schreibt?

Allerdings, denn je abgeleiteter, desto entfernter von der Wahrheit und von Mir. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,29]

 

43. V. 2. Z.: Ist in allen Orten richtig?

Hier sage Ich nichts als Ja.

Den in der 3. u. 4. Zeile gegebenen Wink versteh ich auch nicht ganz.

Daß ihr den Wink nicht ganz erfaßt, kommt daher, weil euch Meine Armuth noch nicht ganz behagt. (2. Korinth. 8, 9)

Dann fragt sich, ob das Wort "So" in der 5. Z. richtig sei?

So aber heißt: Auf diese Weise. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,30]

 

45. V. 3. Z.: Darf in "übergroß's" das 's nicht wegbleiben?

Ja, es darf nicht nur, sondern es muß dabei stehen, weil Ich es habe hinsetzen lassen der 4. Endung wegen.

Ist 4. Z. "allergrößtes" richtig?

Allergrößtes ist richtig, weil Ich dadurch das Böse im Irrthum will verstanden haben. Ihr habt es freilich nicht verstanden, da ihr noch in gar großen Irrthümern stecket. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,31]

 

47. V. 5. Z.: Mangelt zu (finden)?

Darüber habe Ich Mich deutlich genug ausgesprochen.

 

[PsG.03_007,32]

 

49. V. 1. Z.: Mangelt die kurze Silbe auf dem 6. Fuße.

Siehe oben.

 

[PsG.03_007,33]

 

51. V. 1. Z.: Mangelt wieder die kurze Silbe auf dem letzten Fuße, und in der 2. Z. auf dem 3. Fuße. Sind die Zeilen 3 u. 4 richtig, da es doch heißen sollte: "hätte es ihm fehlgeschlagen, so würde - verfolgt haben."

Ueber die kurze Silbe habe Ich schon oben gesagt. Alle übrigen Bemerkungen sind eben durch ein kleines Mißtrauen auf die Echtheit dieses Meines Wortes entstanden; ihr kennt 5 Arten und 5 Zeiten der Zeugeworte, oder schlecht: "Zeitworte". Ich aber kenne noch eine bedingende Art. Muß Ich euch um Erlaubniß bitten, um diese gebrauchen zu dürfen? Daher lernet es von Mir, wollt ihr leben. Wohlverstanden.

 

[PsG.03_007,34]

 

52. V. 4. Z.: Ist "All's" richtig, da eine solche Elision sonst unzulässig ist? - Ebenso ist es mit den beiden Elisionen der 6. Zeile.

Bei Mir allerdings; jedoch muß Ich euch schon wirklich um Verzeihung bitten, daß Ich Mir als Herr und Schöpfer der Unendlichkeit die dreiste Freiheit genommen habe, wider eure unsinnige Schulweisheit zu handeln! Sind solche Elisionen auch bei euch nicht üblich, so gehen sie doch bei Mir gar wohl an. Ich werde euch schon noch in der Zukunft auch um die Erlaubniß fragen, wo vielleicht nicht gar bitten müssen, wann Ich die Sonne hell auf= und niedergehen lasse! Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,35]

 

54. V. 4. Z.: Ist "ihr" und "Diebe" richtig?

Ihr und Diebe sind ganz richtig, denn "ihr" bezieht sich auf Liebe; Diebe aber bezeichnen die individuelle Wesenheit eurer bösen Triebe, der es noch gar viele in euch gibt.

 

[PsG.03_007,36]

 

54. V. 6. Z.: Wohin bezieht sich "Kette" zunächst?

Kette drückt hier die Verwandtheit in der Bosheit der Teufel aus und bezieht sich auf eines, wie auf's andere. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,37]

 

55. V. 6. Z.: Ist "anregen" richtig?

Bei Mir ja, weil durch jede Nennung Meines göttlichen Namens Meine Heiligkeit angeregt wird, dahern nun kein finsterer Geist im Stande ist, Meinen Namen auszusprechen. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,38]

 

57. V. 4. Z.: Gehört "Stell und Ort" zu verloren oder versammeln? Versammeln hat auch 2 Nominative "Alles" und die "Schafe"; sind vielleicht die Unterscheidungszeichen unrichtig?

Ist ein Fehler Meines Knechtes als Schreiber, und muß heißen: So werd' Ich Alles, was verloren war, an Stell und Ort versammeln, unter einem Dach die Schafe Meiner Heerde. Wohlgemerkt!

 

[PsG.03_007,39]

 

59. V. 3. Z.: Ist die Elision Will'n richtig?

Sonst nichts als Ja. Wohlverstanden, wie oben.

 

[PsG.03_007,40]

 

59. V. 5. Z.: Müd wird bei abstrakten Gegenständen gewöhnlich mit dem Genitiv gefügt.

Ist schon da der Genitiv; denn die Sünden ermüden Mich nicht, sondern die sündigenden Würmer; der Ablativ zeigt hier nur die Ursache des Müdewerdens an den Würmern, bei euch freilich etwas ungewohnt, da ihr nicht gerne Schuldner seid. Wohlverstanden.

 

[PsG.03_007,41]

 

60. V. 4. Z.: Anfange ist eigenlich gegen die Scansion.

Wenn von Sünden die Rede ist, wie oben wohl gemerkt. Warum hat L. dasselbe nicht auch in den 59. V. 4. Z. bemerkt? Wohlverstanden; wo immer von Sünden geredet wird, ist gleiche Regel.

 

[PsG.03_007,42]

 

62. V. 2. Z.: Ist "endlos" und Allen richtig.

Das ist der Macht wegen ungeändert, da alles Endlose keine Endung hat und haben kann, besonders wenn Ich als Richter rede. Das merket und unterscheidet wohl!

 

[PsG.03_007,43]

 

62. V. 3. Z.: "ew'ge Zornfluthen" mangelt inzwischen die kurze Silbe.

Wie oben.

 

[PsG.03_007,44]

 

66. V. 5. Z.: Geht eigenlich "ihr" ab, auch ist die Elision werd't nicht gebräuchlich.

Was den versteckten Nominativ und die Elision betrifft: wie oben.

 

[PsG.03_007,45]

 

67. V. 6. Z.: Ist kahlen richtig und sind alle Endsilben der Zeile richtig?

O ja, da ein guter Thaten loses Leben wirklich kahl ist, wie ein Schädel ohne Haare, da ein Strom die Thaten bezeichnet. Nur statt in kann im sein, des Dativs wegen; wohlgemerkt aber besser in vor dem Genitiv.

 

[PsG.03_007,46]

 

68. V. 3. Z.: Worauf bezieht sich seines Irrsals? und im 4. V. das er?

Zunächst auf eure Dummheit und dann erst auf Wer des 67. V. 5. Z., so auch das "er". Recht sehr wohl verstanden und gemerket!

 

[PsG.03_007,47]

 

72. V. 1. Z.: Mangelt der Nominativ.

Ist schon oben gesagt worden, aber hier unnütze. Wohlverstanden!

 

[PsG.03_007,48] Da habt ihr nun Alles und fraget nicht weiter, sondern erkennet den Unverstand eures Herzens, und bekrittelt in der Zukunft ja nicht mehr Meine so übergroße Gnade zu euch in Meiner unbegrenzten Liebe; sonst werdet ihr Meine Geduld brechen, und euch dadurch einen großen Schaden zufügen.

[PsG.03_007,49] Versteht ihr etwas nicht, dann fraget Mich in der Liebe und Demuth, und Ich werde es euch sagen und erklären; aber mit der Weltkritik bleibet Mir in der Zukunft ferne, und mit der Liebe nahe, sonst werde Ich euch Meinen Donner vernehmen lassen. Amen. Das sage Ich, euer liebevollster, heiliger Vater. Amen, Amen, Amen.

 

 

DIE GROSSE ZEIT DER ZEITEN, DARUNTER BEGRIFFEN WIRD: DIE ERLÖSUNG – PATHIEL

Nach der 6. Auflage 1997.

Lorber-Verlag – Hindenburgstraße 5 – D-74321 Bietigheim-Bissingen.

Alle Rechte vorbehalten.

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Er aber sprach: Ja, selig sind, die Gottes Wort hören und es halten. (Luk. 11,28)

Vorleitung

(12. Mai 1848)

[Pa.01_48.05.12,01] Also sprach und spricht der Geist Gottes durch den erweckten Geist eines Menschen zu den Menschen, die eines guten Herzens und Willens sind, durch ein schlichtes Lied, dessen Name es nur zu klar zeigt, wie so ganz eigentlich es für diese Zeit gegeben ward. – Daher säume nun niemand es sich anzuschaffen, denn es ist kein Werk eines menschlichen, sondern eines göttlichen Geistes durch den menschlichen.

[Pa.01_48.05.12,02] Dieser göttliche Geist aber sprach und spricht also:

Einleitung

(29. März 1841)

[Pa.01_41.03.29,01] Es solle aber dieses große Lied heißen „Die große Zeit der Zeiten“, welche Zeit da ist eine Zeit der Erlösung; darum aber wird euch dieses große Lied gegeben, auf daß ein jeder, so er sich darinnen werktätig als in der Quintessenz Meiner Liebe finden wird, der Erlösung in sich alsobald teilhaftig wird, d.h., es wird ihm eine neue Frucht gegeben werden, und er wird dieser neuen Frucht leben fürder und ewiglich. Daher solle niemand an diesem Liede etwas ändern, sondern da es ihm unverständlich scheinen wird, solle er eingehen in seine Demut, so wird er die lebendige Frucht finden. –

[Pa.01_41.03.29,02] Wie es aber ist bei einem Baume, da gerade da, wo die Rinde am unebensten wird, eine befruchtete Knospe hervorbricht, also wird es auch sein dahier.

[Pa.01_41.03.29,03] Daher wohl dem, der sich an manchen Unebenheiten nicht stoßen wird; denn er wird darinnen finden, das er noch nie geahnet hat, d. h. er wird finden die lebendige Frucht aus der großen Zeit der Zeiten, oder den freien Anteil an der Erlösung zur wahren Wiedergeburt und daraus zum ewigen Leben; und es wird an ihm offenbar werden, daß er den Tod nicht schmecken und sehen wird ewig Amen.

1.

[Pa.01_001] Was meint ihr kleinen Völker auf der Erde fernen Zonen / und ihr Geschlechter alle, die ihr seid, um Sterne zu bewohnen, / was meint ihr Erden, Monde, und ihr alle großen Sonnen, / und ihr auch, die ihr über allen Sonnen pflegt zu thronen – / diewelche aus der Gottheit zahllos größten Liebetaten / als allergrößte sich im treuen Herzen möcht verraten? – – / O ratet nicht auf die Unendlichkeit, erfüllt von Werken, / obschon der Größe nicht einmal die größten Engel merken! / Auch ratet nicht auf der Atome Zahl in all den Räumen / und wie unendlich viel da im Endlosen möchten säumen.

2.

[Pa.01_002] O ratet nicht auf zahllos Milliarden Hülsengloben, / in deren jede Milliarden Sonnen sind geschoben, / o ratet nicht auf jene Zahl von großen Geister-Heeren – / und laßt euch selbst von Engelsgrößen nicht zu leicht betören, / obschon nun eines Engels Auge spottet allen Globen, / denn Größres faßt des Wimper schon, als all die Globen loben! / O denket nicht, wie viel in einer Stund sich Leben mehren / in allen endlos' Räumen, ja in allen Äthers Meeren. – / O denket, daß in allen diesen nicht wird zu erraten / da sein der ew'gen Liebe größte aller größten Taten.

3.

[Pa.01_003] Ihr möget raten hin und her und auf und ab gleich Blitzen / und eure Phantasie in aller Sonnenglut erhitzen – / und tun dergleichen fort und fort durch alle Ewigkeiten, / des ungeacht't werd't ihr der Wahrheit Spur nicht näher schreiten; / wohl aber euch entfernen mehr von ihr zu Trillionen / und werd't verlieren noch, da ihr zu zählen habt begonnen. / Daher auch suchet nimmer ihr in all den Schöpfungsräumen, / ihr werd't nicht finden, wo der Liebe Größtes pflegt zu keimen. / Es deckt der kleine Finger aber an das Aug' gehalten / schon mehr, als du in allen Ewigkeiten möchtst entfalten. – –

4.

[Pa.01_004] Und bin Ich auch unendlich schon in einer Milbe Leben / und größer noch in jenen Punkten, die in Räumen schweben, / von da ihr Licht zu euch durch ungemessne Fernen blitzet, / wenn euch der Nächte Dunkel mild vor grell'ren Strahlen schützet. / Und möcht't ihr alle die Unendlichkeiten ängstlich treu summieren / und wie am Staube, so an Sonnen Meine Größ' probieren; / wie schon gesagt, es würd' euch dieses alles wenig nützen / und mögt ihr euch in Milliarden Tropfen auch zerschwitzen. / Nur eines ist, auf das ihr alle gar getreu sollt merken, / und dieses ist: Den Größten schaun in Seinen kleinsten Werken! –

5.

[Pa.01_005] Was meinst du treuer Forscher in der Gottheit Wunderhallen, / das welche Wunder ist das größte wohl in allen Allen? – / Du sagst: Das Licht ist wohl das größte, das ein Aug mag schauen, / denn ohne Licht wär eine Torheit, eine Welt zu bauen! – / So übel war, du Forscher, deine Antwort wohl mitnichten; / denn nur im Lichte pflegt der Große alle Werk' zu richten. / Doch wenn das Licht du möchtest als der Wunder größtes preisen / und so der Wirkung statt dem Grunde deine Treu erweisen, / wär das nicht so, als wenn da jemand ernstlich möchte sagen: / Der Tag ist größer denn die Nacht, gemacht das Licht zu tragen.

6.

[Pa.01_006] O wahrlich! nicht das Licht ist es, das unter allen Taten / als aller Wunder größtes sich in Meiner Größe möcht beraten; / denn wär im Lichte wohl zu finden Meiner Taten größte, / auf daß sie dir daselbst der Knoten allverworrnsten löste, / so wär der kleinste Funke, der dem Lichte ist entsprossen, / als Licht dem großen Lichte gleich, das allorts ausgegossen / ist über Sonnen, Welten und in allen freien Räumen, / in welchen erst zu neuen Sonnen große Samen keimen. / O sieh, wie arg du treuer Forscher so dich hast gefangen! / Daher du sollest richten nach was andrem dein Verlangen. –

7.

[Pa.01_007] Was meinst du trauter Späher, wühlend in der Sterne Bahnen, / was dünkt als Größtes dir, daran dich deine Sterne mahnen? – / Du sagst: Der Raum ist es, in dem sich alle Größen messen, / in dem am End' doch aller Größen größte wird vergessen. – / Auch du hast übel nicht, Ich sag es dir, das Ding beraten, / denn in dem Raum sind ja vollbracht von Mir die größten Taten; / ja ohne Raum möcht niemand auch nur eine Milb' erschaffen, / nicht einmal ein gar kleinstes Atom von der Stelle schaffen. / Doch wenn den Raum du als das Allergrößte magst bekennen, / mit welchem Namen wirst du denn die Ewigkeit belehnen? –

8.

[Pa.01_008] O sieh, wie gröblich wieder du an Mir dich hast betrogen, – / nicht Mich, nicht andre, höre! – dich nur hast du angelogen! / Denn wär der Raum das Größte, wie du irrig pflegst zu meinen, / o siehe, alle Engel würden solche Größ' beweinen! / Sie würden sagen: Wo zwei gleiche Größen sich aufwiegen, / wie soll da eine wohl der andern weichend unterliegen? – / Denn wo der Tatengrößen sich als Größte soll bekunden, / da wird von Raum und Zeit und Licht fürwahr nicht viel empfunden; / denn außer Raum und Zeit gestellt ist schon des Geistes Leben, / wie soll denn der besiegte Raum dir das Bedungne geben?! –

9.

[Pa.01_009] Was möchtst du heller Seher Mir als Größtes denn besingen / und so als hoher Fragen Preis die Weisheit dir erringen? / Doch merk, nur eines darfst aus deiner Kammer du Mir nennen; / denn zwei kann niemand je als eine Größe gar bekennen! – – / Du sagst: Es ist ja die Unendlichkeit! – Ich bin zufrieden, / denn Größres mag dein Mund wohl nennen nicht im Raum hienieden. / Und wahr ist es, es wieget die Unendlichkeit die Größen / sowohl in Zeit und Raum, und alles wird nach ihr bemessen. / Doch eines hätten wir, Mein heller Seher, bald vergessen: / wonach die Fruchtbarkeit der Infusionen wird gemessen?!

10.

[Pa.01_010] Spricht denn Endloses sich in Zeit und Raum nur aus hienieden? / Was ist denn jeder Teilung dann hernach für Los beschieden? / Und findst Endloses du bei eines Stäubchens Teilung walten / und siehst, daß solches eigen ist den niedrigsten Gestalten, / wie mochtst du wohl erwähnet haben, das nicht löst die Frage, / in welcher Ich für dich und alle Kinder Liebe trage! – / Und wär Unendlichkeit das Größte, das du Mir magst nennen, / o sieh, was möcht Mich dann, wie dich, vom losen Staube trennen? / Und möcht ein Ding so klein und kleiner als ein Punkt dir scheinen, / Unendlichkeit ist's innen, glaub, sonst wirst dein Irr' beweinen!

11.

[Pa.01_011] O sieh, was zahllos Dingen ist zu gleichen Graden eigen, / wie könnt in solchem sich denn Meine größte Größe zeigen, / wo eines vor dem andern nicht ein Atom hat zuguten – / wie wär darinnen Meiner Taten größte zu vermuten!? / Ist denn ein Unterschied von einer Welt zu einer Milbe? / O sag ein endlos Mehr aus beiden Mir in einer Silbe! / Und kannst du solches nicht zur Stell gar leicht zuwege bringen, / Ich sag, wirst leichtlich nicht zur Lösung Meiner Frage dringen. / Denn wahrlich, im Endlosen ist das Größte nicht begraben, / daher wirst du schon müssen an was andrem dich erlaben. –

12.

[Pa.01_012] Und du, Mein lieber Priester, stehend auf des Lebens Stufen, / zu lehren vom Katheder Weisheit allem Volk berufen, / was möchtst in deiner Lehr' von Mir als Größtes du erfassen / und solches treulich künden dann der Kreatur auf allen Straßen? / Doch nimm, Ich sage dir, bei aller Treu dich wohl zusammen / und nenn Mir nicht den Frühern gleich den nächsten schlechten Namen; / denn sieh, Mein Priester, Tiefres kannst und sollst du Mir verkünden / denn all die Frühern. Schande dir, kannst du das nicht entbinden, / darinnen du als Größten Mich dem Volke möchtst besingen. / Nun sage denn, das klug dir deucht, ohn etwas zu erzwingen! –

13.

[Pa.01_013] Nun gut, Ich hab vernommen deines Mundes treue Kunde. / Du hast wohl überdacht in Treue Meines Herzens Wunde; / Ich bin zufrieden, hast das Größte du auch nicht getroffen, / so kannst du aber doch in deiner Antwort Größres hoffen. / Doch sieh, in Meiner Seitenwunde liegt nicht viel zu Grunde, / als Tat von Mir zu künden sei wohl ferne deinem Munde. / Wie möcht sich ein Erschlagner denn wohl seiner Wunden rühmen? / O solcher Ruhm möcht sich im Herzen wie ein Wurm krümmen; / wenn Mir der Schergen einer hat das treue Herz durchstoßen, / o sag, hab solches Ich getan, hab Ich Mein Blut vergossen? –

14.

[Pa.01_014] O sieh, Mein lieber Priester, kannst du solches Mir ansinnen / als eigne größte aller Taten, das ein Scherge konnt beginnen, / und dann gar zeugen noch von Mir in aller Erde Zonen / und sagen, daß die solchen Glaubens werden bei Mir wohnen? – / Ist denn das eigne Tat, so jemand wird erhängt am Galgen? / O wahrlich, sieh, nach solcher Taten Ruhm gar neidig balgen / wird niemand sich; wie magst du solches denn von Mir verkünden / und als der Gottheit Taten größte noch dazu entbinden?! – / Weißt du den Unterschied denn nicht von Tat und bittrem Leiden? / Du tuest besser, still zu sein, magst solches nicht entscheiden. –

15.

[Pa.01_015] Doch weil du näher denn die andern bist der Spur gekommen, / so werde dir den andern gleich nicht aller Mut benommen; / Ich will dir zeigen denn, was dich noch hält in Irr' gefangen, / es soll dir aber nicht vor Meiner großen Treue bangen! – / Du hast das Mittel statt den Zweck allein nur auserkoren / und hast dadurch auf eine Zeit die größte Tat verloren; / nun denke so dem Zwecke nach und laß das Mittel laufen – / und wirst dann bald erfahren, wie Ich pfleg mit Geist zu taufen. / Und wann du selbsten wirst von Meinem Geist getaufet werden, / da wirst denn bald ersehen doch der Liebe Größ' auf Erden! –

16.

[Pa.01_016] Du frommer Dulder, siehe her, dir liegt der Preis vor Augen! / Sag du Mir auch etwas, das möcht für Meine Größe taugen; / was ist's aus Meiner Taten Fülle, das zumeist dir dünket, / vor dem die größte Großtat rein ins Nichts hinuntersinket? – / Denn sieh, du hast gut raten, da von dir Ich nicht verlange, / wie von den erst'ren Weisen; rede und sei des nicht bange, / ob du Mir recht, ob nicht die beste Antwort werdest finden. / Fürwahr, ob so, ob so sich finden wird in deinem Künden, / dein Heil, Ich sage dir, wirst darum nimmerdar verlieren / und möchtest du in deiner Antwort noch so weit dich irren.

17.

[Pa.01_017] Recht gut, Mein frommer Dulder, ist die Antwort ausgefallen! / Fürwahr, es liegt in deiner Silbe Größres denn in allen / erdachten Größen, ausgesprochen von den frühern Weisen, / obschon sie ihre Worte schöpften aus endlosen Kreisen; / denn ist das Kreuz auch nur für sich als kleines Ding zu schauen, / so kann man aber doch gar Großes auf dasselbe bauen. / Es war darum auf selbem auch vollbracht zu großen Teilen, / dadurch so viele Kranke könnten ihre Übel heilen! – / Und so war auch darauf fürwahr die größte Tat vollzogen; / doch diese Tat wird nimmer durch das Kreuz nur aufgewogen. –

18.

[Pa.01_018] Denn wär die Kreuzigung die größte aller Meiner Taten, / so hätt' Ich, um Mich so des Selbstmords schuldig zu verraten, / doch selbsten solches Schauderwerk an Mir vollziehen müssen! – / O wahrlich, solches würde Meinen Ruhm nicht sehr versüßen. / So aber jemand zu dem Tode ist verdammet worden / und dann gekreuzigt von der Juden schlechter Schergen Horden – / o sage! hat denn der auch eine große Tat vollzogen, / so ihn der Freimann an den bittren Galgen hat gezogen? / O sieh, wie irr auch du von Mir die größte Tat befunden! / Doch dulde nur, du wirst das Wahre bald in dir erkunden. –

19.

[Pa.01_019] Und du Mein stiller Wandrer auf den Wegen Meiner Gnade, / was hältst denn du fürs Größte wohl in Meiner Taten Lade? / Dir soll's bei deinem Gnadenlicht fürwahr so schwer nicht werden, / zu künden Meine größte Tat dem Volke auf der Erden; / denn wer wie du mit Recht in Meiner Gnade sich kann freuen, / den soll des rechten Urteils wahrlich nimmerdar gereuen. – / Was zauderst denn, du gnaderfüllter Wandrer Meiner Wege, / ist's billig nicht, wenn reine Wahrheit Ich in dir nur hege? / So gebe denn, was du auf Meinen Wegen hast gefunden – / die größte Tat, Ich sage dir, hier Mir gar hell zu Kunden!

20.

[Pa.01_020] Nun sieh, Ich wußt es ja, du wirst das Ziel nicht weit verfehlen, / warum sollst du, mit Licht erfüllt, Mir denn so was verhehlen? / Gewiß und wahr, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen – / in der Erlösung magst du wohl der Größen größte hoffen; / doch frage dich, was ist's, das du ,Erlösung‘ magst benennen? / Nichts andres denn die Kreuzigung, die alle Gläub'gen kennen. / So aber du, wie andre, auch darin das Größte findest / und Mir auf diese Art den größten Irrtum treu verkündest – / fürwahr, da kann auf dieser Erd' Ich nicht gar viel mehr fragen, / will Ich für euch das schwere Kreuz nicht einmal noch ertragen!

21.

[Pa.01_021] O sieh, du lichtbegabter Wandrer auf des Heiles Wegen, / wie magst du Meine größte Tat denn gar so schlecht erwägen? / Wär es also, wie du vor Mir hast fälschlich ausgesprochen, / o sieh, desgleichen haben Meine Jünger auch gerochen – / und wär da Unterschieds wohl zwischen Mir gar viel und ihnen? / Gewiß, auf diese Art würd' Ich nicht viel des Ruhms gewinnen! / Daher Mein lichtbegabter Wandrer magst wohl Bessres raten; / denn das du sagst, gehöret wahrlich nicht zu jenen Taten, / aus denen du die größte Mir gar treu hätt'st sollen künden / und so dein Gnadenlicht lebendig dieser dann verbinden. –

22.

[Pa.01_022] Was meinst denn du, voll Lieb' zu Mir in deinem treuen Herzen, / da du schon oft erprobet hast der Liebetaten Schmerzen, / was wohl das Größte ist, das Ich für dich hab treu verrichtet / und so des Todes Anker hin zum Leben hab gelichtet? – / O scheu dich nicht zu sagen, was als Bestes du gefunden, / du darfst nichts fürchten; denn du bist mit Meiner Lieb' umwunden! / Und mögst auch du das Größte wahrlich Mir nicht voll erweisen, / so wirst deshalb du doch an Meinem Kindertische speisen; / daher versuche nur getrost auch etwas kund zu geben, / denn dich werd Ich am ersten deines Irrtums überheben. –

23.

[Pa.01_023] Nun sieh, fürwahr aus allen hast am besten du geraten, / obschon auch du die größte Tat nicht mochtest ganz erraten: / In Meiner Liebe ist das Allergrößte wohl verborgen, / denn solches kündet dir der neu in dir erwachte Morgen, – / doch sieh in Meiner Weisheit hellsten heil'gen Lichtes Strahlen, / wie sich die Lieb' nur pflegt als heil'ger Taten Grund zu malen – / und wahrlich, nur zu bald, zu leicht und klar wirst du's begreifen, / wie knapp dein Urteil, Lieber, mag an reinste Wahrheit streifen! / Doch mußt die Liebe selbst als eine Tat dir nicht erwählen, / wohl aber dich mit ihr als reinstem Tatengrund vermählen!

24.

[Pa.01_024] Und hast du solches dann nach Meinem Rat an dir vollführet, / o sieh, da hast denn auch den wahren Grund schon voll berühret. / O säume nicht, du treue Liebe, Meinem Rat zu trauen, / denn dieses Größte wirst du bald in dir gar hehr erschauen – / und denke, bei dem Fleiße aller deiner Liebetaten / wird sich der Liebe größte Tat von selbst gar bald verraten. / Denn was den Weisen dieser Welt ist übertief verborgen, / das zeigt dem Kinde jeder heitre neu erwachte Morgen; / daher auch achte du des Morgens, der dir aufgegangen, / fürwahr, darin wird Stillung dir für jegliches Verlangen! – –

25.

[Pa.01_025] Und du Mein kleines Volk auf dieser mag'ren finstren Erde! / Was meinst denn du in deiner Not und großen Leidbeschwerde, / was sich denn wohl als Taten-Größtes dir an Mir möcht zeigen? / Denn hör! Des Volkes Wort muß göttlich sich zur Wahrheit neigen! / Und wüßten Einzelne Mir solches nicht getreu zu künden, / so müßten alle doch, fürwahr, die Wahrheit treulich finden! – / Doch sieh, das Volk, es zaudert, mag nach Meiner Tat nicht raten, / wer wird's dann raten, so die Völker stumm darob ermatten? – / Der eine dies, der andre das, was sind denn das für Gaben? / Ich sehe schon, im Volke ist die Wahrheit nicht begraben! – –

26.

[Pa.01_026] Ich sehe schon, bei all den Menschen wird sich's wohl nicht finden, / darum will Ich die Erde nun zur Lösung denn verbinden! – / So sag du düstrer Kerker, sag du Grab von all den Toten, / was sah dein weites Meeres-Aug' und dessen feuchte Boten, / und was vernahmst wohl du in deine weit geklafften Ohren, / die da nicht selten tief und weit in deine Gräber bohren? – / O donnre du aus deinen überweiten Feuerschlünden! – / Ob du nicht magst der Taten größte bebend Mir ergründen? / Daß deine läst'gen Gäste darob alle zittern sollen, / da sie Mir auf die Frage keine Antwort geben wollen! – – –

27.

[Pa.01_027] Auch du in allen deinen Meeren, Feuerschlünden, Klüften / bist still wie eine Maus auf ihres Feindes wohlbekannten Triften; / du faule Trägerin von einer Unzahl höchster Greuel, / auch du magst lösen nicht als Zeugin Meiner Liebe Knäuel?! – / So fahr denn hin zufrieden über deine finstren Bahnen, / so schnell nur magst, aus Meinem Aug' und Licht von dannen! / Denn wenn dein weites Aug' und vielfachs Ohr nicht mocht erspähen, / um was sich Meiner Taten größte allzeit pflegt zu drehen, / da bist du Erde selbst in alle Sünden übergangen / und schwer wirst sagen je: Ein Licht ist neu mir aufgegangen! – –

28.

[Pa.01_028] Du weinest – blasse Sündenmutter – über Meinen Eifer! / O weine nur, doch werd in deiner Fassung mürb und reifer, / zu zeugen dann von Mir, wenn solches Ich von dir entbitte, / nicht starrend taub im trotz'gen Schein auf deinem Kreisgebiete! – / Denn weißt du zu reden nicht von Meiner Tatengröß' hienieden, / bekenn die Nacht in dir, und sieh, Ich werd damit zufrieden! / Doch stumm Mich lassen lang genug auf eine Antwort harren, / darum möcht lassen Ich sobald dein wogend Aug' erstarren; / und wenn du fernerhin Mir keine Antwort möchtst erfinden, / so magst doch deine Dummheit treu ergeben Mir entbinden! –

29.

[Pa.01_029] Da Mich der Staub, die Erd' genannt, nicht rechtlich hat verstanden, / so wend Ich Mich zu dir, du Sonn', gelöst von deinen Banden; – / du große lichtumflossne Weltenfackel magst Mir sagen, / die größte Tat von Mir vollzogen ward in welchen Tagen? / Denn so du vieler Erden Tagesmutter in den Kreisen, / wirst leichtlich doch an dir der Tage größten Mir erweisen! / Denn als Ich wandelte dir treu zur Kunde auf der Erde / und trug als Mensch auf selber treulich jegliche Beschwerde, / da warst du Zeuge ja von allen Meinen großen Werken, / selbst Meinen Tod hast du beweint und konntst den Tag dir merken. –

30.

[Pa.01_030] Nun sieh, du starrer Erdenweiser, hin zu Meiner Sonne / und horch der großen lichtbegabter Erden-Tage Krone, / wie sie aus allen ihren zehen Erden weiten Schlünden / ihr Licht anfängt zu treiben, um dadurch Mir zu verkünden, / wenn auch die Tatengröße nicht, doch jene Zeit der Zeiten, / in welcher – höre! – alle Toten um das Leben freiten. – / Auch lerne Achtung, du bestaubtes Nichts! – aus lichten Tiefen / mit Mir zu reden aus der Demut, nicht in Hochmuts-Kniffen; / denn wenn die große Mutter bessrer Kinder vor Mir bebet, / was ist es dann, das dich, du Nichts! in deinem Stolz belebet? – –

31.

[Pa.01_031] Nun hör! Sie spricht in ehrfurchtsvoll gemessnen schönen Tönen, / die wie ein Globen-Sphärensang zu Meinem Ohr sich dehnen! / Vernimm die großen Worte, die aus fernen Tiefen hallen, / hör! wie die großen Welten gleichwie Kindlein lallen; – / denn diese klein Belebten wissen, Wer da fragt nach Taten; / nur ihr, die Meine Kinder seid, konnt't unter Mir ermatten! – – / Die Sonne spricht: „O großer Gott und Schöpfer überheilig! / O fordre nicht von mir die große Antwort gar zu eilig; / gewiß, o Herr! die Frag' wird selbst die größten Engel schlagen – / gleich mir, dem Staub; sie werden über ihre Blindheit klagen! – –

32.

[Pa.01_032] „O Herr! Ich sah aus meinen weiten Flammen gleichen Augen, / ich sah Dich, meinen Schöpfer, an der Brust der Erde saugen; / mein Licht, es floh fürwahr in meinen weiten Schoß erschrocken / vor dem gewalt'gen Erdenglanz, gleich Kindlein mußt ich's locken, – / ich wußte nicht, was dieses soll für hohe Deutung haben, / warum mein Licht vor Furcht anfängt in mir sich zu begraben? – / O Herr, es fing gar große Angst mich da zu übermannen, / als selbst die Erden da getreten sind aus ihren Bahnen! – / Es war auf meiner weiten Fläch' damals kein Punkt ohn Beben, / ja selbst in meinen alten Kratern zuckte neues Leben! – –

33.

[Pa.01_033] „O Herr! als so ich Staub vor Dir war meiner Lösung nahe / und meinen Untergang ins Nichts vor mir gar ängstlich sahe, / da kam ein wonnemüder Engel schnell zu mir geflogen / und hat mich armes Stäubchen aus der Todesangst gezogen, / indem er sprach: O fürchte nichts, du treuerfüllte Sonne! / Denn sieh, was deine alten Krater beben macht, ist Wonne, / ja übergroße Wonne! Nicht der Erd' nur – allen Sternen / ist aufgegangen gar ein mächtig Licht aus heil'gen Fernen, – / o sieh, der große Gott, dein Schöpfer, hat die Erd' erkoren / und ward von einem Weib alldort als schwaches Kind geboren! – –

34.

[Pa.01_034] „O Herr vergib, als solche Gnad' der Erd' ich hab vernommen, / daß ich damals aus frommem Neid ins Zanken wär gekommen; / denn, dacht ich mir: In meinen lichterfüllten weiten Räumen / möcht würdiger doch eine solche heil'ge Frucht erkeimen! – – / Doch, sprach der wonnetrunkne große Engel lieblich weiter: / Fürwahr, du treue Sonne zankst, und kennest nicht die Leiter, / auf welcher unsres großen Gottes Liebe pflegt zu gehen, / gar wenig achtend, wie dabei sich solche Sonnen drehen; / denn so der Herr die größte aller Taten will vollziehen, / da braucht Er wahrlich nicht zu dir – du neid'ge Sonn' – zu fliehen! – –

35.

[Pa.01_035] „Als solches aber ich vernommen hab vom Engels-Munde, / da ward ich hoch erfreut ob solcher großen heil'gen Kunde; / und all mein Licht verließ gedankenschnell die Zufluchtstellen, / ergoß sich dann nach allen Seiten erdengroß in Wellen / und glänzte dann wie neu gezeugt hinab zur kleinen Erde / und horchte auch gar furchtsam froh dem Wort, dem neuen Werde – / mit der allschärfsten Achtsamkeit gar tief und froh entgegen. – – / Doch sieh und hab Erbarmen mit mir Armen! Von dem Segen, / der damals von der Erd' zu übergroß ist ausgegangen, / konnt ich darob des Kleinstes nur zur Schau fürs Aug' empfangen.

36.

[Pa.01_036] „Daher, o großer Gott, verlange nicht von Deiner Sonne, / was Engel nicht erfassen selbst in ihrer höchsten Wonne; / wie könnt und möcht von Deiner größten Tat ich vollends künden, / da ich für Deine kleinste nimmer Lösung möchte finden?! – / O sieh, obschon auf meinen Glanzes weit gedehnten Triften / sich ganze Erdenheere räumlichst könnten fröhlich lüften / und wohnen oft zu Tausenden in meinen Äther-Quellen, / und ob mein Licht auch fernste Tiefen reichlich mag erhellen; / doch was die endlosen Räume und die Engel nicht erfassen, / o Gott, wirst gnädigst ja vom nicht'gen Staub nicht künden lassen!“ – –

37.

[Pa.01_037] O Sonne! wahrlich du bist nicht die kleinste unter Sonnen; / denn sieh, Der Brüste einstens Ich gesogen, zu bewohnen / hat Diese dich aus Trillionen freudig auserkoren, / um da im Geist zu warten der, die kaum noch sind geboren! – / Denn gleichwie du als stille Hüterin die Deinen führest / und dich mit deinem Licht in ihre Gräber gar verlierest, / o sieh, desgleichen sorgt auf deinem Boden voll der Gnaden / auch eine andre Sonne noch, mit Kindlein voll beladen! – / Hast du dem Erdenkindlein treu geleuchtet in den Zeiten, / wird's Kindlein dir wohl auch dereinst ein herrlichs Los bereiten! – –

38.

[Pa.01_038] O hört und seht, ihr groß- und allbelebten Menschenlarven, / die klein belebte Sonn', sie preiset Mich mit Engelsharfen! / Doch ihr geweckten Kinder, stete Zeugen Meiner Liebe, / könnt stehlen nur im Heiligtum als lose faule Diebe! – / Ihr wißt, wie gut der heil'ge Vater ist den treuen Seinen, / ihr wißt, an Seinem Herzen hört man nie die Kinder weinen! / O ihr verstockten Satansknechte! Was treibet euch von dannen? / Warum denn wollt euch kehren nicht zu Meiner Liebe Fahnen? / O seht, wie schnell die Zeiten sich verschlingen, nicht mehr kommen! – / Ihr Zeit- und Weltgesinnten, hört! – die Zeit hat euch erklommen! –

39.

[Pa.01_039] An wen soll nun denn Ich ob Meiner Größe fragend wenden / Mein liebend Wort, wohin den großen Preis der Lösung senden? – / Wen soll die Liebe denn noch fragen und die Lösung suchen? / In jenen, euren Augen fernen Licht- und Feuerkuchen? – / Fürwahr, wenn nahe Zeugen solches nicht erweisen mögen, / woher dann sollen erst die fernen treue Lösung hegen!? – / Doch Meiner Größe halber werd die Mittelsonn' noch fragen, / sie wird in ihrer Größe und in ihren großen Tagen / wohl nicht zu schwer des großen Schöpfers größte Tat erzielen / und wird auf ihren weit'sten Flammentriften nichts verhüllen. –

40.

[Pa.01_040] So horch, du großer Feuerherd, du alte Mittelsonne, / der du im Hunde prangst als deiner Sonnen Glanzes Krone; / was hast denn du mit deinen endlos weit geworfnen Strahlen / von Mir, das allzumeist dir dünkt, erschaut in deinen Allen? – / Denn sieh, zu Trillionen Sonnen, jeder Monde, Erden, / Kometen beigefügt zu Millionen, dich umfährten, / daß jede als ein All in ihrer Sphäre könnte walten, / da wohl aus jeder zahllos Werke sich gar hehr entfalten; / daher wirst du in allen diesen endlos vielen Werken / wohl auch Mein größtes unter denen irgend weilend merken! –

41.

[Pa.01_041] O laß dir Zeit, dein Schöpfer kennt den weitgedehnten Boden; / auf deinen Billionen Meilen weiten Feuerhoden, / auf deinen Trillionen Meilen g'raumten Flammentriften, / wie auch aus deinen tausend Sonnen weiten Ätherklüften / läßt sich so schnell die große Antwort nicht zusammen finden, / doch sollst du Mir darob dieselbe nicht zu spät verkünden! – / Willst du die große Antwort auf die Frage schneller treffen, / da mußt die vielen Sonnen, deine Kinder, du nicht äffen; / dafür in deinen Mittelpunkt des Feuergeistes dringen, / von da wirst du gar bald und schnell die rechte Antwort bringen. –

42.

[Pa.01_042] O hört, ihr starren Völker, eines tiefen Donners fernes Rollen, / da sehet hin, im Feuermeer durch Ätherwogen grollen, / wie schnell die große Sonnen-Mutter treu sich hat gefunden; – / die Trillionen Meilen Ferne bringt schon in Sekunden, / das alle Völker dieser Erd' so lang nicht finden wollten, / doch dafür lieber faul und träge Meine Liebe schmollten! – / Doch hört die große Antwort nun zu euch herüber wehen / aus jenen fernen stillen licht- und trosterfüllten Höhen; / und wird in selber auch getreu Vollendung sich nicht künden, / doch wird sie euch den stolzen Mund gar jämmerlich verbinden! –

43.

[Pa.01_043] Und nun, so laß denn hören, was du Große hast gefunden, / und was du alles deinen ungemessnen Tiefen hast entbunden? / Doch merk, in allzu sanften Tönen sollst du Mir's nicht künden, / denn sieh, auf diesem Erdenstaube gibt's gar harte Sünden; / darum gebrauch du nur die starke Sonnenwelten-Stimme / und meld bei der Gelegenheit auch was von Meinem Grimme! / Auch Feuerbrände, groß genug die Erde zu entzünden, / magst füglich auch an deine groß und starken Worte binden; / denn Ich muß Meinen Blinden ohnehin ein Feuer bringen, / so tu im voraus du, und gib, wonach die Toten ringen! –

44.

[Pa.01_044] „O großer Gott und Schöpfer, welche Gnad' hab ich gefunden! – / Du hast mein weites Flammenfeld mit Deinem Wort umwunden, / und eine Frage hast Du Heil'ger mir zur Lös' gegeben! / Was bin ich denn vor Dir, daß Du so groß mich willst beleben? – / O sieh, was soll ich winz'ger Staub vor Dir Endlosem machen / und meine Fünklein gar zum nicht'gen Wort vor Dir anfachen? – / O gnädig, barmherzig sei mir armem Sonnenstaube / und leg mich Nichts vor Dir nicht unter Deiner Allmacht Schraube. / Fürwahr, zu klein und wertlos hab ich mich vor Dir befunden; / denn eine solche Kost, fürwahr, geziemet nicht den Hunden!“ –

45.

[Pa.01_045] O hör, du treue alte vielerfahrne Sonnen-Mutter, / auch treuen Hunden wird gereicht gar oft ein nährend Futter, – / darum, wenn dir dein Herr die große Gnade hat erwiesen / und dich zur Deutung Seiner Tatengröße auserkiesen, / sollst du ohn all Entschulden, wie auch ohne all Bedenken / sobald, das Ich begehrt, herab zur finstren Erde lenken! / Denn Ich, dein Herr, kenn ohnedies ja deine Feuerblößen / und hab darob die Frag' genau nach deiner Kraft bemessen; / so tu getrost, und handle nach des Schöpfers heil'gem Willen, / und wie zu jeder Zeit auch diesmal Mein Gebot erfüllen! –

46.

[Pa.01_046] „Es sei, Du Mächt'ger, wer kann Deinem Worte widerstreben!? – / da schon vor Deinem leis'sten Hauche alle Engel beben. / Ich will daher getreu mich nun nach Deinem Worte richten / und was in meinen Kräften steht, der Erde Irrtum schlichten. / Doch, wenn als Mittelsonn' ich werd der Erde Worte führen, / die nur von meiner mächt'gen angeschaffnen Größe rühren – / fürwahr, o großer Gott, nicht Eitelkeit wird's mir entlocken, / nur weil Dein Wille, will vor Deiner Erde ich frohlocken, / damit so diese dann durch meinen großen Feuereifer / für Deiner großen Kinder Wohnung möchte werden reifer. –

47.

[Pa.01_047] „Du weißt, o Herr! aus jenen überalten Zeitgebieten, / als noch die Hartgefangnen um die Lebensfreiheit stritten; / als Du aus Deiner Lieb' Dein großes Mitleid ließest fließen, / daraus wir noch in dieser Zeit all unsre Kinder grüßen / und ihnen zu Äonen vielen noch die Nahrung geben, / die wir damals empfingen aus des Mitleids heil'gem Leben, / das Deinem Vaterherzen unbegreiflich ist entflossen! – / Recht bald nach dieser Zeit ward ich von Deiner Macht gestoßen, / da zuckten zahllos Fünklein über meine Flammengauen / und sind als Kindlein noch gar lieb um mich herum zu schauen! –

48.

[Pa.01_048] „Ich weiß gar wohl, daß ich sogar und alle meinesgleichen / noch selbsten größre Mütter haben in den tiefren Reichen; / doch hier sag ich so viel nur, was aus mir all's ward genommen / und nur soviel davon dem Stäubchen Erde möchte frommen! / O Herr! – Du weißt und kennst den Sand an meinen Lichtgestaden, / wer möcht ihn zählen, wer summieren seine Menge zu Triaden? / Doch muß ich sorgsam hüten, daß auch eins mir nicht entfalle / und leicht dadurch zermalme eine Tochtersonn' im Alle. / Wie groß demnach zu stehn die Erd' auf meinem Grund möcht kommen? – / Ich weiß es nicht; ich hab sie nie erschaut und wahrgenommen!

49.

[Pa.01_049] „O Herr! Ich möcht es wissen – dieser Deiner Erde Größe, / bevor ich noch nach Deinem Wort dieselbe gar zerstöße; / denn, wenn ein glühend Stäubchen ich zur selben möchte senden, / o sag, wird's nicht zu schwer, zu schnell die arme Erd' zerenden? – / Doch Herr, ich seh das Nicht'ge meiner eitel tollen Fragen – / das Stäubchen, welches Deine Vaterhände schützend tragen, / es wird so klein nicht sein; daher will ich mich bald entschließen / und einen glühen Punkt von meinem Grund nach selbem schießen. / Und soll zu groß und schwer der Punkt dasselbe treffend rühren: / Die Hand, die selbes trägt, wird alles schon zurechte führen. –

50.

[Pa.01_050] „So hör denn du Atom von einer Welt, du nicht'ge Erde, / du tolles Nichts, dich weidend unter meiner Kinder Herde; / was bist du denn vor mir, du Staub des Staubes meiner Kinder, / du scheuß'ger Boden, der nichts trägt denn tiefst gefallne Sünder? / O sag, ist's wahr, daß du den Allerhöchsten hast getragen, / du eitles Nichts, vernimm! – nicht zweimal laß dich darum fragen! / Wie ist's denn möglich, daß der Allerhöchste, dich zu retten, / zerreißen konnte Seiner Allmacht ewig mächt'ge Ketten? – / zu suchen dich, die nie und nirgends etwas ist gewesen / und dich zudem noch für die größte Tat gar auszulesen! – ? –

51.

[Pa.01_051] „Zu was das Fragen, Wortverschwenden, Sünde-Boden rühren? – / Und käm die Antwort auch, gewiß ich würd' sie nicht verspüren; / darum will lieber ich durch alle Räume donnernd künden – / und möcht auch meine Antwort allen Weltenstaub entzünden, / es wird mich wenig stören; könnt ich nur dem Herrn bringen, / das Ihm gefiele, könnt ich Seine größte Tat besingen; / gar wenig würd' ich da nach allen Erdatomen fragen / und möchte ihre Größ' selbst meine Punkte überragen. / Ist ohnehin ja an der Klumpen Größe nichts gelegen – / warum soll da dem Staube ich denn noch Erbarmung hegen? – –

52.

[Pa.01_052] „So sei's denn! – Hört ihr Sonnen in den weiten Räumen, / ja hört ihr, meine Kinder, hört's in eures Lichtes Keimen! / Der Allerhöchste, der Unendlichewige, der Gott! – / der heilig, heilig, heilig ist, – der mächt'ge große Gott, / vor dem die stärksten größten Engel ehrfurchtzitternd beten, / vor dessen Hauch wie Spreu zerstäuben unsre Angelketten, – / derselbe große Gott, den Ewigkeiten nicht erfassen, / hat Sich von Seinen ew'gen Höhn zum Staub hinabgelassen! – – / Ja Er, vor dem die ew'gen wesenvollen Räume beben, / verbarg Sich gar in eines Sünders endlos schwaches Leben! – – –

53.

[Pa.01_053] „Noch mehr, wie ich's vernommen hab von meinen Kindern allen, / ließ Sich der Allerhöchste Seiner Lieb' zur Folg' gefallen – / bedenket wohl ihr alle Myriaden und Äonen, / bedenkt es wohl ihr alle übergroßen Muttersonnen! – / Was meint ihr wohl, woselbst der Allerhöchste so verborgen / erscheinen ließ des größten ew'gen Tages Lebensmorgen? – / Fürwahr, sag ich's euch nicht, ihr werd't es ewig nicht ergründen: / Da seht hinab, in finstrer Tiefe ist ein Punkt zu finden, / des Größ' kaum den äonsten Teil von meiner Fläch' möcht decken! / Dort wohnet Er – der große Gott, um Tote zu erwecken! – –

54.

[Pa.01_054] „Ein nicht'ger Staub, die Erd' genannt, bewohnt von schmutz'gen Wesen, / ward auserwählt, um da die toten Klumpen zu erlösen / und sonach diesen finstren Wesen eine Größ' zu geben, / vor welcher selbst die größten Engel ehrfurchtsvoll erbeben! – / Und hört! – ich sag es euch, so treu und wahr ich's hab vernommen: / Als dort der Allerhöchste zu den Toten ist gekommen / und hat daselbst gar deren Niedrigkeit auch angezogen – / o glaubt, was ich euch künd, denn keine Silbe ist erlogen –, / da hat die Erd' – nicht Erd' – denn so was hat ja keinen Namen, / des Höchsten Lieb' zum Tod verdammt! und die zu Ihm da kamen! – – –

55.

[Pa.01_055] „Was hätte ich und ihr getan, so ER zu uns wär kommen? – / Fürwahr, mit Milliarden Psalmen würd' ER aufgenommen! / Ich hätt' aus allen meinen Myriaden Flammen-Schlünden, / aus allen meinen tiefsten Feuergeistes glüh'sten Gründen / in größter Unzahl neue Sonnen weit von mir getrieben, / auf daß ein solcher Gast, wenn kurz auch, wär bei mir geblieben! / Doch da ER von den nicht'gen, schmutz'gen bösen Scheusalshorden / noch bis zu dieser Stund trotz aller Tat verkennet worden / in aller Seiner Liebe ist! – – da wohnt ER noch bei ihnen!!! / Und will sogar ihr Vater – Bruder! – sein nach allen Sinnen!!! – – –

56.

[Pa.01_056] „O hört ihr alle meinesgleichen, hört ihr alten Sonnen, / o hört selbst ihr, die ihr im ew'gen Zentrum pflegt zu wohnen: / Es mag der Herr noch neue endlos große Räum' erschaffen, / ja Ewigkeiten selbst auf einen Punkt zusammenraffen, / auch unermeßlich große Engel aus dem Nichts gestalten, / ja selbst in Milliarden machen Seine Stärke walten! / Fürwahr, in jeder Tat wird ER Sich immer überbieten, – / jedoch, als Gott zu werden – Vater, Bruder, – Liebe bieten / dem Staub, dem Nichts, dem Tod, in aller Sanftmut dulden, leiden!!! – / Ich sag's: Das Größte ist! – O Sonnen, glaubt es mir in Freuden!!! – – –

57.

[Pa.01_057] „Und Du, mein großer Gott und Schöpfer, gnädig sei mir Armen / und hab mit meinem kleinen Dienst, ohn allen Wert, Erbarmen; – / ich weiß, wie unerforschlich Du in Deinem Rat und Wegen / und unergründlich bist in Deinen Tiefen – voll von Segen! – / Daher nimm gnädigst auf, das ich Dir treulich hab besungen / und so auf Deiner Erde auch ins Leben bin gedrungen, – / denn Größres könnt ich kleine Sonne nimmerdar ermessen, / auch allen meinen Tiefen noch ein größres Wort erpressen; / denn wahrlich, was als Größtes ich da treulich mocht benennen, / will ich in meiner tiefsten Tief' als ewig wahr bekennen!“ –

58.

[Pa.01_058] Gewiß und wahr, du treue Sonne, du hast wohl gesprochen / und hast dabei der Erde Völker Übel hart gerochen; / Ich sag, wie niemand bist der Wahrheit du zur Spur gekommen, / und wie du sagtest, ist getreu und wahr aus Mir entnommen. / Doch was da Meine größte Tat im Geist' möcht anbelangen, / das hast auch du mit keiner Silbe treffend angefangen; / denn was du sagtest, ist die Folge nur von solchen Taten. – / Doch daß du nimmer möchtest fälschlich dich von Mir beraten, / so will Ich sagen dir ein sinnvoll Wörtlein im Vertrauen: / Der Große wird in sich das Größte wahrlich nimmer schauen! – – –

59.

[Pa.01_059] Ihr habt vernommen, was die euch am nächsten stehnde Sonne / für eine treue Rede hat geführt in hoher Wonne; / ihr habt das große Wort der großen Mittelsonn' vernommen, – / seid ihr dadurch zur Lösung Meiner Frage wohl gekommen? / Müßt ihr nicht selbsten sagen doch bei euch: Fürwahr mitnichten, / denn selbst die große Mittelsonne wußte nicht zu schlichten / die Zweifel alle, die an euer Herz gelegt sich haben. / O welche Torheit ist's, zu suchen Meine großen Gaben, / da Ich sie nicht verwahret habe, in den weit'sten Räumen! – / statt treu zu suchen, forschen, wo Ich liebend pfleg zu säumen. – – –

60.

[Pa.01_060] Um euch so recht zu zeigen doch, wie Großes sich nicht eignet, / zu fassen Meine größte Tat, so es sich auch verleugnet, – / will Ich euch zeigen noch die größte Sonne in der Globe; / auch dieser große Kern soll euch künden was zur Probe. / Bevor Ich ihn doch werd mit Meiner großen Frag' belegen, / will Ich vor euren Blicken leis nur seine Größ' zerlegen. / Doch nicht darum, als sollte sie von Meiner Größe zeugen, / denn wahrlich, Milliarden müßten darob furchtsam schweigen; / wohl aber, daß ihr so recht hell möcht't treu in euch erschauen, / wie wenig da auf alle toten Klumpen ist zu bauen. – – –

61.

[Pa.01_061] Nun seht, wollt euch von solcher Sonnengröße Wahres denken, / müßt ihr zu einer übergroßen Feuerkugel lenken / all eure Blicke, Sinne und Gedanken und bemessen / mit des Gefühles tiefsten Gründen, und ja nicht vergessen: / die Klumpengröße solcher Körper, die im Zentrum stehen, / nach Meilen nicht bemessen; nie ein End' würd't ihr ersehen! – / Wohl aber mit des Lichtes Schnelligkeit könnt ihr's probieren, / da zählt auf die Sekunde achtsam, ohne sich zu irren, / gerade fünf und vierzig Erdenweiten für die Einheit, / so werd't gelangen ihr gar bald und treu zur reinen Wahrheit. –

62.

[Pa.01_062] Da wär der größte Feuerball ganz nah vor euren Blicken / gestellt zu überschauen; doch um euch nicht zu erdrücken, / noch fern genug, o glaubt's, es sind Äonen Sonnenweiten! / Von seinem Süd- zum Nordpol hin den Lichtstrahl zu verbreiten, / möcht eure Zeit zu Trillionen Jahren kaum ausreichen. – – / Nun könnt ihr mit der Einheit dieser Sonne Größ' vergleichen, / es wird nicht fehlen, euch wird schauderhaft zumute werden, / ihr werd't verschwinden ganz samt eurer Sonn' und allen Erden; / und möcht die ganze Glob' voll Sonnen auf den Koloß fallen, / wie schütt're Flocken nur möcht das des Fläch' bemalen! –

63.

[Pa.01_063] Es ist genug, nehmt zehen Trillionen, zu bestimmen, / wie lang von Pol zu Pol der schnelle Strahl da hätt' zu klimmen; / doch wär noch größer eine Sonne wo als eine Globe, / könnt mehr sie tun zu Meinem allgerechten größten Lobe? / Gewiß und wahr in Ewigkeiten, all die Weltenmassen, / sie sind zum eignen Nutz der Körperwelt so groß gelassen; / doch daß sie darum, weil Ich sie so groß da hab geschaffen, / ein größres Zeugnis Meiner Macht und Größe möchten schaffen / denn eine Milbe – hört, um Meine Herrlichkeit zu heben, / müßt klein Ich werden, und noch vielmal kleiner euer Leben! –

64.

[Pa.01_064] So ihr doch aber fragen möchtet, wie die Ding' erhalten, / geordnet werden von dem endlos mächt'gen Liebeswalten? / Und das von dem Atome an bis zu den Weltenheeren? / Und wie das Licht der ältern Sonnen stets sich pflegt zu mehren, / so zwar, daß alles Licht von Nebensonnen in der Globe / zu Milliarden so auf einen Punkt gedrängt zur Probe, / nicht einmal einem Fünkchen nahe käme jener Sonne, / von der Ich eben spreche? – Hört, da sag Ich euch zur Wonne: / Urteilt, was leichter ist, entweder Sonnen ordnend schaffen, / denkt, – oder eine Mücke zu beleben, und zu strafen? – – –

65.

[Pa.01_065] Ist denn für Den, der's hat, eins schwerer denn das andre? / Was ist der Aar, ob über nahe oder weit er wandre? / Er hat das Flügelpaar nicht über Kiesel nur zu fliegen, / auch über Meere, Alpen, Berge kann er damit siegen! – / So aber Ich, der Herr und Schöpfer aller dieser Dinge, / unendlich bin und all's mit Meiner Gegenwart durchdringe, / was soll für Unterschied wohl sein, ob Sonnen oder Milben / hervor Ich ruf mit einem Worte – oder mit drei Silben? / Darum zeig Ich die Größen aber, um euch klein zu machen / und euer Aug' zu lenken dann auf größre heil'ge Sachen.

66.

[Pa.01_066] Ich will euch nicht mehr zeigen, ob bewohnt sind solche Sonnen, / denn solches könnt euch denken wohl, umsonst sind nicht Äonen / von solchen Klumpen – oder nur fürs Licht erschaffen worden; / doch Näh'res euch zu künden von den dort'gen Wesenhorden, / ist hier der Ort und nicht die rechte Zeit dafür beschieden. / Auch nichts von großen Ländern, Stürmen, Meeren, Wesenfrieden, / denn das gehöret alles nicht zur Sache, nicht zum Zwecke, / dessen Übergröß' Ich euch allhier vor eure Augen stecke, – / wohl aber, euch zu zeigen nun die große Zeit der Zeiten, / muß Ich durch Meiner Schöpfung Weiten so euch vorbereiten.

67.

[Pa.01_067] Nach all dem Vorgegangnen will zur Probefrag' Ich schreiten, / doch müßt ihr euch auf eine große Antwort nicht bereiten. / Wird auch der große Sphärendonner euch das Mark erdrücken, / so wird des Schwere doch in euch anfüllen nicht die Lücken, / die noch in eurem Herzen nach des Geistes Leben trachten / und sehnsuchtsvoll – o hört! – nach der Erlösung schmachten. / Doch haltet auch nicht für gar zu gering der Sonne Sprache – / fürwahr, Geringes wird genommen nicht zur großen Sache; / gewiß, wenn Sonne, Mond das Licht verlieren, Sterne fallen / herab zur Erde! – kann ein solches Bild Geringes malen?! – – –

68.

[Pa.01_068] Und nun, du einsam Wesen, flammend in der Welten Mitte, / du sahst den Schöpfer doch – und bebtest unter Seinem Tritte, / als Er herab zur tiefst gesunknen Erd' Sich hat begeben, / um da den Toten zu bereiten hehr ein neues Leben? – / So hör, dein großer Gott und Herr gibt dir die große Frage, / woraus Des größter Taten Ruhm, das Größte glänzendst rage? / Was ist's, das dir am meisten dünkt, du wirst es Mir wohl sagen, / da du aus deiner Mitte leuchtend alles kannst erjagen; / denn bist auch weit von allen deinesgleichen du gehalten, / so mußt zuerst aus dir sich doch der Weltenstaub gestalten! –

69.

[Pa.01_069] Nun horcht, schon rollen ferne Donner bebend durch die Welten, / die große Antwort tragend zu des Staubes Neubeseelten! / Wie beben sie von tiefster Ehrfurcht durch und durch ergriffen, / daß sie sich kaum getraun herabzusenken in die Tiefen, / in denen Ich mit Fleischesaugen Meine Werk' geschauet / und eine neue Wohnung Mir da leidend hab erbauet, / ja gar ein bleibend Haus erbaut aus Lieb' und treuem Glauben / und ward zum Weinstock gar mit vielen Reb'n und reifen Trauben! – / Doch horcht, der Donner naht der kleinen Erde sich bescheiden, / vernehmt die Antwort, nehmt die fromme Botschaft auf mit Freuden! – –

70.

[Pa.01_070] „O großer, überheil'ger Gott und Schöpfer aller Dinge! / Wie soll ich Nichts vor Dir! – Ich bin zu klein und zu geringe! / Ich kann's nicht wagen, nur ein einzigs Wort von Dir zu sagen, / Dir eine Frag' zu lösen, zeigen Dir aus allen Tagen / den größten Tag, die große Zeit aus allen ew'gen Zeiten! – / O großer Gott, – wie könnt ich das aus meinem Staub erbeuten, / was alle Ewigkeiten nimmer mögen zu erfassen?! / Daher möchtst gnädigst Du die große Antwort mir erlassen / und nicht verlangen, daß ich Deine Kinder solle lehren, / von denen eins mit einem Blick mich gänzlich könnt zerstören!

71.

[Pa.01_071] „Erhöre Heil'ger Du, erhöre Deiner Urka Flehen, / o lasse Gnade mir von Deiner heil'gen Erde wehen! / Bin ich auch klein und nichtig unter Deinen zahllos' Wesen, / kann auch mit Deinen Lebenskleinsten ewig mich nicht messen; / doch als die Großen Du gesetzet hast auf ihre Thronen, / bin arme Urka ich aus Deiner Hand ja auch geronnen! – / Darum vernicht mich Schwache nicht vor Deiner großen Erde, / erlös auch mich von meiner Not und großen Angstbeschwerde; / Du weißt ja ohnehin, wie viel des Lebens mir zu Teile / geworden ist, – o halt nicht ferne mich der Erde Heile! – – –

72.

[Pa.01_072] „Doch daß Du Heil'ger Deine Urka nicht also möchtest finden, / als wär sie ungehorsam, – laß sie etwas Dir verkünden, / wodurch sie ihretwegen Dir möcht ihre Ehrfurcht zeigen, / die sie vor Deiner Erde hegt und nimmer mag verschweigen. – / Es war zur Zeit, als Du vollendet hast Dein Haus auf Erden / und Deine großen Kinder lehrtest Dir ganz gleich zu werden, / da zuckten Deine großen Engel oft an mir vorüber, – / noch schauderts mich, noch bebt mein Ganzes durch ein heilig Fieber, / wenn ich gedenk, wie ein Atom der Erd' auf mich gefallen, / gebracht von einem Engel, mich beinahe hätt' zermahlen!

73.

[Pa.01_073] „Am Fuße eines solchen Boten mußt das Heil'ge kleben, / ohn daß er's merkte so in seines Amtes eil'gem Streben. / Im Anfang merkt ich's nicht, es war zu klein und nicht zu sehen; / in kurzer Frist doch fing es an aus sich da zu erstehen / und anzuwachsen so zu einer unerhörten Größe, / daß es gar bald anfing zu überdecken meine Blöße, / mit seinem Licht zu unterjochen all mein matt Geflimmer / und mich zu brechen allenthalben in bestaubte Trümmer. / Mit aller meiner Kraft, die alle Sonnen überbietet, / wär ich erlegen, hätt' ein großer Geist mich nicht behütet!

74.

[Pa.01_074] „Ein Engel war der große Geist, zur Rettung mir beschieden, / er kam zu Hilfe mir und brachte mir den heil'gen Frieden. / Ich weiß, er ward von Dir gesandt, die Urka zu beschützen / und solche heil'ge Last zu etwas Bessrem zu benützen. / Als ich nun frei geworden bin von dieser mächt'gen Klammer / und aufgehöret hat auf meinen Triften der Vernichtungsjammer, / da zeigte mir ein Engel dann nicht ferne von mir stehend, / sich eine mächt'ge Sonne neu im freien Wirbel drehend. – / O Herr, wenn schon Atome Deiner Erd' die arme Urka drücken, / wie sehr müßt dann sich erst sie vor der ganzen Erde bücken! – – –

75.

[Pa.01_075] „Darum, weil solches ich, o Herr! von Deiner Erd' erfahren, / bewahr Du guter Schöpfer mich vor ferneren Gefahren! / Und laß nicht zu, daß tiefe Blicke Deiner Erd' mich träfen, / noch weniger, daß ich die Weisheit derer sollte äffen, / die Deine Kinder sind in Deiner ew'gen Kraft der Liebe – / und eines stärker schon denn alle meine Sonnentriebe. / O Herr, Du großer Gott und Schöpfer heilig überheilig, / erlaß zu reden mir von dem, was Engeln ist zu heilig, / und laß mich Arme friedlich ruhn in meiner fernen Tiefe, / da ich im Stillen stets von Deiner großen Gnade triefe.“ –

76.

[Pa.01_076] Habt ihr vernommen, wie die großen Werke mit Mir reden? / Und auch vernommen, welche Demut in dem All, ihr Spröden?! – / O glaubt, die großen Sonnen allesamt in ew'gen Räumen, / auch sie nicht minder euch für Meine große Liebe keimen. / Es wird noch kommen, ihr werd't euch gar treulich überzeugen, / daß diese großen Lämmer aus den Triften werden säugen / die Lebensmilch, auf welchen viele sind zugrund gegangen, / die da berufen waren, hatten aber kein Verlangen, / das Leben zu erlangen, da sie sich lebendig dachten / und sagten: Sieh, das Leben braucht des Lebens nicht zu achten! –

77.

[Pa.01_077] Du aber, Meine große Urka, brachtest rechte Gaben, / du sagtest mehr denn alle Räume fassen, – und erhaben / war jede Silbe, würdig Deinen Schöpfer zu besingen. / Es wird so tief in Mich zu dringen wenigen gelingen, / denn bist du größer auch denn jede Sonne deinesgleichen / und muß dir jede Weltengröße tief erschauert weichen; / doch weil du deiner Übergröße nicht gedenkst, dich prahlend, / wohl aber in der tiefsten Demut, gleich den Kindlein lallend, / mir zeigst, wie wenig alle eitle Größ' vor Mir mag gelten, / so bist die Größte du aus allen endlos vielen Welten! – –

78.

[Pa.01_078] Auf deinen Quintäonen Sonnen weiten Flammengründen, / die da noch alle frei sind von der Erde frechen Sünden, / will Ich dereinst auch eine große Stadt errichten / und dann in selber all's nach Meiner Liebe weise schlichten. / Und Meine weisen Kinder werden diese dann bewohnen / und werden sitzen da auf deiner Demut goldnen Thronen, / damit sie nebst der Weisheit auch die Demut sollen schmecken / und fliehn vor deiner Größ' – in sich gleich mühevollen Schnecken. / Und so werd Ich auf deinem Boden eine Schul' errichten, / da all die Weisheitstoren werden ihren Irrtum lichten. – –

79.

[Pa.01_079] Doch denen Deinen, die da leben auf den Freigebieten, / auf denen nicht, wie auf den andern Stellen, Flammen wüten – / o siehe, diesen körpergroßen, geisteskleinen Wesen / werd Ich auch Meine Liebe bieten und sie dann erlösen, / und das auf eine Art, von der das Kleinste keine Großen, / ja nicht einmal die Engel ahnen! – Werd setzen neue Sprossen / aus Meiner Liebe Ich, die werden deine großen Weisen / gar sanft in aller Liebe ganz lebendig unterweisen, / und selbe führen dann in Meiner Liebe freie Kreise / und ihnen zeigen Meine Werke auf der Lebensreise. – – –

80.

[Pa.01_080] Nun seht, Ich habe angefangen alles neu zu machen; / Ich will umstalten geistig alle alten Ding' und Sachen! / Muß Ich denn nicht alljährig alles Gras und Bäum' erneuen? / Fürwahr, was Ich da tu, wird ewig niemals Mich gereuen. / Würd' aber Ich die Bäume nicht erneu'n, woher dann Früchte? – / Daher muß all's umstaltet werden neu in Meinem Lichte, / damit es einst nicht fruchtlos solle vor den Kindern stehen. / O hört, wie schon von allen Seiten andre Winde wehen, / wie sie die Wetterfahne nach dem ew'gen Morgen drehen – / o merkt, ihr werdet bald die neue große Zeit erspähen! – – –

81.

[Pa.01_081] Nun habt ihr auch vernommen, was die allergrößte Sonne / von Mir geredet hat in ihrer Demut Glanzes Krone; / auch diese konnte nicht erraten Meine Tat der Taten. – / Was meint ihr wohl, wer ist's, den Meine Frag' nicht wird ermatten, / an wen soll Ich mit Meiner Frage Mich noch ferner wenden, / wer wird in seiner Antwort Meine Frage treu vollenden? – – – / Ihr meint, die sel'gen Engel werden sich hierin nicht irren, / sie werden sicherst Meines Kleides Saum zuerst berühren. – / Nun wohl, es sei! – Auch diese sollen ihre größte Probe / bestehn und raten durch die größte aller Globen Globe! –

82.

[Pa.01_082] Doch wenn auch diese es nicht treffen sollten in der Tiefe / und lösen nicht der großen Frage heil'ge Liebeskniffe – / o sagt, was wird da uns noch übrig bleiben? Wen dann fragen? / Wer wird uns dann aus der Unendlichkeit das Rechte sagen? – / O ja, wenn Ich euch's sage, werd't das Rechte wohl erfahren; / denn Ich der große Meister möcht es wohl in Mir verwahren! – – / Allein – zu wissen nur, was Ich als Größtes hab verrichtet, / wie Ich durch Meinen Tod den Tod der Hölle hab zernichtet – / o hört, das würd' euch wenig heil'ge Lebensfrüchte tragen, / und wär dann sicher besser, ewig nie darnach zu fragen! –

83.

[Pa.01_083] Es solle aber solches sich in Meinen Kindern zeigen / und ihren Herzen solches übergroße Heil entsteigen; / dann würde es des höchsten Segens Lebensfrüchte bringen / für jene, welche wahrhaft nach der Lebenspalme ringen! – / So aber solches ihr nur möcht't zur Wissenschaft erkunden, / da könnt ihr noch nicht sagen: Sieh, das Leben ist gefunden! – / Daher, Ich sag es euch, ist besser solches nicht zu wissen, / als nur zu wissen und dadurch das Leben einzubüßen! / Es sei denn, daß durch Meine Fragen jemand möcht erwachen, / o ja, der wird bald finden in der Tat die größten Sachen! –

84.

[Pa.01_084] Dem wird's nicht schaden dann, wenn Ich das Größte möcht verkünden, / dem wird's fürwahr das Leben nur aus seinem Schlaf entbinden. / Allein zu tauchen nur mit Mir, dem Judas gleich, die Hände / in Meine Lebensschüssel, wahrlich, dem wird jenes Ende / zuteile werden, welches Mein Verräter hat erfahren / zur Zeit, als Satan ist in seinen Leib und Seel' gefahren! – / Doch da Ich solches zu euch Kindern treu und traulich sage, / mit denen Ich das größte Mitleid habe, Liebe trage; / ihr sollet darum euch nicht allzu sehr und groß erschrecken, / denn euch will Ich dadurch zum ew'gen Leben nur erwecken. –

85.

[Pa.01_085] Und nun, es sei die Frage den Engeln noch gegeben, / auch sie soll neue Furcht und Liebe neu und groß beleben; / wir wollen sehen noch, was diese alles von Mir wissen, / in ihren Händen wird sich solche Kunde doch nicht missen! / Sie werden sicher Meine größte Tat getreu besingen / und leicht mit ihrem schärfsten Blick in Meine Tiefe dringen! / Doch eins muß Ich vorerst vor euch gar treulich noch enthüllen, / und dieses ist: Den freien Engeln bleibt ihr freier Willen, / um das nur, was sie wollen und auch können, zu verkünden / und so nichts Fremdes, sondern Eigenes nur zu entbinden.

86.

[Pa.01_086] So sagt ihr übertreuen Boten Meines Willens all zusammen / des Vaters größte Tat im Sohne, nennt Mir ihren Namen! / Ihr wart doch Zeugen, habt durch der Propheten Mund gesprochen, / ihr halft in Liebe Meinem David seine Psalmen kochen. / Selbst zu der Jungfrau mußtet ihr die mächt'gen Grüße bringen / und dann sie zu Äonen treu geleitend stets umringen; – / und als sie vollends erst geboren hat das Licht der Erde / in einem Stalle unter Schmerz und großer Angstbeschwerde, / da waret ihr, nicht einer ausgenommen, all zugegen, / lobsingend solche Tat auf all den lichterfüllten Wegen! – –

87.

[Pa.01_087] Daher, o säumet nicht! sollt nun den Menschen auch verkünden, / was sie nicht können, und die ganze Schöpfung nicht, ergründen! / Doch merkt: In eurer hohen Weise müßt ihr nicht beginnen, / auch nicht zu lange gar nach einer niedren wirre sinnen. / Ihr wißt die Art der Menschen ja, und alle ihre Weisen / ihr kennet wohl und wisset auch, wie Mich die Kindlein preisen; / auf solche Art, Ich sag es euch, werd't leicht verstanden werden / von allen frommen Menschen, euren Brüdern auf der Erden. – / Und nun beginnet eure Stimmen auf die Erd' zu streuen, / und macht, daß eure Brüder sich der Liebe möchten freuen. – – –

88.

[Pa.01_088] „O heil'ger Vater! So Du uns zur Hölle möchtst bescheiden, / Du weißt es, heil'ger Vater, solches tun wir ja mit Freuden. / Ja, wenn wir alle Menschen müßten stets auf Händen tragen, / in aller Liebe täten wir's! – nie nach Erholung fragen, / obschon Du sie zu unsrer größten Wonne hast bestimmet, / in welcher nichts als nur Dein heil'ger Name wird gerühmet! – / O heil'ger Vater! sieh, kein Opfer soll zu schwer uns fallen / im Himmel, wie in allen Deinen großen Schöpfungs-Allen! / Denn Deine Vaterliebe ist zu voll von Süßigkeiten, – / wer könnt derselben widerstehen je in Ewigkeiten!? – – –

89.

[Pa.01_089] „O heil'ger Vater! Lasse uns all die Atome zählen, / die Fünklein alle in der größten Sonnen Flammen-Wellen; / o laß uns Lieberfüllten alle Deine Globen schütteln / und zu Atomen sie in einem Nu zusammenrütteln; / laß Welten uns gleich Erbsen scherzend durcheinander schmeißen, / ja selbst die ganze Höll' mit ihrer Brut in Stück' zerreißen – / und noch dazu den Fürsten selbst so ganz zunichte machen, / daß Ewigkeiten nichts mehr finden sollen von dem Drachen! – / Denn Deine Macht, in der wir alle leben, wollen, fühlen, / muß alles ja im Augenblick auf einen Punkt erfüllen! – ! – – –

90.

[Pa.01_090] „Doch Deiner größten Frage durch die Antwort Lösung finden, / Dir sagen etwas, das die Ewigkeiten nicht ergründen, – / die größte Deiner größten Taten treulich zu besingen, / dieselbe wohlverständlich unsern Brüdern zu verdingen – / o heil'ger Vater, Dir ist's ja bekannt, was wir vermögen, / denn was wir haben, haben wir ja nur von Deinem Segen! / O sicher hast Du nur, um Deine Lieb' in uns zu mehren, / uns gnädigst wollen eine solche große Frag' bescheren! / O nehme gnädigst diese große Last von unsren Lenden, / denn ewig nimmer würden wir vor Dir sie je vollenden! –

91.

[Pa.01_091] „Wer möchte Deine Taten mustern, eine größer finden / denn eine andre, wer die Tiefen Deines Rats ergründen? / O heil'ger Vater, da wir sehn vom Kleinsten bis zum Größten, / wie all's unendlich ist, womit dann sollten wir uns trösten? / Womit die ew'gen Kreise Deiner Taten-Größe messen? / Mit welcher Zahl bestimmen solche Fülle und vergessen – / daß man ja selbst zur großen Zahl gehört! – O Worte, Worte! – / Ihr kleinen Worte, leicht zu hören hier am heil'gen Orte – / doch wer wird je in euch die Tiefe, Fülle, Größ' ergründen! / O Vater! Du allein nur kannst in uns das Licht entzünden! – – –

92.

[Pa.01_092] „Daß Du Dich Selbst zu einem Erdenmenschen hast umstaltet / und da mit aller Deiner Macht und Heiligkeit gewaltet; / und hast als Mensch die allergrößte Niedrigkeit erwählet, / wie gänzlich auch aus größter Lieb' die Herrlichkeit verhehlet; / auch hast nicht zugelassen, daß Dir jemand solle dienen, / wohl aber dientest Du den Armen treu, sie zu gewinnen / für Deine heil'ge Liebe, – wolltest sterben gar für Sünden, / um so für die Verlornen ganz ein neues Reich zu gründen! – / O heil'ger Vater! Das ist alles, was wir sagen können, / doch, was das meiste ist darunter, können wir nicht nennen!“ –

93.

[Pa.01_093] O Meine lieben treuen Diener, ihr habt es genennet, / ihr habt ganz unbewußt der größten Tat getreu erwähnet. / Doch wenn ihr's nicht bestimmt und klar in euch wohl mögt erschauen, / worin das Größte ist verborgen, harret im Vertrauen – / Ich werd euch allesamt hinab zur kleinen Erd' bescheiden, / dort werd't zu eurer größten Wonne ihr gewahr in Freuden, / fürwahr, dergleichen ihr bis jetzt noch niemals habt empfunden; / von euch gewählt – ein Kindlein wird das Größte euch bekunden! / Und hört, was allen Ewigkeiten blieb bis jetzt verborgen – – / o kleinste Welt! für dich ward aufgespart der große Morgen! – – –

94.

[Pa.01_094] Denn was den Weisen aller Sphären Ich voll Recht verborgen / und sie ergründen nimmer mögen trotz der Weisheit Sorgen, – / das hab den Schwachen und den Kindlein treu Ich vorbehalten, / und legte selbst in ihre ersten Tränen schon ein Walten, / das größer ist und mächtiger denn aller Weisen Zungen; / denn sie sind nicht wie diese Dünste – mühsam nur erzwungen, / wohl aber wahr, so rein sie da dem schuldlos Aug' enttriefen, / allwo sie ihrer Alten Lieb' und Sorgfalt perlend prüfen. / In solche kleine Zartgefäße hab Ich es verscharret, – / wohl dem, der diese Schätze nirgends denn nur da gewahret! – – –

95.

[Pa.01_095] Nun eilt herbei, ihr treuen wonnerfüllten Liebediener, / kommt alle, die ihr seid aus Meiner Liebe weis' und kühner / in euren Haaren schon, denn alle Weltenmacht der Weisen, / die nur zum eignen Frommen möchten alle Welt bereisen, / um aus der Schöpfung Wunderfülle dann nach Licht zu haschen / und statt der Lebenskost nur Weisheitsleckereien naschen. – / Daher, da weiser ihr und kühner seid denn alles Licht der Welten / und wart vor aller Welt der Lieb' und Weisheit treue Helden, / so kommt herbei ihr alle, euch ein zartes Kindlein wählend – / o kommt und seht, wie ohne Mich und euch die Welt ist elend! –

96.

[Pa.01_096] Doch wenn sie erst von Mir und euch wird bald und kurz erfahren, / woran es liegt, daß sie sich nicht aus allen den Gefahren / entwinden mag und statt des Lebens nur den Tod verlanget – / nicht ahnend, daß das wahre Leben nicht in Weisheit pranget, / wohl aber in der Liebe samt der Weisheit ist verborgen, / und daß in Liebe nur verborgen ist der Weisheit Morgen, / wie alle Lebenswonne und des Gnadenlichtes Wunder – – / darum will nun Ich geben allen einen Lebens-Zunder; / wer sich vom selben in dem Herzen wird entzünden lassen, / fürwahr, der wird dann nimmer vor dem ew'gen Tod erblassen!

97.

[Pa.01_097] Und wenn sie solchen wird in aller Wahrheit Geist empfangen / und auch dadurch nach Liebe, nicht nach Weisheit ein Verlangen, / so wird der Elenden gegeben, was sie nie mocht ahnen – – / Ich sage: mehr, denn aller weiten Schöpfung Reich' umspannen! / Doch vorderhand sei's wenigen nur treulich anvertrauet, / und das zwar jenen, die schon früh auf Meine Lieb' gebauet; / doch wenn die Zeit der Weltenreife wird vor euch erscheinen, / die ihr erkennen werd't an aller Erdenvölker Weinen, / da nehmt den jetzt gereichten Zunder, zündet alle Erden, / und laßt so lang sie brennen, bis die Frevler Asche werden! –

98.

[Pa.01_098] Und nun, da ihr zugegen seid auf dieser kleinen Erde / und sehet auch die große Not auf diesem Sündenherde, / auf welchem schon so mancher Greuel ist gekochet worden / von Mein und eures Feindes bösen fluchbeladnen Horden, / so bringet schnell ein Kind hierher von etwa sieben Jahren, / doch muß es sein voll Armut, ja sogar nicht reich an Haaren! – / Ich sage euch: Mit großer Lieb' und Achtung müßt ihr's führen / hierher zu Mir; denn bald werd't alle ihr gar stark verspüren, / welch einen großen Lehrer ihr mit Händen habt umfangen – / fürwahr, aus seinem Mund werd't ihr die größte Lehr' empfangen!

99.

[Pa.01_099] Und ihr auch, Meine lieben Kinder, eilet – dürft nicht fehlen / dahier; denn wahrlich, dieser Lehrer wird euch nichts verhehlen! / Wie alle Engel, so auch ihr, mit offnen Ohren, Augen / müßt sorgsam nun die große Wahrheit in das Herz einsaugen, / so werd't auf einen Wunderschlag die größte Tat erschauen – / so wunderschnell und hell, daß ihr den Sinnen kaum werd't trauen! / Fürwahr, Ich werd euch ferner nicht zu zeigen nötig haben, / daß nur darin die größte Tat, Gelingen, Zweck und Gaben / verborgen sind, als reinste größte Folge Meiner Liebe – – / der Mittagssonne gleich werd't ihr in euch erschaun die Triebe!

100.

[Pa.01_100] Ich sage euch: Die Triebe, solche ihr noch nie empfunden, / auch Engel nicht, denn solches gab Ich keinem Geist zu Kunden / auf diese Zeit – ihr könnt es glauben, wie's geschrieben stehet: / Wann aber kommen wird die Lösezeit, dies wohl verstehet! – / ,Die große Stunde‘ weiß wohl niemand weder auf der Erde / noch in den Himmeln, denn nur DER da trägt das große Werde – / und der auch, dem's der Vater offenbaren wird im Geiste; / doch keinem, der zuvor nicht an dem Kindertische speiste! – / Und nun, der großen Kunde Zeit ist nah zu euch gekommen, / erwachet nun ihr Toten, laßt euch Meine Liebe frommen! – –

101.

[Pa.01_101] Nun seht, da ist das Kindlein schon in Meiner Engel Mitte, / wie furchtsam fromm es tut, noch ungewohnt der Himmel Sitte, – / da sehet hin, wie sorgsam es die Engel mustert, prüfet / und horcht, ob nicht ein Wort vom Vater durch die Scharen triefet! / O seht, in keinem Engel will den Vater es erkennen, / es weint, es schreit, es mag der Engel sich nicht angewöhnen; / es sucht den wahren Vater, ja den Liebsten sucht das Kleine, – / o seht, wie emsig es die Augen drehet, dieses reine, / unschuld'ge Kindlein! – Hört, o hört es weinend „Vater“ rufen! / O Engel, führt es her zu Meines Thrones Liebestufen! – – –

102.

[Pa.01_102] O seht, wie kaum es sich von einem Engel lässet lenken! / Es trägt zu folgen ihm im Herzen ein gar groß Bedenken; / nur da er sagt: „O komm! Ich will dich ja zum Vater führen“, / läßt sich das Kleine von der öden harten Stelle rühren! – / O hört, wie es den Engel fragt: „Bist du ein gutes Wesen? / Bist wohl, um mich zu führen, nur vom Vater auserlesen? / Und bist du das, so zeig mir, wo der gute Vater weilet! / Ich hör Des Stimme schon! – Wo kommt sie her? – O eilet, eilet! – / O zeigt mir schnell! – wo weilet Er? Ich muß zu Ihm ja kommen! / O führt mich hin, o führt mich schnell, ja schnell, ihr lieben Frommen!“

103.

[Pa.01_103] Nun gebet acht, Ich werd's beim rechten Liebenamen rufen, / wie schnell wird's Meine Stimm' erkennen, laufen zu den Stufen / des wahren Vaters ew'ger Liebe unter lautem Jubel; / denn selbst die Engel scheinen ihm behaft't zu sein vom Übel, / darum mißtraut es ihnen, – nur den Vater will es haben / und sich an Seiner angewohnten ew'gen Liebe laben! – – – / Und nun: So komme, komme lieber Pathiel geschwinde, / laß wehen dich zu Mir von Meiner Stimme Liebewinde – / o sieh, schon lange harr Ich deiner mit gestreckten Händen! / So komm, und helfe Mir all deine Brüder nun vollenden! – – –

104.

[Pa.01_104] „O Vater, Vater, Vater, lieber Vater! – O mein Vater! – / Wo bist Du denn gewesen, lieber Vater?! – Bester Vater! – / Ich hab so lange weinend Dich schon überall gesuchet / und konnte Dich nicht finden, – hab die Fremden auch ersuchet, / daß sie zu Dir mich armen Pathiel schnell möchten bringen, / doch keiner wollte alsobald mir dieses Opfer bringen. / Nur einer schien mich Schwachen in der Liebe zu verstehen, / und als ich einmal suchend fiel, macht dieser mich erstehen; / o lieber Vater, mußt mich nimmer, nimmer von Dir lassen! / Behalte mich bei Dir – mußt nimmer, nimmer mich verlassen!“ – – –

105.

[Pa.01_105] O schauet her, ihr großen Scharen, hört ihr alle Frommen! / Vernehmt ihr Menschen alle! Dieses Kind, von euch genommen, / von eurer Erde! – wie gar schnell hat es ohn alles Fragen / vor euch und Mir ohn alle Scheu, ihr werd't es kaum ertragen – / o hört und staunt – und weint! – die allergrößte Tat gefunden! / Was Ewigkeiten, Menschen, Sonnen, Engel nicht empfunden, / das hat der kleine Pathiel im ersten Wort bekennet, / als er vor Überfreude Mich als „Vater“ hat benennet! / O wahrlich, wahrlich, wahrlich! – Keiner kann Mich größer preisen, / im Vater nur läßt Tat, Gelingen, Zweck sich größt erweisen! – – –

106.

[Pa.01_106] Doch, daß ihr klarer möchtet schauen und getreu begreifen / und nicht wie sonst gewöhnlich an der Wahrheit nur zu streifen, / so will zum Überfluß den Kleinen Ich vor euch noch fragen, / auf daß er möchte, was zumeist an Mir ihn dünkt, da sagen. / Und so denn merket! – Pathiel! Ich werd dir etwas geben / in einer Frage; sagst du Mir's, wirst alle Brüder heben! – / Was hältst denn du an Mir fürs Größte, sag, was dich erfreuet / am allermeisten, sag, was dich von aller Angst befreiet? – / „O lieber Vater, wissen das die Großen nicht, die Brüder, / daß Du der gute Vater bist? – O das sind arme Brüder!

107.

[Pa.01_107] „Ich lernte das auf Erden schon im Vaterunser kennen, / da muß ja jeder doch zuerst Dich ,unser Vater‘ nennen! / Du warst wohl Gott von Ewigkeit voll Liebe und Erbarmen, / doch Vater bist geworden erst durch Jesum Du mir Armen! / Und das ist mehr, als wenn Du ewig Gott nur wärst geblieben / und hätt'st als solcher alle Kinder weit von Dir getrieben!“ – / Nun Pathiel, wo ist denn dein bezeugter Jesus? – Sage! / Wo ist er hingekommen? Gebe Antwort noch der Frage! / „O lieber Vater, was ist das für Frag'! – Ist ja Dein Name, / denn Du und Jesus ist – wie ich und Pathiel – ein Name!“ – – –

108.

[Pa.01_108] Hör Pathiel, und sage Mir: Ist denn die Welt nicht größer / und alle Sonnen, – war dein Erdenvater denn nicht besser / als Ich? O sage Mir, Ich möcht es wissen, was du glaubest! – / „O lieber bester Vater, so Du gnädigst mir erlaubest, / ein wenig schlimm zu sein, will gerne ich es Dir ja sagen, / daß Du in Deiner Liebe – ich getrau mir's kaum zu sagen! – / daß Du – ich will's doch sagen – mich willst liebend necken, / um mich dadurch vor Dir dahier ein wenig zu erschrecken! / Denn was soll mehr und größer sein, denn Du mein lieber Vater, / ist das nicht mehr denn alle Welt: Du bist mein lieber Vater!? – – –

109.

[Pa.01_109] „Und – ob Du besser bist?! – Ist das doch eine seltne Frage! / Wer soll denn besser sein, denn Du? Nur das mir jemand sage! – / Mein Erdenvater war ein Mensch wie ich so schwach und elend; / das Beste war an ihm, daß er – wie wen'ge nichts verhehlend / von Dir, Du bester Vater! – mich schon früh Dich kennen lehrte / und so in mir die Lieb' zu Dir von Tag zu Tag vermehrte. / Wenn aber das allein an ihm nur ist für gut zu nennen, / daß er mich Dich, den wahren Vater, früh schon lehrte kennen, / wie möcht er besser sein? O das wär ein Verlangen! – – / Hat doch, so gut wie ich, ja er auch all's von Dir empfangen! –

110.

[Pa.01_110] „Ich weiß so gut wie andre, daß die Sonne Du erschaffen, / wie auch den Mond und Erde hast, zum Wachen und zum Schlafen / für die, so noch auf Erden wohnen, – doch was klein gefunden / sogar mein kleines Aug' schon hat und allzeit wohl empfunden, / wie alle diese Dinge einem nie den Hunger stillen, / wohl aber umgekehrt den Leib mit Hunger nur erfüllen. – / Und Vater! wenn auf Erden ich recht hungrig bin gewesen / und hatte nicht auch nur ein kleines Stückchen Brot zu essen, / o dann ließ ich die Sonne, Mond und Sterne traurig gehen / und wandte mich zu Dir, um – Vater! – Dich um Brot zu flehen!

111.

[Pa.01_111] „Die Erde, Sonne, Mond und Sterne, das sind kleine Dinge, / der stirbt gewiß vor Hunger, dessen Herz an ihnen hinge; / sie haben keine Lieb' und wahrlich durchaus kein Erbarmen, – / ich mag sie nicht, sie geben ja kein Brot den schwachen Armen! / Nur wenn ich dachte: Über euch wird wohl mein Vater wohnen, / und wo die meisten Sterne sind beisammen, wird ER thronen, / da sind sie freilich mir, ich sag es rund heraus, o Vater, / gar lieb gewesen, – doch wenn ich in mir die Hungersnatter / verspürte, wollt ich lieber einen nahen Vater sehen, / denn dieser möcht mich leichter denn der ferne doch verstehen!

112.

[Pa.01_112] „Als mir einmal mein Erdenvater Deines Tod's erwähnte / und mir die bittre Art desselben noch dazu benennte, / da dacht ich mir: O einen bessren Vater kann's nicht geben / denn Diesen, der für böse Menschen gibt des Sohnes Leben! / Denn damals wußt ich nicht, daß Sohn und Vater Eines seien, / auch nicht, daß Du im Sohne kamst, um uns für Dich zu freien! / Doch als ich später hab von einem armen Mann erfahren, / daß Vater, Sohn und Geist als nur Ein Vater sich erwahren, / daß dieser Eine Vater ist ein überguter Vater – / da ward das Herz mir heiß vor Lieb' zu Dir, mein guter Vater! – – –

113.

[Pa.01_113] „Doch einmal weiß ich, sieh, da ist zu uns ein Mann gekommen, / fürwahr, der hätt' beinah mir alle Lieb' zu Dir benommen! / Der sagte mir, Du wärst ein schrecklich grausam strenger Richter – / Du wärst der schwachen Sünder selbst ein ewiger Vernichter. – / O lieber Vater, sieh, da bin in meinem schwachen Herzen / gewiß und wahr geworden ich ganz voll von Angst und Schmerzen. / Doch bald darauf ist jener arme Mann zu mir gekommen / und hat mir wieder alle Angst und leere Furcht benommen; / denn, sagte er, wärst Du so arg, als jener Dich verschrien, / gewiß, wer könnte lieben Dich, und beten auf den Knien?! – – –

114.

[Pa.01_114] „Und weiter hat er mich und meinen Vater noch belehret, / und dieses hat mein Herz dann ganz und gar zu Dir gekehret! / Denn, sagte er: Nicht der Gerechten, Frommen, Treuen willen / ist Gott in aller Liebe – um die Erd' mit Gnad' zu füllen – / als Mensch und Vater und Erlöser auf die Welt gekommen. / Wohl aber hat Er aller Sünder Schuld auf Sich genommen, / um derentwillen Er allein gekommen ist zur Erde, / und ging mit ihnen um, trug duldend jegliche Beschwerde. / Er lud zu Sich, die da mühselig waren und beladen, / und nahm gar jeden Sünder auf in aller Lieb' und Gnaden! –

115.

[Pa.01_115] „Noch ferner sagte er, der gute fromme arme Alte: / O sieh, mein lieber Knabe, daß da Gott mit Sündern halte, / mußt nimmer denken dir; doch wie Er mit den Sündern handelt, / soll dir ein kleines Beispiel zeigen: Es hat sich einst gehandelt, / daß eine große Sünderin hätt' sollen gesteinigt werden; / sie ward gar schnöd zum Herrn gebracht, versteht sich, auf der Erden. / Die Richter fragten listig Ihn: Was soll mit der geschehen? – / Da schrieb in Sand Er ihre Schuld und sprach: Werd't Mich verstehen? / Wer ohne Sünde ist aus euch, soll sich den Arm schärfen, / um nach der Sünderin gerecht den ersten Stein zu werfen!

116.

[Pa.01_116] „Und, sprach der Arme weiter: Keiner wollt den Rücken beugen, / um durch den ersten Wurf der Sünderin die Schuld zu zeigen! – / Da sprach der Herr: Laßt ihr sie frei, will Ich sie auch nicht richten. / Nicht um zu richten und die ganze Erde zu vernichten / bin Ich gekommen, sondern das Verlorne aufzusuchen, – / nicht so wie ihr, will Ich der armen schwachen Sünder fluchen, / wohl aber trösten, stärken, retten alle, die gefangen / im harten Joch der Sünde, doch im Herzen oft verlangen / befreit zu werden, – alle will Ich auf die Schulter nehmen, / sie bergen in Mein Herz, und so den Weg der Sünde hemmen! –

117.

[Pa.01_117] „O lieber bester Vater! – Als da solches ich gehöret, / hat sich die Lieb' zu Dir in mir unendlichmal vermehret. / Ich mochte schlafen nimmer, denn die Liebe ließ nicht ruhen, / noch essen mich und trinken, noch was Weltliches zu tuen; / nur immer fragte ich: Wo ist denn dieser gute Vater? / Ich muß Ihn finden, diesen überguten, guten Vater! – – / Da sprach der alte Arme, wieder kommend zu mir Armen: / O suche nicht den Vater, denn du ruhst in Seinen Armen; / denn kannst mit deinen Augen, Kleiner, du Ihn auch nicht sehen, / doch wohl verspüren magst du Seine Liebe um dich wehen.“ – – –

118.

[Pa.01_118] O sieh, Mein lieber Pathiel, du hast Mir viel erzählet / und hast in deinen Worten Mir das Kleinste nicht verhehlet; / darum sollst du bei Mir in deiner Unschuld ewig bleiben / und da – in deines Vaters Hause – dir die Weil vertreiben. / Das ist, Mein lieber Pathiel, nicht so wie auf der Erden, / allda die meisten Kinder töricht nur verdorben werden / durch nicht'ge eitle Dinge, – sondern würdig zu belehren / all deine Brüder, um dadurch die Liebe zu vermehren / auf Erden wie im Himmel, sieh, so wirst dich unterhalten, / indem du wirst so manches Bruderherz ganz neu umstalten. –

119.

[Pa.01_119] Doch da der Sünden du in deinen Worten hast erwähnet / und hast sogar die Sünderin aus Meiner Zeit genennet, / so sage Mir: Diewelche Menschen hältst denn du für Sünder? / Und sind denn Sünder schon wie du so junge kleine Kinder? – / „O lieber guter Vater! – Ich hab oft gehört den Namen, / doch nie konnt ich erfahren, wie die Menschen dazu kamen. / Da kam der arme Alte wieder, den hab ich gefraget, / auf daß er sage mir, was denn ,ein Sünder‘ wohl besaget? / Da sprach er: Siehe, deren Herz den Vater nicht will lieben, / sind Sünder, wenn auch Kinder, – weil sie Dich, wie ich, nicht lieben!“ –

120.

[Pa.01_120] Wie wußte denn der arme Alte, wie du Mich geliebet / in deinem Herzen hast? – „O Vater! wenn mich was betrübet / auf Erden hat, so weinte ich, weil ich Dich nicht konnt finden, / um meine Not und Liebe Dir, dem Vater, zu verkünden. / Und klagte meinem Erdenvater ich mein Leid im Herzen, / so fand ich ihn bedrängt von selber Not und selben Schmerzen! / Und wenn uns beiden öfter dann recht schlecht anfing zu gehen, / so durften lange wir um uns fürwahr wohl niemals spähen; / der arme Alte kam gewiß, um unser Herz zu trösten, / und stärkte uns so lang, bis vollends wieder wir genesten!

121.

[Pa.01_121] „Und wenn dann wir in unsren Herzen wieder uns gefunden, / da sprach der Alte: So ist's recht! Wer Gott also umwunden / mit seiner Liebe hat, wie ihr in eurer Not und Leiden, / an dem hat Gott, der gute Vater, wohl die größten Freuden! – / Und wenn dann solches ich vernommen hab zur frohen Kunde / aus meines lieben armen Alten liebefrommem Munde, / da fing sobald zu hüpfen ich aus Lieb' zu Dir vor Freuden – / fürwahr, ich glaubte oft, die Engel müßten mich beneiden! / Wenn ich so recht in meinen Liebestaumel bin gekommen, / da hätt' der Tod mir nimmer meine Fröhlichkeit benommen!“ – – –

122.

[Pa.01_122] Fürwahr, also war's recht, wie dir der Alte hat verkündet; / denn wer sich so wie du zu Mir in seiner Lieb' entzündet, / der hat in seiner Liebe schon das Höchste treu gefunden – / und hat den Tod schon lang in Meiner Liebe überwunden. / Doch sieh, Mein lieber Pathiel, – wenn Ich zur Erde schaue, / da seh Ich viele Menschen gleich dem lockern Morgentaue, / sie glänzen wohl durch manche Tugend an dem Lebensfaden, / allein, will prüfend Ich sie überliebend zu Mir laden, / da fallen sie von Mir, dem Vater, all die schlechten Kinder / und werden nach und nach recht arge liebelose Sünder! –

123.

[Pa.01_123] Ja lieber Pathiel! – Es gibt noch andre auf der Erden, / die Mich anstatt zu lieben nur verachten! – Solche werden / wohl schwerlich je, wie du, zu Meinen Kindern aufgenommen, / zu denen werd Ich einstens wohl als strenger Richter kommen! / Was meinst du wohl, was solche bösen Kinder denn verdienen? – / „Fürwahr, o lieber Vater, Deine Lieb' wohl nicht; doch ihnen, / wie mir, wirst Du zur rechten Zeit so einen Alten senden, / und dieser wird sie dann, wie mich, in Deiner Lieb' vollenden. / Hab ich ja auch nie etwas Gutes sonderlich verrichtet, / und Du, o lieber Vater, hast mich dennoch nicht gerichtet!“ – – –

124.

[Pa.01_124] Das ist wohl wahr, Mein lieber Pathiel, hast wohl entschieden! / Doch was soll jenen denn geschehen, die der Liebe Frieden / samt Mich gar fluchend fliehen und von Mir nichts hören wollen? – / „O Vater! Gibt's denn solche?! – Diesen könnt ich selber grollen! / Doch wenn auch diesen Du den rechten Lehrer möchtest senden – / sie sind ja Kinder auch, er möchte sie gewiß vollenden! / Was wär vielleicht aus mir, hätt'st Du mich nicht geführt, geworden? / Gewiß ich wär vielleicht der Ärgste liebeloser Horden! / Nur Deine übergroße Lieb' hat mich zum Kind erhoben, / so laß geschehen, daß, wie ich, Dich alle möchten loben!“ – –

125.

[Pa.01_125] Doch, lieber Pathiel, hast du bisher alles wohl bezeuget, / wenn aber du es wüßtest, wer an Meiner Lieb' noch säuget / und Mir in allem Ernste nach dem Leben listig trachtet / und Meine große Lieb' mit wahrem festem Hohn verachtet – / was möchtest du dazu denn sagen, wie mit ihm verfahren? – / „O lieber Vater, gäb's auch irgend so ein arg's Verharren, / was wird es einem solchen blinden Toren denn wohl nützen? / Hat er die Liebe nicht, worauf will seine Macht er stützen? – / Fürwahr, laß kommen ihn, dem will ich seine Torheit brechen / und ihm den blinden Groll aus seinem bösen Herzen stechen!“ –

126.

[Pa.01_126] O lieber Pathiel, der Feind, auch keiner Macht gewärtig, / ist überlistig doch und gleich mit was recht Bösem fertig. / O sieh, wenn Meine Macht ihn nicht zurücke halten möchte / und ihn zum starren Tod's Gehorsam gleich den Steinen brächte – / die Engel alle wären lange schon verleitet worden / und glichen seinen überbösen Satansengel-Horden! / Doch solches ist nicht möglich mehr in Meiner neuen Waltungssphäre, / denn Meine Lieb' hat ihm schon lange angelegt die Sperre; / doch auch in ihm wallt freies Leben, dieses muß ja bleiben / und möcht er wüten gleich den Löwen und noch Ärgres treiben.

127.

[Pa.01_127] O sieh, auch dieser Feind war einst ein Kind von Meiner Gnade, / er kennt sogar all Meiner Lieb' und Gnad' Erbarmungspfade, – / doch sieh, nicht Ich und alle Engel können ihn bekehren, / nur stets und stets pflegt er gen Mich den bittren Haß zu mehren. / Denn als Ich einstens ihn wie dich zum Kinde machen wollte, / auf daß er Mir wie du jetzt hier der Freuden höchste zollte, – / doch als zu lösen ihm die Freiheit, Ich von Mir ihn wandte / und ihn voll Licht in Meines Lebens freie Schule sandte, / da hat er sich voll Stolz und großer Eigenlieb' entzündet – / und hat dadurch von Meiner Liebe ewig sich entbündet!

128.

[Pa.01_128] Was sagst du nun, Mein Pathiel, was hat er wohl verdienet – / und umso mehr, da er sich nie der Bosheit hat besinnet, / die er an Mir und allen deinen Brüdern hat verübet, / wodurch er höhnend Mich am Kreuze gar noch hat betrübet! / Nun sage, Pathiel, was soll nun aus dem Feinde werden? / Soll länger tragen Ich des Kreuzes Tod-Beschwerden? / Denn siehe, so wie jetzt die Dinge stehen, kann's nicht bleiben, / nicht länger soll der Böse seinen großen Frevel treiben! / Darum, Mein lieber Pathiel, versuche zu entscheiden, / was da geschehen soll, – geh, geh und mache Mir die Freuden! – – –

129.

[Pa.01_129] „O lieber guter Vater! Daß der Feind so arg! so böse! / konnt ich nicht wissen, – gäb's ein Mittel nur, daß er genese, / ich wär viel froher, als daß Du ihn werdest richten müssen – / fürwahr, würd' besser er, ich möchte alles für ihn büßen! – – / Wie sieht er denn doch aus, der Arme, dürft ich ihn wohl sehen?“ / O ja, in Meinem Schoß wird dir von ihm nicht Leid's geschehen! – / Da sehe hin, auf Meinen Ruf wird er sogleich erscheinen, / und zwar in allen seiner großen Bosheit harten Feuer-Peinen. / Doch mußt dich fürchten nicht zu sehr und schrecken vor dem Bösen, – / nur aber mußt du schauen ihn, nicht seine Zunge lösen!

130.

[Pa.01_130] Nun sieh, da kommt er schon, belast't von schwersten Feuerketten! / „O Vater! Vater! wie gar schrecklich! welch Gestalt! – die – Ketten! – – / Es sieht ja keinem Menschen gleich, voll Eiter, Schwür' und Beulen! / Wer wird und möcht ihn wohl zu einem g'sunden Menschen heilen? – – / O wie er gar so schrecklich grimmig tut mit seinen Augen! / Fürwahr, der möchte nimmer doch für Deinen Himmel taugen! / O wie er nun anfängt gar fürchterlich an sich zu reißen, / sogar als wenn er wütend wär, ach! ach! – um sich zu beißen; / auch möcht er schreien gar! – was ist's, er fängt sich an zu krümmen? / O weh, er heulet ja, – es ist, als hört ich tausend Stimmen! – ? – – –

131.

[Pa.01_131] „O lieber Vater! laß dies Schreckensbild von hier entweichen / und ihn den Ort, von Dir für ihn bestimmt, sobald erreichen; / denn, lieber Vater, Du bist heilig; – mir wird angst und bange! / Für diesen! – nein – o Vater – ich wohl keine Lös verlange! – – / Denn wäre diesem je an Deiner Lieb' etwas gelegen, / gewiß, er wäre nicht so trotzig fürchterlich verwegen! / O lieber heil'ger Vater! Ist denn der noch nicht gerichtet? – / Ach ja, er lebt ja noch, so ist er auch nicht voll gerichtet! / Oh! Oh! – jetzt geht er, wie um ihn der Rauch und Flammen schlagen! / O schrecklich, schrecklich! Was sind das für unerhörte Plagen!?“ – –

132.

[Pa.01_132] Nun lieber Pathiel! Was sagst du jetzt zu Meinem Feinde, / taugt dieser ewig je in unsre heilige Gemeinde? / Für den Ich Ewigkeiten Meine Liebe hab verschwendet! / O sieh, wohin des ungeacht't sich dieser hat gewendet! – – – / Da alles nichts gefruchtet hat bei diesem bösen Kinde, / ob streng Ich war zu ihm als Vater, oder ob gelinde; / so werd Ich bald das Letzte tun und ihn mit allen richten, / die solche Tat wie er in Meinem Angesicht verrichten, – / denn sieh, gar viele Millionen hat er schon zerrissen / und mehre noch als haßerfüllter Drache Mir zerbissen!

133.

[Pa.01_133] O sieh, Mein Pathiel, bei solchen Dingen tut's vonnöten, / durch ein Gericht all solche Frevler durch den Fluch zu töten; / das heißt: denselben alle Gnade, Macht und Kraft benehmen / und sie dadurch für Ewigkeiten in der Bosheit hemmen, / und sie dazu noch über alles schmerzempfindlich machen / und um die Nackten ein stark brennend Feuer anzufachen – – / zum Lohne, da sie allzeit Meiner Liebe mochten höhnen, / da sollen sie im ew'gen Feuer überschmerzvoll brennen. – / Vielleicht wird ihnen Meiner Gottheit Zorn mehr behagen / und ihnen Meine Rache mehr denn Meine Gnad' zusagen! – – –

134.

[Pa.01_134] Nicht wahr, Mein Pathiel, – also wird's recht wohl sein entschieden? / Und soll mit Mir auch sein die Bosheit noch so unzufrieden, / so wird sie Mein Urteil doch ewig nimmer ändern können / und schwerlich ewig je mit Meiner Liebe sich versöhnen! – – – / Was sagst du, Pathiel? – Bist doch mit Mir ganz einverstanden?! – / „O ja, mein liebster Vater, – bin mit Dir ganz einverstanden!“ – / Doch Pathiel, Ich sehe, deine Augen sind voll Tränen, / was fehlet dir? – Möchtst das Mir, deinem Vater, nicht bekennen? / Du hast etwas an deinem kindlich lieberfüllten Herzen; / o sage Mir nur, was dich drückt, bekenn Mir deine Schmerzen! –

135.

[Pa.01_135] „O lieber Vater, sieh! ich bin mit Dir ganz einverstanden, / nur eines muß ich sagen Dir, das hab ich nicht verstanden – / und dieses ist, daß Du den argen Feind willst ewig strafen. / Wenn er schon tatlos ist geworden, warum ihn noch strafen? – / Ich weiß, Du guter Vater hast nicht Freud', wenn Kinder leiden; / Du sagst, hast Freude nur an aller Deiner Kinder Freuden! / So laß den bösen Feind auch bloß nur tat- und schadlos werden; / erlasse ihm die ew'ge Strafe, laß nur tot ihn werden! – / O lieber Vater! – tue, was Dir bestens möchte dünken, / doch laß den Bösen nicht noch tiefer in die Bosheit sinken!“

136.

[Pa.01_136] O hört und seht ihr Engel, Menschen, Sonnen, alle Welten! / Vernehmt es ihr auch alle treu aus Meiner Gnad' Beseelten! / Des heil'gen ew'gen Vaters Liebe-Tiefe widerstrahlen / aus dieses armen Kindleins Herzen in die Sonnen-Allen! / O Liebe, große heil'ge Liebe, Du Mein eigen Wesen, / du kannst, du wirst noch selbst den Tod vom Tode einst erlösen! – / O Pathiel, Mein Kind, Mein Sohn! – aus deinem Aug' die Tränen, / wie groß sind sie! wie heilig fromm ihr sanft gerechtes Sehnen! – / O sei nur ruhig, sieh, was hart in dir du mochtst empfinden, / wird übersanft dereinst des großen Vaters Lieb' entbinden! – – –

137.

[Pa.01_137] Und nun, Mein lieber Pathiel, bist wohl mit Mir zufrieden; / denn du magst nun schon ahnen, wo dahin sich kehrt Mein Frieden – / der Frieden Meiner Liebe, der an alle ist ergangen, / die nur ein wenig je zur innren Lebensfreiheit drangen, / die doch wohl freilich nur in hehrer Fülle dir ist eigen – / und allen deinesgleichen, die Mir deine Liebe zeigen. / Doch aber kann sie jeder, wär er auch ein großer Sünder, / durch Buß und Reu erreichen, wenn genommen er den Zünder, / den Ich gestreuet hab getreu durch Wort und Tat auf Erden, / damit die festen Glaubens sind, schon können selig werden. –

138.

[Pa.01_138] „O lieber Vater! – Laß Dich auch von mir ein wenig fragen, / Du wirst wohl leichter doch, denn ich, so was in Dir ertragen. – / O sieh, noch bin ins Klare ich wohl keineswegs gekommen, / darum ist mir die Angst und Furcht auch ganz noch nicht benommen. / Da Du allhier mit Deiner Lieb' die meine hast erwecket / und hast auch Deine Gnad' gar weit hinab nach mir gestrecket, / so mach zufrieden mich und höre meine schwache Stimme, / die da hervor noch geht aus einer kleinen Herzenskrümme; / denn vordem wußt ich nicht, was all's im Herzen ist verborgen, / und lerne solches nun allhier im ew'gen Lebensmorgen. –

139.

[Pa.01_139] „Was wird denn nach gar langen Zeiten aus dem Feinde werden? / O sage, lieber Vater mir, erleichtre die Beschwerden, / die noch mein kindisch Herz gar sehr in engen Grenzen halten, – / o sag, wird er im Tod verhärten oder nur veralten? / Wird wohl nach Ewigkeiten werden er ein bessres Wesen, / wird je ihn Deine Barmherzigkeit vom Tod erlösen? / Was wird mit denen, die er hat verdorben, wohl geschehen, / o werden diese einstens von dem Tode auch erstehen? / Und gibt es eine Zeit, der Qualen Dauer zu bemessen? – / O sage Vater mir! Mußt Letztes aber nicht vergessen!“ – – –

140.

[Pa.01_140] O lieber Pathiel, du schuldlos Kind! In deinen Fragen / wird ohne Antwort schon die schönste Antwort lieblich tagen. / Nicht wie auf Erden dient allhier, die Dauer zu bestimmen, / die flücht'ge Zeit nach Stunden, Tagen, Monden, Jahresprimen; / denn hier ist keine Zeit, wohl aber wonnevollstes Leben, / nach diesem wird der Dauer Maß-Zustand getreu gegeben. / Nun denke dir im Herzen, was die Liebe mag erfinden / in höchster Lebenswonne, wird der Freuden Maß verkünden: / Von einer Edeltat zur andern wird allhier bemessen / die Dauer höchster Freuden – und wird nicht des Feinds vergessen.

141.

[Pa.01_141] Daher kann nicht nach Zeit allhier bestimmt die Löse werden; / doch soll so lang der Staub geläutert werden auf der Erden, / bis aus derselben alles Lebens letzte Spur genommen / und endlich alles Geist'ge ist ans Gnadenlicht gekommen. / Das Wesenböse aber wird sich in dem Feuer lösen / wie eine harte Schrift, die unverstanden ward gelesen – / in einem Flammenherzen, das die Lebenskeime treibet, / in welchen sich am End die harte Schal' zu Nichts zerreibet, / da sie zu nichts mehr nütze, muß auch selbst zunichte werden. / Wie mit der Schale, so dereinst mit Sonnen und mit Erden! – – –

142.

[Pa.01_142] Hast Mich verstanden, lieber Pathiel, und wohl begriffen? / Hast wohl gefunden dich in Meiner Weisheit endlos' Tiefen? – / O sag Mir nur, du darfst vor deinem Vater dich nicht scheuen, / denn jede Antwort deines Herzens kann Mich nur erfreuen, – / darum sollst ohne Scheu Mir alles, aber treulich sagen, / so wirst du nimmerdar in deinem Herzen weinend klagen! – – – / „Ob ich's verstanden hab! – kann Dich nicht jeder so verstehen? – / Ich hab's aus allem dem gar hell und überklar entnommen: / Daß Du der liebe, gute Vater bist! hab ich entnommen; / mehr kann und darf und brauch ich ewig nimmer zu verstehen! – – –

143.

[Pa.01_143] „Ich denke jetzt – und werde ewig so im Herzen denken: / Du, lieber Vater, wirst wohl all's zum rechten Ziele lenken! – / Was möchte und was könnte wohl dem schwachen Menschen frommen, / hätt' er endlose Höhen auch in Deinem Licht erklommen; / wenn er Dich aber dennoch ewig nimmer mag erreichen, / auf daß er vollends Dir in allen Dingen möchte gleichen! / Und wer das täte, würde der den Feind nicht übertreffen, / indem er diesem gleich die Macht des Vaters möchte äffen? – / Fürwahr, der Satan sucht vielleicht bis jetzt gar noch Dein Ende – / wie töricht muß er sein, nicht ahnend, daß in Dir kein Ende! – – –

144.

[Pa.01_144] „Ist's nicht also, Du lieber Vater: Wer die Lieb' erwählet, / hat sich gewiß mit Deinem Gnadenlichte auch vermählet; / wer aber nur nach Deinem Gnadenlichte möchte trachten, / dabei die Liebe aber als ein nutzlos Ding verachten, / dem wird gewiß des Gnadenlichtes möglichst sparsam werden, / sowohl allhier im Reich des Geistes, wie zuvor auf Erden. / Daher will ich nie mehr und weniger von Dir erkennen, / als nur: Mein lieber Vater – Dich in aller Lieb' zu nennen; / und soll dazu noch nötig sein, zu schaun des Lichtes Helle, / wird schwer nicht sein für den, der allzeit sitzet an der Quelle!“ – – –

145.

[Pa.01_145] Mein lieber Pathiel, erst jetzt hast du es ganz erraten! / Das ist die größte aller Meiner großen Liebetaten, / daß Ich der endlos ewig große Gott mit Kindern wandle, / ja Selbst als liebevollster Vater mit den Sündern handle, / der Ich doch heilig, heilig, heilig bin durch Ewigkeiten, / und stehe doch den Sündern bei, sie alle zu geleiten / dahin Ich Selbst gegangen, um das Größte zu vollbringen – / als Herr der Ewigkeiten mit dem Tode Selbst zu ringen. / O sehet alle Engel, Menschen, Erden, Monde, Sonnen! / Das Größte ist, daß Ich bei kleinen Kindern pfleg zu wohnen! – – –

146.

[Pa.01_146] Ein leichtes ist, zahllose Sonnenheere zu erschaffen, / ein leichtes ist, die Faulen mit der Nichtung zu erstrafen, / was Leichtes ist's, aus Sich zu rufen aller Arten Wesen, / dem übermächt'gen Gott ist alles dieses leicht zu lösen; / es braucht nicht mehr, als auszusprechen nur den heil'gen Willen – / und jeder Raum wird gleich zahlloses Sein in sich verhüllen. / Zu geben doch die Freiheit Meiner Lieb' erschaffnen Wesen / und sie vom Drucke Meiner ew'gen Macht Selbst zu erlösen, / darum als Gott ein Mensch zu werden auf dem Weltenstaube, / zu sterben schmählich gar! – Das zeug als Größt's von Mir der Glaube! – – –

147.

[Pa.01_147] Damit ihr aber dieses möchtet vollends klar erfassen / und so von allem eurem alten Irrtum gänzlich lassen, / so sag Ich euch fürs erste: Alles, was allhier Ich fragte, / wenn selbes auch bei weitem über eure Sinne ragte – / als Menschen, Erden, wie auch alle euch bekannten Sonnen, / auch alles Volk der Himmel, Kind, und eure Lebenszonen – / ist nur in euch zu suchen, – da müßt ihr die Weisen finden! / Die Erde wie die Sonnen werdet ihr im Kopf entbinden, / wie auch die Weisen in den Augen, Ohren, Mund und Nasen; / befragt sie nur, ihr werd't erkennen sie an ihrem Rasen! –

148.

[Pa.01_148] Die ,Engel‘ sind Erkenntnisse in euch aus Meinem Worte, / sie lehren, führen euch zu Meines Reiches Gnadenpforte; / doch wenn's aufs Leben kommt, wie möchten sie euch solches geben!? / Dasselbe muß die reine Liebe erst in euch erheben. / Und diese Liebe ist ,das Kind‘, in ihr ist es verborgen, / in ihr die große Zeit, in ihr des Lebens ew'ger Morgen – – / und da in ihr der ganzen Schöpfung Zweck nur ist vorhanden, / erlöset schon durch Meine größte Tat von allen Banden, / so ist die größte Tat darin ja nur erschöpft vollendet, / wofür der ganzen Schöpfung Zwecke sind für Eins verwendet! – – –

149.

[Pa.01_149] So aber Ich als Gott, der ewig heilig ist ohn Ende, / euch, den Geschöpfen, nun als Vater biete Herz und Hände, / ja selbst, um euch aus Lieb' als solcher möglich doch zu werden, / Mich Selbst gefangen nehme, um mit euch ein Mensch auf Erden / zu sein – und das der Fülle Meiner Gottheit unbeachtet, / so wird fürs zweite schwer nicht werden, so ihr das betrachtet, / auf einen Blick zu finden, wo die größte Tat sich kündet: / gewiß nur da, wo sich die Lieb' ein neues Haus gegründet! / Ist nicht ein fertig Haus des Bauwerks größte aller Taten, / so seht auf Meine Liebe denn – sie wird euch all's verraten! – – –

150.

[Pa.01_150] Und da ihr solches habt erfahren, sollt ihr fröhlich beten: / „O lieber Vater, komm zu uns, wir haben Dein vonnöten, / kein andrer denn Dein Wille soll in uns die Herzen lenken, / auf daß dadurch Dein Name in dieselben sich möcht senken, / um da geheiliget zu werden in dem neuen Hause; / auch Brot des Lebens gib uns, Vater, zu dem Liebeschmause! / Vergesse nicht, o Vater! – Sünder sind auch Deine Kinder, / vergebe uns! Wir alle sind vor Dir ja nichts denn Sünder! / Mit gar zu harten Proben wolle gnädigst uns verschonen / und laß dafür uns all in Deiner Vaterliebe wohnen!“ –

151.

[Pa.01_151] Wenn ihr also gebetet habt in Meiner Liebe Namen, / so werde Ich hinzu als lieber Vater sagen Amen. / Doch müßt ihr barmherzig sein gen alle eure Brüder, / dann werd Ich allzeit freulich hören eure Lobeslieder! – / Was ihr, erbarmend euch der Brüder, möcht't in Meinem Namen, / o glaubt's, fürwahr, dazu werd mächtig sagen Ich das Amen! / Und wenn ihr mehre seid vereint für was in Meinem Namen – / um was ihr immer bitten werdet, werd Ich sagen Amen! / Und endlich, daß ihr trauen möcht't der Macht in Meinem Namen, / sag Ich als euer Vater heilig liebevollst das Amen.

 

 

Schlußgedicht

 

 

71. Post nubila Phöbus.

 

(Nach dem Nebel kommt die Sonne.)

 

[PsG.01_071,01] So weit und warm die Sonne scheint,

Wo find't sie den, der's ehrlich meint?

Der Eine falsch, der And're hohl,

Die Welt lieblos, man weiß es wohl;

 

[PsG.01_071,02] Die Wahrheit eine Wittwe, nicht?

Und wo ist, der da für sie spricht? .

Ein Rennen, Jagen, fort und fort,

Vergessend ganz das Gotteswort!

 

[PsG.01_071,03] Sie schmieden oft gar frechen Scherz

Zur falschen Münz auch's blinde Herz;

Darum der Himmel oft verhüllt,

Und sich sein Aug' mit Thränen füllt;

 

[PsG.01_071,04] Es muß ihm selbst am Ende grauen,

Dieß arme Leben anzuschauen.

Warum dem Herzen dann so leicht

Schon wenn der Wolkenschleier weicht,

 

[PsG.01_071,05] Der ew'ge Dom blau aufgethan,

Uns Sterbliche schaut freundlich an?

Ist es die Wärme? Sonnenschein?

Was uns so sehr erquickt? - O nein!

 

[PsG.01_071,06] Ach, ein Geheimniß froh bestellt,

Das alter Glaube noch erhält. -

Still Herz, noch lebt der alte Gott;

Das Licht besiegt den Trug, den Spott!

 

[PsG.01_071,07] Darum die Sonn' so golden scheint:

Sie Einen fand, der's ehrlich meine!

 

- - - - - - - - - - - - - - - - - -

 

[PsG.01_071,08] Was will ich denn mit dem Gedicht?

Bemessen etwa's Weltgericht?

O nein! es ist nur diese Zeit,

Die nicht der Menschen Herz erfreut;

 

[PsG.01_071,09] Doch hinter Bergen - hab's erschaut,

Wie schon ein neuer Morgen graut!

Darum sei still, mein Herz, sei still!

Also gescheh's, wie's Einer will!

 

Greifenburg, 1845. Jakob Lorber.

 

 

 



[1] Anmerkung zur Referenz in der Literatur

 

Die Psalmen nummerieren sich nach der Kennung [PsG.02_ . Dann die 3 Stellige Kennung mit der Nummer des Psalms ein Komma und dann der zweistellige Vers und die abschließende eckige Klammer z. B. : [PsG.02_001,7]

 

Bei den Gedichten wird die Kapitelnummer fortlaufend weitergeführt und die letzte Stelle beinhaltet weiter den Vers. Z.B. [PsG.01_035,03] Gedicht Nr. 35 Vers 3 . Desgleichen die Prosa mit [PsG.03_035,3].

 

Vorwörter und Nachwörter sind mit den Buchstaben VW und NW gekaennzeichnet und tragen zwei zusätzlich Ziffern für die Verseinteilung: [PsG.01_057,VW.03] 3. Vers des Vorwortes von Gedicht 57